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Seine letzten 51,115 km: Jens Voigt verabschiedet sich mit neuem Stundenweltrekord in den Ruhestand
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19.09.2014

Seine letzten 51,115 km: Jens Voigt verabschiedet sich mit neuem Stundenweltrekord in den Ruhestand

Autor: Felix Griep (Werfel)



Grenchen, 18.09.2014 – Als Radprofi war Jens Voigt immer für Überraschungen gut. Und auch nach seinem letzten Rennen bei der USA Pro Challenge am 24. August versetzte der gebürtige Mecklenburger die Radsportwelt noch einmal in Erstaunen, verkündete seinen Angriff auf den Stundenweltrekord. Einen Tag nach seinem 43. Geburtstag gelang Voigt der Versuch, die neun Jahre alte Bestmarke von Ondrej Sosenka zu überbieten. Mit 51,115 Kilometern – den letzten seiner langen, an Höhepunkten nicht armen Karriere – schaffte Voigt dies deutlich.

Geschichte des Stundenweltrekords
Es gab einmal Zeiten, da besaß der Stundenweltrekord einen ganz besonderen Glanz. Henri Desgrange, der später die Tour de France ins Leben rief, stellte 1893 die erste Rekordmarke auf. Von seinen 35,325 Kilometern stieg der Bestwert noch vor der Jahrhundertwende auf mehr als 40. Vor dem Ersten Weltkrieg lieferten sich der Franzose Marcel Berthet und der Schweizer Oscar Egg ein langes Duell, bei dem der Rekord mehrfach vom einen zum anderen und wieder zurück wechselte. Später reihten sich auch Legenden wie Fausto Coppi, Jacques Anquetil und Eddy Merckx in die Liste der Stunden-Besten ein. Merckx‘49,431 Kilometer aus dem Jahre 1972 wurden 1984 von Francesco Moser überboten, der die 50-Kilometer-Grenze sprengte. In den 90er Jahren stieg die Bestleistung durch Graeme Obree, Miguel Indurain, Tony Rominger und schließlich Christopher Boardman auf wahnsinnige 56,375 Kilometer. Allerdings hatten sämtliche Nachfolger des „Kannibalen“ sich den enormen Fortschritt dieser Zeit zunutze gemacht, profitierten von bis an die Grenzen aerodynamisch optimierten Rädern und Sitzpositionen.

Weltverband UCI lockert die Regeln
Im Jahr 2000 annullierte die UCI sämtliche nach Merckx gefahrenen Rekorde und stellte als Bedingung an alle zukünftigen Versuche, dass Rennmaschinen dem Standard aus der Zeit des Belgiers zu entsprechen hätten. Boardman versuchte noch im selben Jahr, seinen „verlorenen“ Rekord zurückzuerlangen und schlug Merckx nur um zehn Meter. Fünf Jahre später absolvierte der Tscheche Ondrej Sosenka in Moskau in 60 Minuten 49,700 Kilometer und blieb damit für lange Zeit der Rekordhalter. Die strikten Vorschriften hatten eine abschreckende Wirkung, weshalb sich die UCI unter ihrem neuen Präsidenten Brian Cookson im Mai 2014 dazu entschied, die Reglementierungen zu lockern. Erlaubt sind nun Rennmaschinen, die den aktuellen Richtlinien für die Bahnrad-Ausdauerwettbewerbe entsprechen. So sind beispielsweise anstatt der aus der Mode gekommen Bügellenker der merckx’schen Ära die heute in Zeitfahren üblichen Aerolenker zugelassen. Das Ziel, durch Liberalisierung den Stundenweltrekord wieder attraktiver und reizvoller zu machen, wurde sofort erreicht. Jens Voigt nannte den Tag dieser Entscheidung als den Ursprung des konkreten Gedankens, sich an die Sosenka-Bestmarke heranzuwagen.

Voigt fährt in Grenchen 51,115 Kilometer
In Voigts Rennstall Trek Factory Racing hatte man sich schon seit letztem Jahr mit dem Gedanken an den Stundenweltrekord beschäftigt – ursprünglich mit Fabian Cancellara als dem dafür auserwählten Fahrer. Von diesem Vorwissen profitierte Voigt, als er teamintern sein Vorhaben offenbarte. Geheimgehaltene Tests im Velodrom von Roubaix vor der Dauphiné zeigten, dass es realistisch war, den Rekord brechen zu können. Der Öffentlichkeit teilte Voigt seine Pläne erst am 3. September mit. 15 Tage später trat er auf der 250 Meter langen Bahn im Velodrome Suisse, welches im Juni 2013 in Grenchen eröffnet worden war, vor rund 1600 Zuschauern zu seinem Rekordversuch an. Schon früh war klar, dass Voigt die mittlerweile neun Jahre alte Marke von Sosenka schlagen würde. Er kam 1415 Meter weiter und setzte das i-Tüpfelchen auf seine eigentlich offiziell bereits beendete Karriere. 51,115 Kilometer stehen nun also in den Geschichtsbüchern und sind eine Herausforderung an die großen Zeitfahrer unserer Zeit, zu denen Voigt trotz einer nicht abzustreitenden gewissen Qualität nicht unbedingt zählte.

Zu Voigts möglichen Herausforderern in der näheren Zukunft zählen neben Cancellara noch zwei andere Topstars, die in den letzten Monaten bereits ein Interesse an dem Stundenweltrekord geäußert hatten: Tony Martin und Bradley Wiggins.





Die Rennmaschine, mit der Jens Voigt den Stundenweltrekord auf 51,115 Kilometer anhob (Quelle: instagram.com/thejensie)
Die Rennmaschine, mit der Jens Voigt den Stundenweltrekord auf 51,115 Kilometer anhob (Quelle: instagram.com/thejensie)

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