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Giro-Sieger Gianni Motta und die Berliner Mauer - LiVE in die Vergangenheit
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03.06.2008

Giro-Sieger Gianni Motta und die Berliner Mauer - LiVE in die Vergangenheit

Info: Bildergalerie
Info: GIRO D´ITALIA
Autor: Adriano Coco




Berlin, 02.06.2008 - Giro-Sieger Gianni Motta (Foto mit Eddy Merckx,li.) und die Berliner Mauer - das war 1982 beim Gegenbesuch bei seinen Geschäftspartnern LETO (Rahmenbau und Radfachhandel) in West-Berlin.

LiVE-Radsport.ch stellte Mottas Tochter Laura jetzt am Sonnabend bei der Wahl zur Miss Gironissima 2008 vor. Die gezeigten Kinderfotos von der kleinen "La Motta" entstanden bei der ersten LETO-Einkaufsreise zu Giro-Sieger Motta in seinem lombardischen Heimatort Groppello am Flüsschen Adda.

Wie der Giro-Sieger von 1966 seinen Besuch hinter der Mauer in Ost-Berlin (DDR) empfand, notierte LiVE-Radsport.ch-Mitarbeiter Adriano Coco 1982 für die Berliner Morgenpost (Axel Springer Verlag, West Berlin). Er hatte Gianni Mottas Besuch bei LETO als Dolmetscher begleitet. Unten der Original-Bericht über Mottas Berlin-Besuch - sieben Jahre vor dem Mauerfall.

-> Zu den Fotos von La Motta und LETO

-> Zu Miss Gironissima 20008 von LiVE-Radsport.ch

Mehr Fotos gleich

ITALIENISCHER RAD-CHAMPION ERLEBT BERLIN HINTER DER MAUER

co. Berlin, 24.Okt. - Gianni Motta, in den sechziger Jahren einer der international erfolgreichsten italienischen Radprofis, kam dieser Tage nach Berlin und eroberte so rasant, wie er 1966 seinen größten Triumph errang: den Sieg im Giro d´Italia, nach der Tour de France das schwerste Radrennen der Welt.

Der blonde Italiener mit den blauen Augen hatte unmögliches vor in Berlin. Nur einen kurzen Vormittag wollte er bleiben, Geschäftliches regeln mit Kunden in Moabit. Denn seit er 1972 das Rad mit 29 Jahren wegen einer Sturzverletzung an den berühmten Nagel hängte, versorgt er die Radsportler in aller Welt mit eleganten und exklusiven Rennrädern aus seiner eigenen Werkstatt.

Aus der "Stippvisite" wurde nichts. Ein nächtlicher Blick über die Mauer am Potsdamer Platz hatte den einstigen Mannschaftskameraden von Rudi Altig neugierig gemacht auf das Berlin hinter der Mauer. Am nächsten Tag geht es nach Ost-Berlin.

Gleich nach der Kontrolle am Checkpoint Charlie schluckt der einstige Radstar, der schon viel gesehen hat auf dieser Welt: vor einem Auto-Zubehörgeschäft, dort wo die Straße mit dem beziehungsreichen Namen Mauerstraße sich mit der Leipziger Straße kreuzt, staut sich eine Käuferschlange vor der Ladentür - ein unbekanntes Bild für handelsfreudige Italiener.

Aufatmen Unter den Linden. Brandenburger Tor, Humboldt-Uni, Staatsoper - preußisch vornehm in blassem rosa, Reiterstandbild des Alten Fritz, der wiederaufgebaute Dom mit seiner prächtigen Kuppel. Motta, an wertvolle architektonische Kulissen in seiner Heimat gewöhnt, ist begeistert. Auch die Neubauten rund um den Alex machen schon weltstädtischen Eindruck.

"Doch", so Motta, "irgendetwas stimmt hier nicht. Bei aller Pracht ist das Stadtbild überzogen von einem Schleier der Traurigkeit. Und das kann nicht nur am trüben Wetter liegen."

Motta ist sich mit dem ihn begleitenden Freund aus seinem Heimatort einig: "Es sind die Kleidung ohne jeglichen Farbtupfer und die ernsten Gesichter der Menschen, die das traurige Bild hervorrufen. "Lachen denn hier nicht einmal junge Mädchen", fragen die temperamentvollen Südländer.

Der Berliner Freund nimmt die ursprüngliche Reaktion der beiden mit leichter Gänsehaut zur Kenntnis. Schließlich werden diese Art Urteile von der SED seit jeher als böswillige antikommunistische Vorurteile eingestuft. Doch die beiden Männer aus der Nähe von Mailand sind davon unbeleckt. "Man kümmert sich wenig bei uns zu Hause um die Probleme des geteilten Deutschlands und Berlins", gestehen sie kleinlaut.

Und
überall Schlangen. An Eisständen, in der neu erbauten Markthalle am Alex, vor Schuhgeschäften und vor Obstständen mit tischtennisballgroßen Äpfeln. Ganz besonders lang die Käuferschlange vor einem sogenannten Delikatladen. "Ob dieses Geschäft extra preiswert ist", wollen die Gäste wissen. Im Gegenteil. Die Lebensmittel haben Exportqualität. Ein tiefer Griff ins Portemonnaie ist hier selbstverständlich.

Gerne würde Motta ein Foto machen. Doch er hat Skrupel, die Wartenden zu beschämen. Verstohlen postiert er seine Begleiter in die Nähe der Schlange. Fast schon zu weit entfernt, schießt er sein Erinnerungsfoto vor beklemmender Kulisse.

Weiter
draußen kommt er aus dem Staunen nicht heraus. Prenzlauer Berg, Weißensee, Pankow, die funzelige Straßenbeleuchtung, die bröckelnden Fassaden - alles erinnert ihn an das ärmste Neapel. "Nur ohne Sonne, und diese Manko wiegt schwer."

Kaum fällt der Schlagbaum hinter ihm am Checkpoint Charlie, sprudelt er hervor: "Eine ganz andere Luft ist das hier." Auch wenn die Fahrt durch Kreuzberg geht, wo es am türkischsten ist und Hausbesetzer ihre Handschrift hinterlassen haben.

Artikel erschienen am 24. Oktober 1982 in der Berliner Morgenpost (Axel Springer Verlag). Copyright Adriano Coco. Veröffentlichung nur mit Genehmigung des Autors.

Fotos vom Berlin-Besuch des Giro-Siegers Gianni Motta sind leider nicht mehr vorhanden.

Zum Film über den Tod von Rennfahrer Michael Haritz (LETO) bei einem Bombennattentat.

LiVE in die Vergangenheit erscheint in loser, unregelmäßiger Folge. Bisher erschienen Sixdays Geschichten

-> Zu Gianni Motta






Giro-Sieger Gianni Motta und die Berliner Mauer, Foto mit Eddy Merckx
Giro-Sieger Gianni Motta und die Berliner Mauer. LiVE in die Vergangenheit berichtet vom Besuch Mottas in Ost-Berlin sieben Jahre vor Mauerfall 1989. Auf dem Foto Gianni Motta (r.) und Eddy Merckx. . Foto Motta privat, Repro: Adriano Coco



Giro-Sieger Gianni Motta und die Berliner Mauer, Berliner Morgenpost
Giro-Sieger Gianni Motta und die Berliner Mauer. Reproduktion des Originalartikels - Italienischer Rad-Champion erlebt Berlin hinter der Mauer - aus der Berliner Morgenpost vom 24. Oktober 1982. Repro: Adriano Coco


Giro-Sieger Gianni Motta und die Berliner Mauer, Mauer-Mahnmal
Giro-Sieger Gianni Motta und die Berliner Mauer - So beklemmend erlebte Giro-Sieger Gianni Motta den Übergang zurueck von Ost- nach West-Berlin am Checkpoint Charlie in der Friedrichstrasse. Das Foto zeigt ein zeitweiliges Mauer-Mahnmal, aufgebaut vom Mauermuseum am Checkpoint Charlie im Jahr 2004. Die beaengstigende Atmosphaere an der frueheren Berliner Mauer hatte der Verein Mauermuseum sehr gefuehlsgetreu nachempfunden. Die 1065 Holzkreuze des provisorischen Mahnmals erinnerten an die 1065 Mauertoten zwischen 1961 und 1989. In Berlin starben nach Angaben des Vereins 200 Menschen an der Mauer. Nach einem Streit zwischen Museumsleiterin Alexandra Hildebrandt, den Grundstueckseigentuemern und dem Berliner Senat (Stadtregierung) musste das Mahnmal wieder abgerissen werden. Foto: Adriano Coco, mehr unter www.imago-stockfoto.de



Giro-Sieger Gianni Motta und die Berliner Mauer, Mauer-Mahnmal
Giro-Sieger Gianni Motta und die Berliner Mauer - So beklemmend erlebte Giro-Sieger Gianni Motta den Übergang zurueck von Ost- nach West-Berlin am Checkpoint Charlie in der Friedrichstrasse. Das Foto zeigt ein zeitweiliges Mauer-Mahnmal, aufgebaut vom Mauermuseum am Checkpoint Charlie im Jahr 2004. Die beaengstigende Atmosphaere an der frueheren Berliner Mauer hatte der Verein Mauermuseum sehr gefuehlsgetreu nachempfunden. Die 1065 Holzkreuze des provisorischen Mahnmals erinnerten an die 1065 Mauertoten zwischen 1961 und 1989. In Berlin starben nach Angaben des Vereins 200 Menschen an der Mauer. Nach einem Streit zwischen Museumsleiterin Alexandra Hildebrandt, den Grundstueckseigentuemern und dem Berliner Senat (Stadtregierung) musste das Mahnmal wieder abgerissen werden. Foto: Adriano Coco, mehr unter www.imago-stockfoto.de




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