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Vorschau Ironman World Championships Kailua Kona: Gute Chancen für deutsche Festspiele auf Hawaii
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09.10.2015

Vorschau Ironman World Championships Kailua Kona: Gute Chancen für deutsche Festspiele auf Hawaii

Info: IRONMAN HAWAII 2015 - Ironman World Championship
Autor: El_Matzo



Es ist das alljährliche Highlight im Langdistanztriathlon. Was für die gut 2.400 Teilnehmer aus aller Welt wohl der längste Tag des Jahres sein dürfte, ist für viele Fans und Angehörige in Deutschland die vielleicht längste Nacht. Am Samstag um 6.25 Uhr Ortszeit (18.25 Uhr MESZ) erfolgt der Startschuss für die diesjährigen Weltmeisterschaften im Ironman-Triathlon. Aus deutscher Sicht stehen dabei die Chancen auf den insgesamt sechsten Titel bei den Herren nicht schlecht, wie unsere Präsentation der Favoriten zeigt.


Lange Ticker-Nacht von Samstag auf Sonntag:
Zum 10. Mal seit 2006 übertragen wir den Ironman Hawaii von Start bis Ziel!

Geschichte und Rahmenbedingungen

Den Ironman Hawaii gibt es seit 1978. Seit 1982 wird er alljährlich bei nahezu unveränderter Streckenführung* im Oktober ausgetragen. Auf Hawaii bedeutet das Spätsommer. Damit werden zwar die absoluten Temperaturspitzen des Juli und August vermieden, doch mit Werten jenseits der 30 Grad muss auf jeden Fall gerechnet werden. Als wären die Wettkampfdistanzen von 3,86 Kilometern Schwimmen, 180,2 Kilometern Radfahren und 42,195 Kilometern Laufen nicht unbarmherzig genug, sind Hitze und Wind das Markenzeichen, durch das sich das Rennen auf Big Island von den zahlreichen anderen Ironman-Wettbewerben des Kalenders abhebt.

Die Ironman-Familie schließt weltweit 40 Rennen ein, von denen Hawaii streng genommen nur eines unter demselben Label ist. Aufgrund der Entstehungsgeschichte des Ironman, der damit verbundenen Tradition des Rennens sowie dem Status als Weltmeisterschaft ist Hawaii aber ohne Frage das wichtigste von allen. Folglich zieht der Ironman Hawaii auch insbesondere gegenüber der olympischen Distanz (1,5 km Schwimmen, 40 km Rad, 10 km Laufen) die meiste Aufmerksamkeit auf sich.

Während sich fast alle Amateure im Feld über eines der anderen Rennen qualifizieren mussten – es gibt Ausnahmen: per Lotterie wird wenigen Glücklichen eine Wild Card gewährt – haben die 99 im Feld befindlichen Profis (42 Frauen und 57 Männer) ihr Ticket über das sogenannte Kona Points Ranking System lösen müssen, was in aller Regel mit wesentlich mehr Starts über die volle sowie die halbe Distanz verbunden ist.

Favoriten

Obwohl das Klima als Nachteil gelten könnte, sind europäische Athleten seit den 90er Jahren längst auf Augenhöhe mit den Triathlon-Nationen USA, Australien und Neuseeland. Gerade Deutschland schaut als erfolgreichste europäische Nation auf bislang fünf männliche Hawaii-Champions zurück. Was mit Thomas Hellriegel 1997 begann, führte zu einer Dominanz zwischen 2004 und 2006, als Normann Stadler und im Jahr dazwischen Faris Al-Sultan gleich für einen Hattrick sorgten. Als Letzter dieser drei beendete Al-Sultan im Frühsommer dieses Jahres seine aktive Karriere und hing Neoprenanzug, Zeitfahrrad und Laufschuhe an den Nagel.
Die Stars von gestern haben aber keineswegs ein Vakuum hinterlassen. Deutschland stellt in Person von Sebastian Kienle nicht nur den aktuellen Titelverteidiger; auf den Schultern Jan Frodenos ruht in diesem Jahr sogar die Bürde des Topfavoriten.

Jan Frodeno, Olympiasieger auf der Kurzdistanz in Peking (2008), könnte der absolut erste Triathlet werden, der die wichtigsten Rennen beider Welten, der Kurz- und der Langdistanz, in sein Palmarès eintragen darf. Mit 34 Jahren ist der in Südafrika aufgewachsene „Frodo“ im besten Alter für höchste Ehren auf der Langstrecke, wie er unlängst eindrucksvoll bewies. Nachdem er sich im Juli 2013 mit einem Team-Weltmeistertitel in Hamburg von den kürzeren Distanzen verabschiedet hatte, war seine Entwicklung auf der Langdistanz seitdem beispiellos. 2014 wurde er in Frankfurt und auf Hawaii jeweils Dritter sowie Vizeweltmeister über die halbe, sogenannte „Ironman 70.3“-Distanz. In diesem Jahr ist er nun endgültig in der neuen Welt angekommen und setzt sogar die Maßstäbe: Sein erster Ironman-Sieg in Frankfurt Anfang Juli machte ihn zum Europameister. Acht Wochen später ließ er im österreichischen Zell am See den Weltmeistertitel über die 70.3-Distanz folgen. Vor allem in Frankfurt begeisterte der als starker Schwimmer und Läufer bekannte Frodeno ganz besonders auf dem Rad. Es scheint, als habe der hoch aufgeschossene ehemalige Rettungsschwimmer keine ernste Schwäche. Außer vielleicht nasskaltes Wetter... Die hawaiitypische Hitze ist dagegen eine weitere Spezialität des in Spanien lebenden Frodeno, der zusammen mit seiner Ehefrau Emma Snowsill, ebenfalls Olympiasiegerin von 2008, in der Nähe von Barcelona zu Hause ist. Auch Dauerkonkurrent Kienle, zu dem Frodeno ein freundschaftliches Verhältnis pflegt, attestierte dem Topfavoriten unlängst „das zurzeit beste Gesamtpaket“.

Sebastian Kienle selbst, immerhin seinerseits Titelverteidiger, belegte sowohl in der Mainmetropole als auch im Salzburger Land den zweiten Platz und gilt für Viele deshalb als Frodenos härtester Herausforderer. Kienles Hawaii-Bilanz liest sich nach Rang vier in 2012 und dem dritten Platz von 2013 als kontinuierliche Steigerung. Der Heuchelberger war vor dem Triumph von Kona ebenfalls schon Weltmeister auf der Halbdistanz, sogar zweimal (2012 und 2013 in Las Vegas). Mehr als die Niederlagen gegen Frodeno in Frankfurt und Zell wurmte den 31-Jährigen in diesem Jahr aber wohl die Tatsache, dass sein Status als „Überbiker“ seitdem nicht mehr unangerührt ist. Gerade in Zell konnte „Sebi“, dem lange Zeit eine Laufschwäche nachgesagt wurde, dagegen in der letzten Disziplin überzeugen und absolvierte sogar einen flotteren Halbmarathon als Frodeno selbst. Die Schwäche des Vorjahressiegers liegt derweil eindeutig im Schwimmen. Sollte sein Rückstand nach der Auftaktprobe nicht zu groß sein, ist ihm in allen nachfolgenden Rennkonstellationen die Titelverteidigung zuzutrauen.

Damit ist die Liste deutscher Mitfavoriten aber keinesfalls erschöpft. Nicht umsonst wird in der englischsprachigen Welt derzeit vom „German Powerhouse“ gesprochen. Ein in diesem Jahr hochdekorierter Vertreter dieser starken deutschen Generation ist zweifelsohne Nils Frommhold. Der Potsdamer gewann im Juli Europas wohl traditionsreichsten Triathlon, die Challenge Roth, in einer Zeit von unter acht Stunden. Nach enttäuschendem Abschneiden in Zell dürfte sich der 29-Jährige für Hawaii, wo er 2014 Fünfter wurde, noch einmal einiges vorgenommen haben. Er ist ein heißer Aspirant fürs Podium.

Etwas weiter zurückschauen muss Andreas Raelert, um seine größten Erfolge zu rekapitulieren. Sein letzter Ironman-Sieg liegt über zwei Jahre zurück (Klagenfurt 2013). Doch auch im Alter von 39 Jahren ist der Rostocker keineswegs abzuschreiben. Immerhin erreichte er in Kona zwischen 2009 und 2012 gleich viermal konsekutiv das Podium als jeweils zweimaliger Zweiter und Dritter. Rang sechs in Frankfurt 2015 und die zweitbeste Laufzeit dort lassen erwarten, dass er zumindest die Scharten von 2013 (Aufgabe) und 2014 (Einbruch) wird auswetzen können.

Andreas Böcherer (32/Freiburg), in diesem Jahr mehrfacher Gewinner auf der Halbdistanz und Dritter von Frankfurt sowie Boris Stein (30/Eitelborn), Gewinner des Ironman Nizza im Juni, runden den deutschen Kandidatenkreis für die Top Ten ab. Einzig Christian Kramer (32/Merseburg) und Maik Twelsiek (35/Lemgo) müssen etwas kleinere Brötchen backen. Für den Schweizer Ronnie Schildknecht (36/Samstagern), Rekordsieger des Ironman Switzerland, sowie den Österreicher Michael Weiss (34/gebürtig Wien), seit 2009 in Colorado Springs zuhause, sind die Top-Ten dagegen an einem starken Tag durchaus realistisch.

Wer deutsche Festspiele auf Hawaii erwartet, könnte zwar am Ende Recht behalten, sollte aber seine Rechnung nicht vorschnell ohne die starke internationale Konkurrenz machen.

Frederik van Lierde, Champion von 2013, gewann heuer den Ironman Südafrika. In Frankfurt blieb er mit Rang fünf sicherlich unter seinen Möglichkeiten. Als sehr ausgeglichener Athlet sollte der Belgier auf Hawaii aber wieder ganz vorn mit dabei sein.
Van Lierdes Landsmann Bart Aernouts gehört zu den stärksten Läufern im Feld. Nach vornehmlich Halbdistanzrennen im Saisonverlauf könnte er auf Big Island zu den Frischesten gehören. Rang vier und die schnellste Laufzeit in Zell deuteten zumindest klar ansteigende Form an.
Andy Potts hat wie Frodeno seine Wurzeln in der Kurzdistanz und ließ seinen Weltcuperfolgen im ITU-Circuit von einst inzwischen über 20 Siege auf der 70.3-Distanz folgen, darunter der WM-Titel 2007. Mit insgesamt sechs Siegen auf der langen Strecke, zuletzt im Juni in Coeur d’Alene, ist der US-Amerikaner ein ernstzunehmender Anwärter aufs Podium, das er im Vorjahr nur knapp verpasste.
Ben Hoffmans zweiter Platz verblüffte im vergangenen Jahr viele Experten der Szene. Zwar wurde es um das zweite ganz heiße Eisen der US-Amerikaner seitdem ruhiger, doch spätestens unter dem Eindruck der letzten Austragung wäre eine Top-Platzierung Hoffmans keine Überraschung mehr.
Ähnlich überraschend wie Hoffmans Leistung von 2014 war der Coup von Luke McKenzie im Jahr zuvor. Der Australier zählt zu den stärksten Radfahrern im Feld und ist damit einer der Kandidaten für einen frühen Fluchtversuch in der zweiten Disziplin; möglicherweise auch als Begleiter von Kienle, sollte dieser eine ähnliche Taktik verfolgen.

Das spanische Trio aus Ivan Raña, Eneko Llanos und Victor Corral, der Australier Tim van Berkel, der Belgier Marino Vanhoenacker sowie die Neuseeländer Terenzo Bozzone und Cameron Brown bilden eine breite Phalanx erfahrener Athleten, denen allesamt mindestens eine Top-Ten-Platzierung, im Extremfall sogar mehr zuzutrauen ist. Lionel Sanders aus Kanada, Bas Diederen aus den Niederlanden und Romain Guillaume aus Frankreich gehören zu den aufstrebenden Newcomern der Szene, die ähnlich ambitioniert ins Rennen gehen.
Die Hoffnungen der Gastgebernation ruhen neben Potts und Hoffman auf den Schultern von Tyler Butterfield, Matt Chrabot und Jordan Rapp.
Tim Don (Großbritannien) und Brad Kahlefeldt (Australien), wenngleich gestandene Profis auf der Kurzdistanz, stehen noch am Anfang ihrer Langdistanzkarrieren und müssen sich darauf gefasst machen, eventuell etwas Lehrgeld zu zahlen.
Die Länge dieser Liste, die noch keineswegs erschöpfend ist, legt bereits nahe: Nicht jeder wird sein individuell gestecktes Ziel erreichen können. Doch auch das ist Teil des Reizes, der den Ironman, insbesondere den auf Hawaii, ausmacht, nämlich die Unvorhersehbarkeit, die ein Rennen von rund acht Stunden nun einmal mit sich bringt.





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