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Überraschungen in Yorkshire: Der neue Weltmeister heißt Mads Pedersen & Medaille für Stefan Küng
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29.09.2019

Überraschungen in Yorkshire: Der neue Weltmeister heißt Mads Pedersen & Medaille für Stefan Küng

Info: STRASSEN-WELTMEISTERSCHAFT 2019 IN YORKSHIRE
Autor: Felix Griep (Werfel)



Harrogate, 29.09.2019 – Die Reihe an Topfavoriten für das WM-Straßenrennen der Männer Elite in Yorkshire war groß, doch am Ende durfte sich ein krasser Außenseiter das Regenbogentrikot überstreifen. Der vermeintlich designierte Weltmeister Mathieu van der Poel erlebte zu Beginn der letzten Runde einen unvermittelten Totaleinbruch und Matteo Trentin, der daraufhin als aussichtsreichster Kandidat auf den Titel galt, musste sich im Sprint eines Trios dem 23 Jahre jungen Dänen Mads Pedersen geschlagen geben. Noch viel länger als diese beiden war der Schweizer Stefan Küng an der Spitze des Rennens gefahren, der sich mit einer tollen Leistung die Bronzemedaille verdiente.

Weniger Kilometer – aber mehr Runden
Die Streckenführung des Straßenrennens der Männer Elite war angelehnt an die 1. Etappe der Tour de France 2014: Start in Leeds, Ankunft in Harrogate und dazwischen die Anstiege Cray Summit, Buttertubs Summit und Grinton Moor Summit. Durch den zusätzlichen WM-Rundkurs sollte eine Distanz von 280 Kilometern erreicht werden wie es sie seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr gegeben hatte. Die starken Regenfälle der letzten Tage, die sich auch an diesem Sonntag ohne Pause fortsetzten, führten allerdings dazu, dass die Schleife mit Buttertubs Summit und Grinton Moor Summit, auf der einige Streckenabschnitte unter Wasser standen, nicht gefahren werden konnte und die erste Zielpassage schon 45 km früher erfolgte als eigentlich geplant. Der 13,83 km lange Rundkurs in Harrogate wurde deshalb neun- statt siebenmal absolviert, was dennoch zu einer Verkürzung der Gesamtdistanz auf 261,8 Kilometer führte. Hinzu kamen 10,5 km Neutralisation, an deren Ende die aus 42 Ländern stammenden 195 Starter schon pitschnass waren.


Das Profil der geänderten Strecke

Drei Grand-Tour-Sieger in der Fluchtgruppe
In der ersten halben Stunde war das Renngeschehen sehr unruhig, bis sich endlich eine Spitzengruppe herausbildete, die illustre Namen zu bieten hatte, wie man sie bei Weltmeisterschaften ganz selten so früh in Aktion erlebt. Zuerst hatte sich Giro d'Italia-Sieger Richard Carapaz aus Ecuador zusammen mit dem Deutschen Jonas Koch und dem Slowenen Jan Polanc dem Feld entziehen können. Kurz darauf kamen acht weitere Fahrer hinzu, darunter ein anderer Grand-Tour-Champion der aktuellen Saison, Polancs bei der Vuelta a España erfolgreicher Landsmann Primoz Roglic. Neben dem Schweizer Silvan Dillier sowie Magnus Cort Nielsen (Dänemark), Maciej Bodnar (Polen), Petr Vakoc (Tschechien), Hugo Houle (Kanada) und Alex Howes (USA) war außerdem mit dem Kolumbianer Nairo Quintana noch ein früherer Giro- und Vuelta-Gewinner mit von der Partie. So namhaft einige der Ausreißer auch gewesen sein mögen – die meisten großen Nationen waren vorne nicht vertreten, so dass es keinen Freifahrtschein für die elfköpfige Gruppe gab, auch wenn deren Vorsprung ein Maximum von immerhin viereinhalb Minuten erreichte.

Frühes Aus für Gilbert, Evenepoel und Valverde
Das Hauptfeld wurde fast nur von Jos van Emden (Niederlande), Julien Bernard (Frankreich) und Zeitfahr-Weltmeister Rohan Dennis (Australien) angeführt, die es schafften, den Abstand bis zur ersten Zielpassage in Harrogate auf 1:25 Minute zu reduzieren. Noch mehr als 100 Fahrer waren im Peloton dabei, weil der Cray Summit (4,0 km à 4,3%, max. 9,1%) nach 64 Kilometern bis dahin die einzige wirkliche Schwierigkeit der Strecke gewesen war. Auch auf dem Rundkurs wurden es zunächst kaum weniger; nach vier von neun Runden waren noch immer 93 Mann im Feld, das allerdings die Gruppe um Carapaz und Roglic noch während der ersten Runde eingeholt hatte. Und es fehlten bereits einige Mitfavoriten: So war Philippe Gilbert kurz vor der ersten Zielpassage in einen Sturz verwickelt worden und jagte danach verzweifelt mit seinem belgischen Landsmann Remco Evenepoel, der auf ihn gewartet hatte, dem Feld hinterher, das beide nicht wieder erreichten, woraufhin sie nach zwei Runden vom Rad stiegen. Eine Runde später war das Rennen dann auch für den spanischen Titelverteidiger Alejandro Valverde vorzeitig beendet.


Das Profil des Rundkurses in Harrogate

Küng attackiert zwei Runden vor Van der Poel
Nachdem lange Zeit Giovanni Visconti (Italien), Pieter Weening (Niederlande) und Rémi Cavagna (Frankreich) für das Tempo gesorgt hatten, brachte Lawson Craddock zu Beginn der fünften Runde neue Abwechslung ins Renngeschehen. Dem Angriff des Amerikaners schloss sich der Schweizer Stefan Küng an und sie fuhren bis zur nächsten Zielpassage 21 Sekunden Vorsprung heraus. In der sechsten Runde attackierte am Oak Beck Climb – ein sechs Kilometer vor dem Ziel beginnender Anstieg (1,13 km à 5,8%, max. 10,9%), an dem noch viel passieren sollte – der Däne Mads Pedersen, dem nur Küng folgen konnte, während Craddock langsam ins Feld zurückfiel, aus dem sich wiederum noch Mike Teunissen und Gianni Moscon absetzten. Der Niederländer schloss auf der Parliament Street, dem Schlussanstieg zum Ziel (482 m à 3,5%, max. 9,4%), zu Küng und Pedersen auf, und Moscon kam kurz nach der Zielpassage hinzu. Zu viert hielten sie sich rund 20 Sekunden vor dem Feld, bis in Runde sieben erneut am Oak Beck Climb, während Teunissen von der Bildfläche verschwand, die ganz großen Namen auf den Plan traten: Mathieu van der Poel attackierte, Matteo Trentin folgte ihm.

“Der Mann mit dem Hammer“ erwischt „MvdP“
Der Niederländer und der Italiener schlossen zügig zu den drei Führenden auf – und schon war das vorentscheidende Quintett entstanden. Van der Poel, Trentin und Moscon, kurz vor der WM Erster, Zweiter und Sechster bei der Tour of Britain, GP d’Isbergues-Gewinner Pedersen und Tour du Doubs-Sieger Küng bauten im Verlauf der achten und zugleich vorletzten Runde ihren Vorsprung auf 48 Sekunden aus. Weder die Verfolger Gorka Izagirre (Spanien), Carlos Betancur (Kolumbien) und Toms Skujins (Lettland) noch das von den verzweifelnden Belgiern angeführte Feld konnten diese Gruppe formstarker Fahrer aufhalten. Die meisten Beobachter hätten in diesem Moment wohl auf einen Sieg Van der Poels gesetzt – doch der vielseitige Niederländer, amtierender Cross-Weltmeister und Gesamtzweiter des MTB-Weltcups, blieb kurz nach dem Beginn der Schlussrunde beinahe stehen, kam kaum noch vom Fleck und sah seinen Traum von Gold verpuffen. Bei Moscon hatte sich auch schon seit einiger Zeit eine kleine Schwäche angedeutet, die Küng mit einer Tempoverschärfung am Oak Beck Climb ausbeutete, womit er einen weiteren Kontrahenten um die Medaillen eliminierte.


Medaillenspiegel der WM in Yorkshire:
1. USA – 2. Niederlande – 3. Italien


Pedersen sorgt für eine riesige Überraschung
Ein Trio war also noch übrig, so dass jedem der Beteiligten bereits eine Medaille sicher war. Im Sprint auf der leicht ansteigenden Zielgeraden wäre rein nach der Papierform Trentin nicht zu schlagen gewesen – doch nach (inklusive Neutralisation) fast sieben Stunden im Sattel (und vor allem im Dauerregen) kam es anders: Trentin trat 200 Meter vor der Ziellinie an, doch Pedersen konterte stark und verwies den Favoriten deutlich auf Platz zwei. Küng, der von seinem 10. Platz im Zeitfahren enttäuscht gewesen war, besorgte der Schweiz nach Stefan Bisseggers U23-Silber die zweite Medaille dieser WM, und Moscon wurde mit 17 Sekunden Rückstand Vierter. Nach 43 Sekunden folgte Ex-Weltmeister Peter Sagan mit dem Dänen Michael Valgren im Schlepptau. Der Slowake hatte kurz vor Schluss noch attackiert, kam einem vierten Weltmeistertitel, was absoluter Rekord gewesen wäre, aber nicht einmal mehr ansatzweise nahe. Im kleinen Feld, das gut eine Minute nach dem Sieger im Ziel eintraf, befanden sich die Deutschen John Degenkolb (15.) und Nils Politt (19.). Zu den nur 46 Finishern gehörten des Weiteren die Schweizer Michael Albasini (22.), Marc Hirschi (27.) und der Österreicher Felix Großschartner (30.).

-> Zum Resultat
-> Zu den Ergebnissen aller Zielpassagen

Die Strecke für die WM 2020 in Aigle-Martigny wurde bereits vor wenigen Tagen präsentiert. Auf die Männer warten in der Schweiz 258 km mit 4681 hm und 7 Überquerungen des Col de la Petite Forclaz (4 km à 10,2%).

Video der Zielankunft





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