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55 Kilometer Alleinfahrt zum Sieg: Gilbert setzt bei der "Ronde" ein neues Karriere-Highlight
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02.04.2017

55 Kilometer Alleinfahrt zum Sieg: Gilbert setzt bei der "Ronde" ein neues Karriere-Highlight

Info: RONDE VAN VLAANDEREN 2017 (1.UWT)
LiVE-Ticker zum Nachlesen: Flash | Text
Autor: Heike Oberfeuchtner (H.O.)



Philippe Gilbert (Quick-Step Floors) hat zum ersten Mal in seiner langen Karriere die Flandern-Rundfahrt für sich entschieden. Sein Wiedererstarken hatte der frühere Welt- und amtierende belgische Meister bereits bei Dwars door Vlaanderen, dem E3 Prijs und den Drei Tagen von De Panne unter Beweis gestellt - nun schrieb der 34-Jährige eine neue Heldengeschichte für "De Ronde". Bei der zweiten Überquerung des Oude Kwaremont, über 50 Kilometer vor dem Ziel, setzte Gilbert sich aus einer Favoritengruppe ab und baute dann seinen Vorsprung auf eine Minute aus. Ein Sturz der Verfolgergruppe, in der sich seine ärgsten Kontrahenten Peter Sagan (Bora-Hansgrohe) und Greg van Avermaet (BMC) befanden, spielte ihm in die Karten. Gilbert siegte 28 Sekunden vor Van Avermaet; sein Teamkollege Niki Terpstra rundete den Quick-Step-Freudentag mit Platz drei ab.

"Vlaanderens Mooiste" zeigt sich von ihrer schönsten Seite
Ein wunderbarer warmer und trockener Frühlingstag bot die Kulisse für den inoffiziellen flandrischen Nationalfeiertag, den Tag der "Ronde", die zum 101. Mal ausgetragen wurde. Knapp 261 Kilometer zwischen Antwerpen und Oudenaarde standen auf dem Programm mit 5 Kopfsteinpflasterstraßen und 18 Hellingen, darunter erstmals seit 2011 wieder die Muur/Kapelmuur, die berühmte Mauer von Geraardsbergen. Obwohl sie viel früher im Rennen auftauchte als in vergangenen Jahren, sollte sie tatsächlich eine vorentscheidende Rolle spielen. Zunächst aber stand eine Ausreißergruppe im Fokus, die sich innerhalb weniger Augenblicke nach dem Start bildete. Dazu gehörten mit Stef van Zummeren und Michael Goolaerts zwei Männer von Verandas Willems-Crelan, außerdem Julien Duval (Ag2r-La Mondiale), Oliviero Troia (UAE Team Emirates), Mark McNally (Wanty-Groupe Gobert) und Julien Morice (Direct Energie). Edward Planckaert (Sport Vlaanderen-Baloise) und André Looij (Roompot-Nederlandse Loterij) kamen mit etwas Verzögerung hinzu.

Die Muur nimmt wider Erwarten entscheidenden Einfluss
Das Peloton ließ die acht an der sehr langen Leine fahren. Bei 11 Minuten zogen BMC Racing und Bora-Hansgrohe, die Mannschaften der beiden Top-Favoriten Greg van Avermaet und Peter Sagan, die Zügel dann etwas fester an. Der Vorsprung begann kontinuierlich zu sinken und während die ersten Hellingen in Angriff genommen wurden, stieg die Nervosität im Feld. Mehrere Männer fuhren in Richtung Spitzengruppe heraus, so etwa Bert de Backer (Sunweb) und Mitchell Docker (Orica-Scott), letztlich sollten diese Vorstöße aber ohne Belang bleiben. Ehe man sich's versah, stand die Mauer von Geraardsbergen an und just in dem Moment, in dem die Ronde van Vlaanderen für Frauen zu Ende ging, ereignete sich bei den Männern etwas Unerhörtes. Eine Tempoverschärfung von Sky und Quick Step sorgte dafür, dass das Feld auseinanderriss und sich vorne 14 Fahrer absetzen konnten. Mit dabei waren der 3-fach Ronde-Sieger Tom Boonen (Quick-Step Floors), der seine Abschiedsvorstellung gab, sowie seine Teamkollegen Matteo Trentin und Philippe Gilbert. Sagan und Van Avermaet fehlten jedoch. 67 Kilometer vor dem Ziel holte diese neue Gruppe die acht Ausreißer ein.


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Boonen am Taaienberg von der Technik ausgeknockt
Boonen und Trentin taten am Pottelberg und Kanarieberg alles, um den Abstand zu den düpierten Favoriten zu vergrößern. Philippe Gilbert dankte es ihnen und holte am Oude Kwaremont, den man nach 206 Kilometern zum zweiten Mal überquerte, zum "winning move" aus. Mutterseelenalleine fuhr er davon und erreichte die nächste Helling, den Paterberg, mit 30 Sekunden Vorsprung. Noch vor dem Koppenberg gelang es Vorjahressieger Peter Sagan sowie Greg van Avermaet zur Gruppe um Tom Boonen aufzuschließen. Gilberts Vorsprung sank jedoch nicht, ganz im Gegenteil bald betrug er zwischen 50 und 60 Sekunden. Zwischen ihm und der großen Verfolgergruppe lagen jetzt noch Dylan van Baarle (Cannondale-Drapac) und Fabio Fellini (Trek-Segafredo). Am Taaienberg spielten sich dann Szenen ab, die im Nachhinein wie ein Vorgeschmack auf ein später folgendes noch größeres Drama wirken. Tom Boonens Schaltung gab im ungünstigsten Augenblick den Geist auf und das Ersatzrad schien ebenfalls nicht sofort einsatzbereit. So musste der Beinahe-Ruheständler jede Hoffnung auf einen weiteren Ronde-Triumph aufgeben - was natürlich auch den Vorteil hatte, dass sich keine Rivalität mehr zwischen ihm und dem vorausfahrenden Gilbert ergeben konnte.

Peter Sagan bleibt am Absperrgitter hängen
Während dessen Vorsprung leicht sank, auf etwa 50 Sekunden, stand schon wieder, zum dritten und letzten Mal, der Oude Kwaremont (2200 m mit 4,0% bis 11,6% und 1500 m KSP), auf dem Programm. Er erwies sich ein weiteres Mal als Schicksalsberg. Peter Sagan setzte sich an die Spitze der Verfolgergruppe und verschärfte gehörig das Tempo. Dabei fuhr er extrem nah an das seitliche Absperrgitter heran, ein Millimeterspiel auf holprigem Untergrund, das der Weltmeister heute verlor. Er blieb an dem Gitter hängen und löste einen turbulenten Sturz aus, in den auch Van Avermaet und Oliver Naesen (Agr2) verwickelt wurden. Während der Olympiasieger schnell weiterfahren konnte, blieb der Weltmeister zurück und musste, genau wie zuvor Tom Boonen, seine Niederlage akzeptieren. Für Gilbert war der Weg zu seinem ersten "monumentalen" Sieg seit dem Amstel Gold Race 2014 nun erst recht frei. Er musste nicht mehr alles geben und sein Vorsprung sank noch auf ca. 30 Sekunden. Van Avermaet holte zusammen mit Niki Terpstra Dylan van Baarle ein und der Cannondale-Mann wurde auf Platz vier verwiesen. Mit 52 Sekunden Rückstand traf eine Gruppe um Alexander Kristoff (Katusha), John Degenkolb (Trek) und Filippo Pozzato (Wilier Triestina) ein. Sagan und Boonen beendeten das Rennen mit 3:30 Minuten Rückstand.

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Der Wechsel von BMC zu Quick-Step Floors hat Philippe Gilberts Karriere sichtlich neuen Schwung verwiesen. Ihm fehlen zu seinem Ziel, alle fünf Monumente des Radsports zu gewinnen, jetzt "nur noch" zwei Rennen: Mailand-Sanremo und Paris-Roubaix. Das Amstel Gold Race gewann er dreimal, die Lombardei-Rundfahrt zweimal, Lüttich-Bastogne-Lüttich einmal. Die Primavera für dieses Jahr ist schon gelaufen, aber für die "Hölle des Nordens" nächste Woche muss man ihn auf der Rechnung haben. In jedem Fall verbessert sein heutiger Sieg die Frühjahrsbilanz von Quick-Step Floors erheblich.







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