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Live-Radsport Interview: BMC-Profi Martin Kohler im Gespräch (Teil 2)
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02.03.2010

Live-Radsport Interview: BMC-Profi Martin Kohler im Gespräch (Teil 2)

Info: Weitere Interviews von LiVE-Radsport | Homepage von Martin Kohler
Autor: Martin Schwarz



Der Schweizer Radprofi Martin Kohler, aktuell in seiner dritten Saison beim BMC Racing Team, stand LiVE-Radsport für ein ausführliches Interview über Privates wie Sportliches Rede und Antwort. In diesem Jahr machte der 24-Jährige bereits einige Tage im Punktetrikot der Tour Down Under und als aktiver Ausreisser bei der Tour of Qatar auf sich aufmerksam. Den zweiten Teil seines Interviews über die Saisonplanung und das BMC Team könnt Ihr hier lesen, mehr über die Person Martin Kohler und seinen Bezug zum Radsport erfahrt ihr im ersten Teil vom Montag.


Interview mit Martin Kohler: Teil 1 | Teil 2



Martin Kohler nach der 1. Etappe der Tour Down Under im Punktetrikot
Du hast diese Saison bereits 19 Renntage, während andere Profis immer noch in den Vorbereitungen stecken. Wie schwierig ist die Vorbereitung auf einen so frühen Saisoneinstieg?

Die Vorbereitungszeit ist einfach sehr kurz. Ich bestritt mein letztes Rennen im Oktober, dannach noch etwas Ferien nach der langen Saison, aber gleich darauf geht’s schon wieder los. Es bleibt nicht viel Zeit, an der Ausdauer zu schleifen. Da ich kurzfristig für die Tour Down Under aufgeboten wurde, musste ich bereits Mitte Dezember schon Intervalltrainings einbauen. Doch den endgültigen Feinschliff holt man sich an den Rennen. Und für mich war das ideal in Australien und kürzlich auch im Nahen Osten bei warmen Temperaturen Rennkilometer zu sammeln.


Wie war das Gefühl, nach der ersten Etappe in Australien gleich zweimal bei der Siegerehrung aufgerufen zu werden und ein Leadertrikot übergestreift zu bekommen?

Das war ein super Gefühl. Gleich am ersten Renntag so in die Saison einzusteigen gibt einem natürlich Selbstvertrauen. Podium ist immer speziell und bei einer Pro Tour-Rundfahrt sowieso. Doch ich musste auch akzeptieren, dass ich mit meinen Vorbereitungen doch noch nicht ganz so weit war und musste an den darauf kommenden Tagen ziemlich büssen für diesen Exploit am ersten Tag.


Ist das Fahren im Feld anders, wenn man ein Leadertrikot trägt? Nehmen die Konkurrenten "mehr Rücksicht" oder ist man als Gespächspartner gefragter als sonst?

Ein bisschen schon. Ist aber nicht so, dass man deshalb grosse Vorteile geniessen kann. Es wird einem trotzdem nichts geschenkt. Aber den einen oder anderen Gesprächspartner findet man schon. Aber je länger man im Profi-Feld dabei ist, je mehr Fahrer kennt man. Also hängt das eigentlich nicht nur von einem Leadertrikot ab.


Du warst ja inzwischen gleich mehrere Male in Ausreissergruppen vertreten. Wie viel kommuniziert man mit den Begleitern während so einer Flucht?

Nicht so viel. Kommt ein bisschen drauf an, was hinten passiert. Aber eigentlich fährt man einfach und spart die Kraft lieber fürs Finale, wenn es denn so weit kommt.


Wie wichtig ist der Kontakt zum Sportlichen Leiter im Rennen (als Ausreisser und im Feld)?

Ist unterschiedlich. Über den Funk gibt es ja viele Diskussionen. Es gibt Vor- und Nachteile. Ich finde es zum Beispiel gut, wenn wir Infos zur Strecke erhalten. Teilweise gibt es gefährliche Passagen, wo man dann darauf hingewiesen wird. Als Ausreisser ist es nicht so wichtig, da man sowieso nicht viel mehr machen kann, als einfach fahren.


Warum warst du es, der vom BMC Team in Katar gleich dreimal in die Fluchtgruppen ging und hattest du Hoffnung, auf einer Etappe vielleicht "durchzukommen"?

Ich bin ein offensiver und agressiver Fahrer. Aber das war nicht so abgemacht. Ich bin einfach der, der es geschafft hat. Wobei es gibt schon einen Punkt, wo man ein bisschen das Gespür hat für solche Attacken. Mit der Zeit weiss man ein bisschen, wenn es klappen könnte, oder wenn es überhaupt keinen Sinn macht, mitzuspringen oder zu attackieren. Übrigens war ich nur zweimal in der Fluchtgruppe, einmal war unser Neoprofi Simon Zahner dabei.


Was geht einem Rennfahrer durch den Kopf, wenn 15 km vor dem Ziel das Material schwächelt?

Man ist frustriert. Würde am liebsten das Rad in hohem Bogen wegwerfen. Aber schlussendlich kann man es sowieso nicht mehr ändern, also lässt man das lieber bleiben. Es gibt nur eines: weitermachen. Es kann ja niemand was dafür.


Wie baut man sich nach der Etappe wieder auf, wenn man dadurch den Anschluss verloren und wertvolle Positionen im GK verloren hat? Wie können einem die Betreuer und Kameraden nach so einem Tag helfen?

Es ist schon hart, wenn man wegen so etwas zurückgeworfen wird. Die paar Stunden nach dem Rennen sind dann nicht so angenehm, sowohl für einen als auch für Betreuer nicht. Ich bin dann schlecht gelaunt und spreche kaum mehr. Meistens muss ich drüber schlafen, bis ich mich wieder einkriege. Manchmal suche ich das Gespräch während der Massage mit einem Pfleger. Aber das ist einfach so im Sport allgemein. Man muss es wohl oder übel akzeptieren und am nächsten Tag wieder das Beste geben.


Am Freitag [Das Gespräch führten wir letzten Donnerstag, 25.02. - Anm.d.Red.] geht es für dich schon wieder nach Belgien, wo du in den nächsten Wochen einige Klassiker und kleinere Etappenrennen fahren wirst. Was hast du dir für die nächsten Wochen persönlich vorgenommen? Hast du an einem bestimmten Rennen besonderes Interesse?

Meine Form stimmt. Bei den grösseren Rennen hoffe ich meine Captains solange es geht unterstützen zu können. Und in der zweiten Monatshälfte hoffe ich darauf, vielleicht auch einmal auf eigene Faust fahren zu können und wenn möglich daraus Profit schlagen. GP Samyn und West Vlaandern kenne ich bereits, hoffe davon profitieren zu können.


Was hast du lieber, eine „Belgische Woche“ mit drei Eintagesrennen, oder gleich eine sechstägige Rundfahrt?

Schwer zu sagen. Nun habe ich 3 Etappenrennen hinter mir, so freue ich mich jetzt richtig auf die belgischen Klassiker. Grundsätzlich fahre ich beides sehr gerne.


Was machst du bei einer Rundfahrt zwischen den Etappen am liebsten?

schlafen (Martin grinst)



Martin Kohler über sein BMC Team

Das Team für 2010 wurde komplett umgebaut, wie hast du diesen Prozess der Rundumerneuerung empfunden und was sind (neben den neuen Fahrern) die größten Veränderungen in 2010? Wie ist es, nun mit Superstars wie Cadel Evans und Alessandro Ballan in einem Team zu sein?

Zunächst war ich froh einen weiteren Vertrag erhalten zu haben. Dann konnte ich den Aufbau schön mitverfolgen. So jede zweite Woche dachte ich: WOW. Es wurde nicht nur in Sachen Fahrer aufgestockt sondern auch alles andere logischerweise. Fuhrpark, so haben wir jetzt auch einen richtig grossen Car, Camper etc. Aber auch im Bereich Staff sind jetzt so viele neue Leute mit dabei, dass es wohl noch bis Mitte Saison dauert, bis ich alle kennengelernt habe.
Es ist gewaltig mit solchen Stars im selben Team zu sein. Es ist noch nicht lange her, als ich von sowas träumte. Nun ist es wahr. Es motiviert mich zusätzlich und ich kann sicher viel von ihnen profitieren.


Wirst Du an der Tour de France (oder einer anderen Grand Tour) teilnehmen dürfen, wenn BMC eine Wildcard erhält (wovon wir ausgehen)?

Das steht noch nicht fest. Am Giro werden wir dabei sein, aber die definitive Selektion wird erst kurz davor bekannt gegeben. Bei der Tour de France ist die Anfrage noch hängig.


Mit welchen Fahrern im Team verstehst du dich am besten?

Eigentlich mit allen gleich gut. Ich hab einige ein bisschen näher kennengelernt in dieser Anfangsphase der Saison, als wir an denselben Rennen waren. Andere werde ich zu einem späteren Zeitpunkt noch besser kennenlernen. Jedenfalls sind alles sehr aufgestellte Jungs.


Wenn Du nicht für BMC fahren würdest, in welcher Mannschaft wärst Du dann am liebsten?

Das kann ich nicht sagen. BMC macht mich sehr glücklich.


Wie sieht dein weiteres Rennprogramm in 2010 aus, welche Rennen stellen deinen Saisonhöhepunkt dar?

Ich werde in nächster Zeit einige Klassiker bestreiten. Ein Höhepunkt darin wäre natürlich die Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix. Offiziell weiss ich mein Programm aber nur bis Ende März, somit kann ich dazu nicht viel sagen.






Martin Kohler hinter einem AG2R-Fahrer als Ausreisser auf der 1. Etappe der Tour Down Under (c) BMC / Tim De Waele
Martin Kohler hinter einem AG2R-Fahrer als Ausreisser auf der 1. Etappe der Tour Down Under (c) BMC / Tim De Waele

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