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Fünf Berge und ein bisschen Schotter am letzten Tag in den Alpen – Etappe 18 der Tour de France 2020
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16.07.2020

Fünf Berge und ein bisschen Schotter am letzten Tag in den Alpen – Etappe 18 der Tour de France 2020

Info: TOUR DE FRANCE 2020 (2.UWT)
Autor: Felix Griep (Werfel)



16.07.2020 – Die letzte richtige Bergetappe der 107. Frankreich-Rundfahrt (es folgt nur noch das Bergzeitfahren zur Planche des Belle Filles) packt so viele Berge wie möglich in ihre 168 Kilometer. Fünf Anstiege stehen auf dem Programm, darunter einige Alpenklassiker, aber auch die relativ neue Montée du plateau des Glières, die diesmal eine noch wichtigere Rolle spielen wird als bei ihrer Tour-Premiere vor zwei Jahren.


Wegen der Coronakrise wurde die Tour de France um rund zwei Monate verschoben und findet nun vom 29. August bis 20. September statt. In dem ursprünglich geplanten Austragungszeitraum vom 27. Juni bis 19. Juli können wir also leider noch nicht über das Rennen berichten, nutzen die Gelegenheit aber, um Tag für Tag einen genaueren Blick auf die Strecke der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt zu werfen, welche unverändert zu ihrer Präsentation im Oktober letzten Jahres bleibt.


Die Strecke des Tages

Etappe 18: Méribel - La Roche-sur-Foron (168 km)

Die meisten Höhenmeter gibt es bei dieser Tour de France zwar auf der 13. Etappe im Zentralmassiv, das 18. Teilstück rangiert mit etwas mehr als 4000 Höhenmetern aber nicht weit dahinter. Die ersten 1500 Höhenmeter werden bereits zwischen dem Start in Méribel und der ersten Bergwertung auf dem Cormet de Roselend (18,6 km à 6,1%) bei Kilometer 46,5 überwunden. Danach geht es nur noch auf und ab: erst über Col des Saisies (14,0 km à 6,4%) sowie Col des Aravis (6,7 km à 7,1%) und dann auf die Montée du plateau des Glières (6,0 km à 11,2%). Wenn die Fahrer diesen steilsten Anstieg des Tages geschafft haben, liegen noch 32 Kilometer vor ihnen. Bevor es in die Abfahrt geht, wird ein 1800 Meter langer, leicht ansteigender Schotterabschnitt für ganz besondere Fernsehbilder sorgen. Zehn Kilometer vor dem Etappenende geht es noch über den Col des Fleuries (5,3 km à 4,3%) und dann rasant hinab zum Ziel in La Roche-sur-Foron, das erstmals Etappenort eines großen Radrennens ist.


Etappenprofil – Cormet de Roselend – Montée du plateau des Glières



Wichtige Orte und Berge

Méribel

Der Wintersportort Méribel, den die Tour bereits am Vortag auf dem Weg zur Bergankunft am Col de la Loze durchquert hat, war tatsächlich erst einmal zuvor Etappenort bei der Frankreich-Rundfahrt. 1973 lag das Ziel der Etappe 7b, die von Bernard Thévenet gewonnen wurde, in der Ortschaft Méribel-les-Allues. Genau dort gab es im Jahr 2016 beim Critérium du Dauphiné einen packenden Zweikampf zwischen Thibaut Pinot und Romain Bardet. Bei der Tour de l'Avenir 2018 entschied sich die Bergankunft zwischen Ivan Sosa, Brandon McNulty und Tadej Pogacar, die sich mittlerweile alle auch im Profi-Peloton etablieren konnten.

Roselend, Saisies und Aravis

Die ersten drei Berge der Etappe sind Radsportfans bestens bekannt, wenngleich die aktuelle Fahrergeneration sie nur sehr selten oder auch gar nicht bei der Tour gefahren hat. Der Cormet de Roselend wurde 2018 zum ersten Mal nach neun Jahren wieder überquert, und der Col des Saisies stand zuletzt 2010 auf dem Programm. Insgesamt gab es diese beiden 1979 erstmals befahrenen Berge elf- bzw. neunmal bei der Tour. Der Col des Aravis hat eine noch viel umfangreichere Historie, zählt zu den ersten Bergen der Tour-Geschichte, gehörte von 1911 bis 1937 ununterbrochen zur Tour-Route und wurde total schon 38-mal überquert. Zuletzt war das 2016 und davor 2010 der Fall. Zweimal kam es bisher vor, dass diese drei Berge zusammen in einer Etappe absolviert werden mussten. Beide Male folgten ihnen noch der Col de la Colombière und der Col de Joux-Plane – 1984 siegte auf dieser Strecke Angel Arroyo, 1987 Eduardo Chozas.

Montée du plateau des Glières

Der steilste und wohl vorentscheidende Anstieg der Etappe ist im Vergleich noch eine relativ neue Entdeckung des Radsports und wurde erst zweimal in einem Rennen bestritten. Interessanterweise war Julian Alaphilippe beide Male der Erste an der Bergwertung. Bei der Tour de l'Avenir 2013 gewann der damals 21-Jährige eine Bergankunft mit deutlichem Vorsprung auf Matej Mohoric und Adam Yates. Bei der Tour 2018 wurden der Anstieg und der folgende Schotterabschnitt schon in der ersten Rennhälfte absolviert. Alaphilippe führte eine Ausreißergruppe an und holte sich am Ende in Le Grand-Bornand den Etappensieg und das Bergtrikot.



Denkwürdige Etappen

2018: Alaphilippes erste Tour-Sternstunde

Bei seiner Tour-Premiere 2016 trug Julian Alaphilippe in der ersten Woche fünf Tage lang das Nachwuchstrikot, doch so richtig populär wurde er zwei Jahre später auf der 10. Etappe der Tour 2018, als er den ersten seiner bis heute vier Etappensiege einfuhr und das Bergtrikot eroberte, das ihm bis zum Ende der Rundfahrt nicht mehr abzunehmen war. Alaphilippe begab sich an jenem Tag mit zwanzig weiteren Fahrern auf die Flucht. Auf der Montée du plateau des Glières gewann er den Sprint um die Bergwertung gegen David Gaudu und kam als alleiniger Führender auf die staubige Schotterstraße, bis die Anderen ihn wieder einholten. Im Etappenfinale erwies sich Alaphilippe endgültig als der Stärkste, folgte am Col de Romme einem Angriff von Rein Taaramäe, schüttelte ihn in der Abfahrt ab, baute seinen Vorsprung am Col de la Colombière weiter aus und erreichte das Ziel schließlich gut eineinhalb Minuten vor den nächsten Fahrern.

2006: Der Beginn des Landis-Wahnsinns

Der 20. Juli ist als einer der spektakulärsten, aber auch dunkelsten Tage in die Tour-Geschichte eingegangen. Es war der Tag eines unfassbaren Solo-Efforts von Floyd Landis, dem der Erfolg auf dieser 17. Etappe und der daraus resultierende Tour-Gesamtsieg später wegen Dopings aberkannt wurden. Es war der Col des Saisies, an welchem Landis sich mehr als 120 Kilometer vor dem Ziel von allen anderen Favoriten verabschiedete – und es war keineswegs so, dass die Gegner nicht versucht hätte, ihn aufzuhalten, doch an der Bergwertung lag er schon drei Minuten vor dem Hauptfeld. Am Col des Aravis schloss Landis dann zu einer größeren Ausreißergruppe auf, doch auch deren Mitglieder waren nur temporäre Begleiter. Patrik Sinkewitz blieb am längsten bei dem wie entfesselt fahrenden US-Amerikaner, überquerte mit ihm den Col de la Colombière, musste aber am letzten Berg, dem Col de Joux-Plane, ebenfalls die Segel streichen. Landis erreicht das Ziel in Morzine letztlich triumphierend mit fast sechs Minuten Abstand zu seinen ersten Verfolgern. Nur eine Woche später hieß es dann jedoch: Floyd Landis gedopt!!




Etappe 18 mit , Cormet de Roselend, Col des Saisies, Col des Aravis, Montée du plateau des Glières und Col des Fleuries
Etappe 18 mit , Cormet de Roselend, Col des Saisies, Col des Aravis, Montée du plateau des Glières und Col des Fleuries

Cormet de Roselend
Cormet de Roselend

Montée du plateau des Glières
Montée du plateau des Glières

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