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Ein klassischer Kampf zwischen Ausreißern und Sprinterteams – Etappe 19 der Tour de France 2020
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17.07.2020

Ein klassischer Kampf zwischen Ausreißern und Sprinterteams – Etappe 19 der Tour de France 2020

Info: TOUR DE FRANCE 2020 (2.UWT)
Autor: Felix Griep (Werfel)



17.07.2020 – Auf immerhin sechs der ersten elf Etappen dieser Tour de France haben die Sprinter (mal mehr, mal weniger große) Chancen auf den Sieg, doch in der zweiten Hälfte der Rundfahrt sieht es für sie eher mau aus. Ob es auf der 14. Etappe in Lyon zu einem Sprint kommen wird, ist zumindest fraglich – aber es muss vielleicht trotzdem nicht bis auf die Champs-Élysées gewartet werden. Denn die 19. Etappe ist für einen spannenden Kampf zwischen Sprinterteams und Ausreißern prädestiniert.


Wegen der Coronakrise wurde die Tour de France um rund zwei Monate verschoben und findet nun vom 29. August bis 20. September statt. In dem ursprünglich geplanten Austragungszeitraum vom 27. Juni bis 19. Juli können wir also leider noch nicht über das Rennen berichten, nutzen die Gelegenheit aber, um Tag für Tag einen genaueren Blick auf die Strecke der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt zu werfen, welche unverändert zu ihrer Präsentation im Oktober letzten Jahres bleibt.


Die Strecke des Tages

Etappe 19: Bourg-en-Bresse - Champagnole (160 km)

Zwischen den drei Alpenetappen zu Beginn der Schlusswoche und dem alles entscheidenden Bergzeitfahren steht eine Etappe von relativ geringer Schwierigkeit auf dem Programm, die allerdings für die Sprintermannschaften alles andere als ein Selbstläufer werden dürfte. Während die Strecke anfangs noch überwiegend flach ist, wird das Profil in der zweiten Hälfte deutlich hügeliger. Es gibt circa eine Handvoll ansteigende Abschnitte von bis zu fünf Kilometern Länge, deren mittlere Steigung aber stets nur circa vier Prozent beträgt. Vor allem auf den letzten 25 Kilometern gibt es zudem einige längere Abfahrten.



Wichtige Orte

Bourg-en-Bresse

Es war ebenfalls der drittletzte Renntag, als bei der Tour de France 2002 Bourg-en-Bresse erstmals Etappenort war. Es handelte sich damals um eine in Cluses gestartete Etappe, die ähnlich hügelig war wie das Teilstück von 2020 und vom Feld an zehn Ausreißer abgeschenkt wurde. Zu diesen gehörte Thor Hushovd, der damals den ersten seiner insgesamt zehn Tour-Etappensiege errang. In der ersten Woche der Tour 2007 kam es in Bourg-en-Bresse am Ende einer viel leichteren Strecke zu einem Massensprint. Diesen gewann Tom Boonen, der sich damit in der Punktewertung wieder vor Erik Zabel schob und das Grüne Trikot bis Paris nicht mehr abgab. In den Jahren 2014 und 2016 gab es zwar keine weiteren Zielankünfte, aber zumindest Etappenstarts in Bourg-en-Bresse. Der Ort ist auch eine häufige Station der Tour de l'Ain und war 2012 Ziel eines Dauphiné-Zeitfahrens.

Champagnole

Die beiden Male, als die Tour de France in der Industriestadt Champagnole Halt machte, liegen deutlich weiter zurück. Im Jahr 1937 gab es dort ein Mannschaftszeitfahren, dessen Ergebnis ungewöhnliche Auswirkungen auf den weiteren Verlauf der Rundfahrt hatte (siehe „Denkwürdige Etappen“). Im Jahr 1964 begann die 7. Etappe in Champagnole und endete in Thonon-les-Bains mit einem Sprintsieg von Jan Janssen. Träger des Gelben Trikots war zu diesem Zeitpunkt noch Rudi Altig, der es aber am nächsten Tag abgeben musste.



Denkwürdige Etappen

1937: Belgische Dominanz führt zu einer MZF-Kontroverse

Drei Teilstücke standen am 5. Tag der Tour de France 1937 auf dem Programm. Zwei flache Etappen über 175 und 93 Kilometer und dazwischen ein 34 Kilometer langes Mannschaftszeitfahren von Lons le Saunier nach Champagnole. Gewonnen wurde dieses vom Team der Belgier um den Gesamtsieger des Vorjahres Sylvère Maes, die eine halbe Minute schneller waren als die Franzosen um Roger Lapébie. Vier Tage später übernahm Maes dann auch das Gelbe Trikot, das vor und nach dem Zeitfahren noch vom Deutschen Erich Bautz und anschließend von Gino Bartali getragen wurde, der allerdings nach einem Sturz aufgeben musste. Maes' Chancen auf einen zweiten Tour-Gesamtsieg in Folge stiegen dramatisch, als die Belgier auch das 65 Kilometer lange Mannschaftszeitfahren nach Marseille auf Etappe 11b dominierten und Lapébie weitere eineinhalb Minuten abnahmen.

Mannschaftszeitfahren waren seinerzeit groß in Mode, im Jahr davor hatten die Belgier vier von fünf gewonnen. Diesmal hätten auch die Etappen 12b, 13b, 14b, 17b und 18a auf diese Art ausgetragen werden sollen, wurden von der Rennleitung unter Jacques Goddet, der den Posten des Tour-Direktors gerade erst von Henri Desgrange übernommen hatte, allerdings kurzerhand in normale Etappe umgewandelt. Dass den Belgiern diese Maßnahme nicht gefiel, ist natürlich mehr als verständlich. Die Ereignisse der 16. Etappe von Pau nach Bordeaux brachten letztlich das Fass zum Überlaufen: Als Maes einen Defekt hatte, warteten zwei Landsleute auf ihn, die allerdings nicht zur Nationalmannschaft gehörten, sondern Einzelstarter waren, weshalb es Zeitstrafen für alle drei Fahrer gab. Zudem verlor Maes bei der Jagd nach seinem Konkurrenten Lapébie noch mehr Zeit, weil er an einem Bahnübergang halten musste, den der Franzose noch hatte passieren können.

Maes' Vorsprung in der Gesamtwertung war deshalb urplötzlich von 3 Minuten auf 25 Sekunden gesunken. Weil es sich unfair behandelt fühlte und eine Bevorteilung der heimischen Fahrer durch die Tour-Organisatoren witterte, trat das belgische Nationalteam am folgenden Tag geschlossen vom Rennen zurück. Wie Hohn muss es ihnen vorgekommen sein, als Etappe 18a dann doch wieder als Mannschaftszeitfahren ausgetragen wurde. Die Franzosen holten sich den Sieg und Lapébie hatte keine Probleme, das Gelbe Trikot bis zum Ende der Rundfahrt zu verteidigen. Maes kehrte im nächsten Jahr, wenig erfolgreich, zur Tour zurück, konnte aber 1939 bei der letzten Austragung vor dem Zweiten Weltkrieg seinen zweiten Gesamtsieg feiern, auch wenn es kein einziges Mannschaftszeitfahren mehr gab. Er gewann dafür aber zwei Einzelzeitfahren und eine Etappe über den Izoard.






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