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Vorschau Cross Country Frauen bei den Olympischen Spielen in London
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10.08.2012

Vorschau Cross Country Frauen bei den Olympischen Spielen in London

Info: OLYMPISCHE SPIELE 2012 IN LONDON | Mountainbike Frauen
Autor: Heike Oberfeuchtner (H.O.)



London, 10.08.2012 - Genauso wie die Straßenrennen zu den allerersten gehören die Mountainbike-Wettbewerbe zu den allerletzten Titelkämpfen dieser Olympischen Spiele. Am Samstag, 11. August und Sonntag, 12. August werden die weltbesten Cross Country-Spezialisten ihre 26-Zöller, Twentyniner (oder auch 650B-Bikes?) bergauf und bergab über den Parcours im ländlichen Essex jagen. LiVE-Radsport.com versorgt Euch in einer zweiteiligen Vorschau mit allen wichtigen Informationen. Im ersten Teil geht es um die Hintergründe des Wettkampfs, um die Chanceneinschätzung der weiblichen Starter und um mögliche Medaillenkandidatinnen.

MTB Cross Country steht zum fünften Mal auf dem Olympia-Programm – Downhill, Marathon und alle anderen Disziplinen des vielgestaltigen Mountainbike-Sports sind hingegen (noch) nicht olympisch. 30 Frauen bestreiten das Rennen am Samstag (maximal Anzahl pro Nation: 2), 50 Männer das Rennen am Sonntag (maximale Anzahl pro Nation: 3). Insgesamt beteiligen sich mehr als 30 Nationen, darunter solche „Exoten“ wie Guam und Hong Kong. Der Parcours befindet sich nicht in London, sondern in der nordöstlich davon gelegenen Grafschaft Essex – „25 Meilen [=40,2km] vom Olympia-Stadion entfernt“, wie der Veranstalter schreibt. Der Kurs wurde auf der sogen. Hadleigh Farm errichtet; dabei handelt es sich um eine von der Heilsarmee betriebene agrarische Einrichtung, die sich der Ausbildung der jungen Landwirte Großbritanniens verschrieben hat. Ganz in der Nähe erhebt sich die wuchtige Ruine des Hadleigh Castle, das im 13. Jahrhundert unter der Regenschaft von Henry III errichtet wurde. Ursprünglich hätten die MTB-Wettbewerbe im Weald Country Park stattfinden sollen, doch 2007 entschied die UCI, dass die dortigen Gegebenheiten keine Rennen mit angemessenem Schwierigkeitsgrad zulassen würden. Im Juli 2010 begannen die Bauarbeiten auf Hadleigh Farm und im März 2011 war man schon fertig – völlig innerhalb des Zeitplans und im Rahmen des vorgegebenen Budgets.

Streckenbeschreibung - Felsen und grüne Hügel in Essex
Vor fast genau einem Jahr fand das Test-Event mit namhaften Athleten und Athletinnen statt. In der Folge wurden noch ein paar Verbesserungen vorgenommen, insbesondere wurden einige Engpässe verbreitert und ein zusätzlicher Anstieg eingebaut. Am Charakter des Parcours änderte sich freilich nichts. 4,8 Kilometer lang (+441m Startschleife), führt er durch die idyllischen Grashügel, völlig offen, d.h. ohne jeden Baumbestand. Auf mehreren schweißtreibenden Uphill-Passagen kommen einige Höhenmeter zusammen – findige Journalisten haben ausgerechnet, dass im Männer-Rennen insgesamt die Höhe von Mount Nevis, der größten Erhebung des britischen Eilands, erklommen werden muss. Felszonen machen die Drops spektakulär und technisch höchst anspruchsvoll – die etwas weniger schwierigen „B“-Umwege werden mit klarem Zeitverlust bestraft. Dass an einigen Stellen der Grasbewuchs völlig naturbelassen ist, könnte bei Regen zu Rutschpartien führen. Insgesamt ein Kurs, auf dem keine Zeit zum Verschnaufen ist – außer vielleicht in dem kurzen Tunnel, einem weiteren hübschen Detail.

Sabine Spitz vier Jahre nach Olympia-Gold wieder am Start
Die Frauen gehen am Samstagmittag auf die Strecke. Zwei namhafte Sportlerinnen haben verletzungsbedingt kurzfristig absagen müssen – nämlich die Dänin Annika Langvad, die amtierende Weltmeisterin im Marathon, und die Polin Maja Włoszczowska, die Silbermedaillengewinnerin der Spiele von Peking. Dort musste sie sich nur Sabine Spitz, Deutschlands berühmtester Mountainbikerin geschlagen geben. Die mittlerweile 40-jährige Spitz ist heuer wieder dabei – aber ob sie zu den Podiumskandidatinnen gehört, ist mehr als fraglich. Von hartnäckigen Infekten geplagt kam die elffache Landesmeisterin bei den Weltcups nicht so richtig auf Touren. In Pietermaritzburg war sie Siebte, in Val d’Isère zuletzt immerhin Sechste und sie holte EM-Bronze, aber auf alleroberstem Niveau, wie es für den Olympia-Sieg oder auch nur für eine Medaille nötig wäre, fährt sie derzeit nicht mit. Mit etwas Glück ist an einem „Spitz“entag aber vielleicht eine Überraschung möglich. Zweite deutsche Starterin – ohne Medaillenchance – ist Adelheid Morath.

Catharine Pendrel – die Top-Favoritin
Zu den absoluten Anwärterinnen auf die Goldmedaille gehört natürlich Catharine Pendrel. Die 31-jährige Kanadierin ist Meisterin ihres Landes, amtierende Weltmeisterin und hat soeben zum zweiten Mal den Gesamtweltcup für sich entschieden. Sie siegte in Houffalize, in Mont-Sainte-Anne und in Windham. Außerdem gewann Pendrel das Olympische Testevent im Juli 2011. Mit Emily Batty, der Zweitplatzierten von Pietermaritzburg und Vierten von Val d‘Isère, hat Kanada eine weitere starke Frau am Start, die allerdings kaum in den Kampf um Edelmetall wird eingreifen können.

Gunn-Rita Dahle-Flesjaa – nach acht Jahren wieder die Chance auf Gold
Zweite im Gesamtweltcup 2012 und zweite in dieser Favoritenvorschau ist Gunn-Rita Dahle-Flesjaa, eine im wahrsten Sinne des Wortes Dauerbrennerin der MTB-Szene. Die immerhin schon 39-jährige Norwegerin ist in dieser Saison nach ein paar schwächeren Jahren wieder obenauf. Sie konnte die Weltcups in La Bresse und Val d’Isère für sich entscheiden. Glaubt man den Statistikern, sind das ihre Weltcup-Siege Nr. 27 und 28, sodass sie die Rekord-Marke von Juli Furtado eingestellt hat. Zudem gewann sie heuer zum sechsten Mal den EM-Titel. Und last but not least: Dahle-Flesjaa ist bereits Olympiasiegerin, holte 2004 Gold in Athen. Es ist durchaus im Bereich des Vorstellbaren, dass sie diesen Erfolg wiederholen kann.

Nachwuchsweltmeisterin Julie Bresset als Herausforderin
Die nächste Favoritin kommt aus Frankreich. Es handelt sich um Landesmeisterin Julie Bresset, die Weltcupgewinnerin von 2011 und immer noch amtierende Nachwuchs-Weltmeisterin. Die 23-Jährige war Zweite in Houffalize, Erste in Nove Mesto, Dritte in La Bresse und noch mal Zweite beim Weltcup-Finale – Platz vier in der Gesamtabrechnung. Nichts spricht dagegen, dass Bresset, die von Allrounderin Pauline Ferrand-Prévot unterstützt wird, auch auf der Hadleigh Farm einen Top3-Platz ergattern kann – wie sie es übrigens bereits beim Test-Rennen vor einem Jahr tat.

Medaillenhoffnungen für die USA, Russland und Tschechien
Eine Medaille für die USA liegt ebenfalls im Bereich des Möglichen. Georgia Gould, die auch den Radcross-Fans bekannt sein dürfte, schrammte in dieser Saison nur knapp an ihrem ersten Weltcup-Sieg vorbei. Die 32-jährige Meisterin ihres Landes war Zweite am Mont-Sainte-Anne, davor Vierte in Nove Mesto und danach Dritte in Windham sowie Fünfte in Val d’Isère – eine Konstanz, die sich bei Olympia bezahlt machen könnte, zumal sie das Test-Event sogar auf Platz zwei beendete.

Nicht vergessen sollte man auch die Russin Irina Kalentieva. Die mittlerweile 34-jährige Landesmeisterin war 2007 und 2009 Weltmeisterin und gewann 2008 in Peking Bronze. Bestes Weltcup-Resultat in diesem Jahr war Platz zwei in Nove Mesto na Morave. Insgesamt reichte es allerdings nur zu Rang zehn.

Im Gesamtweltcup sehr viel besser, nämlich auf Rang drei, schnitt Katerina Nash ab. Die Tschechin, die wie ihre Luna Pro Teamkollegin Gould zugleich eine starke Radcrosserin ist, belegte Platz drei vor heimischem Publikum, Platz zwei in La Bresse, Platz vier in Kanada und noch einmal Platz zwei in Windham. Eine Medaille in Essex würde diese beachtliche Saisonbilanz mehr als abrunden.

Weitere starke Fahrerinnen
Kaum Chancen auf Olympisches Edelmetall, allerdings auf eine vordere Platzierung, haben Annie Last, die Repräsentantin der Gastgeber, Eva Lechner aus Italien und Alexandra Engen aus Schweden. Rebecca Henderson aus Australien und Yana Belomoyna aus der Ukraine konnten im Nachwuchsbereich in diesem Jahr Top-Resultate eingefahren, ob sie aber bei der Elite mithalten können, bleibt abzuwarten.

Zwei Schweizerinnen und eine Österreicherin am Start
Was die Schweizerinnen angeht, so ist Katrin Leumann – bestes Saisonresultat: Platz sieben in La Bresse – und Esther Süss, der Viertplatzierten von Pietermaritzburg und Vizeeuropameisterin, durchaus ein zufriedenstellendes Abschneiden zuzutrauen. Selbiges gilt für Elisabeth Osl, die einzige Vertreterin Österreichs, die in Val d’Isère immerhin Siebte wurde.

Die Cross Country-Spezialistinnen treten morgen Mittag ab 13.30 Uhr MESZ (12.30 Uhr Londoner Zeit) in die Pedale. LiVE-Radsport.com wird im Anschluss wie gewohnt ausführlich berichten.





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