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Gerrans gewinnt 100. Austragung von Lüttich-Bastogne-Lüttich nach einem Sturz des Titelverteidigers
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27.04.2014

Gerrans gewinnt 100. Austragung von Lüttich-Bastogne-Lüttich nach einem Sturz des Titelverteidigers

Info: LIÈGE - BASTOGNE - LIÈGE 2014
LiVE-Ticker zum Nachlesen: Flash | Text
Autor: Felix Griep (Werfel)



Ans, 27.04.2014 – Auch wenn ein Rennen schon zum 100. Mal ausgetragen wird, kann es immer noch Premieren geben. Simon Gerrans (Orica-GreenEdge) verewigte sich als erster Australier in der Siegerliste von Lüttich-Bastogne-Lüttich. Beim großen Finale der Frühjahrsklassiker-Saison siegte er in einem Sprint vor Alejandro Valverde (Movistar) und Michal Kwiatkowski (Omega Pharma-Quick Step). Möglich wurde der Triumph des 33-Jährigen jedoch erst durch ein tragisches Missgeschick von Daniel Martin (Garmin-Sharp), der kurz davor war, seinen Sieg aus dem Jahr 2013 zu wiederholen, ehe er in der letzten Kurve vor dem Ziel zu Fall kam.

Deutscher Sprinterfolg in Bastogne
Der Frühling bot mit bedecktem Himmel und Temperaturen um 15 Grad nicht das allerbeste, aber ein doch durchaus annehmbares Wetter für seinen letzten großen Klassiker: Lüttich-Bastogne-Lüttich, genauer gesagt die 100. Austragung von „La Doyenne“, demjenigen der heute noch ausgetragenen Radrennen, dessen Geschichte am weitesten zurückreicht, bis ins Jahre 1892. Das Jubiläum wurde nicht nur in Lüttich und seinem Vorort Ans zelebriert, wo sich die Zielankunft befindet, sondern auch in Bastogne. Die weiter südlich gelegene Stadt wurde genau bei Kilometer 100 durchquert und Veranstalter ASO zeigte sich zur Feier des Tages gönnerhaft, hatte an einem Prämiensprint 5000 Euro für den Sieger ausgelobt. Ein schöner Batzen Geld, der die Mannschaftskasse von Cannondale füllte, weil Michel Koch den ebenfalls stark interessierten Matteo Bono (Lampre-Merida) deutlich in die Schranken wies. Der 22-jährige Deutsche, der vor eine Monat bei der Katalonien-Rundfahrt gleich zwei verschiedene Zwischensprint-Wertungen gewonnen hatte, bildete mit Ausnahme dieses kleinen Schlagabtauschs eine hervorragend harmonierende Gruppe mit seinen Fluchtgefährten Bono, dem Schweizer Pirmin Lang (IAM Cycling), Marco Minnard (Wanty-Groupe Gobert), Jacobus Venter (MTN-Qhubeka) und Pieter Jacobs (Topsport Vlaanderen), der sich die Bergwertungen unter den Nagel riss. Eine Viertelstunde Vorsprung hatte das Sextett in Bastogne, 163 Kilometer vor dem Ziel. Doch als auf dem Weg zurück Richtung Lüttich der Wind drehte und den Fahrern in den Rücken wehte, nahm das Peloton an Fahrt auf und es wurde bald klar, dass Koch und Co. nicht für eine Überraschung sorgen konnten, die definitiv in die Geschichtsbücher eingegangen wäre.

Matteo Bono hält am längsten durch
Einen besonders hohen Zeitverlust hatten die Ausreißer im Bereich zwischen Kilometer 100 und 80 vor dem Ziel zu beklagen, als mit Côte de Wanne, Côte de Stockeu und Côte de la Haute-Levée in schneller Abfolge drei der insgesamt zehn ausgewiesenen Bergwertungen zu meistern waren. In dieser Phase zeichnete sich die Atmosphäre im Feld durch enorme Unruhe aus, was mehrere Stürze zur Folge hatte, von denen einer zum Ausscheiden von Weltmeister Rui Costa (Lampre-Merida) führte. Minnaard hatte an der Côte de Wanne den Anschluss verloren, die anderen fünf Ausreißer blieben noch bis zur Côte de La Redoute zusammen. Dieser Anstieg, zweifellos einer der berüchtigtsten von Lüttich-Bastogne-Lüttich, lag gut 40 Kilometer vom Ziel entfernt und leitete die Endphase des Rennens ein, in der die Spannung nach und nach steigen sollte. Warren Barguil (Giant-Shimano), der doppelte Etappensieger der Vuelta a España 2013, blies zum Angriff und fand mit Julian Arredondo (Trek Factory Racing) und Jan Bakelants (Omega Pharma-Quick Step) zwei Gleichgesinnte. Ein Wegkommen vom Feld war allerdings nicht möglich. Bono war als alleiniger Führender über die Redoute gekommen und schüttelte Venter, der danach noch einmal zurückkam, an der nächsten Steigung gleich wieder ab. Die Côte des Forges war neu ins Programm aufgenommen worden und sah neben Bonos Solo einen Angriff von Alex Howes (Garmin-Sharp), um den sich wenig später eine kleinere Gruppe scharte, deren Lebensdauer aber arg kurz blieb.

Spät im Rennen noch ein großes Feld
An der Côte de La Roche-aux-Faucons war dann auch für Bono Schluss, dem hohen Druck des Hauptfeldes konnte der Italiener nicht mehr standhalten. 2013 hatte man diesen Anstieg, der davor schon jahrelang der vorletzte des Rennens war und nun wieder an diese Stelle rückte, wegen Bauarbeiten auslassen müssen. Arredondo wagte sich auch hier in die Offensive und brachte mit Domenico Pozzovivo (AG2R La Mondiale) einen kleinen Vorsprung über die Kuppe, der sich danach auf 20 Sekunden erhöhte. Samuel Sanchez (BMC Racing Team) war kurzzeitig alleine auf der Verfolgung des Duos, wartete dann aber, um seinen Kapitän Philippe Gilbert im Pulk der Favoriten zu unterstützen. Weniger als 20 Kilometer vor dem Ende wurde nun nicht mehr auf die längeren Steigungen gewartet, immer wieder gab es kleine Attacken – von Roman Kreuziger (Tinkoff-Saxo), Vincenzo Nibali (Astana), Daniel Moreno (Katusha) und anderen Hochkarätern. Auch die am höchsten gehandelten Sieganwärter wie Gilbert, Alejandro Valverde (Movistar) oder Michal Kwiatkowski (Omega Pharma-Quick Step) mussten sehr aufmerksam fahren, um nicht in einer möglicherweise vorentscheidenden Situation den Sprung nach vorne zu verpassen. Aber all diese kleinen Scharmützel brachten nichts ein und nachdem elf Kilometer vor Ans Arredondo und Pozzovivo eingeholt wurden, war das Feld wieder geschlossen. Mit einem Umfang von rund 40 Fahrern war diese Bezeichnung noch absolut gerechtfertigt, der Ausgang des Rennens vollkommen offen. Die zehnte und letzte Bergwertung ließ nicht mehr lange auf sich warten.

Martin stürzt mit dem Sieg vor Augen
Wer sich nicht auf einen Bergsprint in Ans einlassen wollte, dem blieb zuvor die Côte de Saint-Nicolas als letzte Chance für einen Angriff. Stefan Denifl (IAM Cycling) wagte einen solchen, musste aber, nachdem er sich kurz hatte präsentieren können, den Weg freimachen für Giampaolo Caruso (Katusha) und Pozzovivo. Das italienische Gespann kämpfte mit Leidenschaft gegen die Verfolger, zu denen der Abstand jedoch nur um die zehn Sekunden schwankte. Hinten beschleunigte auf dem letzten Flachstück mal Valverde, den Gilbert sofort zurückpfiff, danach Jelle Vanendert (Lotto Belisol), dann Bauke Mollema (Belkin), während Vorjahressieger Daniel Martin (Garmin-Sharp) stets am Ende der Hauptgruppe hing und nicht den besten Eindruck machte. Auf dem Weg durch Ans setzte Pieter Weenig (Orica-GreenEdge) den planlos wirkenden Attacken ein vorübergehendes Ende und sorgte mit seiner Tempoarbeit dafür, dass der Vorsprung von Caruso und Pozzovivo im Bereich des Aufholbaren blieb. Auf dem letzten Kilometer trat plötzlich Martin in Erscheinung, fuhr unaufhaltsam zu den Leadern vor. Caruso gab noch einmal alles und wurde Pozzovivo los, konnte den heranstürmenden Iren aber nicht abwehren. Nur eine Kurve trennte Martin vom wahrscheinlichen zweiten Triumph in Folge – dann passierte ihm ein Sturz. Beim Einbiegen auf die 300 Meter lange Zielgerade verlor der Garmin-Fahrer die Kontrolle über sein Rad und landete auf dem Asphalt. Caruso war nun wieder alleine vorne, musste aber noch drei Fahrer vorbeiziehen lassen und verpasste als Vierter das Podium.

Gerrans schlägt Valverde und Kwiatkowski
Valverdes Beschleunigung hatte im letzten Teil der Schlusssteigung dafür gesorgt, dass das Favoritenfeld zerbrach und ihm nur zwei Gegner blieben, nachdem sie den gestürzten Martin und den ausgepowerten Caruso überholt hatten. Kwiatkowski konnte der Spanier hinter sich halten, aber Simon Gerrans (Orica-GreenEdge) fand perfekte Bedingungen vor, um das Finish für sich zu entscheiden und nach Mailand-Sanremo 2012 zum zweiten Mal in seiner Karriere eines der Monumente des Radsports zu gewinnen. Valverde verwehrte der erste australische Sieger von Lüttich-Bastogne-Lüttich einen dritten Sieg nach 2006 und 2008. Auf den Plätzen fünf bis acht folgten mit drei Sekunden Rückstand Pozzovivo, Tom-Jelte Slagter (Garmin-Sharp), Kreuziger und Gilbert, der nach seinen Erfolgen bei De Brabantse Pijl und Amstel Gold Race nicht mehr in der Lage war, weitere Ardennen-Siege folgen zu lassen. Nach den eher spannungsarmen Amstel Gold Race und Flèche Wallone, bei denen die Favoriten jeweils auf den letzten Anstieg warteten, um ihre Klingen zu kreuzen, und es dort einen Fahrer gab, der klar dominierte, war Lüttich-Bastogne-Lüttich wohl das beste Rennen der letzten acht Tage, blieb aber alles in allem auch weit davon entfernt, sich als legendär in das Gedächtnis der Zuschauer einzubrennen, da die Topfahrer erneut so lang wie möglich warteten und diejenigen, die Angriffe wagten, die nötige Durchschlagskraft vermissen ließen.

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Lüttich-Bastogne-Lüttich markiert einen Wendepunkt im Rennkalender. Die Zeit der Frühjahrsklassiker nimmt ihr Ende, wobei das Traditionsrennen in Frankfurt am kommenden Donnerstag zumindest aus deutscher Sicht gewissermaßen noch in diese Kategorie fällt. Der Schwerpunkt verlagert sich nichtsdestotrotz ab sofort auf Rundfahrten wie die heute gestartete Tour of Turkey, die Dienstag beginnende Tour de Romandie und den Giro d'Italia, bis zu dessen Start nur noch zwölf Nächte vergehen.





Simon Gerrans gewinnt das 100. Lüttich-Bastogne-Lüttich vor Valverde (r.) und Kwiatkowski (l.) (Foto: letour.fr/Veranstalter)
Simon Gerrans gewinnt das 100. Lüttich-Bastogne-Lüttich vor Valverde (r.) und Kwiatkowski (l.) (Foto: letour.fr/Veranstalter)

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