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Außenseiter-Podium beim ersten Monument des Jahres – Arnaud Démare ganz oben
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19.03.2016

Außenseiter-Podium beim ersten Monument des Jahres – Arnaud Démare ganz oben

Info: MILANO - SANREMO 2016
LiVE-Ticker zum Nachlesen: Flash | Text
Autor: Heike Oberfeuchtner (H.O.)



Sanremo, 19.03.2016 - Mit Arnaud Démare (FDJ) hat das "Dark Horse" der LiVE-Radsport-Vorschau den Frühjahrsklassiker Mailand-Sanremo gewonnen. Der 24-Jährige sprintete nach 295 Kilometern – vier Kilometern mehr als geplant, da das Rennen aufgrund eines Erdrutsches spontan umgeleitet werden musste – an der Spitze einer größeren Gruppe über die Ziellinie und sorgte für den ersten französischen Classicissima-Sieg seit 1995. Der Brite Ben Swift vom Team Sky wurde Zweiter vor dem Belgier Jurgen Roelands (Lotto Soudal), Nacer Bouhanni (Cofidis) sowie den Top-Favoriten Greg Van Avermaet (BMC) und Alexander Kristoff (Katusha).

Fluchtgruppe mit viel Erfahrung
Die 107. Auflage von "La Primavera" machte ihrem Namen alle Ehre - unter einem blitzblauen Himmel, bei freundlichem Sonnenschein und relativ milden Temperaturen wurde das längste Rennen des Jahres, diesmal wieder an einem Samstag, in Gang gesetzt. Nach neun von avisierten 291 Kilometern bildete sich eine Ausreißergruppe, die ganz interessant war, weil sie einerseits drei Mailand-Sanremo-Debütanten enthielt - Gediminas Bagdonas (AG2R La Mondiale), Mirco Maestri (Bardiani-CSF) und Samuele Conti (Southeast-Venezuela) -, andererseits aber Wiederholungstäter wie Adrian Kurek (CCC Sprandi Polkowice) und Andrea Peron (Novo Nordisk), die sich im vergangenen Jahr auch an der Flucht beteiligt hatten, und sogar mit Jan Barta (Bora-Argon 18), Maarten Tjallingii (Lotto NL-Jumbo) sowie Matteo Bono (Lampre-Merida) drei Männer, die das dritte Jahr in Folge zu den Ausreißern gehörten. Wenn wir jetzt auch noch Serghei Tvetcov (Androni Giocattoli-Sidermec), Marco Coledan (Trek-Segafredo) und den Deutschen Roger Kluge (IAM Cycling) erwähnen, dann haben wir die 11 komplett.

Kein Schnee am Turchino, aber Steinschlag bei Arezano
Nach 45 Kilometern stieg der Vorsprung der Fluchtgruppe in den zweistelligen Minutenbereich, wo er bei etwa 11 Minuten zum Stillstand kam, weil sowohl Katusha wie Tinkoff für ihre Kapitäne Alexander Kristoff und Peter Sagan den Abstand kontrollierten. Gerade richtete man sich auf einen jener zumindest seit der Streichung von Le Manie typisch gewordenen Mailand-Sanremo-Rennverläufe ein, da sorgte eine Meldung für Aufregung: Bei Arenzano wenige Kilometer hinter dem Turchino-Pass hatte es einen Erdrutsch gegeben, der die Straße blockierte. So kurios der Vorfall, bei dem offenbar zwei Menschen verletzt wurden, auch anmutete, so nachdenklich sollte er stimmen: Denn was wäre gewesen, wenn das Peloton im Moment des Steinschlags gerade dort hindurchgekommen wäre? Wir erinnern uns, dass der Pompeiana-Anstieg 2014 wegen Erdrutsch-Gefahr nicht den Streckenverlauf aufgenommen werden konnte und bis heute nicht aufgenommen werden kann. Jedenfalls begannen die Spekulationen, wie der Veranstalter mit der Situation umgehen würde. Die Straße freiräumen? Das Rennen neutralisieren und die Fahrer in Busse verfrachten, wie 2013, als auf dem Turchino Schnee lag? Schließlich entschied man, das Rennen über die Autobahn A10 umzuleiten - in Italien sind kurzfristige Sperrungen wohl kein Problem -, was zusätzliche vier Kilometer bedeutete, den Tross aber direkt hinter Arezano wieder auf die reguläre Strecke brachte.

Wieder mal werden Stürze gemeldet
Am Turchino nach ca. 220 Kilometern betrug der Vorsprung der 11 Ausreißer noch 6 Minuten, als sie die Autobahn wieder verlassen hatten, nur noch 4 bis 5 Minuten. Weiterhin machten Katusha und Tinkoff, aber auch Dimension Data (für Mark Cavendish) das Tempo. Als die Küste erreichte wurde, also noch etwa 80 Kilometer bevorstanden, war das Feld bis auf unter 4 Minuten herangekommen. Immer mehr Teams beteiligten sich nun an der Führungsarbeit. Bei der Annäherung an den Capo Mele - den ersten der fünf berühmten Schlussanstiege - kam es zu ersten Stürzen (die leider nicht die letzten bleiben sollten). 2 Minuten lagen jetzt zwischen Ausreißern und Peloton und auch am Capo Cervo fuhren die 11 noch vorne. Als es auf den Capo Berta zuging, ließen Conti und Peron sich zurückfallen, auch Kurek musste abreißen lassen, aber die restlichen acht kam noch vor dem Feld über die Kuppe. Weitere Stürze kosteten Katusha seinen Anfahrer Marco Haller und Tinkoff den Veteranen Daniele Bennati; auch Mit-Favorit Michael Matthews (Orica-GreenEdge) wurde aufgehalten und man hörte sogar, dass der spätere Sieger Arnaud Démare betroffen gewesen sei.

Visconti eröffnet Finale
Katusha setzte sich an der Cipressa (5,6 km à 4,1%, max. 9%) an die Spitze des Pelotons und trug so maßgeblich dazu bei, dass die letzten Ausreißer - die sich bis 25 km vor dem Ziel wehrten - eingeholt wurden. Auch Astana platzierte eine Tempoverschärfung, deren prominentestes Opfer der Madison-Weltmeister und Mailand-Sanremo-Sieger von 2009, Mark Cavendish, wurde. Ein neuerlicher Sturz riss das Feld kurzzeitig auseinander und warf Diego Ulissi (Lampre) aus dem Rennen. Nun attackierte Giovanni Visconti (Movistar) und zog Ian Stannard (Sky) mit sich. Die beiden erreichten den "Gipfel" 11 Sekunden vor den Verfolgern und hatten am Ende der kurvigen Abfahrt 16 Sekunden Vorsprung, was aber für das anschließende Flachstück nicht reichte. Hier dockten zunächst drei weitere Fahrer an, nämlich Daniel Oss (BMC), Matteo Montaguti (Ag2r) und Fabio Sabatini (Etixx), dann nahm Katusha die Dinge in die Hand und sorgte dafür, dass die fünf noch vor dem Poggio gestellt wurden.

21 Jahre nach Jalabert wieder ein Franzose
Ein geschlossenes Peloton mit Astana-, BMC-, Sky- und Katusha-Fahrern an der Spitze schob sich den mythischen Scharfrichter von Mailand-Sanremo (3,7 km à 3,7%, max. 8%) hoch. Alle lauerten - wer würde als Erster einen Angriff wagen? 7,5 Kilometer vor dem Ziel griff Andrea Fedi (Southeast) an, sein Versuch war aber nur von kurzer Dauer. Noch vor dem Kulminationspunkt setzte Michal Kwiatkowski (Sky) alles auf eine Karte und versuchte, seinen Winning Move von der WM 2014 zu wiederholen. Die Favoriten, darunter der amtierende Straßen-Weltmeister Peter Sagan, Omnium-Weltmeister Fernando Gaviria (Etixx-Quick Step), Strade Bianche-Gewinner Fabian Cancellara (Trek) und Omloop Het Niewsblad-Champion Greg van Avermaet (BMC) - aber auch Italiens Hoffnung im Meistertrikot, Vincenzo Nibali (Astana) - gingen hinterher. Kwiatkowski quetschte in bester Abfahrer-Manier das letzte Quäntchen aus seinem Vorsprung heraus, aber 1,3 Kilometer vor dem Ziel musste der Pole seine Hoffnungen begraben. Das erste Monument des Jahres gipfelte in einer packenden Schlussphase und endete im Sprint einer relativ großen Gruppe, den Arnaud Démare absolut souverän für sich entschied. Der ehemalige Nachwuchsweltmeister trat in die Fußtapfen von Laurent Jalabert, dem 1995 als letztem Franzosen ein Sieg bei Mailand-Sanremo gelungen war.

Favoriten bleiben hinter Erwartungen zurück
Es ist Démares fünfter Erfolg auf WorldTour-Ebene, u. a. entschied er 2012 die Vattenfall Cyclassics und natürlich vor Kurzem die erste Etappe von Paris-Nizza für sich. Eben dort ließ er Ben Swift hinter sich, der auch heute den zweiten Platz belegte, und wenn Nacer Bouhanni nicht hinter, sondern vor Jurgen Roelands gelandet wäre, dann hätten wir sogar ein Replikat des Podiums vom 7. März gehabt. Ein Sturz nach der Flamme Rouge brachte Fernando Gaviria (Etixx-Quick Step) um seine Chancen, sodass er ebenso wenig seinem Favoritenstatus gerecht werden konnte wie Greg van Avermaet und Alexander Kristoff, die zwar ins Ziel kamen, aber auf undankbaren Plätzen. Sagan wurde Zwölfter, Cancellara nur 31ter, Nibali 33ter. Bester Italiener: Filippo Pozzato (Southeast), Mailand-Sanremo-Sieger von vor 10 Jahren, auf Platz 8.

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