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Überraschungssieger bei der Ronde: Alberto Bettiol sticht am Oude Kwaremont die Favoriten aus
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07.04.2019

Überraschungssieger bei der Ronde: Alberto Bettiol sticht am Oude Kwaremont die Favoriten aus

Info: RONDE VAN VLAANDEREN 2019 (1.UWT)
Autor: Felix Griep (Werfel)



Oudenaarde, 07.04.2019 – Zum ersten Mal seit Alessandro Ballans Triumph vor zwölf Jahren hat wieder ein Italiener die Flandern-Rundfahrt gewonnen. Alberto Bettiol, der bisher noch ohne Profi-Sieg gewesen war, schüttelte die Topfavoriten mit einer von seinem Team stark vorbereiteten Attacke Am Oude Kwaremont ab und zeigte bei seiner 17 Kilometer langen Solofahrt nicht den Hauch einer Schwäche. Überraschend war auch, dass Kasper Asgreen als Zweiter für das beste Ergebnis seiner Mannschaft Deceuninck-Quick Step sorgte, die dem Rennen ebenso wenig ihren Stempel aufdrücken konnte wie das den Belgiern gelungen war, die bei „ihrem“ Rennen erstmals seit 18 Jahren wieder das Podium verpassten.


Das Profil der Flandern-Rundfahrt

Der Sturz des Vorjahressiegers

Die Strecke der 103. Ronde van Vlaanderen war im Wesentlichen dieselbe wie im vorigen Jahr, als Niki Terpstra vier Jahre nach Paris-Roubaix sein zweites Monument gewonnen hatte. Als Kapitän seines neues Rennstalls Direct Energie strebte der 34-jährige Niederländer natürlich die Titelverteidigung an – doch dieser Traum zerplatzte schon nach nur 110 von 270 Kilometern, als Terpstra in einen Massensturz verwickelt wurde. Mit einem Schädel-Hirn-Trauma war ans Weiterfahren nicht zu denken. Dieser Vorfall ereignete sich zehn Kilometer vor der ersten von ingesamt 17 Hellingen, als eine vierköpfige Ausreißergruppe das Renngeschehen bestimmte. Hugo Houle (Astana), Damien Touzé (Cofidis), Jesper Asselman (Roompot-Charles) und Kenneth Van Rooy (Sport Vlaanderen-Baloise) hatten sich recht schnell nach dem Start vom Feld abgesetzt und fast neun Minuten Vorsprung herausgefahren. Bei der ersten von drei Kwaremont-Passagen lagen sie noch gut fünf Minuten vorn.

Die Auswirkungen der Muur

Ein baldiges Ende der Flucht zeichnete sich bereits ab, als beginnend mit dem Haaghoek-Kopfsteinpflaster 125 Kilometer vor dem Ziel erstmals leichte Hektik im Peloton auftrat. Ab der Mauer von Geraardsbergen, die man 99,5 Kilometer vor Rennende erklomm, verschärfte sich die Lage, weil nach der Abfahrt schnell eine Minute zwischen zwei großen Feldern lag. Einige Mitfavoriten wie Oliver Naesen (AG2R La Mondiale), Sep Vanmarcke (Education First), Gent-Wevelgem-Sieger Alexander Kristoff (UAE Emirates) und der bei der Ronde 2017 erfolgreiche Philippe Gilbert (Deceuninck-Quick Step) waren abgehängt. Das erste Feld, welches die Ausreißer eingesammelt hatte, wurde jedoch bald darauf durch viele Attacken zerrissen, während das zweite Feld sich langsam, aber sicher wieder heranarbeiten konnte, so dass es 30 Kilometer nach der Muur wieder zu einem Zusammenschluss kam. Matej Mohoric (Bahrain Merida) entging diesem mit einem Angriff am Kanarieberg, konnte sein Solo anschließend aber nicht mehr allzu lange durchhalten.


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Die Gruppe vor dem Sturm

56,0 und 52,6 Kilometer vor dem Ziel folgten erstmals Oude Kwaremont (2200 m à 4,0%, max. 11,6%) und Paterberg (360 m à 12,9%, max. 20,3%) aufeinander – jene Hellingen, die seit 2012 das Herzstück des Flandern-Rundfahrt-Kurses bilden. Am ersten dieser Anstiege fuhren Stijn Vandenbergh (AG2R La Mondiale) und Sep Vanmarcke (Education First) aus dem Feld heraus – am zweiten schloss Kasper Asgreen (Deceuninck-Quick Step) zu ihnen auf, der aus seiner vermeintlichen Rolle als Tempomacher im Feld ausbrach. Kurz danach folgte mit dem bis zu 22% steilen Koppenberg eine weitere gefürchtete Steigung, an der sich Dylan Van Baarle (Sky) auf die Verfolgung machte. So entstand eine vierköpfige Spitzengruppe, deren Vorsprung für eine Weile rund 30 Sekunden betrug. Doch es war nur eine vorübergehende Konstellation und schon am Taaienberg fiel mit Vandenbergh der erste Fahrer wieder zurück. Vanmarcke folgte an der Helling Kruisberg/Hotond, wo er sich allerdings sofort in den Dienst seines Teamkollegen Alberto Bettiol stellte und noch wertvolle Arbeit verrichten konnte.

Das Comeback von Van der Poel

Kruisberg/Hotond war zehn Kilometer vor der letzten Fahrt auf den Oude Kwaremont bereits von großer Unruhe geprägt. Dort gab es unter anderem auch eine massive Tempoverschärfung des Dwars door Vlaanderen-Gewinners Mathieu van der Poel (Corendon-Circus), der nur 30 Kilometer zuvor spektakulär gestürzt war, sich aber zurückgekämpft hatte und gleich wieder kräftig mitmischte. Während auch Bob Jungels (Deceuninck-Quick Step) sich an dieser Helling stark präsentierte, fiel sein bei Omloop Het Nieuwsblad Elite und E3 BinckBank Classic siegreicher Teamkollege Zdenek Stybar unerwartet früh zurück. Im Feld befanden sich nach Kruisberg/Hotond lediglich noch 20 Fahrer, deren Rückstand auf die an der Spitze des Rennens verbliebenen Asgreen und Van Baarle auf 15 Sekunden gesunken war. Education First führte mit Vanmarcke, Bettiol und Sebastian Langeveld die Jagd auf das Duo an. Nun warteten, 16,9 und 13,5 Kilometer vor dem Ziel, erneut Oude Kwaremont und Paterberg.

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Der Lucky Punch von Bettiol

Wer aus dem EF1-Trio an diesem Tag der Stärkste war, offenbarte sich am Oude Kwaremont ganz schnell: Bettiol, der bei seinen vorherigen drei Ronde-Starts nur einmal gefinisht hatte, 2017 mit zweieinhalb Minuten Rückstand 24. geworden war. Trotzdem hatte der 25-jährige Italiener nach guten Ergebnissen in dieser Saison wie Platz vier beim E3 BinckBank Classic oder Platz zwei im Zeitfahren bei Tirreno-Adriatico zumindest den Status eines „Dark Horse“ gehabt. Nach dem Oude Kwaremont baute Bettiol seinen Vorsprung gegenüber dem unschlüssigen Verfolgerfeld auf 20 Sekunden aus und verteidigte seine Position auch am Paterberg, wo erst Greg Van Avermaet (CCC) das Tempo machte, ehe Van der Poel nochmals eine scharfe Attacke fuhr, welche die Gruppe förmlich explodieren ließ. Die Topfavoriten fanden sich danach aber wieder alle zusammen und formierten sich zu einer 17-köpfigen Gruppe, in der es allerdings keine bedingungslose Zusammenarbeit, sondern erst einmal viele kleine, kontraproduktive Angriffe gab.

Die Enttäuschung der Belgier

Bettiol konnte seinen Vorsprung sogar noch auf fast eine halbe Minute ausbauen, so dass er auf der Zielgerade diesen Triumph – seinen ersten Profi-Sieg! – in aller Ruhe genießen konnte. Aus der Verfolgergruppe setzte sich auf den letzten zwei Kilometern noch einmal der dänische Ronde-Debütant Asgreen ab, der mit 14 Sekunden Rückstand als Zweiter die Ziellinie überquerte. Drei Sekunden hinter ihm gewann Kristoff den Sprint um Platz drei vor Van der Poel und dem Deutschen Nils Politt (Katusha Alpecin). Die Belgier hatten zwar sieben Fahrer unter den Top18 des Rennen, verpassten aber erstmals seit dem Jahr 2001(!) das Podium; Bester war am Ende Naesen als Siebter. Dagegen war Platz acht ein wahrlich achtbares Ergebnis für Weltmeister Alejandro Valverde (Movistar), der erstmals in seiner langen Karriere an der Flandern-Rundfahrt teilnahm und knapp drei Wochen vor seinem 39. Geburtstag bewies, dass er auch bei diesen Klassikern zu den Besten gehören kann.

-> Zum Resultat

Nach der Ronde konzentrieren sich die Klassiker-Spezialisten nun auf das französische Rennen Paris-Roubaix, das am nächsten Sonntag stattfindet. Unter der Woche steht in Belgien am Mittwoch aber auch noch der „Sprinterklassiker“ Scheldeprijs auf dem Programm.

Video der Zielankunft







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