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Bradley Wiggins zum ersten Mal Zeitfahrweltmeister - Martin holt Silber statt 4. Titel
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24.09.2014

Bradley Wiggins zum ersten Mal Zeitfahrweltmeister - Martin holt Silber statt 4. Titel

Info: STRASSEN-WELTMEISTERSCHAFT 2014 IN PONFERRADA
LiVE-Ticker zum Nachlesen: Flash | Text
Autor: Heike Oberfeuchtner (H.O.)



Ponferrada, 24.09.2014 - Drei Tage nachdem er mit Omega Pharma-Quick Step "nur" Bronze gewann, musste Tony Martin an der Straßenrad-WM in Ponferrada heute eine noch bitterere Niederlage in Kauf nehmen. Beim 47,1 Kilometern langen und relativ anspruchsvollen Einzelzeitfahren lieferte der deutsche Meister lediglich die zweitbeste Zeit ab und verpasste deutlich seinen vierten Titel in Folge. Stattdessen gelang es dem Briten Bradley Wiggins, seine Medaillensammlung zu komplettieren. Mit einem Vorsprung von 26,23 Sekunden wurde der mittlerweile 34-jährige Olympiasieger von London zum ersten Mal Zeitfahr-Weltmeister. Bronze ging an den Niederländer Tom Dumoulin, der nach anfänglichem Rückstand eine starke Aufholjagd zeigte (+40,64). Der lange Zeit Führende Nelson Oliveira (Portugal) hatte sich letzten Endes noch hinter Vasil Kiryienka (Weißrussland), Rohan Dennis (Australien) und Adriano Malori (Italien) mit Platz sieben zu begnügen.

Die Zeitfahrprüfung der Männer Elite war natürlich der schwerste aller Zeitfahrwettbewerbe in Ponferrada, was vor allem am letzten Streckendrittel lag. Zwar war der Gedanke an ein Bergzeitfahren von den Veranstaltern schon relativ früh wieder aufgegeben worden, aber mit Confederación (5,2 km à 3,3%, max. 8,7%) und Mirador (1,14 km à 5,5%, max. 10,7%) stellten sich auf den Schlusskilometern dennoch ernstzunehmende Brocken in den Weg. Es galt also für alle 64 Starter - von denen aufgrund eines Ausfalls aber nur 63 das Ziel sahen -, sich das Rennen vernünftig einzuteilen. An genau dieser Aufgabe scheiterte Alexandr Pliuschin, der nach Tobias Ludvigsson (Schweden) zweiter Führender im Ziel war. Der Moldawier hielt erstaunlich lange die Bestzeit am ersten Messpunkt (km 12,23), konnte sich davon am Ende aber nichts kaufen. Immerhin zeigten die beiden, dass man natürlich eine Gesamtfahrzeit von unter 60 Minuten anbieten musste, um in die Top30 vordringen zu können. Tanel Kangert (Estland) und Artem Ovechkin (Russland) hießen die nächsten Spitzenreiter, bevor Nelson Oliveira aus Portugal fast eine Minute schneller war und damit mehr als eine Orientierungsmarke setzte.

Gute Renneinteilung von entscheidender Bedeutung
Tiago Machado lag bis zum Schlussteil gut im Rennen, schaffte es aber dennoch nicht, seinen Landsmann aus der Führung zu verdrängen. Die zwischenzeitliche portugiesische Doppelspitze sprengte Anton Vorobyev (Russland), welcher ebenfalls auf den letzten Kilometern Einbußen erlitt. Den gleichen Fehler, aber mit noch schlimmeren Auswirkungen, machte der französische Meister Sylvain Chavanel. Er ging unglaublich schnell an, verbesserte die erste und die zweite Zwischenzeit (km 23,2), brach dann aber fürchterlich ein und sollte am Ende sogar die Top15 verpassen. Mittlerweile waren auch die Medaillenanwärter aus dem Starthäuschen gerollt, zuletzt Bradley Wiggins und zwei Minuten später Titelinhaber Tony Martin, der noch dieselben guten Witterungsbedingungen vorfand wie alle Teilnehmer vor ihm. Am ersten Split gelang es dem zweifachen Tour-Etappensieger tatsächlich, Wiggins in die Schranken zu weisen, doch dann drehte der britische Meister offenbar den Gashahn auf. Nach 23 Kilometern lag er sieben Sekunden vor Teamzeitfahrweltmeister Rohan Dennis, welcher inzwischen Chavanels Marke verbessert hatte, und verbuchte einen ersten leichten Vorsprung auf Martin.

Oliveiras Dauerführung erst von Kiryienka geknackt
Im Ziel tat sich in diesen Momenten auch einiges. Lokalmatador Jonathan Castroviejo verdrängte Machado von der drei und zog kurz darauf selbst den Kürzeren gegenüber Jan Barta. Der tschechische Meister überholte Tejay van Garderen (USA) praktisch auf der Linie und schob sich vorerst in die Medaillenränge. Anschließend gelang es Vasil Kiryienka, Oliveira die Dauerführung abzunehmen. Dass der Weißrusse top unterwegs war, zeigte sich spätestens an der dritten Zwischenzeit (km 35,28), wo er die Tendenz im Vergleich mit Rohan Dennis zu seinen Gunsten wendete. Dem Australier blieb nur der zweite Platz, und auch das nicht lang, da Tom Dumoulin - genau wie zuvor der Italiener Adriano Malori - ein superstarkes Finish hinlegte. Der niederländische Meister war sieben Sekunden schneller als Kiryienka und übernahm überraschend die Führung, die gleichbedeutend war mit dem sicheren Bronzemedaillengewinn.

Wiggins ergreift seine letzte Chance
Denn nur noch Tony Martin und Bradley Wiggins befanden sich auf der Strecke. Am dritten Messpunkt hatte der Zeitfahr-Olympiasieger, der zwar zweimal WM-Silber (2011, 2013), aber nie WM-Gold gewann, seinen Vorsprung gegenüber dem deutschen Meister schon beträchtlich ausgebaut, und auch die (zugegeben ungenaue) GPS-Messung sah ihn vorne. Im Ziel knackte er als Einziger die Durchschnittsgeschwindigkeit von 50km pro Stunde und unterbot Dumoulins Zeit um 40 Sekunden. Tony Martin, den Wiggins seit London 2012 nicht mehr in einem langen Zeitfahren bezwingen konnte, holte zwar die Silbermedaille, verpasste jedoch das ersehnte vierte Gold in Folge, und das nicht einmal knapp. Seine Landsleute Nikias Arndt und Lars Teutenberg belegten die Plätze 22 und 48. Die Österreicher Riccardo Zoidl und Matthias Brändle wurden 27ter und 35ter. Aufgrund des Verzichts von Fabian Cancellara, der sich aufs Straßenrennen beschränken möchte, war Silvan Dillier einziger Schweizer im Rennen. Er holte immerhin Rang 18 heraus.

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Für Wiggins, der heuer mit einem Zeitfahrsieg den Grundstein zum Tour of California-Gesamtsieg legte und wieder einmal das Zeitfahren seiner Heimatrundfahrt gewann, war Ponferrada so etwas wie die letzte Chance: Ab 2015 möchte er sich wieder auf die Bahn konzentrieren. Wenige Stunden vor seinem Triumph hatte er der BBC gegenüber angekündigt, im Juni den Stundenweltrekord in Angriff nehmen zu wollen. Vielleicht sah man "Sir Bradley" daher selten so ungläubig staunend und nachdenklich wie heute im Siegerinterview, als ihm klar wurde, dass er dem Straßenradsport als Weltmeister den Rücken kehren würde.





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