<< älterer Bericht  | zurück zur News |  neuerer Bericht >>
Start > Tour de France
Brice Feillu rettet sich in Andorra auf erster Bergankunft der Tour zum Sieg – Nocentini neuer Mann in Gelb
Suchen </font size=2>Tour de France</font> Forum  </font size=2>Tour de France</font> Forum  </font size=2>Tour de France</font>
10.07.2009

Brice Feillu rettet sich in Andorra auf erster Bergankunft der Tour zum Sieg – Nocentini neuer Mann in Gelb

Info: TOUR DE FRANCE
Autor: Henning Witteborg (cycling-report.de)



Andorre Arcalis, 10.07.2009 - Die erste Bergankunft der Tour de France ist zu einem Tag der Ausreißer geworden, denn aus einer neunköpfigen Spitzengruppe sorgte der Franzose Brice Feillu für sein Team Agritubel für einen überragenden Tageserfolg, während Rinaldo Nocentini von Ag2r-La Mondiale seinen über drei Minuten großen Rückstand im Gesamtklassement in einen sechs Sekunden großen Vorsprung auf Alberto Contador umwandelte, der die Gruppe der Favoriten um seinen Teamkollegen Lance Armstrong hatte distanzieren können.

Knisterende Spannung vor erster Bergankunft

Nach dem Abstecher nach Barcelona verweilte der Tour-Tross einen weiteren Tag außerhalb Frankreichs, wobei in Barcelona gestartet die 224 Kilometer lange Etappe für eine erste Bergankunft und damit allerhand Unsicherheiten stand. Die Favoriten auf den Gesamtsieg durften sich keine Schwäche leisten, während sich viele noch im Unklaren über ihre Verfassung am Berg waren. Mit den Einstiegsschwierigkeiten, von denen der in die Kategorie eins eingestufte Col de Serra-Seca hinausstach, vorausgehend so wie im Schlussanstieg im Feld waren somiit einige Gelegenheiten für bergstarke Fahrer geschaffen, die Form zu testen und einen ersten Stich zu setzen. Zugleich bot die auf 2240 Metern über dem Meer gelegene und als HC-Schwierigkeit klassifizierte Ankunft im Wintersportort Andorra Arcalis eine Möglichkeit einen Rückstand aus dem Mannschaftszeitfahren wieder gutzumachen oder ihn gar in einen Vorsprung umzuwandeln, was vor allem Cadel Evans, Carlos Sastre und die Schleck Brüder ins Auge gefasst hatten. Mit Alberto Contador hatte sich allerdings einer der wohl stärksten Bergfahrer sich diese Etappe zu einem ersten Ziel gesetzt und das nicht zuletzt um seine Stellung innerhalb des Teams gegenüber Levi Leipheimer und Lance Armstrong zu stärken.

Schwierige Gruppenbildungsphase, neun Fahrer über 14 Minuten an der Spitze
Bevor es jedoch nach der Abfahrt der vorletzten Bergwertung ab Kilometer 155,5 stetig bergauf bis nach Andorra ging, galt es im etwas flacheren Teil eine Gruppe zu finden, die den Favoritenteams behagte und zu akzeptieren war. Einem ersten von Jurgen van Breock von Silence-Lotto, Oscar Freire von Rabobank, Amets Txurruka und Egoi Martinez von Euskaltel-Euskadi, José Luis Arrieta von Ag2r-La Mondiale, José Ivan Gutierrez von Caisse d’Epargne, Peter Velits von Milram und Romain Feillu von Agritubel vorgetragenen Angriff war dies nicht vergönnt, sodass sie vorerst wieder gestellt wurden. Die beiden Spanier Egoi Martinez und José Ivan Gutierrez ließen sich aber davon nicht in ihrem Vorhaben entmutigen und fanden im Franzosen Christophe Riblon von Ag2r-La Mondiale einen Begleiter, mit dem sie sich etwas lösen konnten. Hinter dem Spitzentrio formte sich eine Teils aus der ersten Spitzengruppe bestehende Verfolgergemeinschaft, die insgesamt 22 Fahrer umfasste die sich aus José Angel Gomez Marchante (Cervélo Test Team), Yaroslav Popovych (Astana), Gustav Erik Larsson und Jens Voigt (beide Team Saxo Bank), Oscar Freire und Laurens Ten Dam (beide Rabobank), Amets Txurruka (Euskaltel-Euskadi), José Luis Arrieta, Herbert Dupont und Rinaldo Nocentini (alle drei Ag2r La Mondiale), Frederik Willems (Liquigas), Benoît Vaugrenard (Française des Jeux), Luis Pasamontes und Rigoberto Uran (beide Caisse d’Epargne), David Moncoutié (Cofidis), Stijn Devolder (Quick Step), Christophe Moreau, Sylvain Calzati, Brice Feillu (beide Agritubel), Christian Knees und Peter Velits (beide Milram) so wie Simon Geshke (Skil Shimano) zusammensetzte. Aufgrund ihrer Größe waren einige Mannschaften nicht bereit, die zweite Gruppe ziehen zu lassen, die auch sobald gestellt wurde. An ihre Stelle trat ein Sextett mit Rinaldo Nocentini von Ag2r-La Mondiale, Aleksandr Kuschynski von Liquigas, Christophe Kern von Cofidis, Jérôme Pineau von Quick Step, dem erneut aktiven Brice Feillu von Agritubel und Johannes Fröhlinger vom Team Milram, das bis zum Kilometer 30 fast drei Minuten Vorsprung herausfuhr und als goldene Gruppe hinter dem Spitzentrio feststand. Im Hinblick auf die kommenden Schwierigkeiten und die ohnehin mageren Erfolgsaussichten fusionierten die beiden Gruppen nach der bei Kilometer 32 an der Côte de Montserrat abgehaltenen und von Riblon vor Martinez gewonnen ersten Bergwertung des Tages, die die einzige der vierten Kategorie auf der Etappe bleiben sollte. Mit vereinten Kräften erarbeitete sich die somit auf neun Fahrer angewachsene Gruppe gegenüber einem von Columbia-HTC und Saxo Bank angeführten und zurückhaltend fahrenden Hauptfeld in der Folge einen Vorsprung, der nach über 60 Kilometern die Marke von 14 Minuten überschritt und vorerst die Position der Ausreißer im Rennen festigte so wie den mit 3:13min Rückstand auf Fabian Cancellara in der Gruppe Bestplatzierten Rinaldo Nocentini zumindest gedanklich an die Spitze des Gesamtklassements brachte.

Spitzenreiter halten großen Vorsprung
Mit dem Aufstieg zum als Berg der dritten Kategorie klassifizierten Port de Solsona begann nach 90 Kilometern der Aufgalopp zur ersten kleineren Aneinanderreihung dreier Berge, an deren ersteren Christophe Riblon sein Intention weiter Punkte zu sammeln fortsetzte und die Prämie für sich entschied. Vor diesem Streckenabschnitt hatte sich erstmals Astana in die Nachführarbeit eingeschaltet und den Rückstand des Pelotons bis zur Kuppe jenes Berges auf unter zwölf Minuten reduziert. Sich daran anschließend folgte im Ort Solsona eine Sprintwertung, die von Gutierrez gewonnen wurde, so wie direkt die Verpflegungszone der Etappe, die abgesehen von einem kurzen abfallenden Stück den letzten Punkt für ein kurzes Kräfteschöpfen vor dem Anstieg der ersten Kategorie zum Col de Serra-Seca bot. Den 7,7 Kilometer langen und zum ersten Mal bei einer Frankreichrundfahrt im Programm stehenden Anstieg absolvierten die neun Spitzenreiter weiterhin komplett in Einträchtigkeit, die sich erst am Gipfel kurzzeitig auflöste, als Riblon dazu ansetzte seinen sieben am heutigen Tag bisher errungenen sieben Zählern weitere 15 Punkte hinzuzufügen und die Spitze des Bergklassement von Stéphane Augé zu übernehmen, was ihm auch gelang. Weiterhin mit einem elfeinhalb Minuten großen Guthaben im Rücken bewältigten Nocentini, Riblon, Kuschynski, Kern, Pineau, Feillu, Fröhlinger, Gutierrez und Martinez den neuneinhalb Kilometer nach dem Col de Serra-Seca beendeten Port del Comte, wo sich Christophe Riblon weitere vier Punkte gutschreiben ließ. Auf den weiteren Kilometern änderte sich in der Abstandentwicklung wenig, sodass der Vorsprung der Ausreißer 70 Kilometer vor dem Ziel elf Minuten betrug. Durch einen doppelten Defekt des Führenden Fabian Cancellara stieg der Abstand sogar zwischenzeitlich auf zwölf Minuten an, was sich bis zum Grenzübertritt in das Fürstentrum nur unwesentlich änderte. Bei einer ausstehenden Distanz von 30 Kilometern nahm bei einem Abstand von 11:10min zwischen Feld und Spitzenreitern ein mögliches Szenario eines Ausreißersieges mehr und mehr Formen an. Unter diesen Umständen geriet die zweite Sprintwertung 28 Kilometer vor dem Ziel für die Spitzenreiter in den Hintergrund. Während Kuschynski als Erster in der Spitzengruppe 22,6 Kilometer vor dem Ziel Probleme bekam, sich wenig später aber wieder herankämpfte, stiegen die Chancen der Ausreißer mit einem Sturz des Astana-Profis Levi Leipheimer, woraufhin seine Teamkollegen ihre Tempoarbeit zwischenzeitlich einstellten und so den achteinhalb Minuten in Front liegenenden Fahrern etwas Luft verschafften. Die zweite Sprintwertung 17,5 Kilometer vor dem Ende erreichten so die neun von Guttierrez über die Linie geführten Spitzenfahrer noch mit einem Vorsprung von 7:45min.

Feillu mit durschlagskräftigster Attacke, Contador fliegt Favoriten davon
Mit Beginn des 10,9 Kilometer langen Schlussanstiegs verlor dann Kuschynski endgültig den Kontakt zu seinen Begleitern, die sich bei einem Guthaben von über sechseinhalb Minuten berechtigte Hoffnunge auf den Tagessieg machen konnten. Sieben Kilometer vor dem Ziel lancierte Christophe Riblon an der Spitze die erste Attacke, der nach und nach alle nachsetzen konnten. Mit Christophe Kern versuchte es umgehend der nächste Franzose aus der Gruppe gemeinsam mit Johannes Fröhlinger, scheiterte aber ebenso. Unterdessen geriet Fabian Cancellara in erste Schwierigkeiten und konnte sich nur mit größter Mühe an der inzwischen stark verkleinerten Favoritengruppe festbeißen, bis seine Gegenwehr schließlich gebrochen war. Währenddessen riss der Angriffsreigen bei den Ausreißern nicht ab, doch nach einem erneuten Antritt von Kern gelang es Brice Feillu einen Angriff mit dauerhafterem Erfolg zu lancieren und sich viereinhalb Kilometer vor dem Ziel als Spitzenreiter zu etablieren. Drei Kilometer vor dem Ziel hatte sich der Abstand auf eine halbe Minute stabilisiert. Bei den Verfolgern versuchte nun Ag2r-La Mondiale aus der doppelten Vertretung Kapital zu schlagen und forcierte die Tempoarbeit, die ihre Wirkung gegenüber dem stark auftrumpfenden Feillu jedoch verfehlte. Bei den Favoriten ergriff nach einer langen Phase des Abwartens ergriff Cadel Evans die Initiative, doch alle Kontrahenten waren in der Lage dem Antritt zu folgen. Fortan übernahm Andreas Klöden mit Lance Armstrong am Hinterrad die Tempoarbeit, die Silence-Lotto in Person von Jurgen Van Den Broeck aus dem Takt zu bringen versuchte. Dies nahm wenig später Aberto Contador zum Anlass seine Attacke zu platzieren und Van Den Broeck zu überholen. Mit einer für ihn typischen Leichtigkeit und im Wiegetritt eilte Contador Meter um Meter davon und fuhr dabei nicht nur Zeit auf Armstring heraus, sondern näherte sich ebenso weiter Rinaldo Nocentini, der ein Kandidat für das Gelbe Trikot blieb. Ohne Ambitionen auf das Gesamtklassement setzte Brice Feillu weiter vorne seinen Ritt unbeirrt fort und fuhr schließlich vor einem verzweifelt kämpfenden Christophe Kern als Erster über die Ziellinie. Für den 23-jährigen Franzosen war es dabei ein Erfolg auf ganzer Linie, denn neben dem grandiosen Tageserfolg, der aufgrund der nicht gesicherten Zukunft für das nächste Jahr ganz besondere Wichtigkeit entfaltete, erhöhte Feillu durch die doppelt zu vergebene Punktzahl am Schlussanstieg der Kategorie HC seinen Kontostand in der Bergwertung auf 49 Zähler und damit so weit, dass der letztlich sechstplatzierte Christophe Riblon trotz seiner Bemühungen im Verlauf der Etappe mit dem zweiten Rang im Bergklassement zufrieden geben musste, wenngleich der Ag2r-Profi mit der roten Rückennummer für den kämpferischten Fahrer ausgezeichnet wurde. Im Duell um den dritten Tagesrang hatte Johannes Fröhlinger nach seiner sehr engagierten Fahrweise die Nase vor Nocentini vorn und fuhr so die bisher beste Etappenplatzierung des Teams Milram ein.

Contador knapp an Gelb vorbei

Dahinter belegten bis Rang acht allesamt Fahrer der Spitzengruppe die Plätze bis Contador die Reihe der Anwärter auf den Gesamtsieg mit Rang neun eröffnete. Zwar hatte der Spanier so den teaminternen Konkurrenten um das Maillot Jaune Lance Armstrong um 21 Sekunden distanzieren und so seinen 19 Sekunden großen Rückstand egalisieren können, bei einem Abstand zum Tagesvierten Nocentini mit drei Minuten entglitt ihm das Führungstrikot jedoch um sechs Sekunden. Mit jenen 21 Sekunden Rückstand zu Contador führte Cadel Evans die Gruppe der Favoriten ins Ziel, in der sich neben den dort erwarteten Namen Andy Schleck, Tony Martin, Levi Leipheimer, Lance Armstrong, Carlos Sastre, Christian Vandevelde und Vladimir Karpets auch der offenbar wiedererstarkte Denis Menchov und zur großen Überraschung der britische Zeitfahrspezialist Bradley Wiggins, der damit seinen Status diesbezüglich ablegte, befanden. Der Profi vom Team Garmin-Slipstream arbeitete sich so um einen Platz auf den nun fünften Gesamtrang mit 46 Sekunden Rückstand zu Nocentini hinter Levi Leipheimer (+38'') vor. Aus der Führungsreige der Astana-Fahrer fiel dagegen Andreas Klöden mit einem 26 Sekunden großen Rückstand auf die Gruppe der Favoriten heraus und bekleidet mit sechs Sekunden Vorsprung auf den weiterhin in Weiß fahrenden Tony Martin und 54 Sekunden Rückstand zum Leader den sechsten Rang. Eine kleine Niederlage erlitt unterdessen das Team Liquigas, deren drei Kapitäne Vincenzo Nibali, Franco Pellizotti und Roman Kreuziger kleine bis größere Abstände hinnehmen mussten. Während Nibali mit 10 und Pellizotti zeitgleich mit Klöden 26 Sekunden verloren, verlor Kreuziger 1:01min auf Evans, Armstrong, Sastre und Co., womiter wichtigen Boden im Kampf um eine vordere Platzierung einbüßte. Der bisher führende Fabian Cancellara erkannte im Schlussanstieg seine Grenzen, deren Verschiebung ihm einige nach seinem Gesamtsieg bei der Tour de Suisse zugetraut hätten, und fuhr mit über neun Minuten Verspätung über den Zielstrich.

-> Zum Resultat

Stimmen zur Etappe:

Brice Feillu:„Ich realisiere noch nicht, was ich geschafft habe. Ich bin Neuprofi, ich hatte schon Glück, an meiner ersten Tour de France überhaupt teilzunehmen, und jetzt gewinne ich die erste große Bergetappe. Was will man mehr? Als ich meinen Bruder mit Tränen in den Augen heranlaufen sah, hat bei mir so langsam gedämmert, was überhaupt passiert ist, und habe ich selbst die Emotionen gespürt. Ich mag diese Art von Finale, ich hatte schon einmal einen ähnlichen Coup am Ballon d’Alsace gelandet, bei einem Rennen auf ganz anderem Niveau natürlich. Aber ich fühle mich wohl auf einer Strecke, auf der man ständig durchstarten muss, so wie hier zum Ende hin.“

Christophe Riblon: „Der Preis für den größten Kampfgeist ist eine schöne Belohnung für diesen Tag in der Ausreißergruppe. Natürlich hätte ich noch lieber die Etappe gewonnen, aber letztlich sollte es nicht sein. Da Nocentini in der Position war, das Gelbe Trikot zu erobern, habe ich mein Maximum für die Mannschaft gegeben. Und dass ist sehr zufriedenstellend, denn es hat funktioniert, um sechs Sekunden. Wir haben gut gearbeitet. Ich weiss nicht, ob es möglich sein wird, das Gelbe Trikot lange zu behalten, aber wir werden alles dafür tun. Das Rennen gelangt jetzt auf sehr hügelige Straßen, die unserem Profil eher entsprechen. Wir haben die Möglichkeit, es doch ein wenig zu behalten, denn wir haben ein starkes Team.“

Albeto Contador: „Es war unser Plan, das Gelbe Trikot nicht so früh in dieser Tour de France zu übernehmen. Es ist so hart, es zu behalten, und es stehen noch viele Etappen bevor. Es ging nur darum, meine Position gegenüber meinen wichtigsten Rivalen zu sichern. Die heutige Etappe war sehr eine sehr taktische, und meine Mannschaft hat tolle Arbeit geleistet, sie für das Finale optimal abzustimmen. Sie haben wirklich hart gearbeitet, um das Tempo hochzuhalten und sicherzustellen, dass wir eine gute Position haben, wenn es darauf ankommt. Das nimmt sehr viel Stress weg und ermöglicht es uns, die Situation von vorne aus einzuschätzen.“





Brice Feillu rettet sich in Andorra auf erster Bergankunft der Tour zum Sieg – Nocentini neuer Mann in Gelb
Brice Feillu rettet sich in Andorra auf erster Bergankunft der Tour zum Sieg – Nocentini neuer Mann in Gelb



Leser-Kommentare
Fast so langweilig wie die Tour de Suisse
"Machtkampf" bei Astana
Zum Seitenanfang von für Brice Feillu rettet sich in Andorra auf erster Bergankunft der Tour zum Sieg – Nocentini neuer Mann in Gelb



Radsportnews auf Twitter - Radsport, Cycling, Radrennen live