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Portugiesischer Hattrick bei der Tour de Suisse: Costa zieht mit Frank und Mollema an Martin vorbei
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22.06.2014

Portugiesischer Hattrick bei der Tour de Suisse: Costa zieht mit Frank und Mollema an Martin vorbei

Info: TOUR DE SUISSE 2014
LiVE-Ticker zum Nachlesen: Flash | Text
Autor: Felix Griep (Werfel)



Saas-Fee, 22.06.2014 – Es hat nicht gereicht für Tony Martin (Omega Pharma-Quick Step). Nach acht Tagen im Gelben Trikot und einem tollen Kampf am Schlusstag beendete er die Tour de Suisse nur auf dem vierten Rang. Er fiel einer „Verschwörung“ von Rui Costa (Lampre-Merida), Mathias Frank (IAM Cycling) und Bauke Mollema (Belkin) zum Opfer, die ihn gemeinsam schon am vorletzten Berg distanzierten und schlussendlich in der genannten Reihenfolge das Podium bestiegen. Frank gab in der Endphase alles für die Chance auf den ersten Rundfahrtsieg seiner Profi-Karriere, aber es war Costa, der Geschichte schrieb. Als erstem Fahrer überhaupt gelangen dem Portugiesen drei Gesamtsiege in Folge bei der Schweizer Landesrundfahrt.

Belkin und IAM bringen ihre Helfer in Position
Als die Tour de Suisse vor genauer einer Woche ihre Königsetappe über Gotthard, Furka, Grimsel und Brünig austrug, lief beim Critérium du Dauphiné gerade die Schlussetappe, auf der vom ersten Anstieg an massiv attackiert wurde und am Ende weder Alberto Contador noch Chris Froome den Gesamtsieg holte, sondern überraschenderweise Andrew Talansky. Es war ein faszinierendes Teilstück und hat den Gegnern von Tony Martin (Omega Pharma-Quick Step) möglicherweise als Anschauungsunterricht gedient. Sie durften sich nicht darauf verlassen, dem Leader auf dem allerletzten Anstieg nach Saas-Fee, der zwar 20 Kilometer lang, aber nicht besonders steil war, mehr als eine Minute abnehmen zu können. Dafür bot ihnen die in Martigny gestartete 156,7 Kilometer kurze 9. Etappe drei weitere Berge, an denen man den widerspenstigen zweifachen Zeitfahr-Sieger schon früh an seine Grenzen treiben könnte. An den ersten beiden Steigungen nach Veysonnaz (Kat. 1) und St. Martin (Kat. 1) war das Renngeschehen von Ausreißversuchen geprägt, bei denen es ganz offensichtlich nicht nur um das Streben nach dem Tagessieg ging. Zu einer ersten 16-köpfigen Gruppe gehörten bspw. Steven Kruijswijk und Laurens ten Dam (beide Belkin), außerdem Johann Tschopp (IAM Cycling). Als diese eingeholt wurde und sich aufs Neue 17 Fahrer absetzten, waren zwei andere Belkin-Fahrer, Stef Clement und Sep Vanmarcke, und diesmal auch ein IAM-Duo, Tschopp und Marcel Wyss, dabei. Sie würden noch eine enorm wichtige Rolle für ihre Kapitäne spielen.

Martin schon geschlagen und dann doch wieder mit Hoffnung
Nach einer etwas längeren Flachpassage, auf welcher der Abstand zwischen der großen Spitzengruppe und dem Hauptfeld zwischen einer und zwei Minuten lag, ging es 50 Kilometer vor dem Ziel in den 8,5 Kilometer langen dritten Anstieg nach Eischoll (Kat. 1). Dort wurde ein Kapitel für das „Relais-Handbuch“ geschrieben. Bauke Mollema (Belkin) und Mathias Frank (BMC Racing Team) griffen gemeinsam mit Rui Costa (Movistar) an und bald warteten die Teamkollegen der beiden Erstgenannten auf dieses Trio, um es an die Spitze heranzuführen. Martin stand auf verlorenem Posten – den Angriff der drei stärksten Bergfahrer des Rennens konnte er nicht parieren und als erst einmal ein Loch entstanden war, musste er hilflos mit ansehen, wie es immer größer wurde. Ohne Unterstützung durch Teamkollegen, die längst alle abgehängt waren, oder andere Fahrer verlor seine Verfolgergruppe bis zur Bergwertung 1:35 Minute und das Gelbe Trikot schien nicht mehr gerettet werden zu können. Erst recht, als nach der Abfahrt sogar 2:40 Minuten Rückstand gemessen wurden. Aber in der ersten Hälfte des Schlussanstiegs sah es so aus, als könne sich das Blatt noch einmal wenden. Während Warren Barguil und der bisherige Gesamtzweite Tom Dumoulin (beide Giant-Shimano) dem nimmermüden Martin zur Seite standen, war Wyss vorne bald der letzte Helfer, der Tempo bolzte. Frank, Mollema und Costa sparten sich ihre Kräfte auf; ebenso wie Steve Morabito (BMC Racing Team), Oliver Zaugg (Tinkoff-Saxo), André Cardoso (Garmin-Sharp) und Jérémy Roy (FDJ.fr), denen die Höhe des Vorsprungs herzlich egal war. Dieser fiel noch einmal um eine Minute.

Frank attackiert als Erster, aber Costa hat das letzte Wort
Es war letztendlich Marcel Wyss zu verdanken, der die erste Gruppe über viele Kilometer hinweg nach Saas-Fee hinaufzog, dass Martin tatsächlich vom Thron gestürzt werden konnte. Als endgültig klar war, dass das Gelbe Trikot seinen Besitzer wechseln würde, traten auf den letzten vier Kilometern die drei Anwärter auf den Gesamtsieg in Erscheinung. Costa hatte die beste Ausgangsposition, lag im Klassement neun Sekunden vor Frank und 36 vor Mollema. Vom Schweizer kam der erste Angriff und Costa brauchte einen Moment, um Fahrt aufzunehmen. Doch als der „Motor“ des Portugiesen erst einmal richtig lief, war er nicht mehr zu stoppen. Als er zu Frank auffuhr und sich dieser nach Mollema umblickte, nutzte der Titelverteidiger die kurze Unachtsamkeit des Gegners und lancierte seine Attacke. Frank kam zwar noch einmal heran, konnte die Pace aber nicht mehr lange mitgehen. So fuhr Costa die letzten 2500 Meter alleine einem doppelten Erfolg entgegen. Die Etappe gewann er mit 14 bzw. 24 Sekunden Vorsprung auf Mollema und Frank und damit zum dritten Mal in Folge die Gesamtwertung der Tour de Suisse, was in deren langer Geschichte noch niemandem gelungen war. Er wiederholte seinen Coup von 2013, als er beim Bergzeitfahren nach Flumserberg ebenfalls am letzten Tag auf Rang eins vorstürmte. Im Jahr 2012 hatte er das Gelbe Trikot dagegen ab der 2. Etappe getragen und danach nicht wieder hergegeben.

Martin am Ende Vierter, Thurau und Sagan gewinnen Sonderwertungen
Franks geringer Zeitverlust gegenüber Mollema hatte keine Bedeutung mehr. Der Niederländer belegt in der Endabrechnung mit 50 Sekunden Rückstand auf Costa den dritten Rang, Frank ist mit 33 Sekunden Zweiter und damit der erste Schweizer auf dem Podium der Tour de Suisse seit Fabian Cancellaras Sieg 2009. Martin und Dumoulin verpassten das Podium, belegen mit 1:13 Minute bzw. 2:04 Minuten Rückstand die Plätze vier und fünf. Sie finishten mit einer kleinen Gruppe, zu welcher u.a. auch der heute blasse Roman Kreuziger (Tinkoff-Saxo) gehörte, 2:18 Minuten hinter Costa. Morabito, Zaugg, Cardoso, Roy und Wyss hatten ebenfalls noch vor ihnen das Ziel erreicht; vier Schweizer befanden sich in den Top8 der Etappe. Morabito machte einen großen Sprung in der Gesamtwertung vom zwölften auf den sechsten Platz. Einen Umsturz gab es auch in der Mannschaftswertung, wo Lampre-Merida hauchdünn vor Belkin in Führung gelegen hatte. Mollemas Team zog noch mit mehr als fünf Minuten Vorsprung an die Spitze. In keinster Weise gefährdet war das Bergtrikot von Björn Thurau (Europcar), der die Etappe als 20. recht weit vorne abschloss. Er hatte auf der 2. Etappe so viele Punkte gesammelt und sein Konto über die nächsten Tage hinweg stetig weiter aufgestockt, dass es zwar einigen Wenigen mathematisch noch möglich war, aber niemand mehr auf die Idee kam, in anzugreifen. Ähnlich verhielt es sich in der Punktewertung, wo Peter Sagan (Cannondale) schon seit dem Zeitfahren auf Etappe 7 uneinholbar war.

-> Zum Resultat und allen Endständen

Morabito, der schon den Giro d‘Italia in den Beinen hat, wird erst einmal eine Rennpause zur Erholung einlegen. Die fünf vor ihm klassierten Fahrer treten aber aller Voraussicht nach am übernächsten Samstag alle bei der Tour de France an.





Costa gewinnt letzte Etappe und Gesamtwertung - Frank und Mollema auf dem Podium
Costa gewinnt letzte Etappe und Gesamtwertung - Frank und Mollema auf dem Podium
Foto: Sabine Jacob

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