<< älterer Bericht  | zurück zur News |  neuerer Bericht >>
Start > Weltmeisterschaften
Olympiasiegerin Marianne Vos holt zum zweiten Mal WM-Gold auf der Straße
Suchen Weltmeisterschaften Forum  Weltmeisterschaften Forum  Weltmeisterschaften
22.09.2012

Olympiasiegerin Marianne Vos holt zum zweiten Mal WM-Gold auf der Straße

Info: STRASSEN-WELTMEISTERSCHAFT 2012 IN LIMBURG
Autor: Heike Oberfeuchtner (H.O.)



Valkenburg, 22.09.2012 - Zum zweiten Mal nach 2006 ist Marianne Vos Weltmeisterin der Frauen Elite auf der Straße geworden. Im Alter von gerade einmal 25 Jahren vereinigt die niederländische Allrounderin also den Olympia- und den WM-Sieg auf sich. Italien, das drei Mal in Folge die Weltmeisterin stellte, musste sich diesmal mit Rang drei durch Elisa Longo Borghini begnügen. Eine große Überraschung gelang der Silbermedaillengewinnerin Rachel Neylan aus Australien. Die drei Frauen fuhren gemeinsam mit zwei weiteren Athletinnen in den Schlussanstieg am Cauberg, wo Vos sich absetzen konnte. Beste deutschsprachige Teilnehmerin war Judith Arndt auf Platz acht, die das letzte Rennen ihrer über 20-jährigen Karriere bestritt.

Spektakulärer Massensturz in der Anfangsphase des Rennens
Beim Startschuss in Valkenburg standen den 132 Teilnehmerinnen aus 37 (!) Nationen acht Runden zu je 16,1 Kilometern bevor. Auf jeder Runde mussten der Bemelerberg (900m mit 5% Steigung) und natürlich der Cauberg (1200m mit 5,8% Steigung), die beiden markantesten Anstiege auf dem generell welligen Parcours, bezwungen werden. Die äußeren Bedingungen waren hervorragend: milde Temperaturen, Sonnenschein, allerdings auch ein frischer Wind. In der Anfangsphase herrschte Waffenstillstand. Dicht an dicht und in breiter Front aufgereiht, gleichwohl mit zügigem Tempo legte das Frauen-Peloton die erste und die zweite Runde zurück - und womöglich wäre auch die dritte Schleife auf diese Weise absolviert worden, wenn nicht ein Massensturz bei der zweiten Cauberg-Passage für einen Weckruf gesorgt hätte. Eine Tschechin hing sich am Hinterrad der vor ihr positionierten Athletin auf und brachte nahezu sämtliche hinter ihr fahrenden Frauen zu Fall - weit über die Hälfte des Felds. Es bildete sich ein Knäuel aus Ahtletinnen, Rädern, Mechanikern und auch Fotografen, aus dem für viele erst einmal kein Entkommen mehr war. Da die wenigen unbeschadetet Gebliebenen, die vorneweg fuhren, jetzt das Tempo reduzieren, fanden die meisten wieder Anschluss. Andere aber gerieten trotz verbissener Aufholversuche so weit ins Hintertreffen, dass ihr Rennen bald vorüber war, etwa Ellen van Dijk (Niederlande), eine wichtige Helferin von Marianne Vos, und Shelley Olds (USA), eine Medaillenkandidatin.

Marianne Vos erkennt die goldene Gruppe und setzt nach
Als sich die Wogen einigermaßen geglättet hatten, gingen die Attacken los. Sowohl die Niederländerinnen wie die US-Amerikanerinnen zeigten sich sehr aktiv. Es kamen kleine Spitzengruppe zustande, die aber nicht lange bestehen konnten. Auf der vierten Runde lief wieder alles zusammen; auch so gut wie alle Siegaspirantinnen waren noch mit dabei, sogar die Titelverteidigerin Giorgia Bronzini (Italien), die aufgrund eines grippalen Infekts ihre Aussichten als sehr gering eingeschätzt hatte. Circa 55 Kilometer vor dem Ziel dann die entscheidende Weichenstellung: Es bildete sich eine fünfköpfige Fluchtgruppe mit der US-amerikanischen Zeitfahrspezialistin Amber Neben, der Zeitfahr-Europameisterin und Lokalmatadorin Anna van der Breggen sowie der Australierin Rachel Neylan, die sonst für ABUS-Nutrixxion fährt. Auch die ehemalige Juniorenweltmeisterin Rossella Ratto, eine Landsfrau von Bronzini, und die frühere deutsche Meisterin Charlotte Becker waren vertreten. Dieses Quintett hielt sich erstaunlich lange vorne - so lange, bis Marianne Vos - nicht nur aufgrund ihres Olympiasiegs die Top-Favoritin schlechthin - die Faxen dicke hatte. Ungeachtet der Tatsache, dass eine Landsfrau an der Spitze lag, fuhr sie eigenbeinig das ca. 25 Sekunden betragende Loch zu. Einzig Elisa Longo Borghini, eine weitere Italienerin und in diesem Jahr Nachwuchsbeste beim Girodonne, konnte Vos' Vorstoß mitgehen.

Nach fünf Vizemeisterschaften endlich wieder Weltmeisterin
Das Feld gab sich ab diesem Zeitpunkt recht bald geschlagen und ließ den Vorsprung der nunmehr sieben Spitzenreiterinnen so weit anwachsen, dass die Medaillenkandidatinnen feststanden. Marianne Vos versuchte schon beim vorletzten Besuch auf dem Cauberg die Entscheidung zu erzwingen, was aber nur zur Eliminierung von Charlotte Becker und Rossella Ratto führte. Longo Borghini blieb wiederum scheinbar mühelos am Hinterrad der Niederländerin und auch Rachel Neylan sowie Amber Neben kämpfen sich - Anna van der Breggen im Schlepptau - wieder heran. Die beiden Oranje-Frauen machten weiterhin die gesamte Tempoarbeit; Vos, die zum Zeichen ihres Olympischen Triumphs den Lenker mit goldenem Band umwickelt hatte, schien keinen Zweifel an ihren Energiereserven zu hegen. Beim allerletzten Anstieg zum Cauberg lag zwar Neylan vorne, doch die Vos zog nach wenigen Metern vorbei. Ihrem unnachahmlichen Antritt hatte nun keine mehr etwas entgegenzusetzen. Die 25-Jährige flog die legendäre Gold-Race-Helling-Empor und wurde auf den letzten flacheren 1700 Metern vor dem Ziel schon fast von ihren Gefühlen überwältigt. Unter dem tosenden Jubel ihrer Landsleute hatte sie noch Zeit, sich die niederländische Fahne zu schnappen. Sechs Jahre nach ihrem ersten, noch relativ unerwarteten Titel in Salzburg war sie wieder Straßenradweltmeisterin - nachdem es sage und schreibe fünf Mal in Folge "nur" zu Platz zwei gereicht hatte.

Jennifer Hohl beste Schweizerin. Keine Österreicherin im Ziel
Ganze zehn Sekunden zurück fuhr Rachel Neylan die Silbermedaille ein - ein unverhoffter, riesiger Erfolg für die 30-Jährige, die in diesem Jahr u. a. Dritte der australischen und der ozeanischen Meisterschaft war und die Tour de l'Ardèche als Gesamtvierte beendete. Die erst 20-jährige Elisa Longo Borghini - übrigens die Schwester von Radprofi Paolo - wurde wie schon bei der Zeitfahreuropameisterschaft Dritte, fing sich noch 18 Sekunden Rückstand ein. Die US-Amerikanerin Neben belegte den vierten, die treue Helferin Van der Breggen den fünften Platz (+0:33/+0:55). Ratto kämpfte sich mit 3:40 Minuten Rückstand noch als sechste ins Ziel. Dann kamen die ersten Verfolgergruppen. Hinter Linda Villumsen (Neuseeland) beendete die Deutsche Judith Arndt diese WM - und ihre gesamte Karriere - auf dem achten Rang (+4:37). Die 36-Jährige möchte sich, den zweiten Zeitfahr-WM-Titel im Gepäck, nun in Australien niederlassen. Die schwedische Meisterin Emma Johansson und Paulina Brzezna aus Polen machten in dieser Gruppe die Top10 komplett. Zweitbeste deutschsprachige Teilnehmerin war Hanka Kupfernagel, die sich in der Anfangsphase hervorgetan hatte, auf Platz 19 (+4:49). Becker wurde bis auf Platz 34 durchgereicht (+4:54). Claudia Häusler, die ebenfalls ein aktives Rennen gefahren war, belegte Platz 45 (+4:58), Trixi Worrack Platz 57 (+5:03), Ina-Yoko Teutenberg Platz 70 (+5:41) von 80 gewerteten Finishern. Jennifer Hohl war auf Platz 62 die einzige Schweizerin im Ziel (+5:39). Doris Schweizer, Andrea Pintarelli und Patricia Schwager mussten vorzeitig aufgeben, ebenso wie die Deutsche Romy Kasper und die Österreicherinnen Martina Ritter und Andrea Graus, welche ein Opfer des Massensturzes gewesen war.

-> Zum Resultat

Der WM-Titel als zwanzigster Saisonsieg auf der Straße
Marianne Vos ist nicht die erste Frau, die sich gleichzeitig Olympiasiegerin und Weltmeisterin nennen darf. Zuletzt gelang dies der Britin Nicole Cooke im Jahr 2008. Aber nur die wenigsten können auf eine deartig breit gefächerte Titelsammlung verweisen. Vos war auf der Straße vor ihren Elite-Titeln schon Juniorenweltmeisterin 2004, außerdem war sie Querfeldein-Weltmeisterin 2006, 2009, 2010, 2011 und 2012 sowie 2008 Weltmeisterin im Punktefahren und 2011 im Scratch. Der heutige Sieg, mit dem sie den WM-Gastgebern dasselbe große Geschenk machte wie Petra de Bruin 1979, war ihr zwanzigster allein in dieser Straßenrad-Saison. Zuvor entschied die nimmermüde Nordbranterin u. a. drei Weltcup-Rennen, den Giro d'Italia Internazionale Femminile, die Tour en Limousin und die Ladies Tour für sich.





Olympiasiegerin Marianne Vos holt zum zweiten Mal WM-Gold auf der Straße
Olympiasiegerin Marianne Vos holt zum zweiten Mal WM-Gold auf der Straße

Zum Seitenanfang von für Olympiasiegerin Marianne Vos holt zum zweiten Mal WM-Gold auf der Straße



Radsportnews auf Twitter - Radsport, Cycling, Radrennen live