Keine Sechstagefahrer mehr bei Olympia?
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Olympische Präsenz ist für jeden Sport-Fachverband eine Überlebensfrage. Das Hauen und Stechen um jede Medaille gehört zum Alltag aller IOC-Tagungen. Ungewöhnlich ist jedoch, dass ein Fachverband von sich aus sein Olympiaprogramm zusammenstreicht. Bislang gab es zehn olympische Entscheidungen auf der Radrennbahn: Sieben Wettbewerbe für die Männer und drei für die Frauen. Die UCI möchte dieses Mißverhältnis aufheben. Bei den Männern werden Einzelverfolgung, Punktefahren und Madision gestrichen und durch ein Omnium ersetzt. Auch bei den Frauen entfallen Einzelverfolgung und Punktefahren, dafür kommen Teamsprint, Keirin, Mannschaftsverfolgung und Omnium hinzu, so dass Männer und Frauen in identischen fünf Disziplinen auf der Bahn an den Start gehen sollen. So weit so gut. Veränderungen bei den Bahn-Disziplinen hat es bei Olympia schon öfters gegeben. Wir erinnern uns an das Aus für traditionsreiche Wettbewerbe wie das Tandem-Fahren (bis 1972) oder das 1000m-Zeitfahren (bis 2004). Unverständlich ist jedoch, dass diese Reform eindeutig zu Lasten des Ausdauerbereichs geht, wohingegen die Sprintwettbewerbe unangetastet bleiben sollen. Und wer gewann die Sprintwettbewerbe in Peking? Der Engländer Chris Hoy im Sprint und im Keirin und die englische Mannschaft im Team-Sprint. Und wo finden die nächsten Olympischen Spiele statt? Ein Schelm, der Böses dabei denkt! Der Verdacht ist kaum von der Hand zu weisen, dass Sportpolitik einmal wieder über Sportlerinteressen triumphieren wird. Für die Sechstagefahrer ist diese Reform eine Katastrophe. Mit Blick auf die Medaillengewinner der letzten drei Olympiaden finden wir in den Ausdauerdisziplinen die Namen von Scott McGrory, Etienne de Wilde, Matthew Gilmore, Marco Villa, Silvio Martinello, Juan Curuchet, Joan Llaneras, Robert Bartko, Jens Lehmann, Bruno Risi oder Franco Marvulli - allesamt erfolgreiche Fahrer auf den Winterbahnen. Sie hätten zukünftig keine Chance mehr, an Olympischen Spielen teilzunehmen. Ein Erfolg bei Olympia ist aber für die Bahnradsportler die beste (und fast auch die einzige) Möglichkeit, um in den Medien und bei Sponsoren aus dem Schatten einer Randsportart zu treten. Am härtesten trifft es jedoch die Fahrer der zweiten Reihe, jene, die bei Sechstagerennen um die Plätze fünf bis zwölf streiten. Sie können nicht allein durch die Einnahmen von Sechstagerennen ihren Lebensunterhalt bestreiten. Sie sind existentiell darauf angewiesen, Mitglied der Nationalmannschaft zu sein und dadurch die entsprechende finanzielle Grundsicherung zu erhalten. So ist z.B. eine Zugehörigkeit zur Nationalmannschaft die Voraussetzung, um bei der Bundeswehr als Sportsoldat angestellt zu werden. Wenn die Ausdauerwettbewerbe bei Olympia wegfallen, droht ihnen sofort die Kündigung. Auch die Veranstalter der Sechstagerennen können über diese Olympiareform nicht glücklich sein. Sie werden es mehr als zuvor schwer haben, ihr Fahrerfeld mit konkurrentfähigen Fahrern zusammen zu bekommen. Schon in den letzten Jahren musste so manches Peleton mit Juniorenfahrern komplettiert werden, die sich dann Verlustrunde um Verlustrunde einfingen. Zudem ist es für die Veranstalter ein wichtiger Werbefaktor, auf die Olympiasieger am Start hinzuweisen. Die wird es zukünftig nicht mehr geben. In einer Zeit, in der speziell die Sechstagerennen in Deutschland am kollabieren sind, erweist die UCI den Sixdays mit dieser Reform einen Bärendienst. Dieser Kommentar bezieht sich auf folgende Newsmeldung: Neues Bahn-Programm für Olympia 2012 in London |
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