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„El Pistolero“ feuert aus allen Rohren – aber Wellens und Thomas feiern am letzten Tag von Paris-Nizza
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13.03.2016

„El Pistolero“ feuert aus allen Rohren – aber Wellens und Thomas feiern am letzten Tag von Paris-Nizza

Info: PARIS - NICE 2016
Autor: Felix Griep (Werfel)



Nizza, 13.03.2016 – Alberto Contador ist und bleibt ein Phänomen. Ja, er hat dem Radsport einen Fleisch-Skandal beschert, aber auch solche Sternstunden wie den Coup von Fuente Dé bei der Vuelta 2012 oder seine Machtdemonstration auf der Königsetappe von Tirreno-Adriatico 2014. Auf der Schlussetappe von Paris-Nizza 2016 sorgte der 33-Jährige, der seit längerer Zeit mit dem Gedanken an sein Karriereende spielt, erneut für großes Spektakel, dem aber im Gegensatz zu den beiden anderen erwähnten Highlights seiner Karriere ein erfolgreicher Abschluss verwehrt blieb. Tim Wellens machte Contador in Sachen Etappensieg einen Strich durch die Rechnung und Geraint Thomas, in den Anstiegen klar unterlegen, aber in den Abfahrten ein Fighter, konnte sich um sechs Sekunden den Gesamtsieg sichern.

Duchesne verteidigt Bergtrikot gegen Vorjahres-Gewinner De Gendt
Nachdem es im letzten Jahr, wie auch 2012 und 2013, am letzten Tag von Paris-Nizza ein Bergzeitfahren gegeben hatte, stand in diesem Jahr zum Abschluss der Rundfahrt eine „klassische“ Etappe rund um Nizza auf dem Programm. Dass ein solches Finale viel mehr Raum für Spannung und Spektakel liefert, wurde heute wieder einmal überaus deutlich. Der erste Animateur des Rennens war Thomas De Gendt (Lotto-Soudal), der trotz 21 Punkten Rückstand auf Antoine Duchesne (Direct Energie) noch daran glaubte, nach 2015 ein weiteres Mal das Bergtrikot gewinnen zu können. Der Belgier war in der Anfangsphase dieser 134 Kilometer kurzen, aber mit sechs kategorisierten Anstiegen gespickten 7. Etappe bei jedem Angriff dabei und schaffte es so schließlich auch in richtige Fluchtgruppe – allerdings ebenso sein Kontrahent Duchesne und 21 weitere Fahrer (zur vollständigen Liste aller Ausreißer). Duchesne schlug De Gendt auf Côte de Duranus und Côte de Levens, zwei Kategorie-3-Hügeln und anschließend auch auf Côte de Châteauneuf und Col de Calaison, die schon etwas schwerer und daher in die 2. Kategorie eingeordnet waren. Duchesnes Vorsprung auf De Gendt hatte sich damit auf 29 Punkte erhöhte und war an den noch folgenden beiden Kategorie-1-Bergen Côte de Peille und Col d'Èze rechnerisch nicht mehr wettzumachen.

Die Ausreißergruppe zerfällt und Contador fliegt dem Feld davon
An der Côte de Peille, deren Bergwertung noch 47,5 Kilometer vom Ziel entfernt lag, verlagerte sich der Fokus des Renngeschehens vom Kampf um das Bergtrikot auf den Kampf um Etappen- und Gesamtsieg. Fast zeitgleich gab es zu Beginn der 6,5 Kilometer langen Steigung Attacken von Tanel Kangert (Astana) in der Spitzengruppe und von Alberto Contador (Tinkoff) aus dem Hauptfeld. Jener Contador, der
bei der Bergankunft vom Vortag schon viel versuchte, aber sich weder durch den Etappensieg noch das Gelbes Trikot hatte belohnen können, fuhr bis zum Gipfel eine Minute Vorsprung auf den Rundfahrt-Leader Geraint Thomas (Sky) heraus. Für die Abfahrt bekam Contador Unterstützung durch seine Teamkollegen Robert Kiserlovski und Yury Trofimov, die sich mit der großen Ausreißergruppe in Stellung gebracht hatten. Zunächst war es bergab ein zahlenmäßig ausgeglichener Kampf von diesem Tinkoff-Trio gegen ein Sky-Trio, Thomas und zwei Helfer, doch als wieder Fahrer zum Hauptfeld aufschlossen, arbeiten insgesamt fünf Sky-Leute an der Jagd auf den Angreifer. An der Spitze des Rennens hatte Kangert gemeinsam mit Tsgabu Grmay (Lampre-Merida), Tim Wellens (Lotto-Soudal), Cyril Gautier (AG2R La Mondiale), David De La Cruz (Etixx-Quick Step) und Jesus Herrada (Movistar) die Côte de Peille überquert. In der Abfahrt schlossen erst Sylvain Chavanel, Lilian Calmejane (beide Direct Energie) und Oliver Naesen (IAM), dann auch Daryl Impey (Orica-GreenEdge), Dylan Van Baarle (Cannondale) und Fabio Felline (Trek-Segafredo) wieder auf.

Contadors fünfte Attacke am Col d'Èze ist eine zu viel für Thomas
Nach der langen Abfahrt begann 23,2 Kilometer vor dem Ziel der 7,7 Kilometer lange Anstieg auf Nizzas Hausberg Col d'Èze. Es war genau dieser Punkt, an dem das Feld zur Contador-Gruppe aufschloss, welche die letzten Kilometer davor schon nur noch wenige Sekunde Vorsprung aufgewiesen hatte, aber mit vollem Einsatz um jede einzelne davon kämpfte. Das Dutzend verbliebener Ausreißer kam mit 45 Sekunden Vorsprung an den Berg, wo bald schon De La Cruz attackierte und sich mit Gautier und Wellens absetzte. Und ein Stück weiter hinten begann die große Contador-Show, nachdem sein Edelhelfer Rafal Majka kurz Tempo gebolzt hatte. Innerhalb eines Kilometers trat der Spanier gleich dreimal an, zweimal bei selbst initiierten Angriffen, einmal als Konter zu einem Vorstoß von Romain Bardet (AG2R La Mondiale). Während vorne Wellens zum Solo-Führenden der Etappe wurde, griff Bardet noch einmal an und wieder schloss sich Contador sofort an. Mit jedem Angriff musste Thomas sichtlich mehr und mehr leiden. Doch dann kehrte etwas Ruhe ein, bis Contador schließlich mit seiner fünften Attacke am Col d'Èze, 1500 Meter vor dem Kulminationspunkt, sein Ziel erreichte: der Mann in Gelb kam nicht mehr mit. Nur Richie Porte (BMC Racing) konnte ihm jetzt noch folgen und Sergio Henao (Sky) hätte es wohl auch packen können, musste aber auf Thomas Rücksicht nehmen.

Wellens und Thomas jubeln, Contador steht mit leeren Händen da
Contador und Porte erreichten die Bergwertung nur knapp hinter Wellens, den sie kurz darauf einholten. Thomas und Henao bildeten mit De La Cruz und Tony Gallopin (Lotto Soudal) nur die zweite Verfolgergruppe, hatten eine halbe Minute Rückstand. Thomas‘ Abstand zu Contador in der Gesamtwertung hatte nur 15 Sekunden betragen. Die Abfahrt Richtung Ziel kam dem starken Zeitfahrer Thomas wesentlich mehr entgegen als die Anstiege und so schrumpfte die Differenz kontinuierlich, aber so langsam, dass es ein Sekundendrama wurde, dessen Ausgang bis zur Promenade des Anglais völlig ungewiss war. Drei Kilometer vor Schluss kamen Thomas und seine Belgeiter an die zwischen ihnen und dem Trio Contador/Porte/Wellens fahrende Gruppe heran, der Rückstand betrug jetzt nur noch zehn Sekunden. Diese Lücke konnte nicht mehr ganz geschlossen werden, am Ende blieben fünf Sekunden übrig, was für Contador zu wenig war. Mit den fünf Sekunden Zeitgewinn plus sechs weiteren Bonussekunden für den zweiten Etappenplatz – im Sprint auf der Zielgeraden gegen Tagessieger Wellens hatte Contador genau wie Porte keine Chance – rückte er nur bis auf vier Sekunden an Thomas heran; Porte wurde mit zwölf Sekunden Rückstand Gesamtdritter. Für Sky der vierte Gesamtsieg in fünf Jahren (2012 Wiggins, 2013 und 2015 Porte) und für Contador, den Paris-Nizza-Champion von 2007 und 2010, trotz einer denkwürdigen Leistung ein ernüchternder Ausgang, was stark an 2009 erinnerte.

-> Zum Resultat und allen Endständen



Die vollständige Besetzung der 23-köpfigen Ausreißergruppe aus der ersten Etappenhälfte:
Matteo Bono, Tsgabu Grmay (beide Lampre-Merida), Thomas De Gendt, Tim Wellens (beide Lotto-Soudal), Cyril Gautier (AG2R La Mondiale), Daryl Impey (Orica-GreenEdge), Robert Kiserlovski, Yury Trofimov (beide Tinkoff), David De La Cruz (Etixx-Quick Step), Odd Christian Eiking (FDJ), Jesus Herrada (Movistar), Tanel Kangert (Astana), Dylan Van Baarle (Cannondale), Fabio Felline, Grégory Rast (beide Trek-Segafredo), Sylvain Chavanel, Lilian Calmejane, Antoine Duchesne (alle Direct Energie), Matt Brammeier (Dimension Data), Bram Tankink, Sep Vanmarcke (beide LottoNL-Jumbo), Oliver Naesen (IAM), Chris Anker Sørensen (Fortuneo-Vital Concept)





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