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Adventskalender am 11. Dezember: Interview mit Simon Geschke – langjähriger Sunweb-Profi aus Berlin
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11.12.2018

Adventskalender am 11. Dezember: Interview mit Simon Geschke – langjähriger Sunweb-Profi aus Berlin

Info: Bildergalerie
Autor: Christine Kroth (Cofitine)



  11.12.  
Am 1. Adventssonntag traf ich Simon Geschke, einen der populärsten deutschen Radprofis, in einem Café in seiner Wahlheimat Freiburg.
Der gebürtige Berliner befand sich zu diesem Zeitpunkt in der Vorbereitung auf die neue Saison, hatte an diesem Sonntag trainingsfrei und sich für uns gut 1 ½ Stunden Zeit genommen.
Wir sprachen über seinen Werdegang, blickten zurück auf die letzten 10 Jahre im Team Sunweb (bzw. den Vorgängerteams) und wagten einen Ausblick auf das Neue, das ihn durch seinen Wechsel zum Team CCC erwartet. Aber wir sprachen auch über Persönliches und möchten so einen Einblick geben in die Welt des Radprofis Simon Geschke.



Der LiVE-Radsport.com Adventskalender 2018
Bis Weihnachten präsentieren wir euch täglich einen besonderen Beitrag, um in der an Radrennen ärmeren Adventszeit keine Langeweile aufkommen zu lassen.


Interview mit Simon Geschke:
Teil 1Teil 2Teil 3



Durch den Vater zum Radsport gekommen


Lüttich-Bastogne-Lüttich 2011
Simon Geschke, geboren am 13.03.86, kam 2008 als Stagiaire zum Team Milram, 2009 begann er seine Karriere als Profi beim Team Skil-Shimano. Dem Team, das inzwischen in Deutschland lizensiert ist und aktuell Team Sunweb heißt, blieb er 10 Jahre lang treu. In der kommenden Saison wird er erstmals für ein anderes Team an den Start gehen.

Rein örtlich gesehen hat er seine Heimat in Freiburg im Breisgau gefunden. Hier haben wir uns zum Gespräch getroffen und, da wir gemeinsam haben, dass Freiburg unsere Wahlheimat ist, schnell einen Einstieg gefunden. Allerdings war das Wetter an diesem 1. Advent nicht wirklich toll und so war Simon ausgesprochen froh an diesem Tag trainingsfrei zu haben. Mit dem Rad kommt er allerdings trotzdem, obwohl er es nicht weit zum Treffpunkt hatte. Ich bin aber etwas erstaunt, denn er kommt nicht mit dem Rennrad um die Ecke, sondern mit einem alten Damenfahrrad, das er mal für seine Freundin gekauft hatte, das aber eigentlich nur er nutze, wie er mir auf Nachfrage erzählt.
In Freiburg fühlt er sich sehr wohl, weil es hier zahlreiche Trainingsmöglichkeiten gibt, ein Grund warum es ihn hierher verschlagen hat. Zuvor hatte er einige Zeit in Belgien gelebt.

Simon Geschke ist in Berlin geboren. Auch wenn es heute keine Rolle mehr spielen sollte, interessiert mich ob in Ost oder West, auch im Hinblick auf die Systeme im Sport. Er erzählt mir, dass er in Ost-Berlin geboren und aufgewachsen ist, aber etwas außerhalb. Bei der Wiedervereinigung war er 4 Jahre alt gewesen und hat dadurch nicht mehr viel vom alten DDR-System mitbekommen. Allerdings kann er sich auch nur noch dunkel daran erinnern, anders als seine Eltern, die von der Ost-Mentalität geprägt waren, da sie einen Großteil ihres Lebens in der DDR verbracht haben.


Tour de Suisse 2013
Sein Vater Jürgen, ein ehemaliger Bahnfahrer, hat ihn dann auch zum Radsport gebracht. Jürgen Geschke war nach seiner aktiven Laufbahn als Trainer tätig und so war es fast nicht zu vermeiden, dass auch sein Sohn mit dem Sport in Berührung kam. In seiner Kindheit hat Simon außerhalb von Berlin gelebt und war oft auf der Radrennbahn. Seine ersten Schritte im Radsport machte er jedoch auf dem Mountainbike, im Alter von 11-12 Jahren. Das habe ihm sehr viel Spaß gemacht. Und nachdem er erste Rennen im MTB-Bereich gewonnen hatte, begann er mit einem strukturierten Training. Mit 15 Jahren fuhr er erste Straßenrennen beim TSC Berlin. Das Training lief neben der Schule. Er spricht von einer sehr harten Zeit und auch davon, dass ihm zu diesem Zeitpunkt das Training nicht immer Spaß gemacht habe.
Dass er eine Profikarriere einschlagen würde, das war so nicht geplant gewesen, wenngleich es zu der Zeit auch sein großer Wunsch war, Profi zu werden.
Auch in dieser Zeit spielte sein Vater eine wichtige Rolle für ihn. Dieser besaß damals ein Fahrradgeschäft, was es auch etwas einfacher gemacht habe. Außerdem habe sein Vater immer ein gutes Auge dafür gehabt, ob sein Sohn Spaß an der Sache habe und ob er auch richtig trainiert.
Er hätte, wäre er nicht Profi geworden, gerne studiert, wusste damals aber nicht was. Psychologie hätte ihn interessiert. Er hätte sich aber auch vorstellen können, Pilot oder Polizist zu werden. Aber dann ist es doch so gekommen, dass er Radprofi wurde. Simon Geschke bezeichnet seinen Beruf dann auch als seinen Traumjob.


Tour de Suisse 2016
Er genießt die Privilegien, die dieser Job mitbringt, das Reisen und dass man, wenn man daheim ist, sich die Zeit selbst einteilen kann, man quasi sein eigener Chef ist. Und er erwähnt auch die finanziellen Vorteile, die man als Profi im World-Tour-Bereich hat. Wobei er betont, dass man, anders als im Fußball, im Radsport schon weit oben angekommen sein muss, um gutes Geld zu verdienen. Und er vergisst auch nicht zu erwähnen, dass nicht alles eitel Sonnenschein ist. So müsse man schon sehr auf sich achten, auf die Ernährung und einen gesunden Lebensstil. Und es ist eben auch ein Job, der zeitlich begrenzt ist und den man nicht bis zum Rentenalter machen kann (lacht). Die Zeit nach der Karriere bezeichnet er als „Rente“. Danach gefragt, wo er sich in fünf Jahren sehe, antwortet er, dass er sich nicht mehr auf dem Rad sehe, auch wenn er das Rad nicht ganz an den Nagel hängen möchte. Aber er hofft noch möglichst lange als Profi aktiv sein zu können. Zumindest solange es ihm noch Spaß mache und es sich finanziell für ihn lohnt. Seine Karriere in einem kleinen Continental-Team zu beenden kann er sich nicht vorstellen!
Seine Zukunft nach der Karriere sieht er eher in Berlin. Zwar fühle er sich hier in Freiburg sehr wohl, aber in Berlin leben seine Eltern und seine Schwester. Aber so genau weiß er noch nicht, wo er dann leben wird.

Kein Liebhaber schlechten Wetters

Dass ihm sein Job großen Spaß macht, ist ihm deutlich anzumerken. Auch wenn er zugibt, dass er an diesem nasskalten Sonntag doch lieber hier im Warmen sitzt und mal nicht trainieren muss. Denn nasskaltes Schmuddelwetter mag Simon gar nicht. Und an solchen Tagen ist es für ihn besonders schwer sich zu motivieren, sowohl im Training als auch im Rennen. Dann motivieren ihn aber seine Trainingspartner und einfach die Tatsache, dass das sein Job ist und er damit sein Geld verdient. Da geht es ihm nicht anders als jedem anderen Arbeitnehmer auch. Aber er gesteht auch offen, dass er sich an solchen Tagen auf die „Rad-Rente“ freut, wenn er nicht mehr jeden Tag und bei jedem Wetter raus aufs Rad muss.


Tour de Suisse 2018
Ein Trainingstag besteht dann auch überwiegend aus Freilufttraining auf dem Rennrad, auf dem Mountainbike und manchmal auch auf Langlaufski. Wobei er die Zeit jetzt, wo es etwas ruhiger ist und die Trainingsumfänge nicht ganz so groß sind, am liebsten mag. Auf der Rolle trainiert er selten, ihn zieht es eher nach draußen. Hier in Freiburg hat er optimale Bedingungen und hier trainiert er besonders gerne, gerade im Sommer. Auch der nahe gelegene Schwarzwald und der Kaiserstuhl bieten vielseitige und abwechslungsreiche Trainingsmöglichkeiten die er sehr genießt. Im Winter verbringt er aber auch viel Zeit im örtlichen Olympiastützpunkt. Auch an Trainingspartnern mangelt es ihm nicht. Man trifft sich selten vor 10 Uhr und jeder hat ein eigenes Trainingsprogramm. Trotzdem empfindet er es als sehr motivierend gemeinsam mit Kollegen wie Heinrich Haussler, Johannes Fröhlinger oder Jasha Sütterlin zu trainieren.

Das schlechte Wetter – es ist immer wieder Thema im Laufe unseres Gesprächs. Angesprochen auf Stärken und Schwächen nennt er als Schwäche sofort Rennen bei schlechtem bzw. nasskaltem Wetter. Außerdem tue er sich schwer bei Kopfsteinpflasterpassagen und bei Positionskämpfen. Letzteres sei jetzt aber keine Katastrophe, er sei nun mal nicht der aggressivste Fahrer.
Seine Stärken sieht er klar darin, dass es ihm leichtfalle motiviert und professionell zu bleiben, dass er das Training zu 100% durchziehen kann, dass er immer positiv bleibt und gute Stimmung verbreitet. Im Team wird er sehr geschätzt, weil er es schafft die richtigen Worte an die jungen Fahrer zu richten und sie so zu unterstützen und zu motivieren.
Und um nochmal auf das Wetter zurückzukommen – angesprochen auf seine härtestesten Tage auf dem Rad sagt Simon, dass das meist mit schlechtem Wetter zu tun habe. Als Beispiel nennt er das Rennen Mailand-Sanremo 2013, als auf dem Turcino-Pass Schnee fiel, Lüttich-Bastogne-Lüttich 2016, als es eisig kalt war und sogar schneite, oder das Rennen Strade Bianche in diesem Jahr. Oder auch die 2. Etappe von Paris-Nizza im vergangenen Jahr, als von Beginn an Windkante gefahren wurde. An solchen Tagen würde er dann doch gerne ins Begleitauto steigen.


Lüttich-Bastogne-Lüttich 2016
Mailand-Sanremo, Strade Bianche und Lüttich-Bastogne-Lüttich zählen aber sonst zu seinen Lieblingsrennen, aber auch die deutschen Radklassiker Eschborn-Frankfurt und die Tour Down Under.
Auch wenn er Kopfsteinpflaster nicht so mag, würde er gerne mal die Flandern-Rundfahrt und/oder Paris-Roubaix bestreiten, einfach um sagen zu können „ich bin die Rennen mal gefahren“. Aber dazu wird es wohl nicht kommen, denn die Baskenland-Rundfahrt passe natürlich einfach besser in seine Vorbereitungen.
Simon Geschke bezeichnet sich selbst aber auch als „kleinen Radsportfan“, der intensiv Rennen, die er nicht bestreitet, verfolgt, und mit Fahrern, die er gut kennt, mit aktuellen und ehemaligen Teamkollegen mitfiebert. Und hier spielen die Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix wieder eine große Rolle. Denn an diesen beiden Sonntagen im Frühjahr schreibt er seinem Trainer auch gerne mal, dass er da freihaben muss, um diese Rennen zu verfolgen.





Simon Geschke beim Interview am 1. Advent in Freiburg
Simon Geschke beim Interview am 1. Advent in Freiburg

... bei Lüttich-Bastogne-Lüttich 2011
... bei Lüttich-Bastogne-Lüttich 2011

... beim Bergzeitfahren der Tour de Suisse 2013
... beim Bergzeitfahren der Tour de Suisse 2013

... vom Start zu Lüttich-Bastogne-Lüttich 2016
... vom Start zu Lüttich-Bastogne-Lüttich 2016


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