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Radsport in der Coronakrise: Die Stimmen der Woche (KW16)
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18.04.2020

Radsport in der Coronakrise: Die Stimmen der Woche (KW16)

Autor: Heike Oberfeuchtner (H.O.)



18.04.2020 – Zurzeit werden keine Radrennen ausgetragen, aber das heißt nicht, dass die Radsport-Szene verstummt ist. Geredet wird immer, zur Not über die Coronakrise. LiVE-Radsport.com hat die einschlägigen Medien durchstöbert und die Stimmen der Woche für Euch zusammengestellt.


Alle Beiträge der Serie „Die Stimmen der Woche“


13.04. – Olaf Ludwig feiert 60. Geburtstag

Am Montag beging der ehemalige Radprofi und Ex-Telekom-Teammanager Olaf Ludwig seinen 60. Geburtstag. Radsport-News.com widmete dem Olympiasieger von 1988 und Weltcup-Gesamtsieger von 1993 einen längeren Beitrag. Ludwig war auch WM-Dritter 1993, zweifacher Friedensfahrt-Gesamtsieger und vielfacher -Etappensieger, gewann Etappen bei der Tour de France, das Punktetrikot (1991) sowie den E3 Prijs (1991), das Amstel Gold Race (1992) und Rund um den Henninger Turm (1994). Das Geburtstagskind sagte über seine Karriere: „Entgegen allen Gerüchten kann ich mir auf die Brust schlagen: Nicht einmal ist mir der Gedanke gekommen, zur Spritze, Pille oder schnellen Pulle zu greifen, denn dann hätte ich eine so lange Laufbahn sicher nicht durchgestanden.“

Cyclingnews befasste sich mit dem Thema, wie Radsportlerinnen Karriere und Mutterschaft unter einen Hut bekommen können. Prominente Beispiele wie Lizzie Deignan, Marta Bastianelli oder Laura Kenny zeigen, dass es funktioniert, aber leicht ist es nicht: „In der Vergangenheit stand noch in manchen Verträgen, dass eine Fahrerin im Falle einer Schwangerschaft entlassen werden kann. Obwohl dies in den meisten Ländern unzulässig ist, machten das Machtungleichgewicht zwischen Managern und Fahrerinnen und ein mangelndes Wissen um die eigenen Rechte es möglich. Nachdem Lobby-Gruppen wie Cyclists‘ Alliance interveniert hatten, wurde im November für 2020 eine Mutterschaftsklausel angekündigt. Die neue Regelung besagt, dass eine Fahrerin ein Recht hat auf drei Monate bei voller Bezahlung und weitere fünf Monate bei 50 % Gehalt, wobei das Einkommen nie unterhalb des Mindestlohns von 15.000 Euro liegen darf.“



14.04. – Lefevere hätte ein offenes Ohr für Van Avermaet

Jumbo-Visma veröffentlicht derzeit regelmäßig sogen. Home Stories von seinen Fahrern. Diese Woche war Taco van der Hoorn an der Reihe, der erzählte: „Ich habe keine Probleme, mich zu motivieren. Wir können vielleicht keine Rennen fahren, aber ich finde das Radfahren allgemein super. Ich kann bei schönem Wetter locker sechs Stunden fahren, ohne ein Ziel zu haben. Außerdem motiviere ich mich, indem ich mich selbst herausfordere und auf bestimmten Gebieten verbessere. Jan Willem van Schip [BEAT Cycling Club] ist mein Mitbewohner und wir kabbeln uns viel. Und wir spielen Brettspiele und ich lese viel. Außerdem räumen wir das Haus und die Scheune auf und putzen. Alles Dinge, für die man normalerweise als Profisportler keine Zeit hat.“

Deceuninck-Quick Step-Teammanager Patrick Lefevere kam gegenüber Sporza auf das Thema Transfers zu sprechen, das angesichts der Corona-Situation brachliegt: „Es tut mir ja leid um die Jungs, deren Vertrag ausläuft, aber wer mag im Augenblick über Transfers reden? Nur ein Einziger hat bislang gewagt, mich anzurufen. Man weiß ja nicht einmal, ob ein Team im nächsten Jahr noch existiert. Ich bin auch absolut nicht darauf aus, jetzt ein Schnäppchen zu machen. Ich habe immer gesagt, dass ich Menschen, die schon auf dem Boden liegen, nicht auch noch trete. Was ich tun werde, wenn Van Avermaet mich anruft? Das wäre etwas Anderes….“

Welche wirtschaftliche Bedeutung die Tour de France hat, deren Schicksal am Dienstag noch im Unklaren lag, machte eine Sportökonom ebenfalls gegenüber Sporza deutlich: „Im Großen und Ganzen wird der Umsatz der Tour auf 160 Millionen Euro geschätzt. Zum Vergleich: Der Umsatz von Flanders Classics, die u. a. die Flandern-Rundfahrt organisieren, ist etwa 6 Millionen Euro. Da sieht man sofort die Verhältnisse.“ Die Tour ohne Publikum auszutragen, sei zwar einen Option, aber „auch dann sind die Einkünfte gefährdet, denn ohne Werbekarawane und ohne VIPs werden die Sponsoren weniger bezahlen. Die Marketingeinkünfte werden sich mindestens halbieren. Außerdem verdient die ASO auch viel Geld mit den Zuschüssen der Städte und Gemeinden, wo die Tour Station macht. Die werden wohl schon bezahlt sein. Eine Absage würde bedeuten, dass eine Welle an Schadensersatzklagen losrollt, die nicht überblickt werden kann.“



15.04. – Alaphilippe froh über Licht am Ende des Tunnels

Mittwoch bestätigte die UCI dann die Verschiebung der Tour de France auf den Zeitraum zwischen 29. August und 20. September und veröffentlichte die Grundzüge eines revidierten Straßenrennkalenders für den Spätsommer und Herbst 2020. Allenthalben wurde die Entscheidung kommentiert, größtenteils positiv. „Ich bin wirklich froh endlich einen Kalender zu haben und zu sehen, dass Rennen wie die Tour de France, die WM und die Monumente stattfinden sollen“, wird Julian Alaphilippe auf der Webseite von Deceuninck-Quick Step zitiert. „Es ist ein Licht am Ende des Tunnels, was gut für die Moral ist in Zeiten wie diesen, weil es dir einen Extraschub gibt, härter zu arbeiten, um fit zu sein, bis man wieder mit seinen Teamkollegen zusammenkommt.“ Teamkamerad Bob Jungels ergänzte: „Natürlich ist diese Nachricht noch sehr frisch und wir müssen als Team alle Optionen diskutieren, aber es ist eine Erleichterung, dass so etwas wie eine Struktur erkennbar ist und wir uns wieder auf die Rennen freuen können. Ich trainiere immer noch, aber ohne Ziel im Kopf kann das hart sein, daher ist es schön, ein paar Daten zu haben, auf die man hinarbeiten kann. Es sieht nach einer sehr dichten Rennphase aus, aber ich bin sicher, wir werden dann alle bereit sein, unsere Startnummern anzupinnen und zu tun, was wir lieben.“

Auch Wout van Aert (Jumbo-Visma) ist zufrieden. „Das gibt jedem Klarheit. Ich denke auch, dass es für den Radsport sehr wichtig ist, dass in diesem Jahr noch Rennen gefahren werden und auch dass die Tour sicher durchgeführt werden kann. Wenn wir dieses Programm absolvieren können, dann ist das doch bestens“, sagte er zu Sporza. Er schränkte aber auch ein: „Wir sind alle froh, dass wir wieder eine Perspektive haben, aber nach den Absagen sitzt der Schreck noch tief. In meinem Kopf ist alles noch unter Vorbehalt. Erst heißt es hoffen, dass die Gesundheit in der Welt sich verbessert. Das ist im Moment wichtiger.“

Der vierfache Tour-de-France-Sieger Chris Froome (Team Ineos) stellte gegenüber Cyclingnews klar: „Wenn ich mir die potenziellen Termine der UCI anschaue, wäre die Tour de France mein Ziel Nummer 1. Darüber hinaus hoffe ich auf die Weltmeisterschaft, falls sie nicht mit der Tour kollidiert [derzeit sieht es nach einer Überschneidung mit dem WM-Einzelzeitfahren aus]. Abhängig von den Terminen für die anderen großen Rundfahrten würde ich außerdem entweder gerne die Vuelta a España oder den Giro d’Italia fahren. Immer mal vorausgesetzt, dass die Dinge sich weiter in die richtige Richtung entwickeln, was die Covid-19-Situation angeht.“



Auf der Webseite der Mannschaft Bora-Hansgrohe äußerte sich Teammanger Ralph Denk: „Es ist schön nun ein bestätigtes Datum für die Tour zu haben. Der Termin ist zwar spät, aber ich denke, ASO und UCI wollten auf Nummer sicher gehen, was generell zu begrüßen ist. Entscheidend ist einzig und allein, dass die Tour stattfindet, und das sieht jetzt mal gut aus. Für den Moment ändert das aber gar nicht so viel für uns. Wir wissen noch nicht, welche Rennen – und wann – noch hoffentlich vor der Tour de France im Sommer stattfinden werden. Erst wenn wir wissen, welches Rennprogramm wir den Fahrern anbieten können, können wir auch die Vorbereitung entsprechend gestalten.“

Tim Wellens (Lotto Soudal) gab gegenüber Sporza zu bedenken: „Es ist gut, dass der Start der Tour nun zwei Monate nach hinten verschoben wurde, denn wir brauchen noch ein paar Wettkämpfe als Vorbereitung. Es ist auch wichtig, dass wir mit den gleichen Waffen kämpfen können. Manche Fahrer dürfen momentan aufgrund des Lockdown nicht draußen trainieren, andere schon. Diese haben also einen Vorteil. Ich darf in Monaco nicht draußen fahren [Philippe Gilbert musste diese Woche eine Strafe bezahlen, weil er es doch tat], also muss ich auf der Rolle trainieren. Ich trainiere momentan 15 bis 20 Stunden pro Woche. In Zukunft wird das wieder mehr sein müssen, aber ich hoffe dann auch wieder auf der Straße trainieren zu können."

Derweil hat die südafrikanische Doppelmeisterin Ashleigh Moolman-Pasio (CCC-Liv) das Indoor-Training regelrecht ins Herz geschlossen: „Als es mit der Ausgangssperre losging, hätte ich mich richtig runterziehen und mir das Leben schwermachen können, aber ich entschied, das Beste daraus zu machen", sagte sie zu Velonews. „Ich habe mich auf Zwift gestürzt und es für das genommen, was es ist. Es fing an mir zu gefallen und ich vertiefte mich in das Spiel und die Community. Ich hatte diese typische Profi-Mentalität: ‚Wenn ich nicht draußen fahren kann, warum soll ich auf einem Indoor-Trainer trainieren?‘ Das Indoor-Training stellte sich als extrem hart heraus, weil man sich nirgends verstecken kann. Es geht um die pure Leistung.“



16.04. – Fumic muss eine bittere Pille schlucken

Am Donnerstag veröffentlichte Acrossthecountry.net ein ausführliches Interview mit Mountainbike-Urgestein Manuel Fumic, der die Corona-bedingten Rennabsagen sehr bedauert: „Gerade als wir in Südafrika waren und das Cape Epic abgesagt wurde. Das war eine bittere Pille für mich. Es war dann abzusehen, dass auch die Olympischen Spiele nicht stattfinden werden und auch die WM nicht an dem geplanten Termin. Was für mich noch bitterer ist als die Olympischen Spiele, muss ich ehrlich sagen. Ich hatte schon vier Olympische Spiele, es wäre immer noch ein Highlight gewesen, aber ich hatte in meiner ganzen Laufbahn noch nie eine Weltmeisterschaft im eigenen Land. Noch dazu in Albstadt, was gewissermaßen vor meiner eigenen Haustür ist. Olympia hätte ich verkraften können, aber die WM, das war noch mal ein Dämpfer. Mittlerweile sehe ich die Sache gelassener. Es gibt schließlich Wichtigeres als Rennen zu fahren.“ Über die Spuren, die er in seinem Sport hinterlassen hat, sagte der mittlerweile 38-jährige WM-Zweite von 2013: „Ich war vielleicht nicht der Erfolgreichste, bin ich definitiv nicht gewesen, aber vielleicht eine Persönlichkeit, bei dem die Leute gesehen haben: der hat Spaß am Radfahren und an dem, was er macht. Vielleicht sind diese Leute nie Rennen gefahren, haben aber mal eine Alpentour gemacht oder so. Wenn sie mir dann vom geilsten Gefühl überhaupt schreiben, dann ist das toll. Ich denke, wir haben nach wie vor eine Community, die nicht abgehoben ist. Mir war immer wichtig, nahbar zu bleiben.“

Der amtierende belgische Straßenmeister Tim Merlier (Alpecin-Fenix) kam bei Sporza zu Wort: „Viel werde ich von diesem schönen Trikot nicht mehr haben. Zum Glück habe ich schon ein paar Rennen in diesem Trikot gewonnen, das ist immerhin ein Trost. Aber ich wäre gerne mehr Rennen damit gefahren und ich hätte lieber wichtigere Rennen damit gewonnen. In diesem Trikot trainieren zu gehen, motiviert mich aber. Letzten Winter wurde ich in diesem Meisterschaftstrikot noch fast wie ein Hobby-Radsportler betrachtet, aber in Richtung Eröffnungswochenende merkte ich, dass man anders auf mich blickte.“ Ob er im Anschluss an die womöglich intensive Rennphase im Herbst zurück zum Radcross wechsle, beantwortete Merlier so: „Normalerweise würde ich mich dann auf die Querfeldeinsaison vorbereiten, aber in diesem Jahr ist es etwas anders. In meinem Kopf bin ich mittlerweile doch etwas mehr Straßenrennfahrer als Radcrosser geworden.“



17.04. – Brailsford stellt Tour-Teilnahme unter Vorbehalt

Am Ende der Woche sprach Enrico Gasparotto (NTT Pro Cycling) mit Velonews über das Amstel Gold Race, das kommenden Sonntag normalerweise stattgefunden hätte. Der Sieger von 2012 und 2016 sagte: „Der Schlüssel zum Verständnis des Amstel Gold sind die schmalen Straßen. Die Straßen sind dort sehr speziell. Sie sind sehr schmal und es gibt keine langen Geraden. Die Spannung im Feld ist sehr hoch. Es geht ständig links, rechts, rechts und links. Nur mit Erfahrung findet man die paar Momente, wo man sich in der Mitte des Felds ausruhen kann.“ 2016 stand Gasparotto bei seinem Sieg unter dem Eindruck des Tods von Antoine Demoitié: „Das war emotional, weil es nach einer harten Zeit für die Mannschaft kam, nicht nur für mich, für die ganze Mannschaft. Unseren Teamkollegen zu verlieren, war so ein großer Schock. Wir wussten nicht, ob wir besser pausieren oder fahren sollten. Wir entschieden zusammen, dass wir ihn am besten ehren würden, indem wir weitermachten. So war der Sieg beim Amstel Race zwei Wochen später etwas ganz Besonderes. Heute weine ich immer noch, wenn ich an diese Emotionen denke.“

Wurde der neue Kalender-Grundriss der UCI und der neue Termin für die Tour de France zunächst sehr begrüßt, mehren sich mittlerweile auch die skeptischen Stimmen. Team-Ineos-Manager Dave Brailsford sagte gegenüber The Guardian: „Wir behalten uns das Recht vor, die Mannschaft zurückzuziehen, wenn wir es für nötig erachten. Solange das Rennen auf der Agenda ist, planen wir unsere Teilnahme, aber gleichzeitig werden wir die Entwicklungen beobachten wie schon vor Paris-Nizza. Es wird viel diskutiert, wie man richtig oder falsch aus einem Lockdown rausgeht, in der ganzen Gesellschaft, einschließlich der Sportevents. Aber immer mehr Leute erkennen, dass man vom Ausstieg aus einem Lockdown nur etwas lernen kann, sobald er begonnen hat. Wir werden die Situation sehr sorgfältig beobachten und natürlich den Empfehlungen des Landes und allen Ratschlägen folgen.“







Team Bora-Hansgrohe (Foto: twitter.com/BORAhansgrohe)
Team Bora-Hansgrohe (Foto: twitter.com/BORAhansgrohe)

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