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Dibben „stiehlt“ Graf im letzten Moment WM-Sieg im Punkterennen, Weinstein holt Verfolgungs-Silber
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05.03.2016

Dibben „stiehlt“ Graf im letzten Moment WM-Sieg im Punkterennen, Weinstein holt Verfolgungs-Silber

Info: BAHNRADSPORT-WELTMEISTERSCHAFT 2016 IN LONDON
Autor: Felix Griep (Werfel)



London, 04.03.2016 – Am Freitag, dem dritten Tag der Bahnradsport-Weltmeisterschaft in London, hätte Andreas Graf um ein Haar ein Stück nationale Radsportgeschichte geschrieben, der erst fünfte Sieg an einer Bahn-WM Österreichs nach Franz Stochers Erfolg 2003 im Punkterennen und Roland Königshofers drei Steher-Titeln von 1989 bis 1991 war zum Greifen nahe. Doch der Brite Jonathan Dibben entriss ihm im letzten Moment noch die Goldmedaille. Silber gab es hinter dem siegreichen Italiener Filippo Ganna auch für den deutschen Einzelverfolger Domenic Weinstein, dessen Landsleute in den ersten Runden des Sprintturniers bereits ausgeschieden sind. Im Omnium mischt BDR-Starter Roger Kluge dagegen im Kampf um die Medaillen mit. Bei den Frauen verteidigte die Russin Anastasiia Voinova ihren Titel über 500 Meter und die USA wurden erstmals Mannschaftsverfolgungs-Weltmeisterinnen.


Bahn-WM 2015: Übersicht | Medaillenspiegel | Zeitplan


Punkterennen Männer:
Bittere Niederlage des Österreichers Graf gegen den punktgleichen Briten Dibben

Der letzte Wettbewerb am Freitagabend war eindeutig das Highlight dieses dritten Wettkampftages bei der Bahn-WM im Olympischen Velodrom von London. Das 160 Runden lange Punkterennen war ein sehenswerter Wettkampf mit einem dramatischen Finale. Der britische Teilnehmer Jonathan Dibben ging schon sehr früh in die Offensive und erzielte bereits nach kurzer Zeit gemeinsam mit dem Japaner Eiya Hashimoto einen Rundengewinn. Kurz nach Halbzeit des Rennens zogen dann der Franzose Benjamin Thomas, der Belgier Kenny De Ketele und der Österreicher Andreas Graf nach, die nach ihrem Angriff gut zwanzig Runden benötigt hatten, um sich bis ans Ende des Felds zu kämpfen. In dem nun „rundengleichen“ Quintett hatte 50 Runden vor dem Ende noch Thomas mit 40 Punkten die Nase vorn, Dibben stand bei 38, Graf und De Ketele bei 34 und Hashimoto bei 28 Zählern. Es folgte ein mutiger Angriff von Graf, bei dem es sogar für kurze Zeit so aussah, als könnte er tatsächlich den entscheidenden zweiten Rundengewinn herausfahren. Das schaffte er letztlich zwar nicht, während seines Solos konnte er aber zwei Sprintwertungen für sich entscheiden, die ihn in Führung gehen ließen. Nach der vorletzten Wertung war das mit 45 Punkten immer noch der Fall, Dibben mit 43 und De Ketele mit 41 Punkten waren aber noch nicht geschlagen. Vier Runden vor dem Ende attackierte der kurz zuvor gestürzte Thomas, für den zumindest Silber und Bronze noch in Reichweite waren. Unter großem Beifall der Zuschauer konterte Dibben, dessen Antritt niemand folgen konnte. Auch nicht Graf, der an der Schlusswertung zwar den zweiten Platz holte, was für den Sieg aber nicht reichte. Dibben und Graf, die beide ihre erste WM-Medaille holten, hatten am Ende jeweils 48 Punkte – Gold bekam der Brite, weil bei Punktgleichheit die Reihenfolge beim Zieleinlauf entscheidet. De Ketele (43 Punkte) holte sich, vor Thomas (41) und Hashimoto (31) wie 2012 Bronze. Der russische Vorjahressieger Artur Ershov spielte im Rennen ebenso wie der Schweizer
Scratch-Dritte Claudio Imhof keine Rolle.

-> Zum Resultat Punkterennen Männer

Einzelverfolgung Männer:
Italiener Ganna besiegt Deutschen Weinstein mit seinem überragenden Finish

Am Tag nach der
Mannschaftsverfolgung stand für die Männer die Einzelverfolgung auf dem Programm, bei der mit Owain Doull und Andrew Tennant zwei Fahrer teilnahmen, die beim Gewinn der Silbermedaille des britischen Vierers mitgewirkt hatten, der sich natürlich eigentlich den WM-Titel als Ziel gesetzt hatte. Mit einem solchen wurde es aber auch im Einzelwettkampf nichts, als Dritter und Vierter der Qualifikation zogen sie nur ins kleine Finale ein. Dort setzte sich Tennant, der im Gegensatz zu Stammkraft Doull in der Mannschaftsverfolgung nur einen der Vorläufe bestritten hatte, knapp durch. Das Finale um die Nachfolge des letztjährigen Weltmeisters Stefan Küng – der Schweizer fehlte wegen einer Erkrankung am Pfeifferschen Drüsenfieber – bestritten der erst 19-jährige WM-Debütant Filippo Ganna und der auch nur zwei Jahre ältere Domenic Weinstein. Die Qualifikation hatte der Italiener Ganna, der noch im letzten Oktober bei der Europameisterschaft, als Weinstein Silber geholt hatte, nur eine Zeit von 4:27,027 Minuten schaffte, in 4:16,127 Minuten knapp eine Zehntelsekunde vor dem BDR-Fahrer gewonnen und dabei schon demonstriert, was seine große Stärke ist: In der zweiten Hälfte der 4000 Meter war er der Konkurrenz deutlich überlegen. Diese Fähigkeit zu einem starken Finish zeigte er auch im Finale. Nach noch etwas besserem Start von Ganna übernahm nach einem Kilometer Weinstein die Führung und baute seinen Vorsprung bis zu einem Maximum von 0,760 Sekunden an der 3-Kilometer-Marke aus. Doch dann drehte Ganna auf und zog nur einen halben Kilometer später wieder an seinem Gegner vorbei und holte sich in 4:16,141 Minuten den Sieg. Weinstein, den wohl neben den Kräften auch langsam die Moral verließ, kassierte am Ende noch zwei Sekunden Rückstand, aber dennoch seine erste WM-Medaille und die erste deutsche in der Einzelverfolgung seit neun Jahren.

-> Zum Resultat Einzelverfolgung Männer

500 Meter Zeitfahren Frauen:
Voinova gelingt Titelverteidigung, Welte verpasst Medaille in ihrer Spezialdisziplin

Im 500 Meter Zeitfahren der Frauen war die erste Medaillenentscheidung des Freitags gefallen. Der Sieg ging
wie im Vorjahr an die Russin Anastasiia Voinova, deren damals stärkste Gegnerin Anna Meares (Australien) diesmal nicht angetreten war. Wai Sze Lee aus Hongkong und die Niederländerin Elis Ligtlee konnten ihr nicht das Wasser reichen, nahmen mit jeweils rund acht Zehnteln Rückstand den zweiten und dritten Platz ein. Für Voinova war es in London bereits der zweite Sieg, nachdem sie am Eröffnungsabend mit Daria Shmeleva den Teamsprint gewonnen hatte. Damit wiederholte die 23-Jährige ihren Doppelerfolg von der EM 2015, als sie zudem Silber im Sprint holte, der für die Frauen bei dieser WM am Samstag und Sonntag auf dem Programm steht. Voinova vor Lee und Ligtlee – das hieß, dass es im Zeitfahren erstmals seit 2010 wieder ein Podium ohne Miriam Welte gab. Die Deutsche, die fünf Jahre in Folge in die Medaillenränge gefahren war und 2014 gar den Titel holte, belegte mit ihren 34,192 Sekunden nur den siebten Platz, blieb weit von der Leistung Voinovas entfernt, die den Wettkampf mit 32,959 Sekunden für sich entschied.

-> Zum Resultat 500 Meter Zeitfahren Frauen

Mannschaftsverfolgung Frauen:
Erster Mannschaftsverfolgungs-Titel für die USA, Britinnen holen noch Bronze

Am zweiten Tag der Mannschaftsverfolgung setzten die US-Amerikanerinnen
ihre in der Qualifikation gezeigte Dominanz weiter fort und holten sich überlegen einen durchaus überraschenden Sieg. Die einzige Medaille, welche die USA in dieser Disziplin bei den Frauen bisher vorzuweisen hatten, war eine silberne aus dem Jahr 2011. Ihre Quali-Zeit von 4:16,180 verbesserten Sarah Hammer, Kelly Catlin, Chloe Dygert und Jennifer Valente in der 1. Runde auf 4:14,806 Minuten, ließen sogar den australischen Weltrekord von der Vorjahres-WM (4:13,683) wackeln. Im Finale gegen Kanada reichte dann wiederum eine 4:16,802 aus, um den ersten WM-Titel der USA in der Mannschaftsverfolgung überhaupt perfekt zu machen – denn auch die Männer haben bislang lediglich Silber aus 1994 und Bronze aus 1995 vorzuweisen. Die Britinnen Laura Trott, Elinor Barker, Ciara Horne und Joanna Rowsell zeigten nach der verkorksten Qualifikation, bei der sie schon alle Chancen auf Gold verloren hatten, doch noch was in ihnen steckt. In der 1. Runde und im Rennen um Bronze gegen die Neuseeländerinnen fuhren Trott und Co. zweimal Zeiten von 4:16 Minuten, was außer ihnen und den USA sonst niemandem gelang.

-> Zum Resultat Mannschaftsverfolgung Frauen

Omnium Männer:
Gaviria und Viviani Führende eines hochkarätig besetzten Wettkampfes

Große Spannung darf man am Samstag von der Entscheidung im Omnium der Männer erwarten, das in diesem Jahr mit einer besonders starken Besetzung aufwarten kann. Nicht nur, dass mit Titelverteidiger Fernando Gaviria und seinen Vorgängern Thomas Boudat, Aaron Gate und Glenn O’Shea die Weltmeister der letzten vier Jahre mit von der Partie sind – neben Gaviria (Etixx-Quick Step) gibt es mit Jasper De Buyst (Lotto Soudal), Mark Cavendish (Dimension Data), Roger Kluge (IAM Cycling), Elia Viviani (Sky) und Artyom Zakharov (Astana) noch fünf weitere Starter, die bei WorldTour-Mannschaften unter Vertrag stehen. Das hohe Niveau wurde schon in der ersten Disizplin, dem umkämpften Scratch-Rennen deutlich, das der Franzose Boudat vor dem Kasachen Zakharov gewann. Die beiden hatten sich kurz vor Schluss vom Feld absetzen und damit einer Sprintentscheidung entgehen können. Gaviria wurde zum Auftakt nur Zehnter, gewann danach aber sowohl die Einzelverfolgung vor dem dänischen Omnium-Olympiasieger Lasse Norman Hansen und das Ausscheidungsfahren, bei dem er die britischen und deutschen Vertreter Cavendish und Kluge auf die Plätze zwei und drei verwies. Mit 102 Punkten liegt Gaviria nach den ersten drei Disziplinen gleichauf mit dem Italiener Viviani an der Spitze. Boudat und Kluge folgen knapp dahinter mit 96 Punkten und auch Zakharov, der Niederländer Tim Veldt, Cavendish und der Russe Viktor Manakov haben mit 90, 86, 84 und 82 Punkten die Medaillenränge noch im Blick.
Nachtrag:
Das Ergebnis des Ausscheidungsfahrens, in dem Veldt zwischenzeitlich gestürzt war, wurde nachträglich korrigiert und der Fahrer von Platz 4 auf 10 zurückversetzt. Dadurch ergab sich ein neuer Zwischenstand nach den ersten drei Disziplinen: Viviani 104 Punkte, Gaviria 102, Boudat 98, Kluge 96, Zakharov 92, Cavendish 84, Manakov 84, Veldt 72.

->
Zum Resultat Omnium Männer (Stand nach 3 Disziplinen)

Sprint Männer:
Australier Glaetzer Schnellster der Qualifikation, Deutsche scheiden früh aus

Wie das Omnium gehen auch die Sprint-Turniere bei Weltmeisterschaften über zwei Tage, am Freitag trugen die Männer ihre ersten Runden aus. Am Anfang stand logischerweise die Qualifikation, in der Matthew Glaetzer mit 9,766 Sekunden die Bestzeit fuhr – allerdings waren Jason Kenny und Jeffrey Hoogland beide lediglich die Winzigkeit von einer Tausendstelsekunde langsamer! Der Australier Glaetzer und der Brite Kenny gewannen anschließend problemlos ihre ersten K.o.-Duelle in den Sechzehntel- und Achtelfinals, Hoogland dagegen scheiterte im Achtelfinale am Kolumbianer Fabian Puerta und konnte sich auch nicht über einen Hoffnungslauf retten. Nicht nur für den
amtierenden Europameister gab es ein frühes Aus, auch die deutschen Starter sind schon weg vom Fenster. Maximilian Levy wurde nach Quali-Platz 21 direkt vom Russen Denis Dmitriev eliminiert. Vize-Europameister Max Niederlag begann dagegen gar nicht schlecht mit dem sechsten Platz in der Qualifikation und einem Sieg über den Franzosen Quentin Lafargue im ersten Mann-gegen-Mann-Duell. In der nächsten Runde war Niederlag aber dem Polen Damian Zielinski unterlegen und flog dann wie Hoogland als Zweitplatzierter eines Hoffnungslaufs endgültig raus. Einen der Hoffnungsläufe gewann Titelverteidiger Grégory Baugé, nachdem der Franzose im Achtelfinale gegen den Briten Callum Skinner den Kürzeren gezogen hatte. Am Samstag im Viertelfinale wird Baugé gegen den Quali-Schnellsten Glaetzer antreten müssen. Kenny bekommt es mit dem Neuseeländer Sam Webster zu tun, Puerta trifft auf Zielinski und Dmitriev auf Skinner.

-> Zum Resultat Sprint Männer (Stand nach Achtelfinale und Hoffnungsläufen)





Dibben „stielt“ Graf im letzten Moment WM-Sieg im Punkterennen, Weinstein holt Verfolgungs-Silber
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