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Happy (?) Birthday, Conti - Das Jahr 2011 des Alberto Contador
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06.12.2011

Happy (?) Birthday, Conti - Das Jahr 2011 des Alberto Contador

Info: Alle Artikel im Adventskalender 2011
Autor: Heike Oberfeuchtner (H.O.)



06.12.2011 - Heute, am Nikolaustag 2011, wird Alberto Contador Velasco 29 Jahre alt. Ob der (bis jetzt noch) dreifache Tour- und zweifache Giro-Sieger seine Geburtstagstorte ohne Bauchschmerzen essen kann, wissen wir nicht - denn schließlich war dieses vergangene Jahr eines, das neben Glanz auch viel Schatten bereithielt. Sowohl in sportlicher Hinsicht wie was Contadors Reputation als Athlet angeht. Im heutigen Adventskalenderbeitrag nimmt LIVE-Radsport.com das 2011 des Geburtstagskindes unter die Lupe.


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1. Die sportliche Bilanz
Das ganze Jahr hindurch hing das Damokles-Schwert einer Doping-Sperre über Alberto Contador. Der Grund dafür liegt nun schon mehr als 16 Monate zurück: Am 20. Juli 2010 gab er während der Tour de France eine auf Clenbuterol positive Urin-Probe ab. Wenn auch die Konzentration der als Kälbermastmittel bekannten Substanz extrem gering war und nur von dem hochspezialisierten Kölner Anti-Doping-Labor entdeckt werden konnte - sie reichte aus, um eine Ereignislawine in Gang zu bringen, die bis heute noch keinen Abschluss gefunden hat. Doch zunächst zu Contadors sportlicher Bilanz in 2011, die zweifelsohne gemischt ausfallen muss. Dabei hatte das Jahr so gut begonnen - und war dann noch besser weitergegangen. Nach Gesamtrang vier bei der Algarve-Rundfahrt, entschied Contador die Vuelta a la Region de Murcia für sich und kurz darauf auch noch die Katalonien-Rundfahrt, die zur WorldTour zählt. Bei der Vuelta a Castilla y Leon gewann er das Einzelzeitfahren, bevor er als einer der großen Favoriten in den Giro d´Italia startete. Mit seinem Etappensieg am Ätna übernahm er nach neun Tagen das Rosa Trikot und trug es unangefochten bis nach Mailand. Dabei legte der "Pistolero" (so genannt nach seiner schießwütigen Triumphgeste) eine Überlegenheit an den Tag, die alle seine sogen. Kontrahenten zu Spielzeugfiguren degradierte und an längst vergangenen geglaubte Zeiten erinnerte. Contador fuhr in einer eigenen Liga, niemand fand ein Mittel gegen seine Zauberkünste am Berg, die er mit Platz zwei auf dem Großglockner sowie am Monte Zoncolan und mit Platz eins im Bergzeitfahren untermauerte. Mit 6 Minuten und 10 Sekunden Vorsprung vor Michele Scarponi holte er seinen zweiten Giro-Gesamtsieg nach 2008.

Als wenige Wochen später die Tour de France begann, wo Contador als Titelverteidiger antrat, stellten nicht wenige sich die Frage: Wer würde diesen Mann schlagen können? Doch der frischgebackene spanische Vizemeister strauchelte - teils wegen Sturzpech und unverschuldeten Zeitverlusten, teils aber auch, weil ihm einfach die Spritzigkeit fehlte. Die Herrlichkeit der Italienrundfahrt war sichtlich der Anstrengung, dem Schmerz und der Qual gewichen. Ohne Etappensieg und mit Gesamtrang sechs verabschiedete er sich aus Frankreich - und übrigens von der gesamten Saison. Positive Schlagzeilen machte er danach nur noch, als er Anfang November seine langjährige Freundin Macarena Pescador heiratete. Für andere wäre das Tour-de-France-Resultat ein Erfolg gewesen, für einen Contador war es eine Ohrfeige. Auch sein beim Wechsel von Astana zu Saxobank-Sungard vollmundig angekündigtes Vorhaben, als erster Mensch in einer einzigen Saison alle Grands Tours gewinnen zu wollen, dürfte damit erst einmal einen Dämpfer erfahren haben. Davon abgesehen war es aber das Beste, was seinem wegen der Clenbuterol-Geschichte arg heruntergekommenen Ruf passieren konnte, verlieh ihm seine Niederlage doch wieder etwas Menschliches, "Unverdächtiges", und machte überdies weitere Protestaktionen seiner Kritiker überflüssig. Unvergessen die Buh-Rufe und Pfiffe des französischen Publikums bei der Teampräsentation zwei Tage vor Tour-Start. Als der vemeintliche haushohe Favorit dann Schwächen offenbarte, verstummten diese Unmutsbekundungen weitgehend - abgesehen von einem Zwischenfall, der als Foto um die Radsportwelt ging: Es zeigt einen wütenden Contador, der sich per Faustschlag eines allzu zudringlichen Chaoten erwehren muss. Der Mann trägt ein Arztkostüm, um plakativ die Doping-Problematik im Radsport anzuprangern...

2. Die Schatten des Dopings
Womit wir beim anderen Thema wären, das mit "Contis" Jahr 2011 untrennbar verbunden war. Er und seine Verteidiger hatten von Anfang an argumentiert, die Clenbuterol-Spuren seien durch ein verunreinigtes Stück Fleisch in seinen Körper gelangt, welches er einen Tag vor der positiven Probe, nämlich am zweiten Ruhetag der Tour 2010, zu sich genommen habe. Überdies sei die Konzentration viel zu gering, um eine leistungssteigernde Wirkung zu erzielen. Obwohl Clenbuterol in der Kälbermast EU-weit verboten ist und der betroffene Metzger den Einsatz des Mittels vehement abstritt, sprach der spanische Radsportverband RFC Contador vom Vorwurf des Dopings frei. Daraufhin legten sowohl der Weltverband UCI wie die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA Einspruch vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS in Lausanne ein. Zunächst hieß es, dass ein Urteil noch vor Beginn der Tour 2011 ergehen würde, um für alle Beteiligten Klarheit zu schaffen. Dann verschob sich der Termin auf August - was Contador die Berechtigung gab, in Frankreich an den Start zu gehen, mit dem oben erläuterten Resultat. Eine immer umfangreicher werdende Flut an Unterlagen, die von Verteidigung und Anklage vorgelegt wurden und von der Gegenseite jeweils geprüft werden mussten, führte dazu, dass die Anhörungen im Fall Contador letztlich erst im November über die Bühne gingen. Mit einem Urteil ist nun nicht vor Ende Januar 2012 zu rechnen.

Über den Inhalt der viertägigen Verhandlung ist bis heute wenig bekannt geworden. Beide Seiten führten anerkannte Wissenschaftler als Zeugen auf, zugunsten von Contador sagten außerdem aktuelle und ehemalige Teamkollegen aus. Sogar ein Lügendetektor-Experte soll bemüht worden sein. Angeblich habe Contador am ersten Tag noch sehr optimistisch, am Ende der Verhandlungen aber recht erschöpft gewirkt. Die Ankläger setzen übrigens längst nicht mehr allein auf die Karte Clenbuterol. Sie weisen außerdem darauf hin, dass Contadors Blut an dem verhängnisvollen Tag im Juli 2010 eine hohe Konzentration an sogen. Plasticizern aufwies. Diese Weichmacher finden sich in Plastikbeuteln von Blutkonserven, was auf eine verbotene Transfusion hindeuten könnte. Allerdings kommen Plasticizer auch in zahlreichen weiteren Gegenständen des täglichen Lebens vor, was wiederum die Verteidiger zur Entlastung anführen. UCI und WADA haben auch Contadors Blutpass genauestens unter die Lupe genommen, um daraus Hinweise auf Manipulationen zu erhalten. Welche Seite die drei Richter des CAS überzeugen konnte, werden wir im Januar sehen. Im Falle einer Verurteilung würde Contador wohl nicht nur für mindestens zwei Jahre gesperrt, sondern ihm würde auch alle in der Zwischenzeit eingefahrenen Resultate aberkannt - einschließlich seines dritten Tour- und seines zweiten Giro-Siegs. Und die Radsport-Welt? Sie gewänne vielleicht wieder etwas an Glaubwürdigkeit - zugleich aber verlöre sie einen ihrer (trotz allem) größten Stars.





Adventskalender am 6. Dezember: Happy (?) Birthday, Conti - Das Jahr 2011 des Alberto Contador
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