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Adventskalender am 4. Dezember: UCI-Chef Brian Cookson ein Jahr im Amt - eine Zwischenbilanz
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04.12.2014

Adventskalender am 4. Dezember: UCI-Chef Brian Cookson ein Jahr im Amt - eine Zwischenbilanz

Info: www.uci.ch
Autor: Heike Oberfeuchtner (H.O.)



  04.12.  
Zugegeben, Brian Cookson ist nun schon länger als zwölf Monate Präsident der UCI. Dem Jahrestag seines Wahlsiegs über Pat McQuaid trug der 63-jährige Brite während der WM in Ponferrada mit einer Grundsatzrede Rechnung. Aber sein erstes volles Jahr im Amt wollen wir im Rahmen des LiVE-Radsport Adventskalenders auch noch mit einer Zwischenbilanz bedenken, die sich an seinem 6-Punkte-Plan vom Juni 2013 orientiert. Darin hatte Cookson die Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit der UCI im Anti-Doping-Kampf, mehr Transparenz, die Förderung des Frauenradsports, die Globalisierung des Radsports, dessen Stärkung im olympischen Kontext sowie die Reformierung des Straßenradsports als seine wesentlichen Ziele bezeichnet.


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Anti-Doping-Kampf
Die Einsetzung der sogen. Radsport Reform-Kommission (CIRC) war beinahe Cooksons erste Amtshandlung und da das dreiköpfige Gremium nun schon seit fast 12 Monaten ungestört arbeitet, ist der Brite bereits weiter gekommen als sein Vorgänger. McQuaid hatte nämlich eine ähnliche Kommission ins Leben gerufen, diese aber nach wenigen Wochen aufgrund von Meinungsverschiedenheit wieder aufgelöst. Cookson stellte die Finanzierung der CIRC sicher und mischte sich ansonsten nicht ein. Die Kehrseite der Medaille: Wir bekommen wenig davon mit, was Dick Marty, Ullrich Haas und Peter Nicholson eigentlich so machen. Zwar ist es ein offenes Geheimnis, dass EPO-Sünder Mauro Santambrogio mit einer Aussage vor der CIRC sein Strafmaß verringerte, und es ist bekannt, dass Lance Armstrong schon mindestens einmal mit der Kommission gesprochen hat. Außerdem hat Cookson die Erstellung eines Kriterienkatalogs für Teamleiter gefordert. Doch wie der Abschlussbericht der CIRC, welcher für Anfang 2015 angekündigt wurde, aussehen wird? Wir dürfen gespannt sein. Zu den Bemühungen des neuen UCI-Präsidenten um eine glaubwürdigere Anti-Doping-Politik gehört auch die verstärkte Zusammenarbeit mit der WADA und mit den nationalen Dopingbekämpfungsbehörden. Als ganz großer Wurf könnte sich außerdem das unabhängige, transnationale Anti-Doping-Tribunal erweisen, welches im kommenden Jahr seine Arbeit aufnimmt und vor dem alle Fälle verhandelt werden sollen. Uneinheitliche Standards und Rücksichtnahme auf die landeseigenen Athleten dürften dann endlich der Vergangenheit angehören.
Zwischenbilanz: Beachtlich!

Transparenz und Glaubwürdigkeit
Im Bestreben, das Gebaren des Weltverbands transparenter zu gestalten, legte Brian Cookson unmittelbar nach seiner Wahl sein Gehalt offen und startete eine gewaltige Medienoffensive. Es vergeht keine eine Woche, in der der UCI-Chef nicht mindestens ein Interview, meist sogar mehrere gibt. Doch lassen wir uns nicht täuschen. Der Brite ist ein waschechter Funktionär, und er beherrscht den Politikersprech so gut, dass er meist weniger sagt, als es den Anschein hat. Im abgelaufenen Jahr leistete sich die UCI auch mehr als einen Lapsus, bei dem die Transparenz und die Glaubwürdigkeit ein klein wenig auf der Strecke blieben. Man musste sich doch sehr wundern, als am Fall Denis Menchov die neue Publikationsstrategie demonstriert wurde – Anti-Doping-Verstöße werden seitdem nicht mehr unbedingt in Form von Pressemitteilungen bekannt gegeben, sondern u.U. als „klammheimliche“ Erweiterung der „provisional suspensions“-Liste auf der UCI-Webseite. Sprich, wer up to date sein will, sollte tunlichst in kurzen Abständen immer wieder reinschauen. Bereits zuvor herrschte Verwirrung über Chris Froomes Ausnahmegenehmigung für den Kortison-Gebrauch, welcher zur Ankündigung einer Verschärfung der TUE-Regelung (TUE = therapeutic use exemption) führte. Der Fall Roman Kreuziger, bei dem sich die UCI einen unwürdigen Schlagabtausch mit Tinkoff-Saxo lieferte, und der Fall Diego Ulissi, bei dem man sich ebenfalls bemüßigt fühlte einzugreifen, sind weitere Beispiele aus der Reihe „Gut gemeint, aber nicht gut gemacht.“ Man hat den Eindruck, dem Weltverband fehlt für seine, vermutlich durchaus sinnvolle Machtwort-Politik (noch) die rechtliche Grundlage. Nicht wenige sagen außerdem, dass der Umgang mit dem nun schon mehrfach auffällig gewordenen Team Astana zum wahren Prüfstein für die Glaubwürdigkeit der UCI wird.
Zwischenbilanz: Ausbaufähig!

Förderung des Frauenradsports
Mit Tracey Gaudry berief Brian Cookson erstmals eine Frau in den höchsten Führungszirkel der UCI. Außerdem legte er Wert darauf, dass in allen Arbeitskreisen mindestens ein weibliches Mitglied sitzt. Eine Frauenradsport-Kommission kümmert sich ausschließlich um dieses Thema. Um dem Weltcup mehr Öffentlichkeit zu verschaffen, verkaufte der Weltverband TV-Rechte und weitete die Dokumentation im eigenen Youtube Channel aus. Dennoch: Solange es keine Liveübertragungen gibt – mindestens im Internet, am besten aber auf TV-Kanälen wie Eurosport – wird sich die Weltpokal-Serie der Frauen niemals so großen Interesses erfreuen wie jedes x-beliebige Rennen ihrer männlichen Kollegen. Dass das World Cup Finale in Plouay, das als einzige Runde live gezeigt wurde, ausgerechnet zeitgleich mit der letzten Etappe der Vuelta a España zu Ende ging, war wirklich ungeschickt. Außerdem dauert die Veröffentlichung der Weltcup-Resultate und des aktualisierten Rankings entschieden zu lang. Die Women´s Cycling Week parallel zur Tour de France und die Erstaustragung von „La Course by Le Tour de France“ sind Schritte in die richtige Richtung – an denen die UCI mehr oder weniger beteiligt war. Cooksons neue Skepsis gegenüber einem Mindestlohn für weibliche Radprofis, zu der ihn angeblich die Frauenradsport-Kommission gebracht hat, nimmt hingegen wunder.
Zwischenbilanz: OK mit Einschränkungen!

Globalisierung des Radsports
Die Globalisierung des Radsports in einer immer enger zusammenrückenden Welt ist ein Prozess, an dem kein UCI-Chef – ob er nun Pat McQuaid, Brian Cookson oder Max Mustermann geheißen hätte - vorbeigekommen wäre. Die Abschaffung der Tour of Bejing weist nur scheinbar in eine andere Richtung. Die Eröffnung von Word Cycling Zentren auf allen Kontinenten und die Einrichtung einer Advocacy Commission zur Förderung des Radfahrens im Alltag zeigt eher an, wohin die Reise geht. Deswegen wollen wir dieses Thema allgemein unter dem Aspekt der Modernisierung betrachten. Hier hat Brian Cookson bereits starke Akzente gesetzt. Medientechnische Innovationen wie der Einsatz von On Board-Kameras oder die Positionstechnologie wurden getestet, der Internetauftritt des Verbands wurde erneuert und verbessert – wenn er auch immer noch über zu schwache Server läuft. Zudem diskutiert man konkret über die Zulassung von Scheibenbremsen in Straßenrennen und über eine Aufhebung der 6,8kg-Untergrenze. Natürlich gehört auch die begrüßenswerte Liberalisierung der Stundenweltrekord-Vorschriften in diesen Kontext.
Zwischenbilanz: Weiter so!

Förderung des Radsports als Olympische Sportart
Das etwas trockene Thema „Stärkung des Radsports im olympischen Kontext“ schlug sich in Cooksons eifrigem Werbefeldzug für die Zulassung des Querfeldeinradsports zu den Olympischen Winterspielen nieder. Außerdem brachte er eine Verlegung der Bahnrad-Wettbewerbe von den Sommerspielen zu den Winter Games ins Gespräch. Dass die UCI ihr Bewusstsein für Trends geschärft hat, kann man auch an der Einführung eines Regelwerks für Enduro Mountainbiking erkennen. Cooksons erklärtes Vorhaben: den Radsport zur beliebtesten Sportart weltweit machen!
Zwischenbilanz: Ehrgeizig!

Reform der World Tour
Die Reform des Straßenrennsports und allen voran der World Tour ist, neben dem Kampf gegen das Doping, das wohl bedeutendste Projekt in Brian Cooksons Amtszeit. Schon vor über einem Jahr wurde erste Pläne skizziert, die die wichtigsten Ziele, nämlich eine Straffung des Kalenders und eine Reduzierung der Mannschaften und der Fahrer pro Team erkennen ließen. Arg viel mehr weiß man bis heute noch nicht, auch wenn abseits der Öffentlichkeit unter den Interessenvertretern wohl eifrig diskutiert wird. Nach der WM in Ponferrada hieß es noch, die Reform befindet sich auf gutem Weg. Tatsache ist jedenfalls, dass es die World Tour, so wie wir sie jetzt kennen, 2017 nicht mehr geben wird. Hoffen wir aber, dass Cooksons Gedankenspiele zu einer Verkürzung von Giro, Tour und Vuelta nicht unbedingt in die Tat umgesetzt werden.
Zwischenbilanz: Zukunftsweisend!

Alles in allem war Brian Cooksons Berufung zum UCI-Chef wohl eine gute Wahl, denn nicht nur leistet er bislang ordentliche Arbeit, sondern er gilt in den Medien und in der Öffentlichkeit auch als integer und vertrauenswürdig. Was viel Wert ist, wenn man sich z. B. anschaut, was ein Präsident wie Sepp Blatter dem Fußballweltverband FIFA für einen Ruf beschert hat. Und Cooksons Wunsch, die UCI zum besten und meistrespektierten Verband der Welt zu machen, mag etwas naiv klingen, ganz unsympathisch ist er aber auch nicht.





UCI-Präsident Brian Cookson (Foto: uci.ch/Magali Koenig)
UCI-Präsident Brian Cookson (Foto: uci.ch/Magali Koenig)

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