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Ballan lässt Regenbogentrikot erstmals erstrahlen – Etappensieg und Gesamtführung in Polen
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06.08.2009

Ballan lässt Regenbogentrikot erstmals erstrahlen – Etappensieg und Gesamtführung in Polen

Info: TOUR DE POLOGNE
Autor: H.O.



Krynika-Zdrój, 6.8.09 - Weltmeister Alessandro Ballan (Lampre) hat die erste gebirgige Etappe der diesjährigen Polen-Rundfahrt für sich entschieden und auch die Führung in der Gesamtwertung übernommen. Der Italiener beendet damit eine lange, hauptsächlich krankheitsbedingte Durststrecke und kann zum ersten Mal überhaupt im Regenbogentrikot triumphieren. Er gewann den Sprint aus einer sechsköpfigen Spitzengruppe heraus, die er durch eine Attacke einige Kilometer vor dem Ziel initiiert hatte. Zweiter wurde der Spanier Daniel Moreno von Caisse d’Epargne vor dem Niederländer Pieter Weening vom Team Rabobank.

Mit dem heutigen Tag sollte die Herrschaft der Sprinter an der Spitze des Gesamtklassements vorbei sein, denn das Peloton machte sich auf den Weg in die polnischen Karpatenausläufer, die sogen. „Äußeren Karpaten“. Auf den 163 Kilometern von Strzyzów in den direkt an der slowakischen Grenze gelegenen Kurort Krynika-Zdrój ging es bis gut zur Hälfte des Rennens stetig und mit immer größeren Steigungsprozenten bergauf – in diesen ersten Teil hatte man zwei Sprintwertungen platziert. Mehr Gelegenheit zum Punktesammeln sollte es allerdings im Bergklassement geben, denn auf den vier je 13 km langen Schlussrunden wurde jedes Mal bei Jakubik und bei Kopciowa eine Bergwertung der ersten und eine der zweiten Kategorie entsprechend vergütet, insgesamt also 8 Bergwertungen und maximal 60 Punkte. Somit schien es mehr als wahrscheinlich, dass das Gelbe Trikot und das Bergtrikot – evtl. sogar das Sprinttrikot – heute ihre Besitzer wechseln würden.

Lange geschlossenes Feld
Der erste Teil des Tages verlief relativ ereignislos. Zu Beginn war die Straße noch regennass, doch trocknete sie schnell ab und es kam zunächst kein Regen nach – zum Glück, denn es standen zahlreiche Abfahrten an. Vom Start weg folgte eine Attacke der nächsten – unter anderem versuchten Timothy Gudsell (FdJeux) und Dominik Roels (Milram), der es am zweiten Tag bereits in eine Ausreißergruppe geschafft hatte, ihr Glück, aber auch nach 25 km war das Feld noch zusammen. Grund dafür war sicherlich das erneut enorm hohe Tempo – auf der Abfahrt nach Jaslo wurden 100 km/h gemessen und das Mittel der ersten Rennstunde betrug deutlich über 50 km/h. Aufregendste Meldung war die über einen Defekt des Mannes in Gelb, Jurgen Roelandts, der das Führungstrikot gestern aufgrund von Greipels Zurückstufung hatte überstreifen können. Doch seine Silence-Lotto-Kollegen fuhren ihn recht bald wieder an das Feld heran.
Auch beim ersten Zwischensprint nach 52 km hatte noch keine der Attacken gefruchtet. So konnte Roelandts durch einen zweiten Platz und die damit verbundenen zwei Bonussekunden seinen Vorsprung in der Gesamtwertung auf vier Sekunden erhöhen. Allan Davis (Quick Step), dessen Protest nach dem gestrigen Massensprint zur Annullierung von Greipels Resultat geführt hatte, fuhr als Erster, Francesco Gavazzi (Lampre), der Dritte der Auftaktetappe, als Dritter über die Linie bei der Sonderwertung.

Sechs Ausreißer
Kurz darauf hatte endlich eine Gruppe von sechs Fahrern Erfolg mit ihrer Attacke: Es handelte sich um Matthew Goss, australischer Sprinter von Saxobank, seinen Landsmann Christopher Sutton (Garmin), den Kasachen Andrey Zeits (Astana), den Russen Pavel Brutt (Katjusha), den Franzosen Sébastien Turgot (BBox Bouygues Telecom) sowie den Briten Ian Stannard vom Wildcard-Team ISD. Eine Konterattacke von Anthony Charteau (Caisse d'Epargne) blieb ohne Erfolg. Bis zur zweiten Sprintwertung bei 83,5, km hatte die Gruppe ihren Vorsprung auf 2:30 Minuten ausbaut – und er blieb eine Zeitlang sehr stabil. Die Punkte sicherten sich Turgot, Goss und Sutton in dieser Reihenfolge, während vor allem Liquigas und Lampre, die keinen Mann vorne hatten, im Feld für die Nachführarbeit sorgten. Das Tempo war für das ansteigende Terrain immer noch sehr hoch: 43 km/h wurden gemeldet.
Kurz nachdem man den Schluss-Rundkurs erreicht hatte, also bei ca. noch 55 zu fahrenden Kilometern, schmolz das Guthaben der Sechsergruppe zusehends. Beim ersten, im Maximum 13,6 % steilen Anstieg war der Vorsprung auf unter eine Minute gefallen. Dennoch konnten die Sechs die ersten zwei der acht Bergwertungen unter sich ausmachen, wobei jeweils Brutt die Höchstpunktzahl einsteckte. In der Folge setzte sich der Russe in Begleitung von Ian Stannard und Sébastien Turgot von den drei restlichen Fluchtkollegen ab, die unweigerlich ins Feld zurückfielen. 30 km vor dem Ziel betrug der Vorsprung der jetzt Führenden 40 Sekunden, doch kurz nach der dritten Wertung mussten auch sie alle Hoffnungen aufgeben.

Lampre arbeitet für Ballan; nach dessen Attacke erneut sechs Mann vorne
So hatten schon andere Fahrer die Nase vorne, als es zum zweiten Mal den bis zu 18,9 % steilen Anstieg nach Kopciowa hinaufging, darunter mit Bruseghin, Mori und Gavazzi drei des im Feld tonangebenden Teams Lampre. Hingegen war es ein Liquigas-Fahrer, der bei Bergwertung Nr. 5 und 6 vorne lag – der Schweizer Oliver Zaugg. Doch ganz offensichtlich arbeitete die Mannschaft Lampre auf einen Etappensieg von Weltmeister Alessandro Ballan hin und unter dem unerbittlichen Tempodiktat dünnte die Spitzengruppe immer mehr aus, bis Ballan kurz vor der letzten Gipfelüberquerung bei Jakubik eine Attacke lancierte, der nur Pieter Weening (Rabobank), Silvester Smzyd (Liquigas), Francesco Reda (Quick Step) sowie Marek Rutkiewicz (Nationalmannschaft) und Daniel Moreno (Caisse d’Epargne) folgen konnten. Nach der allerletzten Bergwertung gingen sie gemeinsam auf die extrem steile Abfahrt hinunter nach Krynika-Zdrój. Unterdessen hatte unglücklicherweise der Regen wieder eingesetzt.

Ballan zum ersten Mal im Regenbogentrikot erfolgreich; Ende einer Durststrecke
An der 1000 Meter-Marke versuchte es der Pole Rutkiewicz mit einem Angriff, aber Landsmann Szmyd holte ihn zurück. Weening eröffnete den Sprint, doch letztlich war es tatsächlich der Weltmeister Alessandro Ballan, der den von seinem Team so aufopferungsvoll vorbereiteten Sieg einfahren konnte. Auf den zweiten Platz fuhr der Spanier Daniel Moreno, sein bestes Resultat in dieser Saison, abgesehen von seiner Beteiligung beim MZF-Sieg von Caisse d’Epargne im Rahmen der Mittelmeerrundfahrt im Februar. Den dritten Podestrang sicherte sich der Niederländer Pieter Weening (Rabobank), der erst im letzten Monat die dritte Etappe, die „Glockner-Etappe“, der Österreich-Rundfahrt gewinnen konnte. Francesco Reda und die beiden heimischen Fahrer Rutkiewicz und Szmyd kamen als die Geschlagenen ins Ziel. 15 Sekunden später traf unter Führung von Marco Marcato (Vacansoleil) der Rest des dezimierten Pelotons ein.
Der Jubel bei Weltmeister Alessandro Ballan war groß, denn es handelte sich nicht nur um seinen ersten Sieg im Regenbogen-Trikot, sondern um ein großes Hoffnungszeichen nach einer langen Leidenszeit, die mit seiner Drüsenfieber-ähnlichen Erkrankung im Frühjahr begann und sich über einen Zeitraum von fünf Monaten erstreckte, in dem er zuerst gar keine Rennen mehr bestreiten konnte und dann Schritt für Schritt mit mäßigen Resultaten bei der Tour de Suisse und der Tour de France hart an seinem Formaufbau arbeiten musste. Vielleicht hat der 29-jährige, aus Castelfranco Veneto stammende letztjährige Vuelta-Etappengewinner, der bei seiner Heim-WM in Varese 2008 mit einem legendären Antritt den bislang größten Erfolg seiner Karriere einfuhr, nun endlich den „Fluch des Regenbogentrikots“ überwunden, der wegen Ballans nicht enden wollender Durststrecke schon wieder in aller Munde gewesen war.

Ausgang der Polen-Rundfahrt 09 noch offen
Mit seinem Etappensieg übernimmt der Italiener, der schon seit Beginn seiner Profi-Laufbahn 2004 zur Mannschaft Lampre gehört, seinen Weggang zum Ende der Saison aber bereits angekündigt hat, außerdem die Führung in der Gesamtwertung. Auch der Gesamt-Zweite und –Dritte sind identisch mit dem Zweit- und Drittplatzierten des heutigen Tages: Moreno hat 4 Sekunden Rückstand auf Ballan, Weening deren sechs. Es folgen die anderen drei Fahrer der Spitzengruppe mit + 0:10, und eine weitere Sekunde dahinter der ehemalige Gelb-Träger Jurgen Roelandts, der in der ersten Verfolgergruppe auf einem beachtlichen 13. Platz einkam, knapp vor Vortagessieger Edvald Boasson Hagen übrigens, jetzt Achter des Gesamtklassements (+ 0:15). Da bis hinunter zum 42. Platz, den Ivan Basso (Liquigas) belegt, sämtliche Fahrer unter einer Minute Rückstand aufweisen, ist über den Sieger der Polen-Rundfahrt noch längst nicht entschieden. Die Punktewertung führt immer noch Roelandts an, die Sprintwertung immer noch Ballans Schweizer Teamgefährte David Loosli, während sich einer der ersten Ausreißer, nämlich Pavel Brutt (Katjusha), das weiße Bergtrikot gesichert hat. Erfreulicherweise steht die polnische Nationalmannschaft nach wie vor an der Spitze der Teamwertung, wenn auch zeitgleich mit drei weiteren Teams.

Morgen am vorletzten Tag geht es über fast genau dieselbe Distanz wie heute (162,2 km) von Kroscienko nad Dunajcem in den bekannten Wintersportort Zakopane. Mit sage und schreibe zehn Bergwertungen ausschließlich der ersten Kategorie steigert sich der Schwierigkeitsgrad dabei ein weiteres Mal.

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