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Interview mit Marcel Sieberg: Greipels Anfahrer über Sprintzüge und die Vorbereitung auf die Tour
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24.06.2012

Interview mit Marcel Sieberg: Greipels Anfahrer über Sprintzüge und die Vorbereitung auf die Tour

Autor: Felix Griep, Johann Reinhardt



24.06.2012 - Bei der Vorstellung des BDR-Olympiakaders stand Marcel Sieberg am Samstagabend LiVE-Radsport.com für ein Interview zur Verfügung. Der 30-Jährige ist einer der wichtigsten Männer im Sprintzug von André Greipel bei Lotto Belisol und im deutschen Nationalteam. Er gibt Einblicke in die Vorbereitungen und das Training für den optimalen Ablauf der Sprintmechanismen.



  LiVE-Radsport.com:
Sie sind Anfahrer von André Greipel bei der diesjährigen Tour de France und auch bei Olympia und einer seiner wichtigsten Helfer. Welchen Stellenwert hat ein Anfahrer wie sie im Sprint und ist es überhaupt möglich, ohne starke Anfahrer Siege bei solchen Rennen zu erringen?


  Marcel Sieberg:
In der heutigen Zeit ist es wichtig, einen Sprintzug zu haben. Ich denke dieses Jahr haben wir eine gute Mannschaft für den Sprint. Das gibt André auch mehr Vertrauen, weil er sich auf den Sprint konzentrieren kann und den Kopf vorher relativ frei hat, um sich ganz seiner Aufgabe zu widmen. Das bringt Ruhe in seinen Sprint.

Ist das Rennen bei den deutschen Meisterschaften noch einmal eine Gelegenheit, den Sprint zu üben?

Wir sind die Strecke dreimal abgefahren, ich denke eine große Gruppe wird da nicht ankommen. Außerdem bin ich mit André alleine hier. Aber nächste Woche haben wir ein paar Tage vor der Tour, da werden wir noch einmal Sprints üben. Wir sind ja dieses Jahr viele Rennen zusammen gefahren, das passt schon ganz gut.

Greipel hat bereits 13 Saisonsiege eingefahren. Wie wichtig ist es, im Rennen die Abläufe zu üben, oder reicht das Training?

Im Trainingslager übt man das. Vor der Belgien-Rundfahrt haben wir auch noch verschiedene Sprintzüge ausprobiert. Training ist natürlich anders als Rennen, da hat man auch Konkurrenten. Es ist aber wichtig, die Struktur im Training reinzubringen.

Wie sieht das Training genau aus?

Da müssen wir im Teamtrainingslager oder ein paar Tage vorm Rennen alle zusammen sein. Jeder Fahrer hat seine Aufgabe, seine Kilometeranzahl, von wann bis wann er mit welcher Geschwindigkeit von vorne fahren muss. Das wird so geübt, wie es im Rennen vorkommen könnte.

Sie sagten, in Belgien wurden verschiedene Sprintzüge ausprobiert. Wie kann man da variieren? Wie viele Fahrer sind bspw. bei der Tour de France beteiligt?

Bei der Tour halten sich einige Fahrer raus, die auf Gesamtwertung fahren. Ein, zwei holen die Gruppen zurück und bringen die letzten fünf Mann auf die letzten drei Kilometer. Und dann hat jeder seine Aufgabe und seine Kilometer-Anzahl im Kopf. Im Rennen kann auch mal was dazwischenkommen – Kurven oder man wird eingebaut von verschiedenen Gruppen oder anderen Sprintzügen. Darauf in jeder Situation eine Antwort zu haben, ist wichtig. Dafür muss man viele Rennen zusammen fahren oder zusammen trainieren.

Das DM-Rennen findet auf einer relativ schwierigen, selektiven Strecke statt. Haben Sie dort die Chance, vielleicht auch einmal in eine Ausreißergruppe zu kommen?

Das wird sicher ein Kuddelmuddel geben, weil viele Fahrer allein oder in kleinen Teams antreten. Mit zwei Mann kann man das Rennen nicht kontrollieren. Sicher habe ich heute eine Chance, aber es wird schwer, die zu nutzen. 95% meiner Rennen fahre ich für André, 5% hab ich dann vielleicht freie Fahrt, da muss sich der Körper auch umstellen. Es werden sicher alle Fahrer das Beste geben, die DM ist immer etwas Schönes.

Wie geht es weiter nach dem Rennen?

Es geht für zwei Tage nach Hause, dann ist Mittwoch Anreise nach Belgien, wo wir uns mit dem Team treffen und noch einmal den Sprint üben und Etappenfinals angucken. Donnerstag geht es bei der Tour los mit den medizinischen Untersuchungen. Samstag ist dann schon der Prolog.

Haben sie schon Etappen angesehen? Wo hat Greipel gute Chancen?

Ich habe bis jetzt nur einmal kurz drüber geblättert. Ich denke in der ersten Woche haben wir schon ein paar Chancen. Wir werden versuche, jede zu nutzen. Die Tour de France ist etwas Spezielles, da will natürlich jeder jeden Tag gewinnen. Wir werden versuchen, die Chancen, die wir bekommen, zu nutzen.

Gibt es teaminterne Vorgaben, bezüglich der Anzahl von Etappensiegen?

Ich denke, auch wenn wir nur einen Sieg haben, aber gute drei Wochen zeigen und mit Jurgen Van Den Broeck die Top5 der Gesamtwertung erreichen, wäre das Team auch zufrieden. Das Ziel ist erst einmal, eine Etappe zu gewinnen, es wäre aber schön, wenn es mehr werden.

Wie läuft das Training ab, wenn man neben einem Sprinter auch einen Fahrer für die Gesamtwertung hat?

Jurgen Van Den Broeck war im Höhentrainingslager, hat seine Rennen gefahren, gar nicht mit uns. Wir haben mit dem Sprintzug mehrere Rundfahrten bestritten, er hat sein Ding gemacht, viel trainiert. Da trifft man sich dann erst vor der Tour.

Wie stark schätzen sie Van Den Broeck ein?

Bei der Dauphiné war er schon gut dabei. Letztes Jahr war er auch in sehr guter Form, ist dann leider gestürzt. Ich hoffe, dass er dieses Jahr gut durchkommt, ohne Sturz. Er hat es schon einmal gezeigt, dass er Fünfter werden kann.

Gibt es für sie persönliche Ziele bei der Tour? Vielleicht einmal in eine Ausreißergruppe zu kommen?

Dieses Jahr sind wir auf den Flachetappen hundertprozentig für André da, auf den anderen Etappen müssen wir unseren Gesamtmann aus dem Wind halten. Die freien Kilomete,r die man hat, möchte man dann auch mal im Feld genießen. Höchste Priorität haben André und Jurgen Van Den Broeck. Da macht es keinen Sinn, wenn ich Kräfte verschwende.

Wie sind ihre Gedanken hinsichtlich Olympia?

Es wäre ein Traum, starten zu dürfen. Wir haben uns die Strecke angeguckt, sie ist sehr interessant. Die Aufgabe ist, André so lang wie möglich zu unterstützen, damit er so viel wie möglich Energie sparen kann.





Marcel Sieberg vom Team Lotto Belisol
Marcel Sieberg vom Team Lotto Belisol

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