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Vorschau auf das Sechstagerennen in Bremen: Mehr Party als Sport
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13.01.2011

Vorschau auf das Sechstagerennen in Bremen: Mehr Party als Sport

Info: Sixdays: 6-Tage-Rennen Bremen | Startliste
Autor: Patrick Schröder (PS)



Bremen, 13.01.2011 - Am heutigen Abend beginnt das größte Sechs-Tage-Rennen der Welt in Bremen. Ca. 120 000 Besucher erwartet der Veranstalter in jedem Jahr in den insgesamt 4 Hallen. Dabei gerät der Sport bei den meisten Besuchern eher in den Hintergrund, denn die Attraktionen wie Fressmeile, Partybühne, Flirthalle und Co. in den Nebenhallen sind für die meisten das eigentliche Ziel des Besuches. Trotzdem wird auch beim 47. Bremer 6-Tage-Rennen jedes Jahr großer Sport geboten und vor allem spektakulärer – auf der kleinsten und engsten Bahn der Welt. Wie schon in 2010 können die Radsportfans wieder die 6 Days in der Hansestadt live und in voller Länge über das Internet verfolgen, allerdings geht der Bremer Organisator Minder auch wieder neue Wege, diesmal vor allem beim sportlichen Programm.

Einige Neuerungen im Programm
Letztes Jahr schon versuchte Minder mit einer interessanten Neuerung, die 6 Days etwas „anders“ zu machen. Die Handicap-Jagd, groß angekündigt, wurde zu einem ziemlichen Flop. Wenig Spannung, Zurückhaltung der Spitzenteams, kurz gesagt ein misslungenes Experiment. In diesem Jahr wurde der Wettbewerb auch wieder aus dem Programm gestrichen. Aber nicht nur die Handicap-Jagd, sondern auch das Derny-Rennen, einer der traditionellsten 6 Days-Wettbewerbe wurde gestrichen. „So viele Wettbewerbe bekommen wir im Zeitplan sowieso nur unter, weil wir anders als bei anderen Sixdays keine zusätzlichen Sprint- oder Steher-Wettbewerbe haben“, erklärte Christian Stoll, langjähriger Hallensprecher in Bremen und Organisator der neuen Veranstaltungen in Hannover und Köln (-> zum Interview), auf der Eröffnungspressekonferenz. Dafür gibt es dieses Jahr wieder den Scratch über 30 Runden und außerdem wird deutlich mehr Wert auf Zeitfahren gelegt. Rundenrekordfahren und einen weiteren längeren Zeitfahrwettbewerb gab es schon immer, dieses Jahr werden es aber sogar drei sein in Anlehnung an das neue olympische Programm bzw. das Omnium (Rundenrekordfahren, 1000-Zeitfahren, Einerverfolgung, Scratch, Ausscheidung, Punktefahren) mit vielen Zeitfahren bzw. Ausdauerdisziplinen. Es wird dieses Jahr insgesamt drei Zeitfahren geben, das Rundenrekordfahren, ein 500 m-Zeitfahren mit Schleudergriff, wo zu Anfang beide Fahrer fahren und der zweite Fahrer dann gegen Mitte der 2. von 3 Runden per Schleudergriff auf die letzten Meter geschickt wird. Der dritte Zeitfahrwettbewerb wird dann zum Glück keine 4 km Einzelverfolgung sein, sondern noch ein 1000 m-Zeitfahren, was aber ähnlich wie die Mannschaftsverfolgung, also mit normalem Ablösen, gefahren wird. Warum die Veranstalter dieses Jahr einen solchen Fokus auf die Zeitfahren legen, ist bisher nicht schlüssig. Für die Zuschauer sind diese leider deutlich weniger spektakulär als Dernyrennen oder Ausscheidungen, wo alle Fahrer auf der Bahn sind und „verglichen“ werden können. Als extra Bonus gibt es für die Schnellsten der drei Zeitfahren eines jeden Abends in Addition eine Bonusrunde. Das könnte tatsächlich interessant werden, aber auch nur, wenn hier ein Nicht-Favoritenteam überragend fahren kann, was in den letzten Jahren aber meist nicht der Fall war, da die Zeitfahren ab 3 Runden meist die Domäne der Topteams waren. Sonst gibt es keine weiteren Veränderungen. Weiterhin im Programm stehen die Wertungen zu Beginn eines Abends, die Mannschafts- sowie Einzelausscheidung und natürlich die Jagden.

Fahrerfeld noch etwas unsicher
Das Fahrerfeld hingegen ist noch etwas unklarer als das Programm. Wieder einmal ist das „Problem“ Iljo Keisse, oder doch die UCI? Wie auch immer, der Start Keisses ist wie auch zuletzt in Rotterdam noch unklar. Wenn er an den Start gehen würde, wäre er mit dem Potsdamer Robert Bartko wohl Topfavorit auf den Sieg in Bremen. Nach 2008 wollen sie Titel Nr. 2 in der Hansestadt. Wer sie aufhalten soll, ist fraglich, denn nach den jüngsten Eindrücken aus Rotterdam, wo sie jeweils in anderen Teams um den Sieg fighteten, sind sie in starker Form. Allerdings sahen de Ketele und Lighthart sogar etwas alt gegen ihre Partner aus. Vielleicht ist es ja das Paar, was schon in Rotterdam beide in Schach halten konnte. Die Niederländer Danny Stam und Leon van Bon. Schon Zweite in Grenoble und Amsterdam in diesem Winter und nun am Dienstag auch endlich der Sieg der beiden gemeinsam in Rotterdam. Allerdings sind sie nicht durch die neue Bonusrundenregelung durch die Zeitfahren in Bremen bevorteilt, denn beide sind nicht gerade als starke Zeitfahrer bekannt. Die beiden weiteren Fahrerpaarungen mit Chancen auf den Sieg sind wohl die Schweizer Marvulli/Aeschbach und die Deutschen Lampater/Grasmann. Fraglich ist aber gerade bei den Schweizern, wie Franco Marvulli seine Krankheit aus Rotterdam überwunden oder ob er sie überwunden hat. Sein Partner hingegen ist genauso wie Grasmann deutlich ausgeruhter als die Kombinationen Bartko/Keisse und Stam/van Bon. Oder vielleicht ist das auch ein Nachteil, da sie nicht „eingefahren“ sind. Und ganz aus den Augen zu lassen sind auch die Teams 5 und 7 nicht. Einmal die Belgier de Ketele/Mertens, wo Ersterer in Rotterdam mit seinem Partner Keisse nur knapp am Sieg vorbeischrammte. Mertens hingegen zeigte sich nicht ganz so gut in Form. Er wurde mit Jeff Vermeulen „nur“ Neunter. Das dänische Duo war auch in Rotterdam am Start, aber auch in verschiedenen Teams. Einmal Jens-Erik Madsen, der zusammen mit Michael Morkov eine starke Leistung ablieferte und Vierter wurde. Sein Partner Marc Hester wurde mit Geert-Jan Jonkman Siebter. Vielleicht kann er aber zusammen mit Madsen die großen Teams ärgern, gerade wenn dort nicht alles funktioniert.

Viele deutsche Talente am Start
Auch die weiteren Teams haben es teilweise in sich. So z. B. das Team 6, bestehend aus dem superschnellen Sprinter Erik Mohs und Marcel Barth. Der sportliche Leiter Sercu bezeichnete die beiden sogar als aussichtsreiche Kandidaten für eine vordere Platzierung. Sercu basierte diese Aussage vor allem auf deren Stärke im Zeitfahren, aber ob die beiden wirklich so stark sind, um die Topteams herauszufordern, muss abgewartet werden. Und auch wenn es dieses Jahr noch nichts für die beiden wird, ihnen gehört die Zukunft. Gleiches gilt übrigens für zwei sehr junge und unerfahrene deutsche Fahrerpaare. Sowohl Thömel/Juhas als auch Matzka/Reinhardt fuhren diese Saison noch im UIV-Cup und werden dieses Jahr in Bremen lernen. Und genau dafür haben die Veranstalter sie eingeladen. Eine zweite Chance bekommen auch Blaha/Hochmann. Nach dem enttäuschenden Auftritt letztes Jahr mit Platz 11 sind sie wieder am Start. Die beiden letzten verbliebenen Teams sind zwei internationale Teams. Einmal die deutsch-österreichische Kombi Bengsch/Müller, die sich wohl im Mittelfeld einordnen werden, sowie eine schweizerisch-niederländische Kombination, bestehend aus Tristan Marguet und Bobbie Traksel. Auch hier bleibt abzuwarten, was die beiden reißen können. Große Platzierungen konnten beide diesen Winter noch nicht einfahren.

Startschuss durch Nena, Liveübertragung durch Webdome
Nach Babara Schöneberger und Sonja Kraus im letzten Jahr konnte Minder auch diesmal eine „Powerfrau“ für den Startschuss gewinnen. Die Vertreterin der Neuen Deutschen Welle wird einen Tag vor dem Start ihrer Deutschlandtournee (wohlgemerkt in Wangen im Allgäu) nach Bremen kommen und die Fahrer auf die Strecke schicken. Daher war Veranstalter Minder auch überrascht, als Nena nach Unklarheiten doch noch zusagte. Große Namen waren schon oft beim Bremer 6-Tage-Rennen um, dieses „anzuschießen“, so erweitert Nena die Liste von Eddi Merckx, über David Hasselhoff, Naomi Campbell bis zu den Klitschko-Brüdern. Den Startschuss im Jahre 2011 kann jedermann, auch ohne in der Bremen Arena zu sein, verfolgen. Denn es gibt die nächste umfangreiche Liveübertragung im Internet. Nach Zürich und Rotterdam wird nun auch das gesamte Bremer 6-Tage-Rennen übertragen. Auf Webdome kann von Donnerstag bis Dienstag jeder Wettbewerb, jeder zurückgelegte Meter in Fernsehqualität verfolgt werden.

Umfangreiches Rahmenprogramm als Besuchermagnet
Viel wird diskutiert um den Verfall der 6-Tage-Rennen in Deutschland. Inzwischen sind nur noch zwei Rennen übrig geblieben. Berlin und Bremen. Doch können diese sich weiterhin halten? Schon im letzten Jahr war unklar, ob das Bremer 6-Tage-Rennen noch profitabel ist und am Leben erhalten werden kann. Letztlich war die Antwort am letzten Abend im Jahre 2010 positiv, aber nun steht Minder wieder vor einer Machtprobe. Die Stadt Bremen hat die Rechte der Veranstaltung neu ausgeschrieben und auch der Veranstalter aus Berlin, Heinz Seesing, hat sich beworben. Eine brisante Situation, doch die Verkündung, dass die Entscheidung erst einen Tag nach dem Ende der 6 Days bekannt gegeben werden soll, könnte auch eine Taktik Minders sein, um viele Karten zu verkaufen zu können. Ein Veranstalterwechsel hätte vielleicht auch Folgen auf das Konzept. Dieses Jahr bleibt es allerdings dabei, die Party ist wichtiger als der Sport und dabei wird sich wohl so schnell auch nichts ändern in Bremen. Und das ist gut so! Ein jeder Radsportfan müsste zwar nun aufschreien, aber genau dieses spezielle Konzept macht das Rennen so einzigartig und sowohl bei den Fahrern beliebt als auch rentabel für den Veranstalter. Und schließlich ist genau das der Schlüssel für den Erhalt eines 6-Tage-Rennens.





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