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Richmond, Doha, Bergen – Peter Sagan feiert als erster Fahrer drei WM-Siege in Folge
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24.09.2017

Richmond, Doha, Bergen – Peter Sagan feiert als erster Fahrer drei WM-Siege in Folge

Info: STRASSEN-WELTMEISTERSCHAFT 2017 IN BERGEN
Autor: Felix Griep (Werfel)



Bergen, 24.09.2017 – Das Regenbogentrikot bleibt, wo es schon die letzten zwei Jahre war: auf den Schultern von Peter Sagan. Nach seinen Erfolgen 2015 in Richmond und 2016 in Doha wurde der 27-Jährige in Bergen zum dritten Mal in Folge Weltmeister, was in der langen Geschichte der vor 90 Jahren erstmals ausgetragenen Titelkämpfe noch keinem anderen Fahrer gelungen war. Anders als bei den Rennen der Frauen und der Nachwuchsklassen an den vorangegangenen Tagen kam es zu einer Sprintentscheidung, die Sagan knapp gegen Alexander Kristoff für sich entscheiden konnte, womit er einen Heimerfolg des Norwegers verhinderte.

Dunne erneut Auslöser einer WM-Fluchtgruppe
Wie zuvor nur die Junioren, starteten die Elite-Männer nicht direkt in der WM-Stadt Bergen, sondern im Dörfchen Rong an der Nordsee und legten zunächst rund 40 Kilometer durch eine malerische Fjord-Landschaft zurück, bevor sie den Rundkurs in Bergen erreichten. Diese Anfangsphase diente zum lockeren Warmfahren – zumindest für 185 der 195 Starter. Sofort nachdem der Start freigegeben worden war, attackierte Conor Dunne – eine Parallele zum Rennen von 2015, als der Ire schon einmal eine WM-Flucht initiiert hatte. Ihm schlossen sich neben seinem Landsmann Sean McKenna noch acht weitere Fahrer an: Alexey Vermeulen (USA), Willie Smit (Südafrika), Salaheddine Mraouni (Marokko), Andrey Amador (Costa Rica), Elchin Asadov (Aserbaidschan), Eugert Zhupa (Albanien) und die amtierenden Landesmeister aus Schweden und Finnland, Kim Magnusson und Matti Manninen. Ohne Gegenwehr des Pelotons konnten die 10 Ausreißer bei angenehmen Wetterbedingungen, die das ganze Rennen über stabil blieben, einen Vorsprung von 10 Minuten herausfahren.

 
Profil des Rundkurses durch Bergen und Profil des Salmon Hill

Vermote und Cerny kontrollieren die Ausreißer
Die Einfahrt auf den Rundkurs erfolgte kurz hinter dem Start/Ziel-Bereich, sodass die erste der 12 Runden durch Bergen leicht verkürzt war. Es ging aber bereits zum ersten Mal über den Salmon Hill (1,5 km à 6,4%), dessen Gipfel bei Kilometer 6,9 von 19,1 den höchsten Punkt des Rundkurses markierte. Nach 57,4 Kilometern und 1:23:38 Stunde überquerten die Ausreißer erstmals die Ziellinie am Festplassen direkt im Zentrum der mit gut einer Viertelmillion Einwohner zweitgrößten Stadt Norwegens. Das Feld folgte 7:55 Minuten später – angeführt von den Belgiern und Tschechen, die noch lange Zeit weiter das Tempo vorgaben. Als Arbeiter in vorderster Position taten sich vor allem Julien Vermote und Josef Cerny hervor. Noch 4:36 Minuten betrug der Abstand am Ende der 5. Runde, als genau die Hälfte der total 267,5 Kilometer absolviert war. Die Spitzengruppe war da nur noch zu neunt, weil Manninen kurz zuvor am Salmon Hill den Anschluss verloren hatte und in der Folge direkt aus dem Rennen ausgestiegen war.

Geschlossenes Feld nach Runde acht von zwölf
In Runde 6 begann der Norweger Kristoffer Skjerping, Vermote und Cerny bei der Tempoarbeit zu unterstützen. Mit Beginn der 7. Runde attackierte dann Maxim Belkov, überholte kurz darauf schon Zhupa und Asadov, die am Salmon Hill aus der Spitzengruppe zurückgefallen waren, und holte vor der nächsten Zielpassage auch noch Mraouni ein. Gemeinsam mit dem Marokkaner wies der Russe fünf Runden vor Schluss 1:37 Minute Rückstand auf die sechs verbliebenen Führenden auf; das Feld lag gut eine Minute hinter dem Duo. Ein starkes Auftreten der Niederlande vor dem und Australiens am Salmon Hill deutete in Runde 8 den sich nähernden Beginn der heißen Rennphase an. Durch die Tempoverschärfung kam es zum Zusammenschluss des Feldes mit allen Ausreißern – innerhalb weniger Kilometer wurden erst Belkov und Mraouni eingeholt, dann Dunne, McKenna, Vermeulen, Amador und Magnusson, und zu guter Letzt nicht weit nach dem Hügel auch Smit, der sich im Anstieg kurzfristig alleine abgesetzt hatte. Nach gut 180 Kilometern war somit praktisch wieder die Ausgangssituation des Rennens hergestellt und das Feld ging geschlossen auf die vier letzten Runden.


Strecken der WM 2018 in Innsbruck

 


Starke neue Gruppe um den Österreicher Haller
Lange blieb das Feld freilich nicht geschlossen, bereits an einer Welle kurz vor dem Salmon Hill gab es neue Angriffe von Christopher Juul-Jensen (Dänemark) und Warren Barguil (Frankreich), die sich aber nicht losreißen konnte. Nach einem kurzen Moment der Ruhe attackierte dann der Österreicher Marco Haller, der mit ein paar Metern Vorsprung zum Salmon Hill kam, wo zuerst der Belgier Tim Wellens zu ihm nach vorne sprang, dann aber noch sechs weiter Fahrer hinzustießen. Diese hochkarätig besetzte Gruppe umfasste neben Haller und Wellens noch Alessandro De Marchi (Italien), David De La Cruz (Spanien), Jarlinson Pantano (Columbien), Lars Boom (Niederlande), Jack Haig (Australien) und Odd Christian Eiking (Norwegen) und wies bei Überquerung der Ziellinie zum Ende der 9. Runde stolze 43 Sekunden Vorsprung auf. Im Feld bemühten sich Frankreich und Polen um die Verfolgung und verringerten den Rückstand wieder auf 20 Sekunden, bevor er am Salmon Hill abermals auf etwa 40 Sekunden anstieg. Bei erneuter Zielpassage waren es dann 35 Sekunden. Zwischen Spitze und Feld befand sich nun der Deutsche Nils Politt, der in der Abfahrt nach dem Salmon Hill angegriffen hatte.

Zwei Attacken von Dumoulin in vorletzter Runde
Politt spielte kurz darauf schon keine Rolle mehr, als das Feld den Abstand nach vorne erneut deutlich verkleinern konnte. In der kleinen Steigung vor dem Salmon Hill trat erstmals Tom Dumoulin auf den Plan, der nach Siegen in Mannschafts- und Einzelzeitfahren den Traum von einer dritten Goldmedaille ausleben wollte. Diego Ulissi (Italien) und Warren Barguil (Frankreich) folgten dem Antritt des Niederländers, aber auch der Rest des Feldes konnte die Lücke rasch wieder schließen. Dumoulin versuchte es dann nochmals im 7,8% steilen ersten Drittel des Salmon Hill, konnte sich jedoch wieder nicht entscheidend absetzen. Immerhin trugen seine Aktionen aber dazu bei, dass die zwei Runden andauernde Flucht der Haller-Gruppe endete. Eiking, Haig, Wellens und De La Cruz schafften es noch mit wenigen Sekunden Vorsprung über den Berg, wurden aber am Ende der Abfahrt ebenfalls eingeholt. Im flachen Schlussteil der Runde wagten einige Fahrer, u.a. der Schweizer Silvan Dillier, Vorstöße, aber niemand wurde weggelassen. Einzig der Spanier Luis Mas konnte sich für kurze Zeit ein paar Meter absetzen, bevor auch er wieder Teil des Feldes wurde, das am Ende der vorletzten Runde noch aus 111 Fahrern bestand.


Medaillenspiegel der WM in Bergen:

1. Niederlande – 2. Italien – 3. Dänemark


Spitzenduo Alaphilippe/Moscon nach dem letzten Salmon Hill
Zu Beginn der finalen Runde bildeten Sebastian Langeveld (Niederlande) und Paul Martens (Deutschland) für kurze Zeit ein Spitzenduo, nach dessen Einholung umgehend Tony Gallopin attackierte, der daraufhin mit kleinem Vorsprung an den Fuß des Salmon Hill kam. Dort wurde der Franzose schnell wieder eingeholt, als sich durch eine Tempoverschärfung des Dänen Michael Valgren sieben Fahrer vom Rest des Feldes lösten. 700 Meter vor dem Kulminationspunkt attackierte aus dieser Gruppe ein anderer Franzose, Julian Alaphilippe. Als erste Verfolger hinter ihm blieben für einen Moment seine Quick-Step Floors-Teamkollegen Philippe Gilbert (Belgien) und Niki Terpstra (Niederlande) sowie der italienische Sky-Profi Gianni Moscon, der sich mit einem beherzten Antritt von ihnen absetzte und kurz hinter dem Salmon Hill zu Alaphilippe aufschloss. Mehr als zehn Sekunden konnte sich diese Pärchen aber nicht von einer Hauptgruppe absetzen, in der sich zunächst ungefähr zwanzig Fahrer wiederfanden. Fünf Kilometer vor Schluss begaben sich plötzlich der Weißrusse Vasil Kiryienka und der Österreicher Lukas Pöstlberger zu zweit auf die Verfolgung, bevor Alaphilippe auf einem Kopfsteinpflaster-Stück 4,5 Kilometer vor dem Ende Moscon abhängen konnte.

Sagan als erster Fahrer drei Mal hintereinander Weltmeister
Die Dramatik des Finales wurde nun plötzlich dadurch verstärkt, dass die Fernsehbilder ausfielen und man mit Blick auf die Flamme Rouge von einer stationären Kamera auf die Fahrer warten musste. Zuvor hatte man gerade noch sehen können, wie Kiryienka sich von Pöstlberger gelöst hatte, doch er wurde ebenso wie Moscon und Alaphilippe noch vor dem letzten Kilometer eingeholt. Einen Moment der Unsortiertheit des jetzt 30 Fahrer umfassenden Hauptfeldes versuchte Magnus Cort Nielsen auszunutzen. Deshalb kam der Däne als Erster unter der Flamme Rouge hindurch, wurde aber 500 Meter vor dem Ende eingeholt. So kam es nach der späten letzten Kurve auf der 300 Meter langen Zielgeraden zu einer Sprintentscheidung und letztlich dem historischen Erfolg von Peter Sagan. Drei WM-Titel hatten vor ihm auch schon der Italiener Alfredo Binda (1927, 1930, 1932), die beiden Belgier Rik Van Steenbergen (1949, 1956, 1957) und Eddy Merckx (1967, 1971, 1974) und zuletzt der Spanier Oscar Freire (1999, 2001, 2004) erreicht – aber der Slowake wurde als erster Fahrer überhaupt dreimal in Folge Weltmeister. Die Taktik, möglichst viele Kräfte zu sparen und sich daher nie an den Angriffen am Salmon Hill zu beteiligen, ging für ihn voll auf.


Kristoff knapp geschlagen, Matthews komplettiert das Podium
Sagan widmete seinen Sieg dem im April dieses Jahres tödlich verunglückten Michele Scarponi, der einen Tag nach dem WM-Rennen seinen 38. Geburtstag gefeiert hätte. Nur circa um ein Drittel eines Raddurchmessers geschlagen geben musste sich Alexander Kristoff, der den Norwegern zwar die einzige Medaille bei ihrer Heim-Weltmeisterschaft bescherte und erstmals in seiner Karriere das WM-Podium erreichte, aber den ganz großen Wurf verpasste. Der Australier Michael Matthews, vor zwei Jahren bei Sagans erstem Erfolg schon einmal Zweiter, holte sich diesmal Platz drei und die Bronzemedaille vor Matteo Trentin (Italien), Ben Swift (Großbritannien), Greg Van Avermaet (Belgien) und dem Schweizer Michael Albasini, der einen achtbaren siebten Platz verbuchte. Mit Simon Geschke und Lukas Pöstlberger gehörten auch jeweils ein Deutscher und Österreicher dem kleinen Hauptfeld an, konnten aber nicht um die vordersten Plätze mitsprinten und belegten letztlich die Plätze 20 und 22. Moscon überquerte die Ziellinie mit acht Sekunden Rückstand auf dem 29. Platz, wurde aber noch disqualifiziert, weil er sich zu Beginn der vorletzten Runde, nachdem er in einen Sturz verwickelt war, an einer kleinen Steigung an seinem Begleitwagen festgehalten und sich ein Stück weit ziehen gelassen hatte.

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Video der Zielankunft





Der unverändert alte und neue Weltmeister Peter Sagan, hier bei der 2. Etappe der Tour de Suisse 2017 (Foto: Christine Kroth)
Der unverändert alte und neue Weltmeister Peter Sagan, hier bei der 2. Etappe der Tour de Suisse 2017 (Foto: Christine Kroth)

Die Entscheidung um den WM-Titel 2018 zwischen Peter Sagan und Alexander Kristoff (Foto: Tissot Timing)
Die Entscheidung um den WM-Titel 2018 zwischen Peter Sagan und Alexander Kristoff (Foto: Tissot Timing)

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