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Astana triumphiert überlegen im Mannschaftszeitfahren - Armstrong beinahe in Gelb
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07.07.2009

Astana triumphiert überlegen im Mannschaftszeitfahren - Armstrong beinahe in Gelb

Info: TOUR DE FRANCE
Autor: Henning Witteborg (cycling-report.de)



Montpellier, 07.07.2009 - Beim Sieg des kasachischen Teams Astana im 39 Kilometer langen Mannschaftszeitfahren von Montepellier hat der siebenfache Tour-Gesamtsieger Lance Armstrong in einem Hundertsel-Krimi gegenüber dem Schweizer Fabian Cancellara, dessen Team Saxo Bank genau die 40 Sekunden Rückstand, die vor dem vierten Teilstück den Abstand zwischen Cancellara und Armstrong ausmachten, hinnehmen musste, nur hauchdünn die Übernahme des Führungstrikots verpasst.

Großer Schlagabtausch der Favoritenteams
Die Stadt Montpellier bot am vierten Tag der Tour de France 2009 die Bühne für das erste Mannschaftszeitfahren im Programm der Tour seit 2005 und für einen ersten großen Schlagabtausch der Teams der Gesamtfavoriten, die sich auf dem 39 Kilometer langen und mit einigen Wellen durchsetzten Kurs, der auf seiner Führung aus Montpellier hinaus und wieder zurück mit Kurven und engen Straßen weitere Schwierigkeiten beinhaltete, behaupten mussten. Nach den Vorkommnissen des Vortags barg die kollektive Prüfung gegen die Uhr zusätzliche Brisanz, denn bei einem 40 Sekunden Vorsprung des Teams Astana auf die Mannschaft des führenden Fabian Cancellara Saxo Bank konnte der mithilfe der vom am Vortag durch die von Columbia-HTC aufgerissene Windkante auf Rang drei vorgerückte Lance Armstrong nach drei Jahren wieder ins Gelbe Trikot schlüpfen. Ähnliche Chancen bestanden für das Team Columbia-HTC, das mit dem Gesamtzweiten Tony Martin einen Aspiranten auf das Führungstrikot in der Formation hatte, während hingegen das noch vor dem dritten Teilstück durch Bradley Wiggins in einer ähnlichen Situation befindliche Garmin-Slipstream nach dem Zeitverlust auf der gestrigen Etappe sich ganz auf den Etappensieg und auf den bereits zu Beginn des Giro d'Italia anvisierten, dann aber verpassten Coup verlegte.

Menchov stürzt, Katusha mit erster Bestmarke
Um halb drei von Caisse d'Epargne als letzte Mannschaft des Teamklassements eröffnet, bot der Kampf gegen die Uhr sobald die erwartete Dramatik, als aus dem als dritten Team gestarteten Rennstall Rabobank der Giro-Sieger und Kapitän Denis Menchov in einer Kurve zu Fall kam und innerhalb der niederländischen Formation für kurzzeitige Irritationen sorgte. Genau so erging es dem Straßenweltmeister Alessandro Ballan in der gleichen Kurve zu Beginn der Strecke, was sich ähnlich wie bei Rabobank in der ersten Zwischenzeit wiederspiegelte, wo Rabobank und Lampre 53 bzw. 62 Sekunden Rückstand auf das führende Team Caisse d'Epargne aufwiesen. Dem Team um den Toursieger von 2006 Oscar Pereiro konnte in dieser frühen Phase lediglich die als zweite von der Rampe gegangene Mannschaft Katusha das Wasser reichen und auch im weiteren Verlauf setzte sich dieser Eindruck fort, sodass die von Caisse d'Epargne im Ziel gesetzte Marke der von Katusha bestehen musste, die sich letztlich als fünf Sekunden schneller herausstellte. Unterdessen setzte sich die Serie der Stürze fort, als vier Fahrer von Bouygues Telecom sich in einer langgezogenen Kurve versteuerten und Bekanntschaft mit dem daneben befindlichen Feld machten, was einen kompletten Rythmus- und einen damit verbundenen immensen Zeitverlust zur Folge hatte. Mit Silence-Lotto wurde auch das erste Favoritenteam durch einen Sturz gebeutelt, als sich Jurgen van Den Broeck am Hinterrad seines Vordermannes aufhing und stürzte. In den Zeiten blieb die Mannschaf außerdem deutlich hinter den Erwartungen zurück und beendete den Großteil des schwierigen Teils der Strecke 1:05min hinter dem dort führenden Team Caisse d'Epargne. Mit dem Cervélo TestTeam verlor kurze Zeit wenig später als drittes Favoritenteam einige Zeit und klassierte sich mit mehr als 29 Sekunden Rückstand hinter den Bestmarken an den Zwischenzeiten, während Silence-Lotto sich als fünfte Mannschaft im Ziel platzierte. Eine sehr gute Vorstellung lieferte derweil das italienische Team Liquigas ab, das von der ersten Zwischenzeit an stets in Kontakt zur Spitze blieb und an der zweiten sogar die Spitzenposition übernahm. während unterdessen Cervélo den Rückstand noch etwas reduzieren konnte und sich mit 14 Sekunden hinter dem weiterhin führenden Katusha-Team platzierte.

Klarer Astana-Sieg, Hundertstsel-Entscheidung um Gelbes Trikot
Mit dem Start der vermeintlichen Übermannschaft Astana, die gemäß der ersten Position in der Mannschaftswertung als letztes der 20 Teams startete, stand der größte Spannungsbogen der Etappe noch bevor und das nicht zuletzt, weil das Team Saxo Bank an der ersten Zwischenzeit mit 19 Sekunden Rückstand gemessen wurde, woraus sich einige Chancen für einen Angriff von Armstrong und Co. ergaben. Dass der Kampf um die Gesamtführung mit dem Kampf um den Tagessieg einherging wurde spätestens klar, als Astana sich mit sieben Sekunden Rückstand an der ersten Marke zeitgleich mit dem rein auf den Etappensieg ausgerichteten Team Garmin-Slipstream platzierte, welches auf seinem folgenden Weg die Zeiten von Liquigas unterbot und auf Bestzeitkurs war. Dabei kam Astana besonders der schwierige Teil der Strecke zugute, den die Mannen um Armsrong und Contador dazu nutzten einen entscheidenden Vorsprung herauszufahren, der sich an der zweiten Zwischenzeit mit einem 23 Sekunden Vorsprung auf Garmin-Slipstream und einem 38 Sekunden Vorsprung auf Saxo Bank ausdrückte, womit Armstrong bis auf zwei Sekunden an das Gelbe Trikot Cancellaras herangekommen war. Während das Duell mit Garmin-Slipstream um den Tagessieg entschieden schien, entwickelte sich so ein Sekundenkampf um das begehrte Leadertrikot, welches Saxo Bank trotz eines aufopferungsvollen Kampes bei der dritten Zwischenzeit 8,3 Kilometer vor dem Ziel mit einem Rückstand von 41 Sekunden jedoch mehr und mehr zu entgleiten schien. Sich der knappen Verhältnisse bewusst spielte auf dem flacheren Stück Fabian Cancellara seines Rollerqualitäten aus und führte sein Team zur bis dahin hinter Garmin-Slipstream zweitbesten Zeit im Ziel, die das vorletzte Team Columbia-HTC deutlich verfehlte. Damit stand nur noch die Ankunft Astanas aus, die sich erwartet knapp gestalten sollte. Von Lance Armstrong auf die Zielgerade geführt und von Alberto Contador die letzten Meter in Richtung Ziel gezogen fuhr die Equipe schließlich eine Zeit von 46 Minuten und 29 Sekunden, was vor Garmin-Slipstream mit 18 Sekunden Vorsprung den deutlichen Tagessieg und zugleich einen 40 Sekunden großen Vorsprung auf Saxo Bank bedeutete, der exakt dem Rückstand gleichkam, den Armstrong vor der Etappe auf Cancellara aufwies. Unter Hinzuziehung der exakten Zeiten des Auftaktzeitfahrens in Monaco stellte sich schließlich heraus, dass dem Schweizer Fabian Cancellara ein weiter Tag in Gelb vergönnt sein und Lance Armstrong sein erstes Gelbes Trikot seit seinem Abschied 2005 verwehrt bleiben würde.

Unabghängig davon war es der erste Sieg in einem Mannschaftszeitfahren seit der Gründung des Teams Astana, das zwar oft durch starke Zeitfahrleistungen zu glänzen wusste, aber nie in einer Mannschaftsprüfung gegen die Uhr den Erfolg davon tragen konnte. Ein erneut bitterer zweiter Platz blieb der Mannschaft Garmin-Slipstream, die zum zweiten Mal nach dem Mannschaftszeitfahren zum Auftakt des Giros in Venedig als großer Favorit gehandelt mit dem zweiten Rang Vorlieb nehmen musste. Der Mannschaft des Gesamtführenden Saxo Bank gelang schließlich ein dritter Platz, der allerdings vollends vom weiterhin auf den Schultern Cancellaras ruhenden Gelben Trikot überstrahlt wurde. Liquigas wusste wie schon oft in der Vergangenheit durch eine solide Leistung in einem Mannschaftszeitfahren zu überzeugen und platzierte sich vor Columbia-HTC als auch Katusha. Eine Überraschung verwehrt blieb dem Team Milram, dem bereits oft gute Resultate in Mannschaftszeitfahren glückten, welches jedoch durch mehrere Stürze ebenso wie zahlreiche andere Formationen nicht die erforderliche Dynamik aufbauen konnte. Am Ende bedeutete dies einen mit einem großen Zeitfahrlust für Linus Gerdemann verbundenen 15. Rang, woraus sich ein neuer Rückstand für den Kapitän von 3:11min auf Cancellara und Armstrong ergab.

Astana-Phalanx an der Spitze des Gesamtklassements
Die bestechende Dominanz des Astana-Teams führte trotz der knapp verpassten Führung zu einer großen Massierung der nach dem ersten Zeitfahren ohnehin gut platzierten vier besten Fahrer des Teams an der Spitze, die angeführt von Lance Armstrong die Plätze zwei bis vier bekleiden. Neben dem mit Cancellara zeitgleichen siebenfachen Tour-Triumphator befinden sich Alberto Contador mit 19 Sekunden, Andreas Klöden mit 23 Sekunden und Levi Leipheimer mit 31 Sekunden in Reichweite der Spitzenposition und bieten für das Team eine Vielzahl von taktischen Möglichkeiten, denn keiner jener Vier ist für die Konkurrenz vernachlässigbar. Es sind allerdings nicht nur die schier unerschöpflichen taktischen Varianten von Astana, die das Mannschaftszeitfahren für viele Favoriten zu einem Rückschlag werden ließen, denn ebenso schwer wiegen die teils bereits großen Abstände. So nimmt etwa Cadel Evans eine Hypothek von 2:59min in den weiteren Verlauf der Rundfahrt und auch Carlos Sastre hat einen Rückstand von 2:44min zu beklagen. Nahezu aussichtslos stellt sich der nach einem schwachen Zeitfahren am ersten Tag und einer unterdurchschnittlichen Leistung seines Teams Rabobank auf 3:52min angewachsene Abstand Menchovs zur Spitze dar, was für den zweifachen Vuelta-Sieger und diesjährigen Giro-Gewinner ein Mal mehr keine gute Frankreichrundfahrt erahnen lässt. Deutlich besser gestaltet sich die Situation für Andy Schleck, der vom guten Abschneiden seines Teams Saxo Bank profitierte und mit 1:41min Rückstand in der Lage bleibt in die vorderen Ränge zu stoßen. Gleichwohl besitzt der 24-jährige Luxemburger mit einem auf 49 Sekunden gesunkenen Rückstand weiterhin Chancen auf das Weiße Trikot für den besten Jungprofi, das heute Tony Martin vor dem Liquigas-Duo Roman Kreuziger und Vincenzo Nibali behauptete, die eine Sekunde gutmachen konnte.

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Stimmen zum Rennen

Lance Armstrong:
"Ich wollte unbedingt zu den stärksten Fahrern im Feld gehören. Und ich glaube, dass ich dazugehöre. Vielleicht werde ich nicht stark genug sein um zu gewinnen, doch wird es meiner Meinung nach einer aus dieser Mannschaft sein. Ich kenne das Rennen und weiß, wie der Hase läuft. Gestern war ein Schlüsselmoment des Rennens, und ich wusste, wo ich im Peloton sein musste. Manchmal hat es Vorteile, alt und erfahren zu sein! Jetzt werden wir sehen, was geschieht. Ich gehe die Dinge Tag für Tag an. Ich glaube nicht, dass es interessant ist, am morgigen Tag etwas zu versuchen. Es gibt keine Zeitgutschriften, dafür aber weiterhin viel Wind in der Region. Deshalb werden wir vorsichtig bleiben, denn man weiß ja nie, was so alles passieren kann. Ich glaube nicht, dass das Gelbe Trikot bis Andorra den Träger wechseln wird. Während des Rennens kam mir der Gedanke, dass das Gelbe Trikot in Reichweite liegt, und dass es eine tolle Story wäre. Deshalb haben wir getan, was möglich war. Was sollten wir auch anderes machen? Das ist Radfahren. Jedenfalls weiß ich, dass wir uns gegenseitig in die Augen schauen und sagen können, dass wir unser Bestes gegeben haben."

Fabian Cancellara:
"Wir haben das Maximum herausgeholt. Und nach dieser Energieleistung dürfen wir stolz sein, das Gelbe Trikot für mindestens einen weiteren Tag behaupten zu können. Das nennt man wohl «Schweizer Timing». Jetzt weiß ich auch nicht, ob wir das Trikot Morgen weiterhin verteidigen werden. Wir wissen nicht, wie die Etappe verlaufen und ob es Ausreißversuche geben wird… Das Wichtigste war es, das Gelbe Trikot bis hierhin behaupten zu können. Wir können uns allmählich Gedanken über die Berge machen, und darauf wird sich jetzt auch die Teamstrategie konzentrieren."

Mark Cavendish:
"Man kann wahrscheinlich schneller auf einem Rad fahren. Ziel ist es aber, das Team so gut wie möglich beisammen zu halten. Den meisten Medienvertretern ist gar nicht klar, was ein Mannschaftszeitfahren eigentlich ist. Man muss an einem teilnehmen, um eine klare Vorstellung davon zu haben. Nach zwei Kilometern war der Funkverkehr tot, da waren wir auf uns alleine gestellt. Wir sind aber eine eher disziplinierte Truppe und finden uns ziemlich gut zurecht. Es ist wirklich ein Team von neun Fahrern, und zwar unabhängig davon, wer die besten Ergebnisse vorweisen kann. Wir haben 100 % aus uns herausgeholt. Wir haben zwar nicht gewonnen, können aber zufrieden sein."





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