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Exklusivbericht und Fotos vom Internationale Cyclocross Heerlen
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16.02.2009

Exklusivbericht und Fotos vom Internationale Cyclocross Heerlen

Info: Bildergalerie
Info: Erlebnisberichte | Cyclo Cross Heerlen | Tagebuch Philipp Walsleben
Autor: H.O.



Am vergangenen Samstag fand das 14. Internationale Cyclocross Heerlen statt (siehe Shortnews vom 14.2., 18.34 Uhr). Obwohl dieser Wettbewerb zu keiner der bedeutenden Renn-Serien gehört, standen immerhin vier Weltmeister auf der Teilnehmerliste (wenn auch nicht alle amtierend), nämlich Tijmen Eising, Richard Groenendaal, Lars Boom und auch Philipp Walsleben. Hinzu kamen bekannte Namen wie Daphny an den Brand bei den Frauen oder der spätere Sieger Thijs Al. LiVE-Radsport-Userin H.O. hat die Veranstaltung besucht.

Ich war noch nie zuvor bei einem Cross-Rennen live vor Ort gewesen, aber da Heerlen nur einen Steinwurf von unserem Wohnort entfernt liegt, bot sich hier eine gute Gelegenheit, diese Bildungslücke zu schließen. Zudem gefiel mir der Gedanke, LIVE-Radsport -Tagebuch-Schreiber Philipp Walsleben einmal persönlich anfeuern und vielleicht auch ein Autogramm ergattern zu können. Pünktlich um 11.30 Uhr standen wir also an der Strecke, bei Sonnenschein und blauem Himmel, allerdings Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt. Der Boden war leicht aufgeweicht, wovon unsere Schuhe bald ein unschönes Zeugnis ablegten. Im Grunde blieben die Witterungsbedingungen aus Zuschauersicht den ganzen Tag über günstig, wenn auch später ein eisiger Wind hinzukam und die Sonne sich zunehmend hinter Wolken versteckte. Aber die Cross-Fahrer sind selbstverständlich noch viel rauere Bedingungen gewohnt, und außerdem - was kann es am Valentinstag Romantischeres geben, als mit steifgefrorenen Händen und Eisklumpen an den Füßen drei Querfeldein-Rennen zu verfolgen? Der Wettkampf der Nachwuchs-Klassen vormittags stieß allerdings noch auf enttäuschend geringes Zuschauerinteresse, erst später bei den Frauen und natürlich bei den Elite-Männern wurde es voll, sodass letztlich wohl bis zum tausend Menschen entlang der Strecke standen. Trotzdem behielt die Veranstaltung die ganze Zeit über etwas von einem Dorf-Fest, einschließlich moderater Imbissbuden-Preise und nerviger musikalischer Begleitung durch die örtliche Karnevalskapelle.


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Knapp zeitversetzt zum Rennen der Junioren gingen übrigens die sogen. „nieuwelingen“ (Neulinge), also eine Gruppe von Fahrern im Kindesalter, die zwei Runden weniger zu bewältigen hatten, an den Start. Das führte zu einer gewissen Unübersichtlichkeit, wie ich fand, da es zu Mehrfach-Überrundungen kam. Dennoch war der Verlauf des Junioren-Wettbewerbs in der Hauptsache gut zu erkennen, weil es sich um den erwarteten Start-Ziel-Sieg des Weltmeisters Tijmen Eising handelte, der im Prinzip nur Ehrenrunden zu absolvieren hatte und dabei sein Regenbogen-Trikot ungestört präsentieren konnte. Hinzu kam, dass sein wohl interessantester Konkurrent, nämlich WM-Silbermedaillen-Gewinner Corne van Kessel in einer der ersten Runden ausstieg. Weit hinter Eising kämpften zwei Fahrer um die anderen Podiumsplätze, aber auch hier war schon bald alles klar, da sich David van der Poel von Mike Teunissen absetzen konnte und mit deutlichem Vorsprung den zweiten Platz herausfuhr. Der Abstand vom Dritten zum Viertplatzierten betrug dann schon satte 3 Minuten. Das Rennen der „nieuwelingen“ gewann mit ebenfalls großem Abstand Danny van Poppel. Beide Wettbewerbe wurden mit standesgemäßen Siegerehrungen abgeschlossen (anstelle von Medaillen o. ä. gab es übrigens wunderschöne Tulpensträuße, mal was anderes…), und hier wie auch später bei den Damen und der Elite folgte darauf die Bekanntgabe der Sieger in der TopCompetitie, einer vom WielerMagazine veranstalteten Reihe kleinerer Rennen, deren Abschluss Heerlen bildet.

Wir nutzten die einstündige Pause bis zum nächsten Programmpunkt, um uns an einer sonnigen, windgeschützten Stelle ein bisschen aufzuwärmen und die Frauen beim Einfahren auf der Strecke und auf einer etwas abseits gelegenen Wiese zu beobachten. Nach und nach tauchten auch schon die männlichen Elite-Fahrer auf und drehten ihre Probe-Runden. Wir standen direkt hinter der Absperrung in der Nähe der Startlinie, als vor uns ganz plötzlich zwei der Teilnehmer aufgrund einer Unaufmerksamkeit heftig zusammenprallten – und einer davon war der niederländische Meister Lars Boom, der unmittelbar vor uns krachend zu Boden ging! Kurze Schreckstarre allerseits, aber es war nichts passiert – erstaunlich eigentlich angesichts des lauten Knalls -, Boom stand unversehrt wieder auf und das Rad hatte auch keinen Schaden davongetragen. Kurz darauf unterhielt er sich auch schon wieder gut gelaunt mit den Zuschauern unmittelbar neben uns, woran ich erkennen konnte, dass das Versprechen auf der Homepage des Veranstalters, man könne „dem eigenen Favoriten die Hand geben“, so weit hergeholt wirklich nicht war. Leider hatte ich nicht den Mumm, ihn um ein Autogramm zu bitten – aber es bot sich die Gelegenheit für eine Nahaufnahme (s. u., an dieser Stelle muss ich, da ich mich nicht mit fremden Federn schmücken will, darauf hinweisen, dass fast alle Fotos von meinem Freund gemacht wurden). Auch Philipp Walsleben kam beim Warmfahren immer wieder an uns vorbei, mal schneller mal langsamer, aber ich wollte ihn nicht bei seinen Vorbereitungen stören und beschloss, meine Chance auf ein Autogramm nach dem Rennen zu suchen.

Nun stand ohnehin erst der Wettbewerb der Damen an, die zusammen mit den Juniorinnen und den weiblichen „nieuwelingen“ an den Start gingen, diesmal allerdings wirklich zeitgleich – und es gab auch keine gesonderte Wertung, was mich sehr verwunderte. Sicherlich galt die zehnfache niederländische Meisterin Daphny van den Brand als große Favoritin, aber bereits in der ersten von sechs Runden setzten sich Sanne van Paasen und Saskia Elemans ab; van den Brand war zunächst nur Vierte noch hinter der Belgierin Sanne Cant. Bald darauf ließ van Paasen ihre Begleiterin stehen und fuhr einem ebenso zu keiner Zeit gefährdeten Sieg entgegen wie zuvor Tijmen Eising. Dahinter allerdings wurde es durchaus spannend, denn zunächst überholte van den Brand die Belgierin und dann machte sie dann auch noch Meter um Meter auf Elemans gut – zumindest wenn man den Worten des Streckensprechers glauben darf. Es kann nämlich durchaus sein, dass er künstlich die Spannung erhöhen wollte; uns jedenfalls schienen auch der zweite und der dritte Platz eine längst ausgemachte Sache zu sein. Und so war es dann in der Tat: Saskia Elemans erreichte das Ziel 20 sek. vor van den Brand und man merkte der Weltranglistenzweiten ihre Verärgerung darüber an; hinter ihr wurde eine erschöpfte Sanne Cant immerhin noch Vierte. Die Siegehrung verlief wie bei den Junioren, nur fielen die Interviews deutlich kürzer aus, vermutlich weil man zwischen diesem und dem dritten Rennen noch eine Ehrung von dreien der anwesenden Weltmeister geplant hatte. Eising, Groenendaal und auch Walsleben wurden der Reihe nach auf die Tribüne gebeten, ob ihrer Verdienste gerühmt, interviewt und mit weiteren Tulpensträußen bedacht. Insbesondere Richard Groenendaal, der in Heerlen sechsmal gewinnen konnte, am Ende der Saison aber seine lange Karriere beenden wird und an diesem Tag sein letztes Rennen auf heimatlichem Boden bestritt, wurde als herausragender Cross-Radsportler gefeiert, und es schwangen deutliche emotionale Bewegtheit und Wehmut in seiner Stimme, als er die Fragen des Veranstalters beantwortete.


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Kurz darauf schon wurde das einstündige Rennen der Männer gestartet – Elite und U-23-Fahrer zugleich, weswegen Philipp Walsleben nicht in seinem Weltmeister-Trikot, sondern im Trikot des deutschen Meisters an den Start ging. Mit dem ehemaligen deutschen U-23-Meister Marcel Meisen war übrigens noch ein weiterer Deutscher vertreten, während einer der großen belgischen Namen entgegen der Ankündigung von der Startliste gestrichen werden musste: Klaas Vantornout, Siebter der Weltrangliste, hatte seine Teilnahme kurzfristig abgesagt. Während des Rennens wechselten wir immer wieder unseren Standort, um verschiedene Ecken des sehr verwinkelten und nicht nur wegen des matschigen Bodens schweren Parcours kennen zu lernen; deswegen kann ich den Rennverlauf nicht mehr in allen Einzelheiten rekapitulieren. Mein rudimentäres Niederländisch reichte leider auch nicht aus, um die ganze Zeit über dem teils hektischen Kommentar der Streckensprecher zu folgen. Aber ich bin mir sicher, dass in den ersten beiden Runden die namhaften Fahrer noch alle zusammen waren, bis sich schließlich die Niederländer Gerben de Knegt und Thijs Al absetzen und einige Zeit an der Spitze halten konnten. Es folgte eine größere Gruppe angeführt von Lars Boom, in der sich auch noch Philipp Walsleben aufhielt, und darauf eine weitere kleine Gruppe um Richard Groenendaal.
Schon bald aber fuhr Al seinem Begleiter davon und ließ sich die Spitzenposition von diesem Moment an auch nicht mehr nehmen. Was die Überlegenheit des Siegers anging, ähnelte dieses Rennen also durchaus den zwei vorherigen, nicht jedoch was die Auseinandersetzung um die weiteren Podiumsplätze betraf. Hier blieben diesmal keine Wünsche offen. Zunächst ließ sich de Knegt zu den Verfolgern zurückfallen, zu denen von hinten auch Richard Groenendaal aufschloss, aber der Zusammenhalt währte nicht lang, da Tempoverschärfungen die Gruppe zunehmend auseinanderzogen. Auch Walse, der bis dahin gut mitgehalten hatte, musste dem Tribut zollen und wurde abgesprengt. Trotzdem oder deswegen feuerten wir ihn und Marcel Meisen, der noch weiter zurückgefallen war, nach Kräften an, wenn sie bei uns vorbeikamen.
Vorne (bzw. natürlich mit deutlichem Abstand hinter Thijs Al) wechselten sich die Attacken der Elitefahrer ab, zeitweise konnten Boom und Groenendaal etwas Abstand herausfahren und auch der Belgier Ben Berden lag, für mich völlig überraschend, vorübergehend auf dem zweiten Platz. Aber keiner konnte das Tempo durchhalten und jedem unterliefen auf dem anspruchsvollen Parcours Fehler, sodass tatsächlich bis zuletzt die Verteilung der Podiumsplätze zwei und drei völlig offen war. Im Sprint setzte sich schließlich Berden, unter dem Jubel seines zahlreich vertretenen Fan-Klubs, gegen Gerben de Knegt durch; und zwar überquerten sie die Ziellinie 27 sek. hinter Sieger Thijs Al. Richard Groenendaal wurde mit weiteren 10 sek. Rückstand großartiger Vierter bei seiner letzten Teilnahme an dem Rennen, das er häufiger als jeder andere hatte gewinnen können. Für Lars Boom sprang noch Platz fünf heraus. Walsleben kam einige Zeit darauf mit eindreiviertel Minuten Rückstand ins Ziel, was in der Elite-Wertung einen siebten Platz bedeutet hätte (berechnet nach der Resultate-Liste des Veranstalters), aber er und Marcel hatten ja ohnehin ihre eigene U 23-Wertung, bei der sie natürlich standesgemäß und mit Abstand die ersten beiden Plätze besetzten.

Allerdings bekam ich den Zieleinlauf nicht als Augenzeuge mit, da ich mich schon paar Minuten zuvor hinter die Ziellinie in den Bereich, in dem die Fahrer von ihren Betreuern empfangen wurden, begeben hatte, um irgendwie noch an das erhoffte Autogramm zu gelangen. Tatsächlich stieg Walse auch nicht weit entfernt vom Rad und ich beschloss, meine vermutlich letzte Chance zu nutzen, obwohl ich wusste, dass es sehr unhöflich ist, einen erschöpften, schlammbespritzten Fahrer unmittelbar nach dem Rennen anzuquatschen. Aber ich hatte keine andere Wahl und möchte mich auf diesem Weg noch einmal entschuldigen, da ich normalerweise nicht zu denen gehören, die ihre Lieblingsfahrer am besten durch Nervensägen zu unterstützen glauben. Ich stellte mich also als ein Mitglied der LIVE-Radsport -Community vor, dankte ihm für seine interessanten Tagebucheinträge und bat um ein Autogramm. Er schlug vor, dass ich mit zum Team-Fahrzeug kommen sollte, beschrieb mir den Weg und fuhr davon. Ich folgte in die bezeichnete Richtung, musste mich dabei allerdings einen steilen Abhang hinuntertasten, so steil, dass er mir fast senkrecht vorkam und ich mir, falls ich unkontrolliert ins Rutschen gekommen wäre, sicherlich sämtliche Beine gebrochen hätte. Aber was tut man nicht alles ... Auf der darunterliegenden Straße angekommen, fand ich den BKCP-Powerplus-Camper zum Glück ohne Probleme und wartete dort, bis sich die Tür öffnete und Walse mir zwei sehr schöne, unterschriebene Autogramm-Karten herausreichte. Zufrieden kletterte ich den Hang wieder hinauf, suchte in der Menschenmenge oben meinen Freund und erlebte noch die letzten Momente der Siegerehrung mit. Als alles vorbei war, machten wir uns auf den Heimweg, durchgefroren und mit dick schlammverkrusteten Schuhen – aber auch mit dem guten Gefühl, dass sich der Besuch beim Internationale Cyclocross in Heerlen gelohnt hatte.





Der Boden war leicht aufgeweicht; der Kurs wurde als anspruchsvoll beschrieben
Der Boden war leicht aufgeweicht; der Kurs wurde als anspruchsvoll beschrieben

Vormittags war das Zuschauerinteresse eher noch gering
Vormittags war das Zuschauerinteresse eher noch gering

Junioren-Weltmeister Tijmen Eising fuhr einem jederzeit ungefährdeten Sieg entgegen
Junioren-Weltmeister Tijmen Eising fuhr einem jederzeit ungefährdeten Sieg entgegen

Der Sieger bei den nieuwelingen Danny van Poppel
Der Sieger bei den nieuwelingen Danny van Poppel


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Toller Erfahrungsbericht vom Cross bei Live-Radsport
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