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Interviews Interview mit Bingen Fernandez, directeur sportif von Garmin-Cervélo |
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25.06.2011 | |||
Interview mit Bingen Fernandez, directeur sportif von Garmin-CervéloAutor: Christine Kroth (Cofitine)Bingen Fernandez, geb. 15.12.72 in Bermeo, wurde 1995 Stagiaire und 1996 Profi bei der damals noch recht kleinen baskischen Mannschaft Euskaltel-Euskadi, bei der er bis 2001 fuhr. 2002 wechselte er zur französischen Equipe Cofidis, der er bis zu seinem Karriereende 2009 treu blieb. 2010 wechselte er als Sportlicher Leiter zum amerikanischen Team Garmin-Transitions, aus dem 2011 durch den Zusammenschluss mit dem Cervélo Test Team das Team Garmin-Cervélo wurde. In seiner aktiven Karriere feierte er kaum Erfolge, machte sich aber als treuer Helfer und loyaler Teamplayer einen Namen. In seiner 14-jährigen Karriere fuhr er zehn Mal die Vuelta a España, sowie je zwei Mal den Giro d’Italia und die Tour de France. Live-Radsport.com: Wie bist Du zum Radsport gekommen? Wie alt warst Du? Wie war Dein erstes Radrennen? Bingen Fernandez: Bei meinem ersten Radrennen war ich 11 Jahre alt. Mein Cousin war Radrennfahrer. Mein Vater fragte mich, ob mir das auch Spaß machen würde, und kaufte mir mein erstes Rennrad. Mein erstes Rennen fuhr ich zu Hause im Baskenland, 25 km von meinem Wohnort entfernt. Mein erstes Profirennen war 1995 die Tour de l‘Avenir. Wie sehr hat Dich die Begeisterung für den Radsport in Deiner Heimat, dem Baskenland, geprägt? Mich hat das sehr geprägt. In meiner Heimat gibt es sehr viele Rennen, jedes Wochenende findet irgendwo ein Radrennen statt. Im Baskenland ist Radsport Volkssportart. Ich bin sehr froh, im Baskenland aufgewachsen zu sein. Was war/ist Dein Lieblingsrennen? Als Fahrer? Und jetzt als Sportlicher Leiter? Als Profi natürlich die Baskenland-Rundfahrt. Und die Meisterschaft von Zürich. Als Sportlicher Leiter die Vuelta a España. Welcher Job macht Dir mehr Spaß? Der als Radprofi oder der als Sportlicher Leiter? Mir macht beides sehr viel Spaß. Was war Dein schönstes Erlebnis bislang als Sportlicher Leiter? So genau kann ich das nicht sagen. Aber die schönsten Erlebnisse sind die Siege der Fahrer. Wenn du einen Fahrer deines Teams siegen siehst. Auch daran hast du einen Anteil. Du bist Teil des Teams. Das ist das Schönste. Warum wurdest Du Sportlicher Leiter bei Garmin? Gab es auch Angebote von Deinem damaligen Team Cofidis? Oder von anderen Teams? Zu Garmin kam ich über den Kontakt mit Lionel Marie, der früher einer meiner Sportlichen Leiter bei Cofidis war und jetzt Sportlicher Leiter bei Garmin ist. Und über meinen ehemaligen Teamkollegen bei Cofidis, Matthew White. Sie stellten den Kontakt zur Garmin her. Von Cofidis kam keine Anfrage in dieser Richtung, da dort zu diesem Zeitpunkt keine Stelle als Sportlicher Leiter zu vergeben war. Auch von anderen Teams hatte ich keine Angebote. Wie viel Zeit bleibt Dir in Deinem Job für Freundin, Familie, Freunde, Hobbys ...? In meinem Job bleibt kaum Zeit für mein privates Umfeld. Als Fahrer hatte ich aber mehr Zeit als jetzt als Sportlicher Leiter. Für Hobbys habe ich keine Zeit! Ich fahre aber oft mit dem Rennrad. Das ist mein Hobby. Mein Job ist mein Hobby. Du warst jahrelang als Fahrer in Spanien (Euskaltel) und Frankreich (Cofidis) aktiv. Gab es gravierende Unterschiede in der Teamphilosophie (Training, Saisonplanung, Teamzusammenhalt, sportliche Leitung im Rennen) und wenn ja welche? Wo sind die Unterschiede zu einem amerikanischen Spitzenteam wie Garmin-Cervelo? Die Unterschiede zwischen den Teams sind die verschiedenen Kulturen. Das ist das Entscheidende. Als ich beim Team Euskaltel Profi wurde, war es noch ein kleines Team, nicht so groß wie heute. Ich konnte dort viel lernen. Als ich 2002 zu Cofidis kam, war alles viel größer. Cofidis war ein internationales Team mit Fahrern aus vielen verschiedenen Ländern. Und ich musste dort eine neue Sprache (Französisch, Anmerkung der Autorin) lernen. Und jetzt Garmin, das noch größer ist als Cofidis. Was sind genau Deine Aufgaben im Team? Wie groß ist Dein Einfluss auf Fahrer und deren Verhalten/Aufgaben im Rennen? Ich plane zusammen mit den anderen Sportlichen Leitern die Rennprogramme der Profis. Vor dem Rennen bespreche ich mit den Fahrern die Strategie im Rennen und organisiere das Team. Wir besprechen, wie wir uns im Rennen verhalten wollen. Während des Rennens versuche ich die Fahrer zu unterstützen, um so das Maximum aus jedem Fahrer herauszuholen. Ich versuche den Fahrern zu helfen das bestmögliche Resultat herauszufahren. In welchem Bereich kannst Du den jungen Fahrern die besten Tipps geben? Trainingsplanung? Zum Verhalten im Rennen? etc. Ich möchte den jungen Fahrern, die nach dem Amateur-Bereich als Neuprofis zu uns kommen, beibringen, was Profi-Radsport ist und bedeutet. Ich möchte ihnen helfen auf dem Weg zum Profi und sie auf ihre Zukunft im Profiradsport vorbereiten. Wie groß ist Dein Einfluss auf die Transferpolitik des Teams? Und wie groß auf andere Dinge in Sachen Management? Auf die Transferpolitik und das Management habe ich keinen Einfluss. Wie ist Deine Meinung zur schrittweisen Abschaffung des Funks durch die UCI? Zum einen ist es gut, zum anderen ist es aber auch nicht gut. Es gibt viel Für und Wider. Wichtig aber ist, dass sich die Verantwortlichen in der Mitte treffen, um so ein gute Lösung für alle Beteiligten zu finden. Aber das muss bald geschehen. Zum Schluss eine Frage, die sicher schwer zu beantworten sein wird, die aber uns Fans sehr beschäftigt. Der tödliche Sturz von Wouter Weylandt auf der 3. Etappe des Giro d’Italia hat die Radsportwelt schwer erschüttert! - Wie hast Du das beim Giro erlebt und wie bist Du mit dieser Situation umgegangen? Der Unfall war furchtbar. Ich bin an der Unfallstelle vorbeigefahren, habe ihn blutüberströmt liegen sehen. Wir waren alle sehr geschockt. Und wir hatten mit Tyler Farrar ja den besten Freund von Wouter im Team. Ich konnte nichts zu ihm sagen, konnte ihm nicht sagen, er solle im Rennen bleiben oder er solle das Rennen verlassen. Es war am Ende seine Entscheidung. Ich konnte ihn nur bei seiner Entscheidung unterstützen. Nach so einem Ereignis verlieren viele Dinge des Alltags ihre Bedeutung. Dinge, über die man sich vorher Gedanken gemacht hat, sind plötzlich nicht mehr wichtig! Ein solches Ereignis verändert die Sicht auf viele Dinge des Lebens. Alle Fragen wurden von Live-Radsport.com Usern gestellt (siehe Forum) und von der Autorin zusammengestellt. Die Fotos hat die Autorin vor Ort gemacht. Christine Kroth bedankt sich im Namen von LiVE-radsport.com bei Bingen Fernandez für das Interview. Uzwil, 18.06.11 |
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25.06.2011 | |||
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