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Gavia, Stelvio, Quintana - Königsetappe des 97. Giro sorgt vielleicht schon für Vorentscheidung
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27.05.2014

Gavia, Stelvio, Quintana - Königsetappe des 97. Giro sorgt vielleicht schon für Vorentscheidung

Info: GIRO D´ITALIA 2014
LiVE-Ticker zum Nachlesen: Flash | Text
Autor: Felix Griep (Werfel)



Val Martello, 26.05.2014 – Die 16. Etappe des 97. Giro d’Italia wird mit Sicherheit in die Geschichte des Rennens eingehen. Vielleicht sogar als der Tag, an dem sich die Gesamtwertung dieser Italien-Rundfahrt entschied. Nairo Quintana (Movistar) feierte den beeindruckendsten Sieg seiner bisherigen Karriere, gewann die Königsetappe über Gavia und Stelvio und holte sich in Val Martello das Rosa Trikot mit einem vergleichsweise gewaltigen Vorsprung. 1:41 Minute vor seinem Landsmann Rigoberto Uran (Omega Pharma-Quick Step) übernahm der Kolumbianer die Giro-Führung. Einen nicht unerheblichen Anteil daran hatte die Abfahrt vom Passo dello Stelvio, wo falsche Gerüchte über eine mögliche Neutralisation zu einer Vorentscheidung beitrugen.

Wetter gerade gut genug
Keine andere Etappe dieses Giro d’Italia war so spannend wie die 16. – und das galt nicht nur für das Rennen an sich. Schon am Vorabend waren die Organisatoren besorgt, ob Passo Gavia (2618 Meter) und Passo dello Stelvio (2758 Meter), die beiden höchsten Berge der Rundfahrt, passierbar sein würden. Eine alternative Route über Passo del Tonale (1883 Meter) und Passo Castrin (1706 m) wurde in Erwägung gezogen. Man musste dazu nur die Pläne vom letzten Jahr aus der Schublade holen, denn am 24. Mai 2013 hatte man dieselbe Situation schon einmal durchgemacht. Damals sorgte Schneefall letztlich für die komplette Absage. So schlimm kam es diesmal nicht. Am Vormittag wurde die Strecke nochmals inspiziert und der Zustand der besonders kritischen Abfahrten als unbedenklich befunden. Zwar fiel in den Gebieten rund um Gavia und Stelvio Regen, der auf den Gipfeln sogar in Schneetreiben überging, aber die Temperaturen blieben haarscharf über den Gefrierpunkt, so dass die Straßen zwar nass waren, aber nicht gefroren.

Cataldo gewinnt die Cima Coppi
Von Ponte die Legno aus startete man erst in eine kurze Abfahrt, bevor der Aufstieg zum Passo Gavia begann – der erste von drei riesigen Bergen, die sich zusammen auf 4387 Höhenmeter addierten. Nach rund der Hälfte der 16,5 Kilometer gab es den ersten Angriff, der schließlich dazu führte, dass Robinson Chalapud (Colombia) als Solist die erste Bergwertung des Tages gewann. Weitere Fluchtaktivitäten im letzten Teil des Anstiegs und in der Abfahrt sorgten für eine nur schwer überschaubare Rennsituation. Alexis Vuillermoz (AG2R La Mondiale), Franco Pellizotti (Androni Giocattoli) und Dario Cataldo (Team Sky) erreichten als Führende das im Tal gelegene Bormio. Es folgte ohne vorherige Verschnaufpause die 21,7 Kilometer lange Kletterei auf den Passo dello Stelvio. Das Stilfserjoch beherbergte als höchster Punkt des gesamten Giro die prestigeträchtige Cima Coppi. Die dreiköpfige Spitzengruppe wuchs zunächst auf neun Fahrer an, als Vuillermoz‘ Teamkollege Hubert Dupont, Pellizottis Teamkollege Diego Rosa, Chalapud und Jarlinson Pantano (beide Colombia) sowie Przemyslaw Niemiec (Lampre-Merida) und der Gesamtwertungs-Neunte Robert Kiserlovski (Trek Factory Racing) aufschlossen. Das bereits stark verkleinerte Hauptfeld führte das mit noch sieben Fahrern vertretene Movistar-Team an und als auch Tinkoff-Saxo mithalf, blieb von einmal 2:30 Minuten Rückstand kaum etwas übrig. Als drei Kilometer vor dem Kulminationspunkt des zweiten Berges die Einholung drohte, attackierte Cataldo aus der Gruppe und der Italiener, der auf Etappe 14 denkbar knapp einen Sieg verpasst hatte, sicherte sich im Alleingang den Hauptpreis an der Cima Coppi.

Vorentscheidung in der Stelvio-Abfahrt
Rund eine Minute hinter Cataldo folgte die zu diesem Zeitpunkt noch intakte Hauptgruppe der Favoriten. Noch während des Anstiegs ging die Meldung umher, die Stelvio-Abfahrt würde wegen des anhaltenden Regens neutralisiert, Motorräder könnten als eine Art „Safety Car“ die Fahrer bremsen und leiten. Wie sich herausstellte, handelte es sich aber um eine Fehlinformation, was sich jedoch offenbar nicht sofort unter allen Teams und Fahrern herumsprach oder korrekt verstanden wurde. Diese Verwirrung dürfte zumindest teilweise zu der Entwicklung beigetragen haben, welche die Abfahrt mit sich brachte. Nairo Quintana (Movistar) und Pierre Rolland (Europcar) setzten sich mit ihren jeweiligen Teamkollegen Gorka Izagirre und Romain Sicard weit von ihren Gegnern ab, die sich dagegen scheinbar gar nicht wehrten. Als die Strecke wieder flach wurde, verzeichnete ihre Gruppe, zu der des Weiteren Ryder Hesjedal (Garmin-Sharp) und Matteo Rabottini (Neri Sottoli) gehörten, einen Vorsprung von zwei Minuten auf die als „Hauptfeld“ zu bezeichnende Formation um das Maglia Rosa. Die Quintana-Gruppe sammelte die vom Stelvio übriggebliebenen Ausreißer Dupont, Vuillermoz und Pantano ein und startete mit knapp eineinhalb Minuten Rückstand auf den nach wie vor in Führung liegenden Cataldo in den sich über 22,4 Kilometer erstreckenden Schlussanstieg nach Val Martello. Das Hauptfeld hatte sich nur unwesentlich annähern können. Recht schnell zeigte sich, dass Quintana und Rolland die stärksten Angreifer waren. Hesjedal konnte eher mühevoll Anschluss halten. Dieses Trio überholte dann Cataldo, der für 85 der insgesamt 139 Kilometer in Gruppen oder alleine an der Spitze des Rennens gelegen hatte.

Quintana gewinnt die Königsetappe und viel Zeit
In der Gruppe um das Rosa Trikot waren nicht mehr viele Domestiken verblieben. Michael Rogers (Tinkoff-Saxo) arbeitete für seinen Kapitän Rafal Majka, Mikel Landa (Astana) für Fabio Aru und auch Dupont und Vuillermoz spannten sich nach ihrer Einholung noch für Domenico Pozzovivo ein. Nichtsdestotrotz stieg der Rückstand auf Quintana, Rolland und Hesjedal weiter an. Nach etwa zwei Dritteln des Schlussanstiegs war der Punkt erreicht, an dem Rigoberto Uran (Omega Pharma-Quick Step) die Gesamtführung verlor. Quintana setzte seine beiden Begleiter nun regelmäßig mit Tempoverschärfungen unter Druck und bald sah Rolland seinen Traum vom Etappensieg wieder einmal platzen. Hesjedal, der Giro-Sieger von 2012, hielt noch fast bis zur Flamme Rouge mit dem stärksten Mann des Tages mit, bevor eben dieser Nairo Alexander Quintana Rojas auch ihm davonfuhr. Der Gewinner der vorletzten Etappe der Tour de France 2013 holte sich mit acht Sekunden Vorsprung den Tagessieg auf dieser denkwürdigen Etappe. Rolland hatte über eine Minute verloren und kam dennoch unbedrängt als Dritter an. Erst nach gut dreieinhalb Minuten folgten Wilco Kelderman (Belkin), Pozzovivo und Aru, die aus dem finalen Kräftemessen der chancenlosen Verfolger als Sieger hervorgegangenen waren. Über vier Minuten zurück lagen Majka, Sebastian Henao (Team Sky) und der als Giro-Leader abgelöste Uran. Dass Cadel Evans‘ (BMC Racing Team) Zielankunft noch gut eine halbe Minute länger auf sich warten ließ, war da kein wirklicher Trost.

Spannender Kampf um Platz drei im neuen Gesamtklassement
2:40 Minuten betrug Urans Polster auf Quintana vor dieser Etappe, auf welcher er inklusive der Zeitgutschrift für den Sieger 4:21 Minuten einbüßte. Das macht summa summarum einen Vorsprung von 1:41 Minute für Quintana, was angesichts der heutigen Leistung des 24-Jährigen, der zudem die Nachwuchswertung anführt, fast wie eine Vorentscheidung wirkt. Evans hat einen Rückstand von 3:21 Minuten und stürzte beinahe vom Podium. Rolland, der wie Quintana einen Sprung um vier Plätze nach oben machte, Majka, Aru und Pozzovivo liegen alle weniger als eine halbe Minute hinter dem Australier. Auch Kelderman und Hesjedal fehlt nicht einmal eine Minute zu Rang drei. Dahinter entstand allerdings ein riesiges Loch: Der Zehntplatzierte Kiserlovski hat einen Abstand von knapp vier Minuten zum Nächstbesten und mehr als sechs Minuten zum Elften. AG2R La Mondiale kletterte in der Mannschaftswertung mit 36 Minuten Vorsprung auf Platz eins. Julian Arredondo (Trek Factory Racing) fiel heute nur am Gavia auf, wo er als Zweiter 20 Punkte mitnahm. Danach ging der Träger des Blauen Trikots vollkommen unter. Die Führung in der Bergwertung behält er trotzdem, hat mit Chalapud und Cataldo, die 26 bzw. 33 Punkte weniger aufweisen, aber zwei neue Konkurrenten. Neben dem nicht gestarteten Edvald Boasson Hagen (Team Sky) markierte die 16. Etappe für sieben weitere Fahrer das Ende des Giro. Unter anderem fehlten Alessandro Petacchi (Omega Pharma-Quick Step), Michele Scarponi (Astana) und Björn Thurau (Europcar) im Gruppetto, das nur gut eine Minute vor Ablauf des Zeitlimits Val Martello erreichte.

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Drei weitere schwere Tage in den Bergen stehen noch bevor, doch auf der 17. Etappe geht es zunächst durch niedrigere Gefilde. Es ist aber kein klassisches Sprinterteilstück, weil das Profil mit einer ganzen Reihe kleiner Anstiege Ausreißern entgegenkommen könnte.





Gavia, Stelvio, Quintana - Königsetappe des 97. Giro sorgt vielleicht schon für Vorentscheidung
Gavia, Stelvio, Quintana - Königsetappe des 97. Giro sorgt vielleicht schon für Vorentscheidung
Foto: Sabine Jacob

Nairo Quintana feiert sein Rosa Trikot
Nairo Quintana feiert sein Rosa Trikot
Foto: Sabine Jacob


Cadel Evans
Cadel Evans
Foto: Sabine Jacob

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