<< älterer Bericht  | zurück zur News |  neuerer Bericht >>
Start > Weltmeisterschaften
WM Rückblick: Resumeé der Rennen und sportliches Fazit für den deutschsprachigen Raum
Suchen Weltmeisterschaften Forum  Weltmeisterschaften Forum  Weltmeisterschaften
25.09.2006

WM Rückblick: Resumeé der Rennen und sportliches Fazit für den deutschsprachigen Raum

Info: Straßen-Weltmeisterschaften in Salzburg
Autor: Jörg Schröder

Nach dem Ende der spannenden Wettkämpfe bei der Weltmeisterschaft in Österreich möchten wir von LIVE-Radsport an dieser Stelle noch einmal zurückschauen, einen Blick auf die einzelnen Rennen werfen und ein Resumée der sportlichen Leistungen für den deutschsprachigen Raum, also die Länder Deutschland, Schweiz, Österreich und Luxemburg ziehen.

Mit dem Ende der Straßenweltmeisterschaften vom 20. bis zum 24. September in Salzburg, dem letzten Großereignis der Saison, neigt sich die Straßenradsaison langsam aber bestimmt dem Ende hinzu. Sportlich gesehen war es sicherlich ein großes Spektakel, am Wochenende will die Polizei gar 150.000 Zuschauer an der Strecke gezählt haben. In allen 6 ausgetragenen Wettkämpfen gab es Titelträger aus verschiedenen Nationen, 12 Länder durften sich über Edelmetall freuen.

Doch längst war nicht alles Gold was glänzte. Spätestens seit Juli, seit dem Beginn der Tour de France war das Thema Doping im Radsport wieder allgegenwärtig. Auch bei der WM gab es in dieser Hinsicht negative Schlagzeilen – allen voran durch das Gastgeberland selbst. Nach dem zwei Fahrer der U23-Nationalmannschaft sich einer Blutkontrolle entzogen hatten, wurde bei einem dritten, Marco Oreggia, in der A-Probe das Dopingmittel Epo nachgewiesen. Zudem wurden drei Fahrer, zwei Argentinier und ein Brasilianer, wegen überhöhter Hämatokritwerte mit einer 15tägigen Schutzsperre belegt.

An den folgenden Tagen machte zum Glück der Sport selbst die tollen Schlagzeilen:

Mittwoch: Zeitfahren U23, Elite-Damen
Am Mittwoch startete die WM mit den Zeitfahren der Herren in der U-23-Klasse sowie dem Kampf gegen die Uhr der Damen. Bei den Damen sicherte sich die Amerikanerin Kristin Armstrong auf dem anspruchsvollen Kurs, der gespickt mit zwei giftigen Anstiegen einigen Fahrern große Stolpersteine in den Weg legte und sich lediglich in der Länge unterschied bei den einzelnen Klassen, über 26,12 Kilometer die Goldmedaille und das Weltmeistertrikot. Silber und Bronze ging mit 25 beziehungsweise 29 Sekunden Rückstand an Karin Thürig (Schweiz) und Christine Thorburn (USA). (->vollständiges Resultat). Die favorisierten Fahrerinnen konnten dabei in der Regel den Erwartungen gerecht werden (->Bericht).

In der U-23 Klasse zeigte der Belgier Dominique Cornu eine klasse Leistung und deklassierte die Konkurrenz deutlich. Am ersten Zwischenzeitmesspunkt hätte er selbst im Herren-Elite-Zeitfahren den 2. Platz belegt. Sein Weltmeistertikot wird er im nächsten Jahr nicht tragen können, da er zu den Profis wechselt. Nach den 39,54 Kilometern gewann der Titelverteidiger Mikhail Ignatiev (Russland) diesmal Silber, über Bronze darf sich der Franzose Jerome Coppel freuen. (->vollständiges Resultat)(->Bericht).

Donnerstag: Zeitfahren Elite-Herren
Im längsten Zeitfahren der WM-Geschichte sicherte sich der Schweizer Fabian Cancellara über 50,84km den Sieg und erfüllt sich in Salzburg seinen Traum des Zeitfahrweltmeistertitels. Er überholte dabei sogar den Vorjahreszweiten José Ivan Gutierrez Palacios aus Spanien der vor ihm auf die Strecke gegangen war und gewann mit stolzen 1.30 Minuten vor David Zabriskie (USA), Alexandre Vinokourov (Kasachstan) gewann trotz eines Kettenproblems am schwersten Anstieg der Strecke Bronze.(->vollständiges Resultat).
Viele Favoriten wie der Sieger der letzten drei Austragungen Michael Rogers oder auch Zeitfahrspezialist David Millar konnten die Erwartungen nicht ganz erfüllen und nicht in den Kampf um die Medaillen eingreifen.(->Bericht)

Straßenrennen:
Alle drei Rennen wurden auf dem selben 22,1 Kilometer langen Rundkurs mit Start und Ziel auf dem Salzburger Mirabellenplatz ausgetragen. Lediglich die Anzahl der Runden variierte. Zwei giftige Anstiege, einer mit Steigungswerten von über 15%, machten es den Fahrern nicht leicht. So hatten sowohl Sprinter als auch Allrounder Chancen.

Samstag: Straßrenrennen U-23, Elite-Damen
Der große Favorit auf den Weltmeistertitel in der Klasse U23 blieb ganz cool und sicherte sich am Ende die Goldmedaille: Gerald Ciolek. Statt wie erwartet in einem Massensprint setzte sich der Deutsche am Ende gegen den Franzosen Romain Feillu und dem Russen Alexander Khatuntsev aus einer Gruppe heraus durch, die sich in der letzten Runde am schweren Anstieg abgesetzt hatte und 5 Sekunden vor dem Feld ins Ziel retten konnte (->vollständiges Resultat). Damit überraschte er vor allem seine Konkurrenten, die durch die Attacke alle Sprinter abschütteln wollten, was ihnen auch gelange wenn man vom späteren Weltmeister absieht. (->Bericht)

Bei den Damen gewann die Niederländerin Marianne Vos in einem packenden WM-Rennen die Goldmedaille aus einer Gruppe bestehend aus 15 Fahrerinnen. Trixi Worrack krönt eine fantastische Leistung der deutschen Damen mit Silber, Bronze sicherte sich um Millimeter Nicole Cooke (Großbritannien) gegenüber der Italienerin Noemi Cantele.(->vollständiges Resultat).
Vos als einzige richtige Sprinterin setzte sich am Ende klar durch, mit ihren erst 19 Jahren war das bereits ihr zweiter Weltmeistertitel in diesem Jahr, so das sie sowohl die Cross-Saison im Winter als auch die kommende Straßensaison im Weltmeistertrikot absolvieren darf. (->Bericht)

Sonntag: Straßenrennen Elite Herren:
Nach dem Olympiasieg 2004 sicherte sich Paolo Bettini nun auch den Weltmeistertitel und hat damit fast alle bedeutenden Eintagesrennen gewonnen. Der Italiener übersprintete auf den letzten Metern noch Erik Zabel, der somit Silber gewonnen hat. Bronze geht an den Vuelta-2. Alejandro Valverde aus Spanien (->vollständiges Resultat). 4 Fahrer hatten sich auf den letzten 1000 Meter auf Iniative der Spanier leicht vom Feld gelöst und somit den anderen Sprinter ein Schnippchen geschlagen. (->Bericht)


Sportliches Fazit der (teilweise) deutschsprachigen Länder:

Deutschland:
In den Zeitfahrwettbewerben war es für das Team des BRD zunächst nicht so gelaufen wie erhofft. Zwar hatte man keine Topfavoriten, aber durch Tony Martin (U23), Trixi Worrack und Judith Arndt, sowie den deutschen Zeitfahrmeister Sebastian Lang hatte man sich Hoffnungen auf eine Medaille gemacht. Bei der U23 sprang Ersatzfahrer Stefan Schaefer in seinem ersten Jahr in dieser Klasse für den etwas enttäuschenden Martin ein und erreichte einen hervorragenden 6. Platz. Die deutschen Damen erreichten mit den Plätzen 7 und 9 zwar gute Plätze in den Top 10, aber die eigenen Erwartungen konnte man damit nicht ganz erfüllen. Auch Lang fuhr als 5. knapp an Edelmetall vorbei, während Andreas Klöden nicht mehr in der Topform des Sommers war und nach schlechten Zwischenzeiten nicht mehr an seine Leistungsgrenze ging.

In den Straßenrennen sollte es dann deutlich besser laufen. Im U23-Rennen fuhr das Team sehr zurückhaltend, da man ganz auf seinen Sprintspezialisten Ciolek ausgerichtet war. Dieser setzte sich aber mutig mit einer Spitzengruppe ab und errang mit einem tollen Finish den ersten Weltmeistertitel nach 1993, als Jan Ullrich bei den Amateuren gewann. Im nächsten Jahr wechselt Ciolek zu den Profis und wird für T-Mobile in die Pedale treten.
Die Damen fuhren ein überzeugendes Rennen, waren stets präsent und ließen sich nicht aus der Ruhe bringen, als ihre Topsprinterinnen Regina Schleicher (Titelverteidigerin, früher Ausfall wegen Krankheit) und Ina-Yoko Teutenberg nicht in die Entscheidung eingreifen konnten. Mit 3 Fahrerinnen schaffte man den Sprung in die entscheidende 15er Gruppe, mit zahlreichen Attacken beschäftigte man die Konkurrenz und zeigte einen tollen Teamgeist, der auch abseits des Rennens deutlich wurde. Am Ende belohnte Trixi Worrack sich und das Team mit Silber. Die Freude war groß, auch wenn der Titelhattrick nach Siegen ’04 durch Arndt und ’05 durch Schleicher nicht ganz gelang.
Auch die Herren fuhren ein gutes Rennen. Zwar war man nicht so gut wie die Italiener aufgestellt, da Fahrer wie Klöden, Voigt und Kessler abgesagt hatten, doch jeder erfüllte seine Aufgabe vorzüglich. Am Ende versuchten Fabian Wegmann, der in der letzten Runde Pech mit einem Sturz hatte, und Stefan Schumacher einige Attacken, am Ende stach dann fast die Trumph-Karte Erik Zabel. In der Entscheidung passte er gut auf, musste aber zu viel Energie aufbringen um Löcher zu stopfen und verfehlte am Ende knapp den WM-Titel. Mit Silber, seiner zweiten neben einer Bronze-Medaille bei der WM 2002, erfüllte er aber die Zielvorgabe des BRD, die vor der WM mit 3 Medaillen ausgegeben wurde. Damit gewann man auch souverän den Medaillenspiegel. Nach dem Rennen gab Zabel bekannt, das er bei einem WM-Titel seine Karriere zu Gunsten der Familie beendet hätte. So freuen wir uns noch auf zwei Jahre mit dem Musterprofi.

Alles in allem kann die deutsche Mannschaft ein sehr positives Fazit von der Generalprobe für die Heim-WM im nächsten Jahr in Stuttgart ziehen.

Schweiz
Die Schweizer Mannschaft konnte schon nach den Zeitfahren zufrieden auf die Leistungen zurückblicken. Karin Thürig verpasste bei den Damen nur knapp die Titelverteidigung und holte Silber, Priska Doppmann verpasste als 4. nur knapp eine Medaille. Während in der Klasse U23 kein vorderer Platz wie zu erwarten war heraussprang, gelang bei den Herren der große Wurf. Fabian Cancellara fuhr ein Weltklasse Rennen und ließ der Konkurrenz nicht den Hauch einer Chance.
In den Straßenrennen zeigte man gute Leistungen, aber weitere Medaillen sollten nicht heraus springen. Am Ende erreichte man so Platz 3 im Medaillenspiegel. Danilo Wyss steuerte einen guten 10. Platz bei den U23-Herren bei, im Damenrennen war man neben Deutschland das stärkste Team mit 3 Fahrerinnen in der entscheidenden Gruppe. Die Plätze 5, 7 und 8 durch Priska Doppman, Annette Beutler und Nicole Brändli dokumentieren eine starke Mannschaftsleistung. Im Straßenrennen zeigte die Mannschaft ebenfalls eine ansprechende Leistung, Platz 14 durch Martin Elmiger war die beste Platzierung.

Zufrieden kann der Verband mit dem Verlauf der WM auf jeden Fall sein.

Österreich
Bei der Heim-WM konnte man zunächst leider durch Doping-Geschichten auf sich aufmerksam machen anstatt durch den Sport. Positiv zu erwähnen ist aber der offene Umgang des Verbandes mit der ganzen Thematik.
Mit einem so großen Kader wie lange nicht konnte man wie erwartet nicht in den Medaillenkampf eingreifen. Im Straßenrennen der Damen brachte man aber immerhin seine einzigen beiden Vollprofis in die Entscheidung, Andrea Gaus und Christiana Soeder erreichten die guten Ränge 10 und 11. Im Herrenrennen übernahm man oft die Verantwortung im Feld und sorgte für das Tempo, Bernhard Eisel schaffte im Massensprint am Ende immerhin Rang 11.

Wären die Negativschlagzeilen nicht gewesen, hätte man bei der Heim-WM durchaus ein zufrieden stellendes Fazit ziehen können, gemessen an dem was realistisch zu erwarten war.

Luxemburg
Mit lediglich einem Starter im Rennen der Männer konnte man von Anfang an nicht so viel erwarten. Aus luxemburgischer Sicht ist es schon etwas traurig, das Länder wie Burkino Faso auf Grund undurchsichtiger Bewertungstabellen der UCI drei Startplätze bekamen, aber ihre Fahrer lediglich 2 Runden durchhielten. Dagegen ein zwar kleines, aber im Radsport durchaus zu beachtendes Land wie Luxemburg nur einen Fahrer melden durfte.
Frank Schleck, in diesem Jahr immerhin Gewinner vom Amstel-Gold-Race und der Touretappe nach Alp d’Huez, startete unter keinen guten Vorzeichen. In der Nacht vor dem Rennen war er gar wegen Magenbeschwerden kurzzeitig im Krankenhaus gewesen. Ohne Teamunterstützung und auf einem Kurs der seinen Stärken nicht unbedingt entgegen kam war ein 29. Platz völlig okay.


WM-Rücklick Salzburg 2006


Zum Seitenanfang von für WM Rückblick: Resumeé der Rennen und sportliches Fazit für den deutschsprachigen Raum



Radsportnews auf Twitter - Radsport, Cycling, Radrennen live