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Interview mit Christian Stoll über die geplanten Sechstagerennen in Hannover und Köln
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12.01.2011

Interview mit Christian Stoll über die geplanten Sechstagerennen in Hannover und Köln

Info: Sixdays: 6-Tage-Rennen Bremen
Autor: Thorsten Schmidt (www.sixdaysinfo.de)



12.01.2011 - In einem Exklusiv-Interview mit www.sixdaysinfo.de schildert Christian Stoll den Stand der Dinge für die geplanten Sechstagerennen 2011 in Hannover und 2012 in Köln. Von Christian Stoll ist bislang hauptsächlich seine Stimme bekannt. Der Radiojournalist ist seit über 20 Jahren Chefsprecher beim Bremer Sechstagerennen, er ist Stadionsprecher bei Werder Bremen und seit der Weltmeisterschaft 2006 Stadionsprecher bei den Heimspielen der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Nun will er die Sechstagerennen in Hannover und Köln wiederbeleben.


"Ich bin mir sicher, dass in
Hannover und Köln der
Startschuss fallen wird."


Christian Stoll stellte sich den Fragen von Thorsten Schmidt


Frage: Vor kurzem hast Du die Radsportwelt erfreut und angekündigt, dass es unter Deiner Leitung ab 2011 in Hannover und ab 2012 auch in Köln wieder ein Sechstagerennen geben wird. Inwieweit sind diese Pläne bereits in trockenen Tüchern?

So weit wie eine Veranstaltung etwa ein knappes Jahr bzw. anderthalb Jahre vorher schon in trockenen Tüchern sein kann... Sonst hätte es diese Meldung nicht gegeben. Ich handele nicht mit ungelegten Eiern.
Die Verträge in Hannover werden wir Mitte Februar unterschreiben und auch die Verträge in Köln werden noch in diesem Frühjahr unterzeichnet. Inhaltlich sind wir uns mit unseren Vertragspartnern völlig einig. Das wird jetzt nur noch die abschließende Formalie sein. Insofern bin ich mir sicher, dass am 15.Dezember 2011 in Hannover und am 6.November 2012 in Köln der Startschuss fallen wird.

Im letzten Winter hagelte es Absagen von Sechstagerennen, in diesem Winter sind europaweit elf Veranstaltungen übrig geblieben. In Stuttgart, Dortmund und München haben die Veranstalter das Handtuch geworfen. Wie kommt es, dass Du jetzt gegen den Trend steuerst?

Wir haben den Markt genau analysiert - und wenn ich sage wir, dann meine ich damit vor allem meinen Partner Frank Boelé, der in Holland sehr erfolgreich mehrere Sechstagerennen wiederbelebt hat - und deshalb haben die Vorbereitungen auch relativ lange gedauert. Wir haben uns gefragt, woran liegt es eigentlich, dass in Deutschland von ehemals elf Sechstagerennen nur noch zwei übrig geblieben sind? Da gibt es mehrere Faktoren, die von außen einwirken: Wirtschaftskrise, Doping-Diskussionen… Aber es gibt auch hausgemachte Ursachen: Es ist in den goldenen Jahren versäumt worden, neue Zielgruppen an diesen Sport heranzuführen. Inzwischen sehen wir auch in Bremen und Berlin ein Publikum der Altersgruppe 45 plus. Damit allein kann man Hallen in der Größe der Olympiahalle in München, der Westfalenhalle in Dortmund oder der Hanns-Martin-Schleyerhalle in Stuttgart mit einer Kapazität von jeweils ca. 10.000 Besuchern nicht mehr voll bekommen. Was nützen 6000 Besucher am Abend, wenn die Halle damit nur halb voll ist und die Stimmung am Boden bleibt? Sechstagerennen leben von vollen Hallen, sie leben von der Stimmung. Show und Sport, Spannung und Unterhaltung - das gehört unbedingt zusammen. Deshalb haben wir uns nach kleineren Hallen umgesehen, die wir dann auch voll bekommen können. Die Messehalle 7 in Hannover. Und die Messehalle 9 in Köln. Das hat in Köln für einigen Wirbel gesorgt, dass wir nicht in die Lanxess-Arena gehen. Aber was sollen wir in einer Halle mit 15.000 Plätzen? Wir müssen erst mal sehen, dass wir an sechs Abenden jeweils 6000 Leute für unsere Veranstaltungen interessieren. Und da sind wir zuversichtlich, dass uns das in Hannover und Köln - beides Städte mit einer langen Radsporttradition - auch gelingen wird.


Das Messegelände in Hannover sieht im Dezember 2011 wieder
ein Sechstagerennen (Foto: Fachausstellungen Heckmann)

Wie seid Ihr zu dieser deutsch-holländischen Zusammenarbeit gekommen?

Das Wichtigste war: Wir sind in unseren Einschätzungen, wie man heutzutage ein zeitgemäßes Sechstagerennen aufziehen sollte, völlig einer Meinung. Wir haben eine gemeinsame Gesellschaft gegründet, in der wir unsere Erfahrungen und Kontakte zusammengebracht haben, die von Frank Boelé aus Holland und meine aus Deutschland. Und auch nicht ganz unwichtig: Frank hat eine mobile Bahn, mit der er in Holland von Stadt zu Stadt reist, und die an einem Tag komplett aufzubauen oder abzubauen ist. Das ist ein erheblicher Sparfaktor, weil wir die Hallen statt üblicher 15 Tage nur noch 9 Tage mieten müssen. Und zur kaufmännischen Seite kann ich sagen, dass die Eckpfeiler der Finanzierung bereits stehen. Agenturen in Hannover und Köln sind jetzt damit beschäftigt, Sponsoren mit ins Boot zu holen. Wenn nichts ganz Unvorhergesehenes geschieht, dann sollten wir bereits im ersten Jahr am Ende mit einer knappen schwarzen Null dastehen. Wir sind aber so gut aufgestellt, dass uns auch ein leichtes Minus nicht davon abhalten wird, es dann in den nächsten Jahren noch besser zu machen.

Ihr plant also, Sechstagerennen in Hannover und Köln auch wieder langfristig zu etablieren?

Natürlich. Wir planen längerfristig. Nur für ein Jahr tun wir uns das nicht an.

Wäre für Dich persönlich darüber hinaus ein Engagement als Veranstalter in Bremen ein mögliches Ziel?

Zu dem schwebenden Vergabeverfahren für die zukünftigen Sechstagerennen in Bremen will ich mich gar nicht mehr äußern. Nur so viel: Ich wäre nicht jetzt auch schon zwanzig Jahre in Bremen dabei, wenn ich nicht immer davon überzeugt gewesen wäre, dass Frank Minder Jahr für Jahr genau das Sechstagerennen auf die Beine stellt, das zu Bremen passt und das das Bremer Publikum haben will. Ich würde da überhaupt nichts verändern wollen. Mit Mitte Sechzig ist Frank Minder ja noch ein junger Mann und solange er das weiter machen will, werde ich ihn dabei unterstützen. Ich habe ihm viel zu verdanken und wenn ich das in Hannover und Köln ganz gut hinbekommen sollte, dann habe ich mein Know-how dafür hier in Bremen bei Frank Minder gelernt.
Wenn dann irgendwann mal der bewusste Tag kommt, an dem Frank entscheidet, dass er aufhören möchte, dann haben wir uns schon vor einigen Jahren dahingehend abgesprochen, dass ich bereitstünde, das Sechstagerennen in Bremen in seinem Sinne weiterzuführen. Aber das setzt natürlich voraus, dass sich die Stadt Bremen auch nach 2011 für eine weitere Zusammenarbeit mit uns entschließen kann. Ob sie das tut und welche Kriterien darüber entscheiden, das kann ich nicht beurteilen.

Noch eine Frage zum Sportlichen: Seit 2007 gibt es in Bremen kein Nachwuchsrennen mehr und auch für das kommende Rennen 2011 ist keines geplant. Warum?

Da gibt es mehrere Gründe, warum es in den letzten Jahren in Bremen kein Nachwuchsrennen mehr gab. Eigentlich ist das jetzt aber auch egal, weil wir inzwischen ein anderes Konzept verfolgen. Bei den wenigen Sechstagerennen, die momentan nur noch laufen, sollten junge deutsche Fahrer jede Chance bekommen, sich in den Profirennen mit den Etablierten zu messen. Das wirst du schon am Fahrerfeld in Bremen 2011 sehen, das werden wir aber auch in Hannover und Köln so machen, dass wir verstärkt Fahrer mit Olympiaperspektiven verpflichten werden. Mir ist es lieber, ein junges Talent zahlt sein Lehrgeld, als dass ein Fahrer mit klangvollem Namen hinterherfährt, weil er seinen Zenit schon seit ein paar Jahren überschritten hat. Diese Form der Nachwuchsförderung halte ich für konsequent.
Und einen weiteren Punkt lass mich noch erwähnen: Auch im Bereich Breitensport werden wir neue Wege beschreiten. In den Gesprächen mit möglichen Sponsoren kam immer wieder das Thema Jedermann-Rennen auf den Tisch. Nicht nur auf der Straße, sondern auch auf der Bahn. In Holland hat man da schon einiges versucht und wir werden in Hannover und Köln einiges anbieten, was es bislang in dieser Form noch nicht gegeben hat. Wenn ein Sponsor sich heutzutage für das Thema Radsport erwärmen kann, dann möchte er das nicht nur einmal im Jahr tun, sondern seine Zielgruppen auf verschiedene Weise erreichen können. Aus Veranstaltersicht bietet uns das eine Chance, jüngere Zuschauergruppen für den Radsport und für das Sechstagerennen zu interessieren und diese Chance sollten wir uns nicht entgehen lassen.

Christian, ich danke Dir für das Gespräch.





Christian Stoll (Foto: www.sixdaysinfo.de)
Christian Stoll (Foto: www.sixdaysinfo.de)

Das Messegelände in Hannover sieht im Dezember 2011 wieder ein Sechstagerennen (Foto: Fachausstellungen Heckmann)
Das Messegelände in Hannover sieht im Dezember 2011 wieder ein Sechstagerennen (Foto: Fachausstellungen Heckmann)

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