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Großer Rückblick auf die Radcross-Saison 2010/2011 – Teil 1
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28.02.2011

Großer Rückblick auf die Radcross-Saison 2010/2011 – Teil 1

Info: Rennkalender Radcross-Saison 2010/11
Autor: Heike Oberfeuchtner (H.O.)



28.02.11 - Nachdem am vorvergangenen Wochenende die Radcross-Saison 2010/2011 mit dem Sluitingsprijs Oostmalle offiziell zu Ende ging, hat mittlerweile mit Omloop Het Nieuwsblad und Kuurne-Brussel-Kuurne die neue Straßenradsaison so richtig begonnen. Ein „fliegender Wechsel“ sozusagen. Dennoch möchte LiVE-Radsport.com noch einmal auf den Querfeldein-Winter zurückblicken, sich die Highlights ins Gedächtnis rufen und rekapitulieren, wie es den prominentesten Protagonisten erging. Heute sind die Könige des Cyclocross, die Elite Männer, an der Reihe, und zwar aus einem rein europäischen Blickwinkel. Morgen werden wir dann die US-Szene zum Thema machen und natürlich die Elite Frauen, die U23-Männer und die Junioren gebührend würdigen.


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Zdenek Stybar mit filmreifem Comeback
Einige der Voraussagen, die nicht wenige zu Beginn der Cross-Saison gewagt hatten, haben sich in der Tat bewahrheitet. Zu allererst die Vermutung, dass erneut drei Fahrer die Szene dominieren würden: Zdenek Stybar, Sven Nys und Niels Albert. Diese drei haben einen Großteil der Rennen und alle Titel unter sich ausgemacht. Nicht vorauszusehen war, wie gleichmäßig sich die Erfolge verteilen würden. „Fairer“ hätte es kaum zugehen können, jeder der drei bekam seinen Teil vom Kuchen ab und jeder der drei hatte sein Scherflein an Verletzungs- und sonstigem Pech zu tragen. Doch im Einzelnen: Einen Traumstart in die Saison legte Zdenek Stybar hin. Der Tscheche im Regenbogentrikot machte auf eben dem hohen Niveau weiter, auf dem er die Saison 09/10 beendet hatte; er blieb über Wochen ungeschlagen, eroberte im Nu die Leaderpositionen der drei wichtigen Rennserien – Weltcup, Superprestige und GvA Trofee – und nichts schien seinen Höhenflug stoppen zu können. Doch sein ausgeprägter – vielleicht übertriebener – Trainingseifer und übermäßige Wettkampfbelastungen, als sein Körper schon nach Ruhe verlangte, wurden ihm zum Verhängnis. Im Dezember – kurz vor dem Weltcuprennen in Igorre – ließ sich die Entzündung seiner Knie nicht mehr ignorieren. Eine strikte Trainings- und Wettkampfpause von mehreren Wochen wurde nötig; zeitweise stand gar die gesamte Saison auf der Kippe. Doch Stybar, der während seiner Auszeit einen eher traurigen 25. Geburtstag feierte, kehrte kurz nach dem Jahreswechsel völlig wiederhergestellt zurück. Er gewann den Silvestercross, wurde zum wiederholten Mal tschechischer Meister – und verteidigte Ende Januar in bravuröser Manier seinen Weltmeistertitel. Eine Comeback-Geschichte, wie sie Hollywood nicht schöner erfinden könnte. Dennoch: Die Gesamtsiege in den Rennserien waren durch die lange Pause außer Reichweite geraten.

Gereifter Niels Albert holt Weltcup und Landesmeistertitel
In der Zeit, als sich Stybars Verletzung verschlimmerte und vollends dann während der Abwesenheit des Tschechen, ging der Stern von Niels Albert auf. Wobei es falsch wäre zu sagen, der Belgier habe lediglich von der Schwäche seines Konkurrenten profitiert. Denn es waren nicht nur die Weltcupsiege von Koksijde und Igorre, welche Albert am Ende der Saison das Weiße UCI-Trikot einbrachten, sondern es war seine konstante Top-Leistung in allen CDM-Rennen, der er mit einem dritten Weltcupsieg in Hoogerheide das Sahnehäubchen aufsetzte. Außerdem zeugte sein erster belgischer Meistertitel von der Brillanz des bald 25-Jährigen, der sich in diesem Jahr reifer und ausgeglichener präsentierte, als man es bislang von ihm gewohnt war. Dabei hatte Alberts Saison verspätet und dann eher schleppend begonnen, da er sich in der finalen Vorbereitungsphase eine Verletzung – ebenfalls an den Knien - zuzog. Später blieb er dann so frei von Verletzungssorgen, wie kaum einer seiner Konkurrenten: am meisten zu schaffen machten ihm seine notorisch schlechten Starts – was im Hinblick auf seine weitere Entwicklung etwas nachdenklich stimmt.

Sven Nys: 34 Jahre und kein bisschen müde
Der Dritte im Bunde, Sven Nys, lief im Alter von immerhin 34 Jahren wieder einmal zu Höchstform auf. Zwar konnte er ganz entgegen seiner Gewohnheit kein einziges Weltcuprennen gewinnen, dafür aber fuhr er insgesamt die meisten Siege ein – 12 an der Zahl –, wurde Vizeweltmeister und steht nun am Ende der Saison in der UCI-Weltrangliste ganz oben. Seine außerordentliche Konstanz ermöglichte Nys außerdem den Gesamtsieg im Superprestige und in der Gazet van Antwerpen Trofee – Ersteren holte er zum zehnten, Letzteren zum achten Mal, was beides Rekorde für die Ewigkeit sein dürften. Und noch ist nicht Schluss: Der Ausnahmeathlet möchte bis Ende der Saison 2012/13 weitermachen. Seinen größten Blackout erlebte Nys heuer während der belgischen Meisterschaft, als ihm eine heraufziehende Grippe die Titelverteidigung unmöglich machte. Ansonsten wurde er hin und wieder seinem Ruf als Pechvogel gerecht mit mitunter kurios anmutenden Missgeschicken. Unvergessen bleiben die „Pedal-Affäre“, als sich im Zielspurt von Gieten das teure Shimano Teil löste, oder die „Mechaniker-Affäre“, als mangelnde Abstimmung mit dem Betreuer zu einem Sturz in der Wechselzone führte.

Kevin Pauwels wird Erwartungen gerecht. Meeusen mit Traum-Debüt
Eine andere Voraussage, die sich bewahrheitete, ist die, dass am ehesten Kevin Pauwels in den Kampf der „Großen Drei“ würde eingreifen können. Tatsächlich schrieb Pauwels wie im vergangenen Winter so auch diesmal eine Weltcup-Runde (Pont-Chateau) auf seine Fahnen, außerdem wurde er Zweiter des Weltcups, Zweiter des Superprestige, Dritter der GvA Trofee und WM-Dritter. Damit ist er der konstanteste Fahrer, der letztlich keinen Titel abgreifen konnte. Ein Manko, das der 26-Jährige bei seinem neuen Team Sunweb-Revor in der kommenden Saison sicherlich beheben möchte. Überhaupt war die Dominanz von Stybar, Nys und Albert in den Resultatelisten nicht ganz so erdrückend wie 2009/10, denn immerhin drei von acht Weltcups konnten andere Fahrer gewinnen – neben Pauwels hießen die Glücklichen Tom Meeusen (Kalmthout) und Lars Boom (Zolder). Außerdem gingen immerhin fünf der C1-Wettbewerbe, wo mindestens einer der drei Dominatoren am Start war, an die Konkurrenz. Im Vorjahr war es ein einziger gewesen. Anders als Pauwels blieben seine Landsleute Klaas Vantornout sowie Sven und Dieter Vanthourenhout deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurück. Altmeister Bart Wellens hielt im Rahmen des Erwartbaren und trotz einiger Verletzungen hingegen gut mit den Spitzenfahrern mit, sein Namensvetter Bart Aernouts überraschte am Saisonanfang und –ende mit starken Auftritten. Einem etwaigen zukünftigen Dominator, dem eben schon erwähnten 22-jährigen Tom Meeusen nämlich, gelang in dieser Saison ein Traumdebüt in der Elite-Klasse – was keine Selbstverständlichkeit ist angesichts des Niveauunterschieds, der zwischen U23- und Profi-Ebene herrscht.

Philipp Walsleben schafft Anschluss an die Spitze
Sein zweites Jahr bei den „Großen“ bestritt Philipp Walsleben. Der nunmehrige dreifache deutsche Meister fand, je länger die Saison andauerte, immer besser in die Spur und scheint den Anschluss an die Weltspitze nun tatsächlich hergestellt zu haben. Der 23-Jährige wurde WM-Fünfter, Achter des Weltcups und ebenfalls Achter in der Weltrangliste und verpasste in Heerlen seinen ersten großen Sieg nur knapp. Seit Jahren war kein deutscher Radcrosser international so erfolgreich wie „Walse“, was besonders erfreulich ist, da es sich um eine „deutsche“ Saison handelte mit den Europameisterschaften in Frankfurt und der WM in St. Wendel. Es ist ihm unbedingt zu wünschen, dass er in der kommenden Saison auf diesem Niveau weitermachen kann. Walsleben und seine BKCP-Powerplus-Kollegen, also auch Niels Albert, werden wir im Sommer immer wieder auch bei kleineren Straßenrennen am Start sehen. Etwas größere Rennen werden es für Zdenek Stybar sein – der Tscheche wechselt von Telenet-Fidea zu Quick Step und träumt von einer neuen Karriere als Straßenradprofi, wobei er seine Radcross-Ambitionen keineswegs ganz aufgeben will und im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2012 zusätzlich seine Möglichkeiten im MTB-Bereich austesten möchte. CrossCountry ist auch die Disziplin, die Sven Nys in den kommenden Monaten betreiben wird – wenn auch nicht mehr ganz so intensiv wie früher, um die nächste Winter-Saison nicht zu gefährden. Nun aber ist erst einmal Urlaub angesagt. Das Internetportal sport.be will erfahren haben, dass Weltmeister Stybar in Dubai ausspannt, der belgische Meister Niels Albert nach Mexiko reist und Superprestige-Dominator Sven Nys die Sonne auf den Malediven genießt.





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