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Tagebuch Heinrich Berger: Bulgarien-Rundfahrt, die ersten 4 Tage
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15.09.2010

Tagebuch Heinrich Berger: Bulgarien-Rundfahrt, die ersten 4 Tage

Info: Alle Tagebuch-Einträge von Heinrich Berger | Tour of Bulgaria (2.2)
Autor: Heinrich Berger



14.09.2010 - Nicht nur die deutschen Mannschaften Thüringer Energie, LKT Team Brandenburg und eine Auswahl des BDR fahren die Tour of Bulgaria, auch LiVE-Radsport.com Tagebuch-Autor Heinrich Berger ist bei der neuntägigen Rundfahrt dabei. In seinem ersten Bericht aus Bulgarien berichtet er uns von den Etappen eins bis vier. Auf der 4. Etappe, die einen deutschen Fünffachsieg erlebte, holte Heinrich mit Rang acht sein bisher bestes Resultat einer ereignisreichen Tour.



Es wird immer besser ...

Die erste Etappe (Samstag) ...

War vor allem durch die schweren ersten 30 km geprägt, in denen es grundsätzlich nur berghoch ging. Ohne Einrollphase, ohne Prolog, aber mit Vorankündigung. Denn wir waren zwei Tage zuvor diesen ersten Berg schon gefahren und wussten, was da auf uns zukommt. Ich war während des Anstieges in einer guten Position und auch in der Lage, das Tempo mitzugehen, allerdings schreckte ich zurück, als mir klar wurde, dass die Gruppe da vorne noch knapp 200 km zu bewältigen hat (nur an diesem ersten Tag).
Doch wie heißt es in dem Spruch so schön ... du kannst die Tour nicht an einem Tag gewinnen, aber du kannst sie verlieren. Und ich habe schon an diesem ersten Tag DEN Fehler gemacht und mich damit aus der Gesamtwertung verabschieden können. Denn natürlich kam die Gruppe durch und wie sie durchkam! Mit über einer halben Stunde Vorsprung passierten die Ausreißer mit knapp 30 Fahrern die Linie.

Am Sonntag ...

Hatten wir knapp 200 km und zwei sehr schwere Berge zu bewältigen.
Gleich nach dem Start wurde es schnell und das Tempo wurde die ganze Zeit durch verschiedene Ausreißversuche hochgehalten. Nach dem ersten Berg folgte eine sehr steile und schwer zu fahrende Abfahrt. Bei gutem Wetter, allerdings hätte es ruhig noch ein wenig wärmer sein können für mich, denn auf Grund der langen Abfahrt und der hohen Geschwindigkeiten wurde es doch recht kalt.
Das war also der erste Berg.
Der zweite allerdings sollte um ein Vielfaches schwerer, steiler und länger werden.
Nach der Abfahrt im Tal angekommen, bogen wir auf einer T-Kreuzung nach rechts ab.
Neben uns ein kleiner Fluss, der entgegen der Fahrtrichtung floss. Das ist immer ein schlechtes Zeichen! Und so rasten wir, an der Spitze Katusha und Hemus-Vivelo, stromaufwärts Richtung Berg. Dieser Anstieg wollte und wollte einfach kein Ende nehmen. Im Gegenteil, er wurde immer steiler. Bis wir nach knapp 10 km Kletterei endlich an der Bergwertung angekommen waren. Zu diesem Zeitpunkt waren wir in der Spitzengruppe noch ca. 40 Fahrer, die sich nun zusammen in die Abfahrt stürzten. Es folgte eine wunderschöne Abfahrt mit langgezogenen Kurven, also auch sehr hohen Geschwindigkeiten, gutem bis sehr gutem Asphalt und einer sehr bemerkenswerten Landschaft.
Im Finale habe ich mich leider ein wenig einbauen lassen. Als auf der linken Seite gleich der erste Angriff saß, musste ich mir auf der rechten Seite erst meinen Weg aus der Windkante bahnen, um antreten zu können. Aber da war es leider schon geschehen.
Die Gruppe hatte schon zu viel Vorsprung. Ja, man soll es kaum glauben, aber eine Etappe über 200 km und 4 ½ Stunden wird innerhalb von wenigen Sekunden entschieden. So musste ich mich an diesem Tag leider mit dem 12. Platz zufriedengeben.

Montag ...

Ja, der gute Montag war wie für viele von euch der Anfang der Arbeitswoche und damit ein, na sagen wir mal mittelmäßiger Tag, im Allgemeinen.
Zunächst verlief für mich alles nach Plan. Eine 13-köpfige Spitzengruppe setzte sich ab und rette über 2 min ins Ziel. Ich war wieder einmal leider nicht dabei. Ich hab momentan nicht so richtig viel Glück in der Phase, in der sich Ausreißergruppen bilden. Ich sehe allerdings im Nachhinein eher das Positive, nämlich dass ich viel Kraft gespart habe an diesem Tag. Auf den letzten 20 km hat LKT Brandenburg schon einmal angedeutet, wie der Dienstag laufen sollte, nämlich up de Kant (Belgisch für Windkante fahren).

Und damit kommen wir zum Dienstag ...

Auf dem Höhenprofil sah das alles ganz leicht aus ... NIX DA!
Nach einer etwas längeren Einrollphase, in der sich eine 7-köpfige Spitzengruppe bildete, von etwa 50 km ging es los. Eine lange Rechtskurve, Kette rechts und los ging die Reise. Die drei deutschen Mannschaften waren sich einig, das Feld mal so richtig auf der Kante leiden zu lassen. Diese Etappe war mal echt ein Stück aus dem Lehrbuch fürs Windkanten. Kurz zuvor bekam ich das Gefühl, dass ich ein wenig weiter nach vorne fahren sollte und fuhr ca. 30 Positionen weiter nach vorne. Das Tempo war zu diesem Zeitpunkt schon recht hoch und mir schwante Böses. Als ich meine Position gefunden hatte, zog das Tempo noch mal deutlich an, jetzt ließ zwei Positionen vor mir der tschechische Meister reißen. Ich erkannte die Situation zum Glück schnell und spurtete das gerade entstandene Loch ca. 50 Meter wieder zu. In dieser Situation war ich deutlich über meiner Leistungsgrenze, doch ich hatte keine andere Wahl. Ich musste ums Verrecken das Loch schließen und dann auch noch das Hinterrad halten, ich weiß nicht mehr wie, aber ich scheine es irgendwie geschafft zu haben.
Ich war also in der Gruppe, die gerade den Rest des international hochklassig besetzten Fahrerfeldes das Fürchten gelehrt hatte.

WINDKANTE

Der Wind kommt von der Seite, egal welche. Das Peloton fährt auf einer Straße, die über offenes Gelände führt (windanfällig ist). Eine oder mehrere Mannschaften sortieren sich an der Spitze des Feldes ein und erhöhen das Tempo. Der Wind kommt z.B. von rechts.
Der erste in der „Windstaffel“ fährt auf der rechten Seite der Straße so, dass seine Mannschaftskollegen hinter ihm Windschatten haben. Die Fahrer fangen also an zu „kreiseln“. Auf der linken Seite der Straße fahren die Sportler, die nicht in den Kreisel reingelassen werden oder nicht rein wollen. Hinter dem Kreisel bildet sich nun eine lange Schlange von Fahrern. Da sie kaum Windschatten vom Vordermann bekommen und das Tempo sehr hoch ist, müssen schwächere Fahrer reißen lassen, also aus der Kante ausscheren. Wenn der Fahrer dahinter stärker ist, kann er das entstandene Loch wieder schließen. Aber das schafft auch ein sehr starker Fahrer bei hohem Tempo kaum mehr als 2-3 Mal. Wenn das Tempo dann immer noch zu hoch ist, muss auch er reißen lassen.
Wieso WindKANTE ?
Wind ist jetzt klar hoffe ich ... naja und Kante.
Wenn du als Fahrer in der Schlange hinter dem Kreisel bist, dann versuchst du so viel Windschatten von deinem Vordermann wie möglich zu bekommen. Also wenn der Wind von rechts kommt und der Vordermann auf der linken Seite fährt, dann versuchst du noch weiter links zu fahren. Dafür gibt es echte Spezialisten, die lange viel Kraft aufs Pedal bringen und dabei trotzdem sehr exakt die Linie halten können.

Sport frei

Heinrich





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