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Wer ist eigentlich dieser Kevin Pauwels?
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16.12.2011

Wer ist eigentlich dieser Kevin Pauwels?

Info: Alle Artikel im Adventskalender 2011 | Homepage von Kevin Pauwels
Autor: Heike Oberfeuchtner (H.O.)



16.12.2011 - Für Beobachter der Radcross-Szene war es seit Längerem ausgemachte Sache, dass Kevin Pauwels eines Tages in den Dreikampf zwischen Sven Nys, Zdenek Stybar und Niels Albert eingreifen und die Karten neu mischen würde. In dieser Saison ist es so weit: Pauwels fährt in allen Rennserien um den Gesamtsieg und sammelt unentwegt Ranglistenpunkte. Aus dem Triumvirat ist ein Quartett geworden. Doch wer ist dieser "vierte Mann", der sich still und leise zum Top-Athleten gemausert hat? Im wahrsten Sinne des Wortes, gilt Kevin Pauwels doch als sehr veschlossener Typ. Eben deswegen beschäftigt sich LiVE-Radsport.com im heutigen Adventskalenderbeitrag mit dem neuen Star am belgischen Radcross-Himmel.


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Der erste und der zweite Durchbruch
Es ist keineswegs so, dass Kevin Pauwels erst in diesem Herbst/Winter bedeutende Siege eingefahren hätte. Vielmehr erlebte der mittlerweile 27-jährige Belgier seinen ersten Durchbruch im Jahr 2009, als er in Heusden-Zolder seinen Premierensieg im Weltcup der Männer Elite feierte. Auch die Saison 2010/2011 krönte er mit einem Tageserfolg in der höchsten UCI-Rennserie, als er sich nämlich in Pont-Château vor Niels Albert durchsetzte. Siege bei C1-Events in Hasselt, Lille und Heerlen sowie Bronze bei der WM kamen damals hinzu. Der zweite Durchbruch erfolgte dann in jüngster Vergangenheit, in den ersten Wochen und Monaten der laufenden Saison: Pauwels fährt nun konstant auf Top-Niveau, streicht regelmäßig Spitzenresultate ein und legt ein ganz neues Selbstbewusstsein an den Tag. Ein Sieg zum Saisonauftakt in Erpe-Mere, drei Siege in der Gazet van Antwerpen Trofee (Oudenaarde, Ronse, Hasselt), ein Sieg im Superprestige (Gavere) sowie die Weltcup-Siege in Tabor und in Igorre sprechen eine deutliche Sprache. Hinzu kommen zweite Plätze in Plzen und Koksijde (Weltcup), in Hamme-Zogge und Gieten (Superprestige). Die Folge davon: Pauwels trägt das weiße Spitzenreitertrikot des UCI-Weltcups, führt die GvA Trofee an, fährt im Superprestige um den Gesamtsieg mit und liegt auf Platz eins der aktuellen Weltrangliste.

Die Anfänge einer Erfolgsgeschichte
Kevin Pauwels wurde am 12. April 1984 in Ekeren bei Antwerpen geboren. Heute lebt er, unverheiratet und ohne feste Beziehung, im nahe gelegenen Kalmthout. Sein Vater Joseph "Jos" Pauwels war in den 70er und 80er Jahren ein höchst erfolgreicher Radcrosser auf Amateurebene - das Querfeldein-Lied wurde Kevin also schon an der Wiege gesungen. Um die Jahrtausendwende verzeichnete er seine ersten guten Resultate, bevor er 2002 zunächst die belgische Juniorenmeisterschaft und dann sogar die U19-Weltmeisterschaft für sich entschied. Nur zwei Jahre später holte er denselben Titel in der Kategorie U23. Siege bei den Nachwuchsrennen in Hasselt und Wetzikon folgten (2005). Im Jahr 2006 erhielt Pauwels seinen ersten Profivertrag beim Fidea Cycling Team (später Telenet-Fidea) und entschied den U23-Weltcup in Liévin für sich. Ein Jahr später wechselte er zur Elite und musste dort zunächst Lehrgeld bezahlen, bevor ihm 2008 ein dritter Platz beim Weltcup Kalmthout, ein zweiter Platz beim Weltcup Zolder und ein Sieg beim C1-Rennen in Overijse gelangen. Die Erfolgsgeschichte nahm ihren oben bereits skizzierten Lauf...


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Ein trauriges Kapitel im Leben eines stillen Sportlers
Anders als das polyglotte Muskelpaket Zdenek Stybar, die charismatische Führungspersönlichkeit Sven Nys oder der gut aussehende Temperatmentbolzen Niels Albert ist Kevin Pauwels eine unscheinbare, schmächtige (60 kg bei 1,75m), schüchterne Erscheinung mit einem fast nicht vorhandenen Star-Appeal. Seinen Fans ist's egal - aber Journalisten wenden sich mit Grausen, wenn sie ein Interview mit dem schweigsamen, wenig wortgewandten Belgier führen sollen. Böse Zungen behaupten, es sei diese absolute Medienuntauglichkeit gewesen, deretwegen sein früherer Teamchef Hans van Kasteren Kevin Pauwels den Laufpass gab. Übrigens behaupten dieselben Zungen, Van Kasteren habe sich schon in sämtliche Körperteile gebissen - aus Ärger über die dumme Entscheidung, Weltmeister Zdenek Stybar an Quick Step und zugleich Pauwels an Sunweb-Revor abzutreten. Wie dem auch sei, jedenfalls war der Neuanfang bei Sunweb das Beste, was Pauwels passieren konnte. Sein großer Durchbruch lässt sich nicht zuletzt darauf zurückführen, dass er in seiner neuen Mannschaft erstmals völlig frei auf eigene Rechnung fahren darf. Zudem legt sein Teamkollege Klaas Vantornout eine im Radcross (anders als im Straßenradsport) keineswegs selbstverständliche Loyalität an den Tag und hält seinem Kapitän den Rücken frei.
Doch zurück zur Charakterfrage: Vielleicht ist die Ursache für Pauwels' Introvertiertheit im traurigsten Kapitel seines Lebens zu suchen, dem Tod seines älteren Bruders Tim. Auch Tim Pauwels hatte eine Karriere als Profi-Radcrosser im Sinn und fuhr für Telenet, als er am 26.9.2004 in Erpe-Mere mitten im Rennen eine Herzattacke erlitt. Es dauerte lange - vielleicht zu lange -, bis sich Sanitäter um den vom Rad Gestürzten kümmerten. Im Krankenhaus konnte man nicht mehr helfen. Eine Autopsie ergab, dass Tims Herz schon seit Langem nicht gesund war. Van Kasteren sagte später bezeichnenderweise: "Das ist ein schwerer Schlag für die ganze Mannschaft, aber vor allem für seinen Bruder [= Kevin]. Der ist kein Mann der Worte, sondern ein Mann der Taten. Sein Bruder Tim war eigentlich sein einziger Gesprächspartner."

Analyse und Ausblick
Neben seinen Wechsel zu Sunweb-Revor gibt es noch weitere gute Gründe für Pauwels' Erfolgssträhne. Zunächst wäre der ungewöhnlich milde, ungewöhnlich trockene Herbst bzw. Frühwinter zu nennen, der erst jetzt so langsam an sein Ende kommt und jenen unwirtlicheren, matschigeren Bedingungen Platz macht, die vor allem Schlammkönig Sven Nys herbeigesehnt hat. Gut befahrbares, hartes und schnelles Terrain kommt Pauwels entgegen, denn dort kann er seine beim Mountainbiking geschulten Fähigkeiten gewinnbringend einsetzen. Zwar ist auch Nys in beiden Sportarten aktiv, doch während die Resultate des 35-Jährigen in diesem Sommer zu wünschen übrig ließen, holte Pauwels immerhin den Landesmeistertitel im CrossCountry - eine Tatsache, die nicht allen Radcross-Fans bewusst sein dürfte.
Darüber hinaus spielen ihm Schwäche und Verletzungspech seiner Konkurrenten Stybar und Albert in die Karten. Ohne Pauwels' Leistung schmälern zu wollen: Dass Zdenek Stybar eine kräftezehrende Straßenradsaison in den Beinen und noch nicht zu alter Stärke zurückgefunden hat und dass Niels Albert aufgrund eines Handgelenksbruchs viele Rennen auslassen und seine Ambitionen in den Regelmäßigkeitswettbewerben begraben musste - das ist sicherlich kein Nachteil. Momentan bietet wirklich nur Sven Nys Pauwels die Stirn. Ob dieser auch dann noch dominieren wird, wenn die Bedingungen härter geworden sind und die Konkurrenz wieder vollzählig ist, muss sich erst noch erweisen. Seine mäßigen Resultate vom vergangenen Wochenende (jeweils Fünfter in Antwerpen und in Overijse) jedenfalls sind eher auf Sturz- und Defektpech zurückzuführen als auf eine Formschwäche. Aber auch Glück gehört dazu, um sich dauerhaft oben halten zu können...
Unbestritten ist außerdem, dass Pauwels etwas widerfahren ist, was Radcrosser eigentlich fürchten wie der Teufel das Weihwasser: nämlich der frühe Leistungspeak zum Beginn der Saison. Den Frühreifen ging schon oft im Januar und Februar, wenn die WM ansteht und es in den Serien ans Eingemachte geht, die Puste aus. Doch wer weiß: Bislang ist es das Jahr des Kevin Pauwels und momentan deutet nichts darauf hin, dass er es sich von einem anderen streitig machen lässt.





Adventskalender am 16. Dezember: Wer ist eigentlich dieser Kevin Pauwels?
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