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Jörg Jaksche: „Man kann das ganze gerne vor Gericht noch mal durch sprechen.“
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06.07.2007

Jörg Jaksche: „Man kann das ganze gerne vor Gericht noch mal durch sprechen.“

Autor: René Schuijlenburg für Cyclingheroes.de und LiVE-Radsport.ch

Jörg Jacksche sprach gegenüber Cyclingheroes.de und LiVE-Radsport.ch über seine Vergangenheit, Reaktionen nach dem Geständnis und über Zukunftswünsche. Das Gespräch führte René Schuijlenburg.

Cyclingheroes: Wie bist du zu der Entscheidung gekommen die Karten auf den Tisch zu legen?

Jaksche: Ich überlegte ein Jahr lang, wobei mich die Situation zunehmend belastete. Es gab aber auch immer wieder Zweifel. Ich dachte wenn du den Radsport jetzt verlassen musst dann nicht so.
Es kann nicht sein dass immer nur die Fahrer die Leidtragenden sind. Sie sind Teil eines Systems. Basta!

Cyclingheroes: Hast du vielen Reaktionen bekommen?

Jaksche: Ja, es gab sehr viel positive Reaktionen. Auch von der Presse.

Cyclingheroes: Hans Michael Holczer [Team Manager Gerolsteiner] sagte im Deutschen Fernsehen, dass du ihn am Wochenende angerufen hast. Worum ging es bei eurem Gespräch?

Jaksche: Ich sagte hallo und legte wieder auf [Jaksche lacht weil Holczer dies im deutschen Fernsehen auf die Frage geantwortet hatte]. Im Ernst, ich wusste immer noch nicht, ob es richtig oder falsch war auszusagen. Ich hab Holczer dann angerufen weil er zur Speerspitze im Anti-Doping Kampf gehört.

Cyclingheroes: In einem Interview, das wir im Februar mit dir gemacht haben
hattest du über Unregelmäßigkeiten im Puerto Bericht gesprochen. Im Spiegel Interview sagst du u.a. dass es eine Selektion gegeben hat und dass du nicht Jorge bist. Kannst du dass konkretisieren?


Jaksche: Auf den Puerto-Listen standen immer wieder andere Namen. Es sind Namen verschwunden, andere sind dazu gekommen. Es gibt alarmierende Ungereimtheiten. Laut der Guardia Civil wurde ich seit 2002 von Fuentes behandelt. Ich habe Fuentes aber erst in 2005 kennen gelernt. Die Polizei hat da einfach schlampig gearbeitet. Es wäre sehr interresant zu wissen, wessen Hände dort im Spiel waren. Ich bin Bella auf der Liste aber nicht Jorge [Im Puerto Bericht behauptet die Guardia Civil, dass Jörg Jaksche
sowohl unter den Codenamen Bella als auch als Jorge geführt wurde.]

Cyclingheroes: Du sprichst auch über den Profi-Radsport als eine Parallelwelt, wie muss man sich dass als Außenstehender vorstellen?

Jaksche: Als Radprofi bist du in einer Welt wo du nicht wie andere Leute 30 bis 35 Jahre lang arbeitest. Du führst Zehn Jahre lang ein ganz extremes Leben. Doping gehört dazu, ist ein Teil davon. Wenn die Sportlichen Leiter zufrieden sind, entwickelt sich auch kein Schuldgefühl. Wenn die Ergebnisse gut sind,
ist die Sportliche Leitung Zufrieden. Du hast kein Unrechtsbewusstsein. Viele Leute wissen, um was es geht, aber es ist eine in sich geschlossene Welt, in die keiner eindringen kann. Es ist nicht vereinbar mit der normalen Welt.

Cyclingheroes: Hat sich seit dem Festina Skandal von 1998 viel verändert?

Jaksche: Ich glaube in Frankreich schon. Es gab natürlich noch den Cofidis Skandal aber Francaise des Jeux und Bouygues Telecom sind okay. Diesen Teams geht es primär um einen sauberen Sport, die Ergebnisse sind sekundär. In anderen Ländern hat sich aber vermutlich nicht viel geändert.

Cyclingheroes: UCI Präsident Pat McQuaid hat gesagt, dass die UCI rechtliche Schritte gegen dich prüft. Überrascht dich dass?

Jaksche: Es gibt wohl verschiene Leute die rechtliche Schritte prüfen wollen. Sie können das gerne machen, das ist für mich kein Problem. Man kann das ganze gerne vor Gericht noch mal durch sprechen.

Cyclingheroes: Denkst du, dass die UCI froh ist mit deinem Angebot, dich als Kronzeuge zur Verfügung zu stellen?

Jaksche: Sicher, ich denke, das sie sehr froh sind.

Cyclingheroes: Viele Teams sind völlig abhängig von Ihrem Titelsponsor. In den USA versucht Toyota-United, ein Team aufzubauen, das unabhängiger von ihren Sponsoren ist. Toyota-United verkauft u.a. Fahrräder und hat 20.000 zahlende Mitglieder. Denkst du, dass die Abhängigkeit von einzelnen Großkonzernen dass Dopingproblem verschärft und dass dagegen neue Finanzierungsmodelle wie dass von Toyota-United im Anti-Doping Kampf hilfreich sein können?

Jaksche: Ja auf jeden fall. Es wäre zum Beispiel wichtig wenn die Teams von den TV-Einnahmen mitprofitieren würden. Sie könnten dann Geld anhäufen für schlechtere Zeiten. Man müsste die Teams wie ein Club organisieren. Das wäre toll. Es würde ein ganzes Stück Druck von den Team Managern nehmen. Wenn der Vertrag mit deinem Hauptsponsor ausläuft, brauchst du gute Ergebnisse, egal wie. Die Sportlichen Leiter sind nicht glücklich mit der jetzigen Abhängigkeit.

Cyclingheroes: Im Spiegel hast du auch gesagt dass du deine Karriere fortsetzen möchtest. Denkst du dass du nach deiner Sperre ein Vertrag bekommst?

Jaksche: Bei einigen Teams habe ich vermutlich keine Chance... Aber es gibt auch andere Möglichkeiten. Ich denke schon, dass ich einem Vertrag bekommen würde.

Am ende unseres Gespräch war es für Jörg Jaksche wichtig zu sagen, dass der Radsport eine neue Chance bekommen soll. Jaksche sagte zum Schluss: „Es ist für die junge Fahrer wichtig, dass die Sponsoren jetzt ihre Verantwortung ernst nehmen und den Radsport nicht im Stich lassen.“



Jörg Jaksche (Foto: cyclingheroes.de)
Jörg Jaksche (Foto: cyclingheroes.de)

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