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Radsport in der Coronakrise: Die Stimmen der Woche (KW18)
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02.05.2020

Radsport in der Coronakrise: Die Stimmen der Woche (KW18)

Autor: Heike Oberfeuchtner (H.O.)



02.05.2020 – Zurzeit werden keine Radrennen ausgetragen, aber das heißt nicht, dass die Radsport-Szene verstummt ist. Geredet wird immer, zur Not über die Coronakrise. LiVE-Radsport.com hat die einschlägigen Medien durchstöbert und die Stimmen der Woche für Euch zusammengestellt.


Alle Beiträge der Serie „Die Stimmen der Woche“


27.04. – Valverde wünscht sich 14-tägige Grands Tours

Anfang der Woche veröffentlichte Marca ein Interview mit Alejandro Valverde (Movistar), in dem der ehemalige Weltmeister Kritik an dem Vorhaben der UCI äußert, die Grands Tours im Spätsommer und Herbst in ungekürzter Form nachzuholen. „Sie hätten jede große Rundfahrt um eine Woche kürzen sollen. Es ist ein außergewöhnliches Jahr und es hat keinen Sinn, alle Grands Tours über drei Wochen auszutragen, denn dann verlängert sich die Saison enorm weit nach hinten. 15 Renntage wären genug zum Genießen für die Fans und zum Überleben der Rennen.“ Auf die Frage nach seinem Karriereende, das eigentlich für Ende 2020 geplant war, sagte der gerade 40 Jahre alt gewordene spanische Meister: „Mein Plan sieht eine Teilnahme bei den Olympischen Spielen und das bestmögliche Abschneiden dort vor, aber wir werden sehen, ob mein Körper so funktioniert, wie ich es möchte.“

Wie andere vom Lockdown betroffene Fahrer hat auch Filippo Ganna (Team Ineos) derzeit viel Zeit zum Nachdenken. Gegenüber Tuttobici.web sagte der italienische Zeitfahrmeister: „Mir wird oft die Frage gestellt, ob ich nicht eines Tages den Stundenweltrekord angreifen möchte. Und während der Quarantäne habe ich darüber sorgfältig nachgedacht. Ich werde eines Tages einen Versuch starten, aber leicht wird es nicht. Mit 55,089 km/h hat Victor Campenaerts die Latte auf ein absurd hohes Niveau gelegt. Wenn wir klarer sehen, welche Rennen wir dieses Jahr noch fahren können, werde ich mit der Mannschaft darüber sprechen. Und wenn dann Zeit dafür ist, warum soll ich es nicht versuchen? Ich weiß noch nicht, von welcher Art Anstrengung wir hier reden. Im normalen Zeitfahren muss man schon körperlich ans Äußerste gehen. Und [Ex-Stundenweltrekordhalter] Wiggins, wohlgemerkt ein Tour-Sieger, hat gesagt, dass es die schwersten Strapazen in seinem Leben waren.“

Vom einen ehemaligen Tour-de-France-Sieger zum anderen: Alberto Contador verriet Cyclingnews, warum er Chris Froome trotz dessen verletzungsbedingtem Trainingsrückstand für den großen Favoriten für die kommende Frankreichrundfahrt hält. „Jetzt muss jeder durch diesen Lockdown hindurch und jeder fängt bei null an und ist gleichauf mit Froome, wenn es um die physische Form geht. Im August wird er seinen Rückstand aufgeholt haben. Wenn ein Fahrer wie Froome an die Startlinie kommt, ein Fahrer, der so motiviert seinen fünften Tour-Sieg anstrebt, der unbedingt beweisen will, dass er noch derselbe Fahrer ist wie vor seinem Sturz und der auch so wettkampfhungrig ist, weil er länger pausiert hat als fast jeder andere, dann zahlt sich das sehr zu Froomes Vorteil aus. Darum halte ich ihn für einen der Topfavoriten der Tour de France und für absolut in der Lage, eine fünfte Tour zu gewinnen.“



28.04. – Pöstlberger hat das Digital Swiss 5 Spaß gemacht

Am Dienstag schilderte Cadel Evans, auch er ein früherer Tour-Sieger, in einer Facebook Live Lockdown Session mit Sporza seine Eindrücke aus seiner schweizerischen Wahlheimat, die unmittelbar an der Grenze zu Italien liegt. „Ich habe viele Freunde und Bekannte in der Lombardei. Dort ist eine ganz andere Welt, das Epizentrum der europäischen Corona-Epidemie. Als die italienische Regierung ankündigte, dass sie die Grenze dichtmachen würden, bin ich mit meinem Rad zum nächsten Grenzübergang gefahren, etwa 800 Meter von meinem Wohnort entfernt. Einfach um einen Blick darauf zu werfen, aus Neugier. Was mir zuerst auffiel, war dass dies die erste Grenzschließung seit dem 2. Weltkrieg war. Das Zweite waren die vielen Leichenwagen, die zum Friedhof in Bergamo fuhren. Das machte mich betroffen. Bergamo ist ganz nahe und außerdem ein Zentrum des Radsports. Viele der Produkte und der Kleidungsstücke, die wir benutzen, werden dort hergestellt. Santini, die Bekleidungsmarke, die das Regenbogentrikot fertigt, produziert nun Gesichtsmasken. Das ist schwer zu begreifen.“

Zwei Tage nach der letzten Etappe des Digital Swiss 5, auch virtuelle Tour de Suisse genannt, äußerte sich Teilnehmer Lukas Pöstlberger auf der Webseite seiner Mannschaft Bora-Hansgrohe zu dieser Erfahrung. „Online-Racing ist ganz anders als echtes Radfahren. Das beginnt bei der Einteilung der Kräfte und geht bis hin zu spezifischen Details, wie man sich in den Abfahrten und Anstiegen verhält. Ein Ersatz war es sicherlich keiner, der sportliche Wert ist ja doch begrenzt. Nichtsdestotrotz war ich froh über diese spannende Abwechslung. Ich bin ja letztlich ein Rennfahrer und kein Trainingsweltmeister – entsprechend freue ich mich immer, wenn ich an Wettkämpfen teilnehmen kann. Gerade in der jetzigen Situation sind solche Events aber nicht nur für uns Fahrer, sondern auch für den gesamten Radsport wichtig, um unseren Sport zu zeigen.“ Der frühere österreichische Meister hält den E-Radsport für ein Zukunftsthema: „Die UCI hat ja schon geplant, in Zukunft eine Indoor-Weltmeisterschaft auszurichten. Zudem sind weitere Organisatoren schon entsprechend aktiv. Ich werde immer den klassischen Straßenradsport lieben, aber gerade für Menschen in Großstädten oder mit weniger Zeit könnte das durchaus eine Alternative sein. Für richtige Wettkämpfe müssen aber sicherlich noch einige Probleme gelöst werden – etwa, dass die verschiedenen Smart Trainer und Leistungswerte zwischen den Fahrern genauer kalibriert werden. Wir dürfen auf jeden Fall gespannt sein, was da noch kommt.“



29.04. – Bakelants sieht dunkle Wolken am Himmel

Die Stimmen, die eine Fortsetzung der Saison ab August für unwahrscheinlich halten, werden immer zahlreicher. Jan Bakelants (Circus-Wanty Gobert) sagte gegenüber Sporza: „Es ist gut, dass ein Plan erstellt wurde, wie wir aus der Situation rauskommen. Aber wenn ich mir anschaue, was momentan in der Gesellschaft passiert, frage ich mich doch, ob es realistisch ist, dass wir später in diesem Jahr noch Rennen fahren. Ich sehe ziemlich viele dunkle Wolken am Himmel. Letztlich gibt es wenige Veranstalter, die akzeptiert haben, dass dies ein Krisenjahr ist. Jeder will nun in aller Eile sein Rennen noch organisieren, aber ich bezweifle, dass das in jedem Fall funktionieren wird. Wir haben nun hohe Erwartungen, während nicht einmal klar ist, ob die Wettkämpfe stattfinden können. Es ist schon sehr schwer, drei Monate vorauszuschauen.“

Ähnlich sieht es John Degenkolb (Lotto Soudal) im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau. „Ich hoffe natürlich, dass wir im Spätsommer alle gemeinsam bei der Tour de France wieder durchstarten können. Aber ob das der Fall sein wird, das muss man noch sehen. Ich bin nicht tief genug im Thema drin, um mir ein wirkliches Urteil über die Corona-Krise machen zu können. Ich bin da total zwiegespalten. Auf der einen Seite frage ich mich, warum starten wir nicht einfach durch und lassen ein paar Rennen laufen. Auf der anderen Seite verstehe ich natürlich auch, dass wir weiterhin sehr vorsichtig sein müssen. Versetzen wir uns mal in die Lage eines Kollegen, in dessen Familie es Betroffene oder gar einen Todesfall gibt, da wäre ich der Letzte, der Druck macht und darauf drängt, durchstarten zu müssen. Und da ich nicht sehe, wie sich das in den kommenden Monaten ändern soll, ist meine Skepsis schon sehr groß, dass wir im Sommer wieder Rennen fahren können.“

Derweil bereitet sich Degenkolbs frühere Mannschaft Trek-Segafredo weiter auf die geplanten Wettkämpfe im letzten Saisondrittel vor. „Wir werden vielleicht zwei oder drei verschiedene Gruppen von Fahrern aufmachen und den Kader für ein Rennen auf Grundlage verschiedener Renngruppen zusammenstellen“, sagte Teammanager Luca Guercilena gegenüber Cyclingnews. „Das bedeutet, wir werden die Fahrer nicht Rennen für Rennen neu kombinieren, wie wir es normalerweise tun. Wenn wir sie in spezifischen und kleinen Gruppen halten, wird das eine große Hilfe sein, wenn es um das Reisen und die Logistik geht. Außerdem gibt einem das mehr Kontrolle in puncto Gesundheit. Es könnte sein, dass wir einen italienischen Kalender, einen französisch-belgischen und einen spanischen Kalender haben und darum könnten drei Gruppen von Fahrern sinnvoll sein. Wir würden Plätze einrichten, wo sie leben und die meiste ihrer Zeit verbringen könnten.“



30.04. – Frankreichs Sportministerin schließt Tour ohne Zuschauer vor Ort aus

Am Donnerstag erteilte die französische Sportministerin Roxana Maracineanu allen eine Absage, die eine Tour de France ohne Zuschauer an der Strecke für eine Option halten. Von RMC Sport wird die frühere Schwimmerin zitiert mit den Worten: „Wenn die Lage im September besser aussieht, können alle geplanten Events wie die Tour de France oder [das Grand-Slam-Tennisturnier] Roland-Garros oder andere große Veranstaltungen stattfinden. Aber diese beiden Events haben Zuschauer nötig, Roland-Garros wegen der Eintrittsgelder und die Tour de France braucht deren Freude und Begeisterung. Diese Veranstaltungen werden nicht ausgetragen ohne die Genehmigung, dass Zuschauer kommen dürfen. Sie werden nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden.“

Vor zwei Wochen hatte Ineos-Teammanager Dave Brailsford angekündigt, seine Mannschaft nur unter dem Vorbehalt der gesundheitlichen Unbedenklichkeit zur Tour de France schicken zu wollen. Diese Haltung wurde von Bjarne Riis, dem Manager von NTT Pro Cycling, im Gespräch mit Cyclingnews nun kritisiert. „Es ist nicht an ihm, zu entscheiden, ob es dort sicher ist oder nicht. Die Regierungen und Veranstalter werden das tun. Ich kenne Christian Prudhomme sehr gut. Er würde keine Tour stattfinden lassen, wenn es nicht sicher ist. Alle im Radsport müssen zusammenarbeiten. Wir müssen das Beste für den Radsport tun, nicht für uns selbst. Darum bin ich nicht glücklich über das, was Brailsford sagt. Es ist eigennützig. Im Augenblick geht es nicht um uns, sondern um den gesamten Sport. Wenn wir 100-prozentige Sicherheit wünschen, dann sollten wir wahrscheinlich zwei oder drei Jahre zu Hause bleiben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die UCI ein Rennen genehmigen würde, wenn es nicht sicher ist. Ich denke, wir haben bei Paris-Nizza eine Menge gelernt und wir fühlten uns sicher, also ist es möglich, ein Rennen durchzuführen. Es ist nicht an mir oder dir zu entscheiden, wir müssen die Experten entscheiden lassen.“



01.05. – Wegmann über das Radsport-Fest von Frankfurt

Am gestrigen Freitag, dem Maifeiertag, hätte wie üblich das Rennen Eschborn-Frankfurt ausgetragen werden sollen. Der zweifache Sieger Fabian Wegmann hat ein spezielles Verhältnis zu dem „Radklassiker“ und erzählte Radsport-News.com davon: „Es war für mich immer schon ein besonderes Rennen - das erste, bei dem ich als Kind auch Profis gesehen habe. Ich bin ab der U11 jedes Jahr dort die Nachwuchsrennen gefahren, und danach war es für uns immer ein riesiges Radsport-Fest. Das war für mich gigantisch damals, und ich denke, das ist heute auch für viele Nachwuchsfahrer noch so.“ Auf seine beiden Spitzenresultate angesprochen, sagte der mittlerweile 39-Jährige: „2009 ist der Plan einfach perfekt aufgegangen, das war schon besonders, während 2010 ein ganzes Stück überraschender war mit dem größeren Feld und dem Sprint.“ Als es noch 'Rund um den Henninger Turm' hieß, war Wegmann zu seinem Bedauern noch nicht ganz so erfolgreich gewesen, aber: „Letztendlich geht es um das Rennen an sich, das man gewinnen will - denn das ist ja immer noch dasselbe und hat weiterhin den gleichen Charakter durch die Anstiege im Taunus. Da ist es als Fahrer nicht ganz so wichtig, wo genau das Ziel ist. Und dieses Jahr wäre es immerhin auch schon zum zehnten Mal an der Oper gewesen - dort herrscht auch eine tolle Atmosphäre und die Ankunft entwickelt sich langsam zum Klassiker."








Lukas Pöstlberger (Foto: twitter.com/BORAhansgrohe)
Lukas Pöstlberger (Foto: twitter.com/BORAhansgrohe)

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