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Costa erringt das Regenbogentrikot in Florenz beim Sieg der Kletterer über die Klassikerspezialisten
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29.09.2013

Costa erringt das Regenbogentrikot in Florenz beim Sieg der Kletterer über die Klassikerspezialisten

Info: STRASSEN-WM 2013 IN FLORENZ | Straßenrennen Männer Elite
LiVE-Ticker zum Nachlesen: Flash | Text
Autor: Felix Griep (Werfel)



Florenz, 29.09.2013 – Keine Titelverteidigung für den Vorjahressieger, kein Triumph für den König der Frühjahrsklassiker und kein neues Highlight für den Fahrer mit den meisten Saisonsiegen. Philippe Gilbert, Fabian Cancellara und Peter Sagan hatten nicht den Hauch einer Chance, als Joaquin Rodriguez und Vincenzo Nibali auf der letzten Runde des WM-Rennens in Florenz ein Feuerwerk aus Attacken entzündeten. Die Rundfahrer verteilten die Medaillen nur unter Ihresgleichen. Rodriguez war am Ende dem Gold so nahe, doch kurz nach der Flamme Rouge schloss Rui Costa zu ihm auf und sorgte für den ersten Weltmeister-Titel eines Portugiesen auf der Straße. Als zweiter Spanier stieg Alejandro Valverde aufs Podest, der Vincenzo Nibali im Kampf um Platz drei besiegte.

Am letzten Tag versinkt die WM im Regen
Die Vorfreude auf das Finale der Weltmeisterschaften in Florenz war enorm. Der Rundkurs durch die toskanische Hauptstadt und den Vorort Fiesole hatte an den vorherigen Tagen schon für großartige Rennen gesorgt. Angefangen mit dem Sieg der dänischen Juniorin Amalie Dideriksen aus einer frühen Ausreißergruppe über den erneuten Erfolg des letztjährigen U19-Weltmeisters Matej Mohoric bei seinem Aufstieg in die U23-Klasse und den zweiten WM-Titel von Mathieu van der Poel, der 2013 auch Junioren-Champion im Cross wurde, bis hin zur eindrucksvollen Titelverteidigung von Marianne Vos bei den Frauen. Doch eines war anders beim Straßenrennen der Männer Elite – das Wetter meinte es nicht gut mit ihnen. Im strömenden Regen ging es für sie um zehn Uhr morgens in Lucca an den Start. Auch gut einhundert Kilometer weiter östlich in Florenz waren die Bedingungen miserabel und der vor der WM frisch erneuerte Asphalt auf der Rundstrecke wurde so rutschig, dass es zu einer außergewöhnlich hohen Zahl von Stürzen kam.

NetApp-Duo unter den ersten Ausreißern
Eine Verkürzung des Rennens stand aber trotz der widrigen Wetterverhältnisse nie zur Debatte, es mussten die vollen 272,26 Kilometer absolviert werden, die das Rennen zum längsten seit der WM 2005 in Madrid machten. Zu einem ersten kleinen Gewinner wurde das Team NetApp-Endura, auch wenn es natürlich offiziell nicht am Rennen der Nationalmannschaften teilnahm. Doch mit dem Polen Bartosz Huzarski und dem Tschechen Jan Barta in der frühen Ausreißergruppe war dem deutschen Rennstall eine spezielle Erwähnung garantiert. Ein Österreicher, ein ehemaliger WM-Medaillengewinner und der jüngste der 208 Starter begleiteten die beiden Teamkollegen. Bei diesen handelte es sich um Matthias Brändle, den Tunesier Rafaâ Chtioui, der 2004 in Verona Silber im Junioren-Rennen holte, und Yonder Godoy, einen 20-jährigen Venezolaner. Sie wiesen nach 106,56 Kilometern bei der ersten Zielpassage in Florenz einen Vorsprung von 7:44 Minuten auf, das zuvor erreichte Maximum hatte noch knapp darüber gelegen. Die Führungsarbeit im Peloton machte während dieser Zeit Großbritannien, genauer Mark Cavendish. Wie vor einem Jahr in den Niederlanden rechtfertigte der Weltmeister von 2011 seine Nominierung durch Helferdienste für Tour de France-Sieger Chris Froome, der das britische Radsportmärchen der letzten Jahre gerne um ein weiteres Kapitel erweitern wollte.

Viele Ausfälle auf sturzreichen ersten Runden
Doch mit Erreichen des Rundkurses nahm für die Briten ein wahres Debakel seinen Lauf. Niemanden überraschte es, dass Cavendish an den beiden Anstiegen der 16,57 Kilometer langen Strecke nicht mithalten konnte und sie sich jeweils nur einmal zumutete, bevor er bei der nächsten Zieldurchfahrt vom Rad stieg. Dort war das Rennen auch für Bradley Wiggins schon vorbei. In der dritten Runde fiel der isolierte Froome zurück und gab wenig später auf; nicht ein einziger Fahrer Großbritanniens erlebte das Ende des Rennens. Nach zwei Runden war Schluss für Dominik Nerz, dessen Schicksal stellvertretend für viele andere steht. Dreimal stürzte der Deutsche, bis er die Reißleine zog und ausstieg. Die dauernden Crashs sorgten für teils recht chaotische Zustände. Auch Ex-Weltmeister Cadel Evans schied nach einem Sturz aus und der slowakische Meister Peter Sagan, Sieger von 22 Rennen in dieser Saison, musste zwischenzeitlich nach einem Defekt 48 Sekunden Rückstand aufholen, was nicht einfach war, weil die Italiener in Florenz für hohes Tempo sorgten. Nach vier Runden hatte die Hälfte der Starter schon die Segel gestrichen, noch 79 Fahrer bildeten das Hauptfeld und lagen nur 1:37 Minute hinter den Ausreißern. Chtioui war von denen bereits abgehängt worden und kurz davor, eingeholt zu werden, aber das Ende der Flucht zögerte sich trotzdem noch länger hinaus.

Nibali kämpft sich nach Sturz zurück ins Feld
In Runde 5 nahmen sich die Italiener eine „Auszeit“ und die Geschwindigkeit des Feldes nahm ab. Huzarski und Barta konnten daraufhin, nachdem sie auch den jungen Godoy und Brändle distanzierten, ihren Vorsprung wieder auf mehr als drei Minuten vergrößern. Als die anderen eingesammelt wurden, brachten bald neue Angriffe ein Verfolgerduo mit dem Niederländer Wilco Kelderman und Georg Preidler hervor, dem nächsten Österreicher, der sich aktiv an der Renngestaltung beteiligte. Wenig später gab es zwei weitere Ausreißer, den Franzosen Cyril Gautier und Giovanni Visconti, mit dessen Vorstoß sich die Taktik der Italiener grundlegend änderte. Offensive statt Kontrolle, um die anderen Mannschaften aus der Reserve zu locken. Die Belgier um Titelverteidiger Philippe Gilbert übernahmen die Verantwortung. Erst die achte Runde brachte einen Wechsel an der Spitze des Rennens. Barta gingen die Kräfte aus, aber Huzarski ließ nicht nach, als Visconti alleine zu ihm nach vorne stürmte. Bei der nächsten Zielpassage lag das zur Hälfte neue Führungsduo gut eine Minute vor dem Feld. Darin schaltete Belgien nochmals einen Gang rauf, nachdem Vincenzo Nibali in Folge eines Sturzes mehr als eine Minute zurückgefallen war. Überraschenderweise konnte der an diesem Tag stärkste Italiener aber wieder aufschließen, während Huzarski und Visconti eingeholt wurden. Auch zu Beginn der Schlussrunde hieß es dann noch „gruppo compatto“.

Rodriguez und Nibali prägen die finale Runde
Das Rennen verlief bis hierher perfekt für die sprintstarken Klassikerspezialisten wie Gilbert und Sagan. In meist zügigem Tempo ging es die Anstiege hinauf, aber von großen Attacken der besten Kletterer waren sie verschont geblieben. Diese ließen sich auf der letzten Runde selbstverständlich nicht mehr verhindern. Im gut vier Kilometer langen Anstieg nach Fiesole, der im Mittel eine gut fünfprozentige Steigung aufwies, setzte Michele Scarponi den ersten schmerzhaften Nadelstich. Bevor man sich von der Attacke des Italieners erholen konnte, wurde sie von Joaquin Rodriguez und Nibali wiederholt, welche den Berg zehn Kilometer vor dem Ziel gemeinsam erklommen. Nicht weit hinter ihnen folgten Rigoberto Uran, Rui Costa und Alejandro Valverde, die rasch Anschluss fanden. Aber der Rest war geschlagen und wurde in wenigen Momenten aller Medaillenchancen beraubt. Lediglich vier Kandidaten auf Edelmetall blieben übrig, als der Kolumbianer Uran in der Abfahrt mit einem spektakulären Sturz aus der Verlosung genommen wurde. Als sich kurz darauf Rodriguez etwas absetzte, schienen die Spanier in der perfekten Situation zu sein. Valverde verweigerte selbstverständlich jedwede Mitarbeit in der Verfolgung, die Nibali fast komplett allein verrichten musste, weil sich auch Costa kaum beteiligte. Dennoch sank Rodriguez‘ Vorsprung im zweiten Anstieg, der bis zu 16% steilen, 600 Meter langen Via Salviati, von elf auf vier und schließlich auf null Sekunden.

Costa wartet lange bis zu seinem Angriff
Doch knapp drei Kilometer vor dem Ziel türmte Rodriguez schon wieder. Ein kleine 10%-ige Rampe, die bei einem flüchtigen Blick auf das Höhenprofil kaum auffiel, reichte ihm dafür. Das Loch von wenigen Metern konnte Nibali einfach nicht mehr zufahren. Costa gelang es dagegen, sich in einer Kurve aus dem Verfolgertrio abzusetzen und den Führenden auf dem letzten Kilometer einzuholen. Im Sprint war Rodriguez eindeutig unterlegen und der erste portugiesische Weltmeister der Geschichte war geboren. Der, dessen Name vollständig Rui Alberto Faria da Costa lautet, krönte seine hervorragende Saison nach dem Gesamtsieg bei der Tour de Suisse und zwei Etappensiegen bei der Tour de France mit dem Gewinn des Regenbogentrikots. Die beiden Geschlagenen folgten 15 Sekunden später und nicht einmal Valverde konnte froh sein über Platz drei, den er sich vor Nibali sicherte. Denn auch seine fünfte WM-Medaille ist wieder keine goldene geworden. Ein Rekord, aber kein schöner. Nach gut einer halben Minute folgte erst der Ukrainer Andriy Grivko und dann eine elfköpfige Gruppe mit unter anderem Sagan, Gilbert und Fabian Cancellara. Der Schweizer Kapitän wurde von seinem starken Team während des Rennens hervorragend unterstützt, mehr als Platz zehn sprang aber nicht heraus. Sehr präsent im Feld waren zu jeder Zeit die Deutschen, die in der entscheidenden Phase jedoch erwartungsgemäß ebenfalls nicht stark genug waren. Platz 14 für Simon Geschke kann dennoch als Achtungserfolg verbucht werden.

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