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LiVE-Radsport-Rückblick auf die Karriere des Ausnahme-Radcrossers Sven Nys
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07.03.2016

LiVE-Radsport-Rückblick auf die Karriere des Ausnahme-Radcrossers Sven Nys

Autor: Heike Oberfeuchtner (H.O.)



07.03.2016 - Mit zwei Galas, die unter dem Titel "Mercy Sven" standen, haben sich die belgischen Fans Samstagabend und Sonntagnachmittag vom Radcrosser Sven Nys verabschiedet. Das Programm bestand aus emotionsgeladenen Retrospektiven, die die vielen Höhepunkte in Nys' Karriere Revue passieren ließen. Zahlreiche Freunde, Wegbegleiter und ehemalige Konkurrenten des "Kannibalen" waren anwesend und steuerten ihre persönlichen Erinnerungen bei. Anlässlich des Karriereendes von Sven Nys blickt auch LiVE-Radsport noch einmal auf den Werdegang des siebenfachen Gesamtweltcupsiegers und zweifachen Weltmeisters zurück.


Time to say goodbye: Rückblick auf die Radcross-Saison 2015/16

Die beispiellose Karriere eines „Kannibalen“
Zwei Abschiedsgalas vor Tausenden von Menschen – kaum einem Sportler wird solch eine Ehre zuteil. Es spiegelt die Ausnahmestellung, die Sven Nys für den Querfeldeinradsport hatte; unbestritten wird der heute 39-Jährige in die Radcross-Geschichte als einer der Größten, wenn nicht der Größte aller Zeiten eingehen. Nys machte seine ersten radsportlichen Erfahrungen auf dem BMX-Bike und war da schon sehr erfolgreich, spezialisierte sich aber schnell auf den Cyclocross-Bereich. 1995 wurde er belgischer Juniorenmeister, 1997 erstmals Weltmeister U23. Diesen Titelgewinn wiederholte er 1998, bevor er Profi beim niederländischen Rennstall Rabobank wurde und dort gleich alle in ihn gesetzten Hoffnungen erfüllen konnte. Als Neu-Elite-Fahrer holte er auf Anhieb den Superprestige-Gesamtsieg, seinen ersten von insgesamt 13. Abgesehen von den weniger erfolgreichen Saisons 2000/2001 und 2002/2003 folgte Sieg auf Sieg, was Sven Nys den Spitznamen „Der Kannibale von Baal“ (in Anspielung an den legendären Eddy Merckx und Nys‘ Wohnort) einbrachte. In dieser Zeit gewann er sechs Mal den Gesamtweltcup (2000, 2002, 2005-2008) und wurde fünf Mal belgischer Meister.
Ein herausragendes Jahr war 2004/2005, als er den sogen. Grand Slam realisierte und sowohl die Weltmeisterschaft in St. Wendel für sich entschied als auch alle drei Serien (Weltcup, Superprestige, Gazet van Antwerpen Trofee) als auch belgischer Meister wurde (und selbstredend in der Weltrangliste auf Platz eins stand). Es gehört zu den großen geschichtlichen Symboliken, das ausgerechnet ins Nys‘ Abschiedssaison diese zuvor und lange danach einzigartige Leistung vom 21-jährigen Wout van Aert egalisiert wurde. Einer von vielen Rekorden gelang Nys auch 2006/2007, als er sämtliche Superprestige-Wettbewerbe gewann – saisonübergreifend waren es sogar 13 SP-Siege am Stück.

2008 kehrte er Rabobank – wo man ihm gerade in seinen Anfangsjahren den Niederländer Richard Groenendaal oft vorgezogen hatte – den Rücken und wechselte zu Landbouwkrediet, das später in Crelan-Euphony und Crelan-AA Drink umbenannt wurde. Hier folgten u.a. ein weiterer Weltcup-Gesamtsieg (2009), vier weitere belgische Meisterschaften (damit blieb er nur eine hinter Roland Libotons Rekord zurück), die GvA Trofee-Gesamtsiege Nr. 6, 7, 8 und 9 sowie ein weiterer WM-Titel – 2013 in Louisville. Generell lässt sich sagen, dass Nys bei Weltmeisterschaften ein eher unglückliches Händchen hatte, aber eine Bilanz, die neun WM-Medaillen ausweist (2x Gold, 2x Silber, 5x Bronze), können sich andere Sportler nur erträumen.
Ab 2008/2009 wurde es enger an der Spitze der Radcross-Szene, neue Stars wie Niels Albert, Zdenek Stybar, später auch Kevin Pauwels und noch später Lars van der Haar, Mathieu van der Poel sowie der schon erwähnte Wout van Aert traten auf den Plan. Doch auch wenn die Erfolge nicht mehr so zahlreich waren und nicht mehr so regelmäßig kamen, setzte Nys weiterhin Glanzpunkte. 2009/2010 bis 2013/2014 holte er jeweils noch mindestens ein Gesamtklassement, allerdings gelang ihm 2010/11 erstmals kein einziger Weltcup-Sieg (ebenso wie dann wieder 2013/14). 2014/15 war ein besonderes Seuchenjahr, aber in seiner letzten Saison trumpfte Nys u.a. in Koksijde auf, wo er zum 50. Mal ein Weltcup-Rennen gewann. Im Superprestige brachte er es letztlich auf 64 in der GvA (bpost bank) Trofee ebenfalls auf 50 Siege. Insgesamt zählen Statistiker 292 Spitzenresultate.

Erfolge im MTB- und Road-Bereich
292 Spitzenresultate – allein im Radcross-Bereich, muss man betonen, denn Sven Nys war durchaus auch auf dem Mountainbike und dem Straßenrennrad unterwegs. Er holte fünf belgische Meistertitel im Cross Country (wo er amtierender Titelträger ist) und nahm zweimal an Olympischen Spielen teil. 2008 wurde er in Peking Neunter, 2012 kam er in London aufgrund eines Defekts nicht ins Ziel. Ein 12. Platz bei der EM 2005, ein 16. Platz bei der WM 2007, die Bronzemedaille (!) bei der EM 2009 und ein 10. Platz bei der EM 2012 sind weitere starke Resultate im MTB-Bereich. Als Straßenradsportler war Nys weniger erfolgreich (was aber auch nur zu verständlich ist). Er gewann die Internationale Wielertrofee Jong Maar Moedig (1.2) 2007 und war u. a. Zweiter beim Henk Vos Memorial (1.4) 2001, Dritter beim GP de la Ville de Pérenchies (1.2) 2005, Fünfter beim Circuit de Wallonie (1.2) 2012 und Gesamtsiebter beim Circuito Montañes (2.2) 2006. Er nahm über die Jahre mehrfach an Paris-Roubaix, dem E3 Prijs, dem Omloop Het Volk, Gent-Wevelgem und der Belgien-Rundfahrt teil.

Der Mensch Sven Nys
Sven Nys wurde am 17. Juni 1976 in Bonheiden geboren und wohnt in Baal, wo jährlich ein nach ihm benanntes Radcross-Rennen stattfindet (das er auch etliche Male gewonnen hat). Er war nie ein Mensch, der sich nur um Sport, Training und Resultate kümmerte, sondern immer auch über den Tellerrand schaute und sich für diverse Themen interessierte. In der Radcross-Szene nahm er öfter die Position eines Sprechers für die Athleten ein und machte sich für eine Öffnung, Modernisierung und Internationalisierung des Sports stark. Er gehörte verschiedenen UCI-Gremien an und ist seit Jahren im Wohltätigkeitsbereich aktiv, insbesondere engagiert er sich für die „Stichting tegen Kanker“ (Stiftung gegen Krebs). 2006 kam seine erste Autobiografie heraus ("Ik, Sven Nys"), 2013 seine zweite ("Mijn leven"). Anlässlich seines Karriereende wurde eine Dokumentation gedreht ("Sven, het laatste jaar"). Nys' Ehe mit Isabelle wurde 2014 nach 12 Jahren geschieden, von ihr hat er einen 13-jährigen Sohn namens Thibau, der sich bereits anschickt, in die übergroßen Fußtapfen seines Vaters zu treten und Querfeldein-Wettkämpfe bestreitet.

Die Zukunft
Sven Nys wäre nicht er selbst, wenn nicht sein Terminkalender für die Zeit nach dem Rücktritt auch schon wieder gut gefüllt wäre. Abgesehen von seinem Engagement für das Trainingszentrum (Sven Nys Cycling Center), das er am Balenberg in seiner Heimatgemeinde aufgebaut hat – es steht Radcrossern, Mountainbikern, BMX- und Trail-Fahrern offen oder verfügt sogar über ein Museum -, ist er seit dem 1. März offiziell Inhaber und Teamchef vom Telenet-Fidea Cycling Team, wo er die Nachfolge von Hans van Kasteren antritt. Wir werden Sven Nys also weiterhin bei Querfeldeinrennen zu Gesicht bekommen, auch wenn er nicht mehr im Sattel sitzt.





Rückblick auf die Karriere von Sven Nys - Foto von Mercy Sven-Gala (Quelle: Homepage Sven Nys)
Rückblick auf die Karriere von Sven Nys - Foto von Mercy Sven-Gala (Quelle: Homepage Sven Nys)

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