Paris, 22.07.2012 – Die 99. Austragung der Tour de France war wohl so britisch wie keine zuvor. Da passte es perfekt ins Bild, dass Mark Cavendish seine Siegesserie auf den Champs-Élysées fortsetzte und auf der letzten Etappe seinen dritten Sieg in diesem Jahr holte. In überlegener Manier gewann der Weltmeister den finalen Sprint vor Peter Sagan (Liquigas) im Grünen Trikot und Matthew Goss (Orica-GreenEdge). Bevor er sich endgültig über den Gesamtsieg freuen durfte, war Bradley Wiggins sogar noch einmal maßgeblich am Erfolg seines Mannschaftskameraden beteiligt.
Voigt aktivster Ausreißer auf den Champs-Élysées
Feld auf den Champs-Élysées (Foto: letour.fr)
Wie es am letzten Tag der Frankreich-Rundfahrt üblich ist, glich die in Rambouillet südwestlich der Hauptstadt gestartete 20. Etappe lange Zeit einer gemütlichen Radwanderung durch das Pariser Umland. Die 153 Fahrer, welche es soweit geschafft hatten, feierten sich – egal ob sie etwas gewonnen oder einfach nur „überlebt“ hatten. Mit Côte de Saint-Rémy-lès-Chevreuse und Côte de Châteaufort überquerte man noch zwei Anstieg mit Bergwertungen der 4. Kategorie. An der ersten holte sich Thomas Voeckler (Europcar), der Gewinner des Bergtrikots, ein letztes Pünktchen, die zweite überließ er Ruben Plaza (Movistar). 51 Kilometer vor dem Ende der 120 Kilometer langen Etappe erreichte man den Rundkurs auf den Champs-Élysées und kurz darauf die erste Zieldurchfahrt. Bei dieser fuhren George Hincapie (BMC Racing Team) und Chris Horner (RadioShack-Nissan), der dritt- und zweitälteste Starter dieser Tour, eine Attacke, welcher auf der ersten von acht Runden noch einige weitere folgten. Auch von „Methusalem“ Jens Voigt (RadioShack-Nissan), der an der nächsten Zielpassage mit Danilo Hondo (Lampre) ein deutsches Führungsduo bildete. Während hinter ihnen von neuem attackiert wurde, gewann Hondo in Runde drei den Zwischensprint und fiel daraufhin wieder ins Feld zurück. Voigt dagegen blieb weiterhin an der Spitze und um ihn bildete sich eine neue, größere Gruppe mit Marcus Burghardt (BMC Racing Team), Sébastien Minard (Ag2r La Mondiale), Nicolas Edet (Cofidis), Jean-Marc Marino (Saur-Sojasun), Lars Ytting Bak (Lotto Belisol), Aliaksandr Kuchynski (Katusha), Bram Tankink (Rabobank), Rui Costa (Movistar), Karsten Kroon (Saxo Bank-Tinkoff Bank) und Maxim Iglinskiy (Astana).
Cavendish bleibt in Paris weiterhin unschlagbar
Cavendishs 4. Sieg in Paris (Foto: letour.fr)
In der fünften Runde erreichten die elf Ausreißer ihren Maximalvorsprung von einer halben Minute. Doch die Liquigas-Mannschaft, welche Sky ProCycling an der Spitze des Pelotons ablöste, machte Druck, so dass zwei Runden vor Schluss nur Voigt, Costa und Minard übrigblieben. Auf die Schlussrunde nahm das Trio noch einen Vorsprung von 15 Sekunden mit, der über sechs Kilometer gegen die Sprinterteams jedoch nicht zu verteidigen war. Saxo Bank baute einen Zug für Juan José Haedo auf, auch André Greipels Lotto Belisol zeigte sich und Liquigas und Sky blieben selbstverständlich ebenfalls aktiv. Kurz nachdem an der Drei-Kilometer-Marke Mickaël Chérel (Ag2r La Mondiale) und Hondo aufsehenerregend stürzten, wurden die letzten Ausreißer gestellt und die Sprintvorbereitung ging in die finale Phase. Zwei Kilometer vor Schluss drängelte sich wieder Saxo Bank nach vorne, doch Sky riss in Person von Bradley Wiggins die Kontrolle erneut an sich. Dann übernahm Edvald Boasson Hagen, der hier im letzten Jahr selbst Zweiter war, die Aufgabe, Mark Cavendish durch die letzten beiden Kurven zu manövrieren, bevor der Weltmeister auf der Zielgeraden mit einem langen Sprint zu seinem vierten Sieg auf den Champs-Élysées flog. Der Antritt des Briten aus vorderster Position war zu stark für die Konkurrenz. Matthew Goss (Orica-GreenEdge) verfolgte Cavendish vergeblich und ließ sich auf den letzten Metern noch den zweiten Platz von Peter Sagan (Liquigas) wegschnappen. Haedo wurde Vierter vor Kris Boeckmans (Vacansoleil-DCM), Greg Henderson (Lotto Belisol), Borut Bozic (Astana) und Greipel, der bei dem Finish, in dem es vor allem auf die Platzierung in der letzten Kurve ankommt, nicht über Platz acht hinauskam.
Bis auf den Sturz von Chérel und Hondo, die trotzdem beide das Ziel erreichten, gab es keine ungewöhnlichen Vorfälle, so dass in den Endständen der 99. Tour de France keine Veränderungen mehr auftraten. Wiggins konnte sich als erster britischer Tour-Sieger feiern lassen und seinen Landsmann und Teamkollegen Chris Froome gleich mit aufs Podium nehmen. Für Vincenzo Nibali (Liquigas) war die dritte Stufe auf dem Siegertreppchen reserviert. Als beste Mannschaft wurden die sechs verbliebenen Fahrer von RadioShack-Nissan geehrt, als Bergpreissieger Voeckler, als bester Nachwuchsfahrer Tejay Van Garderen (BMC Racing Team) und als kämpferischster Fahrer der Däne Chris Anker Sörensen (Saxo Bank-Tinkoff Bank). Die Punktewertung und damit das Grüne Trikot gewann überdeutlich Sagan mit 421 Punkten vor Greipel (280) und Goss (268). Ebenso wie der Slowake und der Deutsche hat am Ende auch Cavendish (220) drei Etappensiege auf seinem Konto und steuerte seinen Teil zu einer Frankreich-Rundfahrt bei, die „very british“ war. Neben seinen Sprinterfolgen und dem Doppelsieg in der Gesamtwertung gab es vier weitere Tagessiege durch Wiggins in den beiden Zeitfahren, Froome bei der ersten Bergankunft und einen gelungenen Fluchtversuch von David Millar (Garmin-Sharp).
Die 100. Tour de France beginnt am 29.06.2013 auf Korsika, wo die ersten drei Etappe ausgetragen werden. Danach wird das Rennen auf dem Festland mit einem Mannschaftszeitfahren in Nizza fortgesetzt. Die Präsentation der gesamten Strecke wird voraussichtlich im Oktober erfolgen.
Video-Zusammenfassung vom Veranstalter
Mark Cavendish gewinnt die 20. Etappe der Tour de France 2012 und zum vierten Mal auf den Champs-Élysées (Foto: letour.fr)
Gesamtsieger Bradley Wiggins komplett in Gelb während der tour d´honneur (Foto: letour.fr)
Das Peloton auf den Champs-Élysées vor dem Triumphbogen (Foto: letour.fr)