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Degenkolbs erster Giro-Sieg: Ein Sprint mit besonderer Dramaturgie
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08.05.2013

Degenkolbs erster Giro-Sieg: Ein Sprint mit besonderer Dramaturgie

Info: GIRO D´ITALIA 2013
LiVE-Ticker zum Nachlesen: Flash | Text
Autor: Felix Griep (Werfel)



Matera, 08.05.2013 – Noch feucht von sintflutartigen Regenfällen früher an diesem Tage waren die Straßen im Zielort der 5. Etappe des Giro d’Italia. In einer scharfen Kurve kurz vor dem letzten Kilometer kam es zu einem Sturz, der nur wenige Sieganwärter übrig ließ. Genauer gesagt noch zwei. Marco Canola (Bardiani Valvole) sah sich einer unerwarteten Chance gegenüber, aber sein Verfolger hieß John Degenkolb (Argos-Shimano). Der fünffache Vuelta-Etappensieger stürmte auf der ansteigenden Zielgeraden mit einer enormen Kraftanstrengung zum Sieg. Angesichts dieses tollen Ergebnisses konnte fast untergehen, dass es mit Paul Martens (Blanco) ein weiterer Deutscher auf Platz drei schaffte.

Pirazzi sammelt für offensichtliches Fernziel: das Bergtrikot
Im Verhältnis zu den Strecken der vergangenen beiden Tagen regelrecht kurze 203 Kilometer waren auf der 5. Etappe des Giro d’Italia zu fahren. Von Cosenza aus ging es erstmals wieder in Richtung Norden. Als die Fahrer noch gemütlich auf trockenen Straßen die Küste des Ionisches Meeres entlang radelten, gab es im Zielort Matera solch heftige Regenschauer, dass wahrhaftige Sturzbäche über die Straßen flossen. Die Bilder zeigten in der Tat bessere Voraussetzungen für Wildwasserkanu als Radsport. In großer Hektik mussten vor allem die technischen Gerätschaften gesichert werden. Als sich das Unwetter verzog, blieb zum Glück genügend Zeit, den Zielbereich wieder herzurichten und auf die Ankunft des Rennens vorzubereiten. Dieses wurde lange von einer fünfköpfigen Ausreißergruppe angeführt, welche nur so lange eine Rolle spielte, wie über flaches Terrain gefahren wurde. 22 Kilometer vor dem Ziel, als gerade das hügelige Finale begann, wurden sie eingeholt. Zuvor hatten Alan Marangoni (Cannondale), Ricardo Mestre (Euskaltel), Tomas Gil (Androni Giocattoli), Brian Bulgac (Lotto Belisol) und Rafael Andriato (Vini Fantini), der mit Siegen an beiden Zwischensprints die Führung des Sprintklassements übernahm, bis zu neun Minuten Vorsprung und anfangs sogar noch einen sechsten Mann an ihrer Seite. Denn auch Stefano Pirazzi (Bardiani Valvole) gehörte ursprünglich der Gruppe an und gewann nach 37 Kilometern eine Bergwertung der 4. Kategorie. Danach fiel der Italiener, so lautete die offizielle Meldung, wegen eines Defektes zurück. Ob nun wirklich Zufall oder vielleicht doch gewollt, im Peloton konnte er sicher Energie sparen, die er dann einsetzte, als seine vormaligen Fluchtkollegen vom Feld absorbiert wurden.

Viele Sprinter, aber nicht Cavendish, überstehen die Anstiege
Der Zusammenschluss geschah mitten im vier Kilometer langen Anstieg zu einer weiteren Bergwertung. Dort wollte Pirazzi wieder punkten, was ihm mit einer kleinen Offensive auch gelang. Trotzdem bleibt Giovanni Visconti (Movistar), der in Montescaglioso den dritten Platz belegte, noch drei Punkte vor ihm. Pirazzi ließ es in der Abfahrt wieder lockerer angehen, während Ben Gastauer (AG2R La Mondiale), der sich in dessen Sog vom Feld abgesetzt hatte, den Angriff durchzog. Erst schloss Robert Vrecer (Euskaltel) zum Luxemburger auf, danach stieß Lars Bak (Lotto Belisol) dazu. Unter der Verfolgung des Bardiani-Teams, das nach Enrico Battaglins Sieg am Vortag förmlich vor Selbstvertrauen strotzte, konnte das Trio nie einen größeren Vorsprung verzeichnen. An der nächsten Steigung, die in Länge und Schwierigkeit der vorherigen Bergwertung nicht in viel nachstand, selbst aber nicht als eine solche klassifiziert war, vermischten sich die Ausreißer mit neuen Angreifern; doch es waren alles verschleuderte Kräfte, deren Wirkung minimal blieb. Kurz vor dem Ende dieser Steigung attackierte wieder ein Fahrer von AG2R La Mondiale, Gastauers Teamkollege Hubert Dupont, der nur noch fünf Kilometer vor sich hatte, aber nicht einmal zwei davon an der Spitze blieb. Die Entscheidung lief auf einen Sprint des Feldes raus, dessen Umfang mit über einhundert Fahrern sehr üppig war. Von den ersten sechs Fahrern der 1. Etappe fehlte nur ein einziger: Mark Cavendish (Omega Pharma-Quick Step). Der Auftaktsieger verlor schon an der Bergwertung fast eine Minute und muss bis morgen warten, um wieder um einen Sieg sprinten zu können.

Völlig ausgepowerter Degenkolb bricht nach der Zieleinfahrt zusammen
In Matera war von den Wassermassen, die dort ein paar Stunden früher über die Straßen schossen, nichts mehr übrig außer ein feuchter Film auf dem Belag. Als es 100 Meter vor der Flamme Rouge auf einer Kreuzung durch eine scharfe Linkskurve ging, verrutschte Luka Mezgec (Argos-Shimano) auf einem Fußgängerüberweg sein Rad. Weil der Slowene an zweiter Position fuhr, hielt er beinahe das komplette Feld auf. Vor ihm war Marco Canola (Bardiani Valvole) durch die Kurve gefahren, der, als er sich umblickte, eine einmalige Gelegenheit vorfand. Plötzlich sah der 24-jährige Italiener einen großen Abstand zwischen sich und den nächsten Fahrern – doch die bei zwei, drei Prozent ansteigenden letzten tausend Meter bis ins Ziel waren zu weit. John Degenkolb (Argos-Shimano) war den Folgen des Sturzes seines Teamkollegen entkommen, jagte Canola hinterher, zog mit einem äußerst langen, intensiven Sprint vorbei und fiel, nachdem er gerade noch die Kraft hatte, die Hände zum Jubeln in die Luft zu reißen und nach der Zieldurchfahrt abzubremsen, vollkommen erschöpft mitsamt Rennrad in die Absperrung. Bis zur Siegerehrung hatte der fünffache Vuelta-Etappensieger sich wieder aufgerappelt und konnte den Erfolg voll auskosten. Canola wurde von einer Gruppe verschluckt, welche die weiteren Platzierungen ausfocht. Hinter Angel Vicioso (Katusha) wurde Paul Martens (Blanco) Dritter. Alle Fahrer des Hauptfeldes wurden von der Jury trotz großer Abstände mit der Zeit des Siegers gewertet, die Gesamtwertung blieb deshalb ohne bedeutende Veränderungen. Luca Paolini (Katusha) verbringt mindestens noch einen dritten Tag in Rosa, weshalb Degenkolb als neuer Zweiter der Punktewertung als zusätzlichen Lohn die nächste Etappe in Rot bestreiten darf.

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Morgen gibt es eine der wenigen wirklich flachen Strecken bei diesem Giro. Auf der 169 Kilometer kurzen 6. Etappe gibt es keinerlei anspruchsvolle Steigungen – perfekte Voraussetzungen für einen Massensprint.





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