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WM-Rennen Frauen Elite: Favoritensieg für die Niederlande, aber Überraschungsgold für Chantal Blaak
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23.09.2017

WM-Rennen Frauen Elite: Favoritensieg für die Niederlande, aber Überraschungsgold für Chantal Blaak

Info: STRASSEN-WELTMEISTERSCHAFT 2017 IN BERGEN
Autor: Heike Oberfeuchtner (H.O.)



Bergen, 23.09.2017 – Bei der Straßenrad-WM in Bergen hat zwar eine Frau aus der bärenstarken niederländischen Mannschaft das Elite-Rennen gewonnen, aber keiner der absoluten Topstars. Aus taktischen Gründen zog das Team im Finale die Karte Chantal Blaak, sodass die 27-jährige Landesmeisterin nach 152,8 km völlig überraschend das Regenbogentrikot holen konnte. Über die restlichen Medaillen wurde im Sprint des Felds entschieden. Dabei setzte sich die Australierin Katrin Garfoot vor Titelverteidigerin Amalie Dideriksen aus Dänemark durch. Fahrerinnen aus Deutschland suchte man unter den Top20 vergebens.

Penton die erste Ausreißerin
Die Elite-Frauen befuhren wieder ausschließlich den Rundkurs in Bergen, der 19,1 km lang war und durch die Ortsteile Solheim und Arstad über den Salmon Hill (1,4 km, 7,8 % maximal) führte, nach Kronstad, Sandviken und dann auf die Hafenpromenade, in deren Nähe sich Start und Ziel befanden. 8 Runden waren so zurückzulegen, was insgesamt knapp 153 Kilometer ergab – die längste Distanz in der Geschichte der Frauen-WM. Auf der Startliste standen 153 Fahrerinnen aus 47 Nationen, allerdings gab es ein DNS aus Kuba. Die Zuschauerkulisse war fantastisch und das unverhofft sonnige Wetter trug ein Übriges zur Bombenstimmung bei. Auf der ersten Runde tat sich zunächst nichts, bis die Schwedin Sara Penton aus dem Feld davonfuhr. Bei der ersten Zielpassage hatte sie 37 Sekunden Vorsprung. Eine Runde später lag die Britin Melissa Lowther zwischen Penton und dem Peloton und kurz darauf hatten wir zwei Fahrerinnen an der Spitze. Dann fiel die Schwedin zurück und Lowther machte alleine weiter – bis etwa 100 Kilometer vor dem Ziel.

Pech für Italien
Die dritte Zielpassage sah somit ein geschlossenes Feld und es dauerte praktisch eine ganze Runde, bis es zu neuen Angriffen kam. Zunächst versuchte es die Lokalmatadorin Susanne Andersen, die zur Halbzeit, also nach vier Runden, 10 Sekunden vor dem Peloton lag. Darin waren Italien, die Niederlande und Australien vorne stark vertreten, Deutschland – vorher recht präsent – hatte sich etwas zurückgezogen. Die Niederländerin Ellen van Dijk fuhr zu Andersen hin, kam aber nicht weg. Sofort setzte ihre Teamkollegin Amy Pieters nach und zog die Britin Hannah Barnes sowie die Australierin Rachel Neylan mit sich. Die US-Mannschaft führte das Verfolgerfeld den Salmon Hill hinauf, derweil die beiden Deutschen Romy Kasper und Claudia Lichtenberg abreißen lassen mussten. Dabei waren sie in guter Gesellschaft, denn auch der belgischen Medaillenhoffnung Jolien d'Hoore ging hier schon die Luft aus. Und selbst die Italienerinnen ließen Federn: Gleich drei von ihnen waren in einen Sturz verwickelt.

NED, AUS und GBR immer dabei
Bei der nächsten Zielpassage lagen Pieters, Barnes und Neylan 35 Sekunden vor einem Peloton, in dem sich noch ca. 100 Fahrerinnen aufhielten. Genau 50 Kilometer vor dem Ziel und damit erneut am Salmon Hill war der Abstand so gering, dass die Spitzengruppe neu gemischt wurde. Anstelle von Neylan befand sich für Australien nun Gracie Elvin vorne, außerdem hatte Pieters Schützenhilfe durch Lucinda Brand bekommen. Noch vor Ende dieser Runde wurde das Quartett allerdings gestellt und ging im noch 80-köpfigen Hauptfeld unter. Es kam zu weiteren Angriffen, u. a. von der Britin Danielle King, die von Janneke Ensing (Niederlande), Amanda Spratt (Australien) und Elise Delzenne (Frankreich) gekontert wurde. Als besonders effizient erwies sich dann der Antritt von Anna van der Breggen am Salmon Hill. Er rief eine Gruppe ins Leben, die als "Hammer-Gruppe" noch zu schwach beschrieben war. Neben der WorldTour-Gesamtsiegerin befanden sich darin nämlich u. a. auch der zweite niederländische Superstar, Zeitfahr-Weltmeisterin Annemiek van Vleuten, sowie die Ex-Weltmeisterinnen Lizzie Deignan (Großbritannien) und Tatiana Guderzo (Italien) sowie Ex-Europameisterin Katarzyna Niewiadoma (Polen) und WorldTour-Nachwuchssiegerin Cecilie Uttrup Ludwig (Dänemark).

Blaak von einem Sturz gezeichnet
Diese Gruppe war aber wohl zu schön, um wahr zu sein, jedenfalls erfolgte ein Zusammenschluss mit den ca. 30 Verfolgerinnen noch vor der nächsten Zielpassage. Die nächste Frau, die in die Offensive ging, sollte die neue Weltmeisterin werden, aber das ahnte hier noch keiner. Chantal Blaak hatte offenbar schon einen Sturz hinter sich, wovon ein Loch in der Shorts und Schmutz auf dem Trikotärmel zeugten, aber genug Energie übrig. Ihr hinterher ging erneut Hannah Barnes sowie die Französin Audrey Cordon und die Australierin Sarah Roy (die es aber nicht nach vorne schaffen sollte). Das Tempo bei den Verfolgern schlief ein, der Vorsprung des Spitzentrios stieg auf 40 Sekunden. Die verbliebenen Deutschen schwammen im Feld jetzt nur noch mit, ganz im Gegensatz zu Katarzyna Niewiadoma, die am Salmon Hill antrat. Van Vleuten, Garfoot und Van der Breggen konterten und noch vor der Kuppe waren Blaak, Barnes und Cordon gestellt. Eine Verfolgergruppe um Coryn Rivera (USA), Pauline Ferrand-Prévot (Frankreich) und Linda Villumsen (Neuseeland) lag zu diesem Zeitpunkt schon 42 Sekunden zurück.

Niederländisches Triple verspielt
Etwa 8 Kilometer vor dem Ziel wurde Blaak von ihren favorisierten Teamkolleginnen Van Vleuten und Van der Breggen wieder nach vorne geschickt. Und tatsächlich erreichten sie damit eine Patt-Situation: Die anderen in der Gruppe taten zu lange nichts; erst als Blaak über 20 Sekunden Vorsprung hatte, versuchte Niewiadoma noch mal etwas, wurde aber von den Niederländerinnen und von Garfoot zurückgeholt. Nun schlief das Tempo endgültig ein und Cordon und Barnes kamen wieder ran, später sogar das gesamte Verfolgerfeld, was den immerhin möglichen Oranje-Sweep verhinderte. Im Sprint um Silber und Bronze zogen Van Vleuten und Van der Breggen nämlich den Kürzeren, wurden nur Vierte und Achte. Aber an der Goldmedaille für Chantal Blaak war nicht mehr zu rütteln. Völlig überraschend trat die 27-Jährige in die Fußtapfen von Leontien van Moorsel und Marianne Vos, um nur zwei der vorangegangenen niederländischen Weltmeisterinnen zu nennen. Ganz nebenbei beförderte sie ihr Land an die Spitze des WM-Medaillenspiegels. Im Übrigen stellt das Boels-Dolmans Cycling Team nun zum 3. Mal in Folge die Weltmeisterin.

Norwegerin auf Rang 7
Nur 76 Frauen beendeten das Rennen. Beste deutschsprachige Fahrerin war am Ende Martina Ritter aus Österreich. Lisa Brennauer wurde 42te, die Schweizerin Ramona Forchini 43te. Unerwartet gut schnitten Christine Majerus (Luxemburg) mit Platz 6 und Emilia Fahlin (Schweden) mit Platz 9 ab. Elena Cecchini rettete Italiens Ehre mit Rang 10. Die Gastgeber durften mit Platz 7 durch Andersen mehr als zufrieden sein. Niewiadoma wurde für ihre aktive Fahrweise mit Rang 5 vielleicht nicht ganz belohnt. Katrin Garfoot holte nach Bronze im Zeitfahren Silber im Straßenrennen und Vorjahressiegerin Amalie Dideriksen nahm diesmal immerhin Bronze mit. Damit wartet Bergen immer noch auf die erste Titelverteidigung. Ob sie morgen Peter Sagan im Strassenrennen der Männer Elite gelingen wird?

-> Zum Resultat

Video der Zielankunft





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