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„Mit der Brechstange“: Geschke triumphiert auf erster Alpenetappe, geschwächter Van Garderen gibt auf
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22.07.2015

„Mit der Brechstange“: Geschke triumphiert auf erster Alpenetappe, geschwächter Van Garderen gibt auf

Info: TOUR DE FRANCE 2015
LiVE-Ticker zum Nachlesen: Flash | Text
Autor: Felix Griep (Werfel)



Pra Loup, 22.07.2015 – Diese 50 Kilometer wird Simon Geschke nie vergessen. Die frühe Flucht aus einer Fluchtgruppe führte den 29-jährigen Deutschen auf der 17. Etappe der Tour de France zum größten Sieg seiner Karriere, nachdem er den höchsten Punkt der Rundfahrt überwunden, die schwierige Abfahrt vom Col d’Allos überstanden und am Schlussanstieg nach Pra Loup einen Vorsprung von einer halben auf seinen ersten Verfolger behauptet hatte. Ein toller Coup, den man aber auch dem Schweizer Mathias Frank bescheinigen darf, der sich in der Gesamtwertung von Rang 13 auf 8 verbessern konnte. Der Kampf der Favoriten fand viele Minuten hinter den Ausreißern statt, hatte aber viel zu bieten: überraschende Angriffe weit vor dem Ziel, den Sturz eines Topfahrers in einer Abfahrt und das Ausscheiden eines Fahrers, der bis dahin auf einem Podiumsplatz gelegen hatte.


Der LiVE-Radsport Blog: Tines Tour Talk (17) – Warten auf einen Etappensieg

Exakt jeder Sechste: 28 von 168 Startern in der Spitzengruppe
Die Entspannung, die manch ein Fahrer der Tour de France am gestrigen Ruhetag vielleicht genossen haben mag, war auf der 17. Etappe sofort wieder vergessen, denn nach dem Start in Digne-les-Bains begann gleich wieder der alltägliche Fluchtgruppen-Wahnsinn. Jeder wollte hinein, 28 Fahrer schafften es am Ende (vollständige Liste siehe LiVE-Ticker, Eintrag von 14:28 Uhr). Entstanden war diese wieder einmal gewaltige Ausreißergruppe erst nach etwa 50 der 161 Kilometer, nachdem zuvor noch die Klassementfahrer Nairo Quintana (Movistar) und Tejay Van Garderen (BMC Racing) auf äußerst verschiedene Weisen für Aufsehen gesorgt hatten – doch dazu später mehr. Vorne mit dabei waren Fahrer wie Richie Porte und Nicolas Roche (beide Sky), Jonathan Castroviejo, José Herrada und Gorka Izagirre (alle Movistar), Rafal Majka und Peter Sagan (Tinkoff-Saxo) oder Tanel Kangert (Astana), bei denen nicht klar erschien, ob sie auf eigene Rechnung würden fahren dürfen oder als Helfer für ihre um die vorderen Plätze der Gesamtwertung kämpfenden Kapitäne vorausgeschickt wurden, aber auch Fahrer mit eindeutigeren Missionen. Mathias Frank (IAM Cycling) suchte die Chance für einen Sprung von Gesamtrang 13 in die Top10, andere wie Steven Kruijswijk (LottoNL-Jumbo), Thibaut Pinot (FDJ), Adam Yates (Orica-GreenEdge), Rigoberto Uran (Etixx-Quick Step), Andrew Talansky und Ryder Hesjedal (beide Cannondale-Garmin) waren hinter einem Etappensieg her.

50 Kilometer vor dem Ziel: Geschke entwischt den sorglosen Kletterern
Nachdem zuvor schon der Col des Lèques (3. Kategorie) überquert worden war, rollte die Gruppe über Col de Toutes Aures (3.) und Col de la Colle-Saint-Michel (2.) hinweg, ehe sie genau 50 Kilometer vor dem Tagesziel den Zwischensprint erreichte. Diesen gewann Benoît Vaugrenard (FDJ) vor John Degenkolb (Giant-Alpecin) und Sagan, der mittlerweile ein regelrechter Ausreißergruppenstammgast ist. Unmittelbar nach dem Sprint begann der große Auftritt von Degenkolbs Teamkollegen Simon Geschke. Auf dessen Attacke reagierte niemand, man unterschätzte wohl das Kämpferherz des Deutschen, der es einfach mal „mit der Brechstange“ probierte wie er später selbst formulierte. Am gerade begonnenen, insgesamt gut 30 Kilometer langen Aufstieg zum Col d’Allos (1. Kategorie) wähnten sich die auf dem Papier stärkeren Kletterer unter den Ausreißern wohl locker in der Lage, Geschke schon wieder einholen zu können. Doch der baute seinen Vorsprung kontinuierlich aus und büßte auch nichts ein, als hinter ihm diejenigen attackierten, die langsam doch ihre Felle davonschwimmen sahen. Eine Minute vor Pinot und fast zwei vor Talansky, Frank, Kruijswijk und Yates erreichte er die Bergwertung – das „Dach der Tour“ auf ihrem mit 2250 Metern höchsten Punkt. Das gab 5000 Euro Extra-Prämie, doch schnöder Mammon war Geschke heute sicher vollkommen egal. Denn der Etappensieg war nun keine Utopie mehr.

Ein Sturz hilft Geschke: Missgeschick in Abfahrt kostet Pinot Siegchance
Regen war für das Etappenfinale vorhergesagt worden, doch zog dieser erst nach Ankunft der Fahrer über das Gebiet. Doch auch auf trockenen Straßen können Stürze passieren, gerade auf solch herausfordernden Straßen wie jener, die vom Col d’Allos hinabführte. Pinot hatte an einer Stelle Kurvenlage und Beinhaltung nicht in Einklang bringen können, streifte mit der Pedale den Asphalt und ging zu Boden. Der Franzose sprang sofort auf und fuhr weiter, doch möglicherweise war es dieses Malheur, dass ihn den Etappensieg kostete. Geschke kam sicher ins Tal und kämpfte sich den 6,2 Kilometer langen Schlussanstieg nach Pra Loup hinauf. Sein erster Verfolger war dort Talansky, der circa eine Minute aufholen konnte und doch im Ziel noch 32 Sekunden Rückstand aufwies und den fünften deutschen Etappensieg – nächstbeste Nationen sind Großbritannien und Spanien mit je drei – nicht mehr verhindern konnte. Uran (+1:10) fuhr noch weit vor dem enttäuschten Pinot (+1:36) auf den dritten Platz. Frank (+1:40) wurde Fünfter und hatte tatsächlich sein Ziel erreicht und sich in die Top10 der Gesamtwertung vorgeschoben, denn die Besten der sonstigen Klassementfahrer, Quintana und Leader Chris Froome (Sky), erreichten erst fünfeinhalb Minuten nach ihm das Ziel. Insgesamt 17 Ausreißer blieben vor diesen beiden, darunter auch drei Vertreter vom Team MTN-Qhubeka, das seinen sensationellen zweiten Platz in der Mannschaftswertung hinter Movistar festigte.

Van Garderens K.o.: Quintana und Contador eliminieren den Gesamtdritten
Obwohl sie den Ausreißern zwischenzeitlich zwölf Minuten Vorsprung gewährt und den Etappensieg wie selbstverständlich überlassen haben, boten die sogenannten „Favoriten“ ein schönes Schauspiel auf dieser ersten Alpenetappe. Begonnen hatte es schon am ersten Anstieg, dem kleinen Col des Lèques, wo ein „Testangriff“ Quintanas Tejay Van Garderen (BMC Racing) in arge Nöte brachte. Der Gesamtdritte fiel daraufhin mehr als zwei Minuten zurück. Zwar schaffte er eine Rennstunde später am Col de la Colle-Saint-Michel, dem dritten Anstieg, die Rückkehr in den Kreis seiner Konkurrenten, doch nur wenig später gab ihm ein Angriff von Alberto Contador (Tinkoff-Saxo), der das Hauptfeld sprengte, den Rest. Der Spanier hatte dafür mit seinem Teamkollegen Michael Rogers zusammengespannt. Daraufhin dauerte es nicht mehr lange, bis Van Garderens Name mit dem Vermerk „abandon“ gemeldet wurde. Aufgabe. Eine Atemwegsinfektion, die der US-Amerikaner seit einigen Tagen mit sich herumschleppte, entzog seinem Körper die Kräfte, die für ein Weiterfahren nötig gewesen wären. Auch der bisherige Gesamtwertungs-Letzte Sam Bennett (Bora-Argon 18), Weltmeister Michal Kwiatkowski (Etixx-Quick Step), Nathan Haas (Cannondale-Garmin) und Jérôme Coppel (IAM Cycling) stiegen während der Etappe aus, zu der Laurent Didier (Trek Factory Racing) nicht mehr angetreten war. Alejandro Valverde (Movistar) war der Erste, der wieder an Contador herankam, der sich dann artig in die Favoritengruppe einreihte.

Gesamtwertung: Valverde Dritter, Frank Achter, gestürzter Contador weiter Fünfter
Auf dem letzten Teil des Col d’Allos ließ sich Vincenzo Nibali (Astana) als Erster zu einem Angriff verleiten. Ihm konnten nur Froome, Contador und Valverde standhalten sowie Quintana, der gleich eine eigene Attacke folgen ließ. In der Abfahrt wurde aus diesem Quin- ein Quartett, weil es auch bei ihnen einen Sturz gab. Der Pechvogel hieß Contador. Seine Teamkollegen Rogers und der eingeholte Ausreißer Sagan halfen dabei, die Maschine des Spaniers schnellstmöglich wieder renntauglich zu machen, aber der Zug war für ihn abgefahren. Izagirre und Herrada halfen zudem für einige Zeit ihren Kapitänen Quintana und Valverde bei der Tempoarbeit. Auf dem letzten Kilometer des Schlussanstiegs warf Quintana Froome den Fehdehandschuh hin, doch das Duell zwischen den Männern in Weiß und Gelb endete heute Unentschieden, sie kamen zeitgleich ins Ziel, Valverde sieben, Nibali 15 Sekunden, Contador über zwei Minuten später. Durch Van Garderens Aus stehen nun zwei Movistar-Fahrer auf dem Podium. Quintana hat weiter 3:10 Minuten, Valverde 4:09 Minuten Rückstand. Contador (+6:40) bleibt auf seinem fünften Platz, der zuvor hinter ihm klassierte Geraint Thomas (SKY) liegt sechs Sekunden vor ihm. Auf den nächsten Plätzen folgen Robert Gesink (LottoNL-Jumbo/+7:39) und Nibali (+8:04), die einer Überholung durch Frank (+8:47) gerade noch entgehen konnte. Der Aufsteiger des Tages ist jetzt Achter, hat mehr als sieben Minuten Vorsprung auf Platz elf.

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Schnelle Erholung ist nun wichtig, denn die nächsten Alpenberge warten schon auf der 18. Etappe. Nach einer sehr hügeligen ersten Streckenhälfte stellt der Col du Glandon (21,7 km à 5,1%) das größte Hindernis dar, nach dessen langer Abfahrt zehn Kilometer vor dem Ziel noch der kurze, aber steile Anstieg Lacets de Montvernier (3,4 km à 8,2%) zu bezwingen ist.





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