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LiVE-Radsport-Autorin in Innsbruck: der WM-Blog
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28.09.2018

LiVE-Radsport-Autorin in Innsbruck: der WM-Blog

Info: Bildergalerie
Info: STRASSEN-WELTMEISTERSCHAFT 2018 IN INNSBRUCK-TIROL
Autor: Heike Oberfeuchtner (H.O.)



Innsbruck, September 2018 - Vom 22.9. bis 26.9. war LiVE-Radsport-Autorin Heike Oberfeuchtner (H.O.) vor Ort bei der UCI Straßenrad-WM in Innsbruck, Tirol. Ihre Eindrücke und Erlebnisse hat sie in einem WM-Blog festgehalten.

Prolog
2007 war ich bei der UCI Straßenrad-WM in Stuttgart und dabei dort eine der tollsten Wochen meines Lebens verbracht. Seitdem bin ich ein richtiger Fan dieses radsportlichen Großereignisses, das bekanntlich inzwischen um Junioren-Wettbewerbe und Teamzeitfahren erweitert wurde. Seit Langem wollte ich zur WM zurückkehren und mit dem Austragungsort Innsbruck in einem nahe gelegenen deutschsprachigen Land bietet sich mir die ideale Gelegenheit dazu. Aber wie das so ist: Mit dem Lebensalter steigen auch die Ansprüche und, mit etwas Glück, auch die finanziellen Möglichkeiten. Nächtigte ich in Stuttgart noch preisgünstig bei Bekannten und stand mir stundenlang, Regen, Kälte oder sengender Hitze trotzend, am Streckenrand die Beine in den Bauch, habe ich mir in Innsbruck ein 4-Sterne-Hotel in Zielnähe und ein VIP-Ticket mit All Inclusive-Paket gegönnt. Zumindest für die Zeitfahr-Wettbewerbe von Sonntag bis einschließlich Mittwoch, denn die Straßenrennen hinzuzunehmen wäre einfach unbezahlbar gewesen. Voller Vorfreude und sehr gespannt darauf, was mich erwartet, fahre ich los.

Samstag, 22.09.2018
Meine Anreise war etwas turbulent. Weil die hoteleigene Tiefgarage für UCI-Offizielle reserviert ist, musste ich in ein weiter entferntes Parkhaus ausweichen und mein ganzes Gepäck durch die Partymeile Innenstadt schleppen. Ich kam viel zu spät, um noch zur Eröffnungsfeier gehen zu können. Das ist aber nicht so schlimm, sieben Wettbewerbe in den kommenden vier Tagen sollten mich dafür entschädigen.

Sonntag, 23.09.2018
Schock am frühen Morgen, UCI-Chef David Lappartient sitzt im Frühstücksraum zwei Tische weiter. Jetzt wird es so langsam wirklich ernst. Nach einer halben Stunde endlich den grottenschlecht ausgeschilderten VIP-Bereich gefunden. Dort werden meine Erwartungen noch übertroffen, bis auf das (zunächst) nicht funktionierende W-LAN ist alles superklasse. Beim Teamzeitfahren der Frauen liegt Wiggle High5 an der Zwischenzeit überraschend klar vorne, aber wie sich später zeigt, war es besser, das Rennen eher verhalten anzugehen. Die Favoritinnen von Sunweb und Boels-Dolmans überholen Wiggle noch, doch Gold geht erstmals seit 2015 wieder an Canyon-SRAM. Es wird die deutsche Hymne gespielt, *schnüff*, sehr ergreifend. Bei den Männern siegt Quick-Step Floors, also auch der Weltmeister des allerersten WM-Markenteamzeitfahrens von 2012. Damit schließt sich ein Kreis. Fürs nächste Jahr hat sich die UCI etwas Anderes ausgedacht. Als alles vorbei ist, beginnt es trotz Sonnenscheins leicht zu regnen und ein Regenbogen erstreckt sich über der WM-Stadt.

Montag, 24.09.2018
Nachts ist ein Unwetter über Innsbruck hinweggezogen, hat aber offenbar keine Schäden hinterlassen. Außerdem ist es Herbst geworden und trotz gelegentlichen Sonnenscheins empfindlich kühl. Glücklicherweise muss ich nicht draußen stehen bzw. nur, wenn ich das wirklich möchte. Z. B. um mein kleines Deutschland-Fähnchen für Hannah Ludwig zu schwenken, die aber im Einzelzeitfahren der Juniorinnen leider „nur“ Platz 10 belegt. Die Langzeit-Führende Camilla Alessio wird am Ende noch von der Niederländerin Rozemarijn Ammerlaan abgefangen.
In der Pause weist mich ein Ordner darauf hin, dass ich nicht die Toilette im Bereich der UCI VIP-Area benutzen darf (was bis 2 Stunden zuvor noch kein Problem war), sondern nur die im Foyer. Man muss nicht alles verstehen. Und wehe ich treffe dort auch nur einen UCI-Offiziellen! Wenn schon Segregation, dann richtig. Das Zeitfahren Männer U23 gewinnt erneut der Däne Mikkel Bjerg, der mit furchteinflößender Entschlossenheit an den Start geht und dann tatsächlich die Konkurrenz in Grund und Boden fährt. Leider keine Fotos vom Zieleinlauf, da Handyakku leer. Die Siegerehrung wird von einem UCI-Vizepräsidenten vorgenommen, der mir vorher am Kaffeestand begegnet ist (ich natürlich auf der anderen Seite des Absperrbands). Schon zwei Einzelzeitfahren passé und noch keine deutsche Medaille, da stimmt doch was nicht.

Dienstag, 25.09.2018
Sonnig, aber kalt präsentiert Innsbruck sich an diesem Morgen. Die sogen. Finish Area ist heute auch noch etwas besser besucht als gestern. Einzelzeitfahren der Junioren - Remco Evenepoel, kam, sah und siegte mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 50 km/h! Aber würde bitte einer dem Streckensprecher sagen, dass das belgische Wunderkind nicht der Titelverteidiger ist? Irgendwie hab ich das Gefühl, dieser Evenepoel könnte der neue Peter Sagan werden, nicht wegen der Zeitfahr-, sondern wegen der Starqualitäten natürlich. „Boys don’t cry“ ist übrigens out – oder war es nur die Sonne, die das Supertalent blendete?
Beim Einzelzeitfahren der Frauen Elite gibt es einen niederländischen Podiumssweep mit Titelverteidigerin Annemiek van Vleuten an der Spitze. Im Zielbereich höre ich folgendes Gespräch. Mann A: „Ist diese Fahrerin, die bei Olympia so schwer gestürzt ist, eigentlich auch dabei?“ Mann B: „Weiß nicht, keine Ahnung.“ Es ist doch wunderbar, von Experten umgeben zu sein. Als Van Vleuten die anderthalb Minuten eher gestartete Ex-Weltmeisterin Amber Neben (43) auffährt, meint Mann A: „Die alte Dame kann man ja schon mal überholen.“ *fremdschäm*. Zurück im Hotel suche ich den Fitnessraum auf. Frau macht sich angesichts der exzellenten kulinarischen Vollversorgung eben Gedanken um die Linie…

Mittwoch, 26.09.2018
Heute ist leider mein letzter Tag bei der WM. Erst mal auschecken und das Gepäck zum Parkhaus transferieren. Danach schaue ich ein wenig dem Training auf der abgesperrten Strecke zu. Meine prominentesten Sichtungen sind die noch amtierende Weltmeisterin Chantal Blaak, Olympiasiegerin Anna van der Breggen und Giro-Gewinner Nairo Quintana. Anschließend muss ich Zeit totschlagen, weil Finish- und VIP-Area erst später öffnen. Vor dem Einzelzeitfahren der Männer hätte ich Wunder was auf Tom Dumoulin gesetzt, aber der Titelverteidiger wird von einer Rakete aus Down Under abgeschossen. Der neue Weltmeister, laut Streckensprecher heißt er „Dennis Rohan“, setzt sein verschmitztestes Lächeln auf, während sich Dumoulin mit schmerzverzerrter Mine nicht einmal über die denkbar knapp gewonnene Silbermedaille freuen kann. Auch ich verdrücke eine Träne, denn nun ist mein WM-Abenteuer bedauerlicherweise schon vorbei.

Epilog
Ich muss mich beeilen nach Hause zu kommen, denn dieses Jahr gibt es keinen Ruhetag und ich möchte natürlich unbedingt die Straßenrennen im Livestream sehen. Und dann wieder ganz normal für LiVE-Radsport darüber berichten…






Innsbruck, Austragungsort der Straßenrad-WM 2019
Innsbruck, Austragungsort der Straßenrad-WM 2019 ((c) Heike Oberfeuchtner)

Der Zielbogen, alle Zeitfahren und Straßenrennen endeten hier.
Der Zielbogen, alle Zeitfahren und Straßenrennen endeten hier. ((c) Heike Oberfeuchtner)

Die Zielgerade am Rennweg, mit Herbstlaub
Die Zielgerade am Rennweg, mit Herbstlaub ((c) Heike Oberfeuchtner)

VIP-Area und UCI-Bereich
VIP-Area und UCI-Bereich ((c) Heike Oberfeuchtner)


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