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Großartiger Tour-Showdown in den Pyrenäen mit einem verdienten Sieger Primoz Roglic
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27.07.2018

Großartiger Tour-Showdown in den Pyrenäen mit einem verdienten Sieger Primoz Roglic

Info: TOUR DE FRANCE 2018 (2.UWT)
Autor: Felix Griep (Werfel)



Laruns, 27.07.2018 – Der Trend geht zwar schon seit Jahren zu immer kürzeren Bergetappen, doch das letzte Pyrenäen-Teilstück der Tour de France lieferte gute Argumente dafür, auch weiterhin lange Klettertouren im Hochgebirge im Programm zu behalten. An den Anstiegen Aspin, Tourmalet und Aubisque lieferten sich Ausreißer und Favoriten während mehrerer Stunden packende Kämpfe. Am Ende triumphierte nach einer besonders starken Vorstellung seines Teams LottoNL-Jumbo der Slowene Primoz Roglic, der sich in der finalen Abfahrt aus der Gruppe um das Gelbe Trikot absetzte und Chris Froome vom Podium der Gesamtwertung verdrängte. Größter Verlierer war der tags zuvor gestürzte Nairo Quintana, der erst sieben Minuten nach den Besten finishte.


Das Profil der 19. Etappe der Tour de France

Drei mal sechs macht achtzehn Ausreißer
Zwei Tage nach der 65-Kilometer-Etappe zum Col du Portet war das letzte Teilstück der 105. Tour de France in den Bergen mehr als dreimal so lang! Die 19. Etappe führte über 200,5 Kilometer von Lourdes nach Laruns und unter anderem über die Giganten Col d‘Aspin, Col du Tourmalet und Col d’Aubisque. Obwohl das erste Streckendrittel noch über nur leicht hügeliges Gelände verlief, bot die Anfangsphase mit der stückchenweisen Entstehung einer großen Spitzengruppe gute Unterhaltung. Silvan Dillier (AG2R La Mondiale), Lukas Pöstlberger (Bora-Hansgrohe) und Damien Gaudin (Direct Energie) waren die ersten Angreifer, zu denen nach kurzer Zeit die noch wesentlich stärkeren Bergfahrer Adam Yates (Mitchelton-Scott), Bob Jungels (Quick-Step Floors) und Tanel Kangert (Astana) aufschlossen. Hinter diesem Sextett bildete sich eine weitere ebenso große Gruppe um Gorka Izagirre (Bahrain Merida) und Warren Barguil (Fortuneo-Samsic), der Julian Alaphilippe (Quick-Step Floors) als Einziger theoretisch noch das Bergtrikot hätte abnehmen können, weshalb der sich diesem Angriff ebenfalls umgehend anschloss. Um Mikel Nieve (Mitchelton-Scott), Tom-Jelte Slagter (Dimension Data) und Bauke Mollema (Trek-Segafredo) entstand dann sogar noch eine dritte Sechsergruppe. Nach rund 60 Kilometern war schließlich der Zusammenschluss aller Ausreißer erfolgt.

Alle 18 Ausreißer im Überblick
- Silvan Dillier (AG2R La Mondiale)
- Lukas Pöstlberger + Marcus Burghardt (Bora-Hansgrohe)
- Sylvain Chavanel + Damien Gaudin (Direct Energie)
- Adam Yates + Mikel Nieve (Mitchelton-Scott)
- Julian Alaphilippe + Bob Jungels (Quick-Step Floors)
- Tanel Kangert (Astana)
- Arthur Vichot (Groupama-FDJ)
- Warren Barguil + Romain Hardy (Fortuneo-Samsic)
- Gorka Izagirre (Bahrain Merida)
- Andrey Amador + Daniele Bennati (Movistar)
- Tom-Jelte Slagter (Dimension Data)
- Bauke Mollema (Trek-Segafredo)



Etappenvorschau zum Nachlesen:
Tourmalet und Aubisque – die Chance zur letzten großen Attacke!


Starke Fahrer nutzen den Tourmalet für Attacken
Mit gut drei Minuten Vorsprung startete die Spitzengruppe in den Col d’Aspin (12,0 km à 6,5%), an dessen Bergwertung der 1. Kategorie Alaphilippe den Gewinn des Gepunkteten Trikots (rechnerisch) endgültig perfekt macht. Die ersten Ausreißer waren bereits zurückgefallen, und am Col du Tourmalet (17,1 km à 7,3%) erwischte es noch weitere. Nur noch zu sechst kamen sie oben: Neben Barguil, Izagirre, Nieve, Jungels und Kangert war auch Alaphilippe noch dabei und schaffte Historisches: nach Glières, Bisanne und Madeleine gewann er seine vierte HC-Bergwertung – so viele wie noch nie ein Fahrer bei einer einzigen Tour. Das Hauptfeld, bestehend aus 6 Sky- und 21 weiteren Fahrern, folgte drei Minuten nach der führenden Gruppe, deren erste Verfolger aber nur noch 50 Sekunden zurücklagen. Und da waren einige Hochkaräter dabei: Rund zehn Kilometer vor dem Gipfel hatte Ilnur Zakarin (Katusha Alpecin) attackiert, Mikel Landa (Movistar) war mitgesprungen. Wenig später griff dann auch Romain Bardet (AG2R La Mondiale) an, dem kurz darauf Jakob Fuglsang (Astana) und Rafal Majka (Bora-Hansgrohe) folgten. Diese fünf fanden nach einiger Zeit zusammen, wobei durch eine spätere Tempoverschärfung von Landa Fuglsang wieder abgehängt wurde, während der Rest in Landas von vorne zurückgefallenem Teamkollegen Andrey Amador einen wertvollen Helfer fand.

Landa und Bardet virtuell auf dem Tour-Podium
In der ausgesprochen langen Abfahrt vom Tourmalet, dessen Gipfel 92,5 Kilometer vom Ziel entfernt war, schlossen die Verfolger um Landa und Bardet zu den Führenden um Alaphilippe auf. Zu elft konnten sie ihren Vorsprung bis auf dreieinhalb Minuten ausbauen, was Landa und Bardet, die Siebter und Achter waren, in der Gesamtwertung auf die Positionen zwei und drei vorgebracht hätte; Landa lag virtuell nur noch rund eine Minute vom Gelben Trikot entfernt. Doch das war circa 50 Kilometer vor dem Ziel und bei drei Anstiegen auf den nächsten 30 Kilometern lediglich eine Momentaufnahme. Während die Spitzengruppe am Col des Bordères (8,6 km à 5,8%) mit Amador schnell ihren bis dahin wichtigsten Tempomacher verlor, wurde der Rückstand des Hauptfeldes allein durch Robert Gesink (LottoNL-Jumbo) halbiert. Der Niederländer legte sich für seine Kapitäne Primoz Roglic und Steven Kruijswijk ins Zeug, deren Plätze vier und und sechs gefährdet waren. An der Bergwertung der 2. Kategorie betrug der Vorsprung der sieben verbliebenen Fahrer – Bardet, Landa, Izagirre, Jungels, Majka, Kangert und Zakarin – nur noch eineinhalb Minuten. Das Feld war unterdessen auf 14 Fahrer geschrumpft, wobei das Team Sky mit Leader Geraint Thomas, Chris Froome, Egan Bernal und Michal Kwiatkowski nach wie vor die meisten Fahrer stellte.


Das Profil der letzten drei Anstiege

LottoNL-Jumbo drückt dem Finale seinen Stempel auf
Nach der kurzen Abfahrt vom Col des Bordères folgte der Col du Soulor (7,0 km à 8,4%), auf dem zwar keine Bergwertung ausgeschrieben war, wo das Rennen aber trotzdem in seine heißeste Phase ging. Nachdem sich Kruijswijk ohne Gegenwehr aus der Gruppe der Favoriten absetzen konnte, war das bei zwei folgenden Attacken des Gesamtzweiten Tom Dumoulin (Sunweb) ganz anders. Thomas und Roglic reagierten beide Male sofort und souverän, wohingegen Froome sich deutlich schwerer tat und nur mit der Hilfe Bernals jeweils wieder Anschluss fand. Nairo Quintana (Movistar), bisheriger Fünfter der Gesamtwertung, war dagegen schon bei Dumoulins erster Attacke förmlich implodiert und fiel zügig weit zurück. Als dann gut zwei Kilometer vor dem Kulminationspunkt der Steigung Roglic in die Offensive ging, war Froome kurz vor dem K.o. Der vierfache Tour-Sieger verrichtete noch ein wenig Nachführarbeit, bevor er ein ähnliches Schicksal wie Quintana zu erleiden drohte. Thomas und Dumoulin kamen aber wieder an Roglic heran und gemeinsam holten sie Kruijswijk ein, womit der Plan von LottoNL-Jumbo aufzugehen schien. Den Col du Soulor überquerten sie eine halbe Minute nach Landa, Bardet, Zakarin und Majka und ebenfalls eine halbe Minute vor Froome, Bernal und Daniel Martin (UAE Emirates), während Quintana gar schon drei Minuten Rückstand aufwies.

Roglic entscheidet die Etappe in der Abfahrt für sich
Auf dem Weg Richtung Col d’Aubisque, der zunächst über zwei abschüssige und fünf nur leicht ansteigende Kilometer führte, gelang es dem Trio um Froome, wieder zu Thomas und Co. aufzuschließen. Kruijswijk setzte die Gruppe mit einer neuerlichen Attacke aber gleich wieder unter Druck. Auf dem letzten richtig steilen Stück zur zweiten HC-Bergwertung des Tages (2,5 km à 7,0%) wurden dann zuerst Zakarin und anschließend bei einem weiteren Angriff Kruijswijks auch Landa und Bardet eingeholt. Nur Majka rettete sich noch mit wenigen Sekunden Vorsprung über den Aubisque, ehe zu Beginn der Abfahrt schließlich auch sein Traum vom Ausreißersieg endete. Die 20 Kilometer hinab in den Zielort Laruns waren ganz nach dem Geschmack von Roglic, der unaufhaltsam vorneweg stürmte und sich nach der Hälfte der Abfahrt langsam, aber sicher von allen anderen absetzte. Einfangen konnte den 28-jährigen Slowenen daraufhin niemand mehr und er triumphierte auch bei seiner zweiten Tour-Teilnahme wie 2017 in Serre-Chevalier auf einer der schwersten Bergetappen. Thomas, der im Sprint noch eine Zeitgutschrift erhaschte, Bardet, Martin, Majka, Dumoulin, Landa und Froome, der mühevoll Kontakt gehalten hatte, verloren 19 Sekunden auf den Sieger, die etwas schwächeren Abfahrer Kruiijsiwjk und Zakarin nochmals zwölf Sekunden mehr.


Cofis Cycling Cosmos – Tour Spezial: Ausreißer

Froome fällt einen Platz zurück, Quintana sogar vier
Wie schwer die Etappe war, wird beim Blick auf die Abstände hinter den Top10 sehr deutlich: nur sieben weitere Fahrer finishten innerhalb von fünf Minuten nach dem Sieger, ab Platz 25 erreichten die Rückstände schon den zweistelligen Minutenbereich. Das Gruppetto um Peter Sagan (Bora-Hansgrohe), der unter den Blessuren seines Sturzes von vor zwei Tagen leidet, kam nach 38 Minuten ins Ziel und damit ebenso wie der noch zwei Minuten mehr zurückliegende Taylor Phinney (Education First Drapac) deutlich vor dem Zeitlimit, das knapp 46 Minuten betrug. Quintana verlor als 19. rund sieben Minuten und fiel im Gesamtklassement vom fünften auf den neunten Platz zurück, wodurch sich Kruijswijk, Landa, Bardet und Martin um jeweils eine Position verbessern konnten. Die Plätze eins und zwei bleiben von Thomas und Dumoulin belegt, wobei der Leader seinen Vorsprung durch die Zeigutschrift im Ziel auf 2:05 Minuten vergrößerte. Roglic (+2:24) konnte mit dem Zeitgewinn durch seinen Etappensieg den schwächelnden, aber doch nicht eingebrochenen Froome (+2:37) von Rang drei verdrängen. In der Nachwuchswertung dürfte Pierre Latours (AG2R La Mondiale) Sieg nach Etappenplatz 17 und bei noch fast sechs Minuten Vorsprung gegenüber Bernal ebenso feststehen wie Movistars Erfolg in der Mannschaftswertung, auch wenn der Vorsprung gegenüber Bahrain Merida von 24 auf 11 Minuten fiel.

-> Zum Resultat

Die Berge sind nun zwar vorbei, der Endstand der Gesamtwertung aber noch nicht entschieden. Die morgige 20. Etappe, ein hügeliges Einzelzeitfahren über 31 Kilometer, bietet die letzte Gelegenheit für eine Umsortierung des Klassements.

Video der Zielankunft






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