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Die Titelverteidiger übernehmen die Führung bei den Bremer Sixdays

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15.01.2013

Die Titelverteidiger übernehmen die Führung bei den Bremer Sixdays

Info: Sixdays: Bremer 6-Tage-Rennen 2013
Autor: Thorsten Schmidt (www.sixdaysinfo.de)

Bremen, 14.01.2012 – In der 5. Nacht des Bremer Sechstagerennens lagen zu Beginn gleich fünf Teams in der Nullrunde, am Ende war es aber nur noch ein einziges. Peter Schep/Robert Bartko konnten sich in der kleinen Jagd von der Konkurrenz absetzen. Franco Marvulli/Marcel Kalz mussten erstmals die Führung abgeben, sind mit 291 Punkten aber ganz knapp vor einer Bonusrunde, die sie wieder an die Spitze bringen wird. Die neuen Leader sind davon mit 252 Punkten weit entfernt. Die ebenfalls eine Runde zurückliegenden Leif Lampater/Luke Roberts (250), Andreas Müller/Marc Hester (249) und Christian Grasmann/Nick Stöpler (134) haben es nun deutlich schwerer im Kampf um den Gesamtsieg.

Bei den Sprintern bahnt sich ein dramatisches Finale an. Vorjahressieger Sebastian Döhrer hat seinen Rückstand aufholen können und mit dem Briten John Paul, der seit der 1. Nacht allein in Führung lag, nach Punkten gleichgezogen.

Franco Marvulli und Marcel Kalz standen von Beginn des 49. Bremer Sechstagerennens an der Spitze der Gesamtwertung. Durch den Gewinn der Großen Jagd mit Rundenvorsprung konnten die Titelverteidiger Robert Bartko und Peter Schep am fünften Wettkampftag die Führung übernehmen. Marvulli / Kalz fehlen allerdings nur 9 Punkte bis zur dritten Bonusrunde, mit der sie sich die Führung zurückerobern würden.

Der Sprinterwettbewerb trägt an jedem Tag ein neues Gesicht. Heute war es wieder mal ein Tag der Deutschen. Philipp Thiele legte beim Rundenrekordfahren mit 8,922 eine Zeit auf die Bahn, die in diesem Jahr noch kein Sprinter erreicht hatte. John Paul, der bislang diesen Wettbewerb dominierte, blieb mit 9,047 heute nur der zweite Platz. Im Sprint-Finale gab es sogar einen deutschen Doppelsieg durch Sebastian Döhrer und Philipp Thiele. Im Keirin hatte dann der dritte Deutsche Erik Balzer die Nase vorn. Und als krönender Abschluss gelang den Deutschen auch noch der Sieg im Team-Sprint. Ein Grand Slam für die drei Deutschen. Dadurch schrumpfte der Vorsprung von John Paul in der Gesamtwertung, der gestern deutlich angewachsen war, heute wieder merklich zusammen. Döhrer ist nun sogar punktgleich mit Paul.

-> Zu allen Resultaten und dem Stand der Sprinter

Bei den Sixdays-Profis steht an jedem Abend ein 500m-Zeitfahren auf dem Programm. Und an jedem Abend hat Tristan Marguet, angezogen von seinem Partner Robert Bengsch, diesen Wettbewerb gewonnen. Heute kam er zwar nicht an seinen Bahnrekord vom Samstag heran (27,734 s), aber dennoch ließ er der Konkurrenz keinen Hauch einer Chance. Wer so erfolgreich ist, der darf sich was wünschen. Tristan Marguet wollte gern auch den Bahnrekord über die 166m-Runde mit Schleudergriff knacken. Der Sportliche Leiter Erik Weispfennig gab dem Schweizer die Chance zu diesem Rekordversuch. Bei 8,736 blieb die Uhr stehen. Exakt dieselbe Zeit, die für den Amerikaner Marty Northstein seit 10 Jahren in der Rekordliste steht. Rekord eingestellt. Morgen will es Tristan Marguet noch einmal versuchen.

Mit dieser Fabelzeit war Marguet aber keineswegs schneller als die schnellsten Sprinter, wie uns eine Pressemitteilung des Veranstalters vermelden wollte. Denn das hieße, Äpfel mit Birnen zu vergleichen: Die Sprinter starten zwar auch mit fliegendem Start, aber ohne Anfahrer und Schleudergriff. Und ein Pacemaker sowie ein perfekter Schleudergriff bringt selbst bei der kurzen Bremer Runde ein Zeitvorteil von mindestens einer halben Sekunde. Bei den Top-Leistungen, die die Sprinter in diesen Tagen auf die Bahn bringen, fürchte ich, würde Tristan Marguet im direkten Vergleich keine Chance haben.

Zurück zum Sport. In den beiden Jagden des Abends wurde deutlich sichtbar, dass das hohe Tempo der vergangenen vier Nächte bei den Fahrern auf den hinteren Rängen seine Spuren hinterlassen hat. Immer noch kämpfen fünf Teams um den Gesamtsieg, und diese Teams lagen in beiden Jagden mit Rundenvorsprung auf den ersten fünf Plätzen. Die weiteren Konkurrenten beschränken sich mittlerweile darauf, in den Einzelwettbewerben ab und an mal die Nase in den Wind zu stecken.

Ein Fahrer hatte heute sogar ein dreifaches Programm zu absolvieren. Robert Bengsch war gestern Abend nach Berlin zurückgefahren, um heute Morgen um 9 Uhr in seinem bereits begonnenen Studium eine Mathematik-Klausur zu schreiben. Und abends wurde er dann mit einem Spalier der Kollegen auf der Bahn verabschiedet. Bengsch bedankte sich ausdrücklich beim Sportlichen Leiter Erik Weispfennig. An seiner Seite hatte er zu Beginn seiner Karriere zwei Rennen in München und Berlin bestritten und von ihm habe er als Jungprofi "viel lernen können". Ich fragte Robert, wie oft er in diesen Tagen danach gefragt wurde, warum er denn nach den Sixdays in Berlin seine Karriere beenden wolle. "Sehr, sehr oft", sagte er nachdenklich, "und ich nehme es als ein Zeichen, dass mich die Leute ungern gehen lassen wollen. Ein schöneres Kompliment kann ich nicht bekommen."

Die Kleine Jagd über 30 Minuten bekam ihren Stempel wiederum von Andreas Müller und Marc Hester aufgedrückt. Mit ihrer offensiven Fahrweise kommen sie nicht nur beim Publikum gut an, sondern sind inzwischen auch zu ernsthaften Anwärtern auf das Podium geworden, dass sie im letzten Jahr noch um Haaresbreite verpasst hatten. Mit einem Solo-Angriff brachten sie sich zur Hälfte der Distanz in Führung. Erst kurz vor Schluss konnten Bartko / Schep ebenfalls in die Nullrunde vorfahren. Diese beiden Teams lagen nach der Kleinen Jagd auch in der Gesamtwertung vorne, nur zwei Punkte voneinander getrennt.

In der Großen Jagd über 45 Minuten konnte sich keines der Spitzenteams einen Vorteil verschaffen. Für die Beobachter war es dennoch sehr interessant zu verfolgen, wie und in welchen Kombinationen die Attacken gefahren wurden. Wie bereits gestern strahlten Bartko / Schep eine große Souveränität aus. Die beiden Ästheten auf dem Rad sehen durch ihre ruhige Fahrweise generell immer so aus, als würden sie sich überhaupt nicht anstrengen. An den ersten Tagen hatten sie oftmals reagieren müssen, aber inzwischen haben sie das Heft des Handelns selbst in die Hand genommen. Sie schafften die schnellsten Rundengewinne aller Teams und brachten die Konkurrenten damit in die Defensive. Marvulli / Kalz haben immer noch am meisten Punkte, sind aber durch den Rundenverlust in der Großen Jagd auf Platz zwei zurückgefallen. In diesem Team gibt der erfahrene Marvulli in seinem 112. Sechstagerennen ganz offensichtlich die Renntaktik vor. Die beiden reden in den Rennpausen regelmäßig miteinander und auch auf der Bahn gibt der Franco die Kommandos. Vielleicht ist das ein taktischer Nachteil im Finale, dass die beiden als wenig flexibel berechenbar sind. Leif Lampater und Luke Roberts haben sich auch eine Verlustrunde in der Kleinen Jagd eingefangen. Bei diesem Team imponiert besonders der Australier durch seine Tempohärte in den Attacken und erinnert dadurch ein wenig an den "kleinen Diesel" Danny Stam. Aber wer im vergangenen Jahr noch die steilsten Alpenpässe beim Giro d'Italia bezwungen hat, der lässt sich von den Bremer Steilkurven wenig beeindrucken. Lampater / Roberts profitieren immer wieder von der Irschenberger Allianz. Viele Rundengewinne haben sie im Duett mit dem Team Grasmann / Stöpler errungen, manchmal sogar im Trio mit Bengsch / Marguet. Diese Teamunterstützung kann im Finale noch Gold wert sein. Müller / Hester haben in der Großen Jagd als einziges Spitzenteam eine Verlustrunde hinnehmen müssen und dadurch ihre gute Position in der Gesamtwertung wieder eingebüßt. Nach Punkten liegen sie nur knapp zurück und sind dennoch auf Platz vier zurückgefallen. Grasmann / Stöpler haben von allen Spitzenteams die wenigsten Punkte. Ihnen fehlt der zweite Bonus und der wird auch unerreichbar bleiben. Ihre Siegchancen sind minimal, doch eine Soloflucht mehr als die Konkurrenz bringt sie sicher aufs Treppchen. So eng wird es dieses Mal in Bremen.

Ich habe Franco Marvulli selten so ernst gesehen wie in diesem Jahr in Bremen. Man kennt ihn als Sunnyboy, der in den Rennpausen gerne zu den Sponsoren in die VIP-Logen geht, mit der Damenwelt schäkert und stets zu jedem Spaß mit den Fotografen bereit ist. Doch nichts von alledem in diesem Jahr. In den Rennpausen liegt er meistens in seiner Koje und hat den Vorhang zugezogen. Deshalb sind wir auch erst heute zu einem längeren Gespräch gekommen. Ich erzähle ihm von meinen Beobachtungen und sehe in zum ersten Mal lachen. "Ist das so?" fragt er ungläubig, "naja, auch ein Franco Marvulli ist nicht immer gleich. Ich hab auch eine ernste Seite in mir." Aber da war der Scherz schon wieder beiseite und er erzählt von seinem Armbruch im August, der bei extremen Bewegungen immer noch schmerzt, ihn aber bei Radfahren nicht behindert. Wir reden über den verkorksten Saisonauftakt in Amsterdam und Grenoble und das vergeigte Finale in Zürich. Und er erzählt, dass ihn der zweite Platz vom vergangenen Jahr in Bremen immer noch wurmt, weil er das Gefühl hatte, dass das Feld beim knappen Finale gegen ihn gefahren sei. Und sprechen schließlich über die taktische Ausgangsposition im morgigen Finale. Als Führender ins Finale zu gehen, sei nicht immer unbedingt ein Vorteil, schon gar nicht bei so vielen Konkurrenten. "Gegen ein Team kannst Du eine Führung verteidigen, aber nicht gegen vier. Also bin ich lieber Jäger als Gejagter", versichert er. Und dann schauen wir auf den Zettel mit dem verbleibenden Wettbewerben und fangen an zu rechnen. Als einziges Team haben Marvulli / Kalz noch die Chance auf die dritte Bonusrunde. Und damit wären sie dann doch wieder vorn: "Ja, aber dann hätten wir 50 Punkte Vorsprung und wären nach Punkten nicht mehr einzuholen. Auch nicht schlecht." Also machten sich Marvulli und Kalz in den letzten Wettbewerben des Abends ans fleißige Punktesammeln. Am Ende fehlten noch 9 Punkte zum Bonus. Das sollte morgen zu machen sein.

Auch für Robert Bartko ist der Drops noch lange nicht gelutscht. Er räumt ein, dass auch er nicht mit einem Fünfkampf im Finale gerechnet hat. "Das macht die Rennsituation sehr unübersichtlich. Da müssen wir noch einmal 100%ig konzentriert sein. Einmal nicht aufgepasst und der Sieg ist futsch."

-> Zu allen Resultaten und dem Stand der Profis

P.S. Bei den Bremer Sixdays gibt es leider immer wieder Verzögerungen bei der Übermittlung der Einzelergebnisse. Deshalb konnte ich heute nur in einer Zusammenfassung von den Wettbewerben berichten.