<< älterer Bericht  | zurück zur News |  neuerer Bericht >>
Start > Deutschland
Jan Ullrich - Stationen eines Idols
Suchen Deutschland Forum  Deutschland Forum  Deutschland
26.02.2007

Jan Ullrich - Stationen eines Idols

Info: Jan Ullrich beendet Karriere
Autor: Daniel Schönhoff

Wann Jan Ullrich genau gelernt hat, das Gleichgewicht auf dem Fahrrad zu halten, wissen wohl nur seine Familie und er selbst. Doch Ullrich kam schon in frühen Kindheitstagen mit dem Radsport in Berührung. Mit neun Jahren gewann er sein erstes Schulrennen, 1983 dann der erste Sieg für die SG Dynamo Rostock auf einem geliehenen Rad. Er wurde schon früh durch das DDR-Leistungssportsystem gefördert und kam mit 13 Jahren auf die Kinder- und Jugendsportschule des SC Dynamo Berlin. Im Jahr 1987 wurde Ullrich DDR-Schülermeister im Bahnvierer und 1988 DDR-Jugendmeister auf der Straße.

Nach der Wende nahm ihn sein langjähriger Wegbegleiter Peter Becker mit nach Hamburg. Erstmals groß ins Rampenlicht rückte Ullrich, nachdem er im Jahr 1993 als 19-jähriger die Straßenweltmeisterschaft der Amateure in Oslo gewann. 1995 wurde er nach weiteren sehr guten Platzierungen vom damaligen Team Deutsche Telekom unter Vertrag genommen.

Bei seinem Tour de France-Debüt im Jahr 1996 erreichte Ullrich als Edelhelfel für den Gesamtsieger Bjarne Riis auf anhieb den zweiten Platz, und konnte mit dem Etappensieg beim letzten Einzelzeitfahren, seine erste Tour-Etappe gewinnen.

Im daraufolgenden Jahr startete Ullrich erneut als Helfer für Riis in die Tour. Doch auf der Etappe nach Andorra zeigte sich, dass Ullrich der stärkere der beiden war, man ließ ihn auf eigene Rechnung fahren, er siegte und war danach im Gelben Trikot. "Ullrich il Kaiser" oder "Voila le Patron" titelten die großen Sportmedien nach diesem Erfolg. In Deutschland stieg der Stellenwert des Radsports auf ungeahnte Höhen, in weiten Teilen der Bevölkerung wurde mit Ullrich mitgefiebert, der Name Jan Ullrich war fortan in aller Munde. Das Wunder war perfekt, nachdem Ullrich eine weitere Etappe und schließlich, als erster Deutscher überhaupt, als jüngster Fahrer aller Zeiten, die Tour 1997 gewann.

Nach diesem Erfolg war das Medieninteresse an Ullrich riesig. Ein Interview folgte dem anderen, Fernsehtermine waren an der Tagesordnung. Der Aufstieg zu einem der populärsten Sportler in Deutschland, wurde im selben Jahr mit der Wahl zum Sportler des Jahres gekrönt.

Die Hoffnungen vieler, in Ullrich einen neuen Miguel Indurain gefunden zu haben, wurden in den folgenden Jahren nicht erfüllt. Immer wieder musste sich Ullrich Vorwürfe anhören, er sei Übergewichtig, würde sein Talent nicht richtig ausnutzen. Trotzdem wurde Ullrich bei seiner dritten Tour zweiter hinter Marco Pantani, gewann in diesem Jahr sogar drei Etappen. Hätte Jan Ullrich auf der Etappe nach Les Deux Alpes nicht einen Einbruch erlitten, wäre ihm wohl auch ein erneuter Sieg bei der Tour geglückt.

Im Jahr 1999 musste Ullrich nach einem schweren Sturz bei der Deutschland-Tour auf eine erneute Tour-Teilnahme verzichten. Im selben Jahr gewann er allerdings die Vuelta a España und die Weltmeisterschaft im Zeitfahren.

Das erste Aufeinandertreffen mit dem Dominator der Tour, Lance Armstrong, hatte Ullrich im Jahre 2000. Der Amerikaner gewann die Tour und Ullrich wurde zum dritten Mal zweiter. Im selben Jahr wurde Jan Ullrich Olympiasieger beim Straßenrennen im australischen Sydney und holte die Silbermedaille im olympischen Zeitfahren. Mit diesen Erfolgen übernahm er erstmals die Führung in der UCI-Weltrangliste.

Zum vierten Mal wurde Ullrich im Jahre 2001 zweiter der Tour de France. Wieder musste er sich dem Amerikaner Lance Armstrong geschlagen geben. WM-Gold im Herbst des selben Jahres - Ullrich gewinnt zum zweiten mal die Zeitfahr-Weltmeisterschaft.

Das Jahr 2002 war nicht das, des Jan Ullrich. Nach einem Autounfall in Freiburg, Ullrich stand unter Alkoholeinfluss, und seinem leichtsinnigen Drogenmissbrauch in einer Discothek, wurde Ullrich für sechs Monate vom Radsport gesperrt. Er zog im gleichen jahr in die Schweiz und wechselte zum Team Coast, das bereits ein Jahr später in finanzielle Nöte geriet. Der bisherige Co-Sponsor Bianchi übernahm das Team, die Tour-Teilnahme war damit gesichert.

Bei der Tour 2003 musste Ullrich zu beginn mit den Folgen einer Lebensmittelvergiftung zurechtkommen. Trotzdem hielt er seinen Rückstand auf Armstrong in Grenzen. Bei seinem stärksten Auftritt seit 1997, wurde Ullrich erneut zweiter der Tour. Sein Kämpferherz wurde in diesem Jahr von allen Seiten gewürdigt, Armstrong hatte und würde es nie wieder so schwer haben gegen den Deutschen. Wie stark Ullrich in diesem Jahr wirklich war, zeigte er bei seinem beeindruckenden Sieg beim Einzelzeitfahren nach Gap, wo er dem Amerikaner eineinhalb Minuten abnahm.

Im Jahre 2004 gewann Ullrich erstmals die Tour de Suisse. Er gewann die erste Etappe und das abschließende Einzelzeitfahren. Als einer der Favoriten auf den Gesamtsieg in die Tour 2004 gestartet, konnte Ullrich nicht an vergangene Leistungen anknüpfen. Eine Erkältung hatte Ullrich in den Pyrenäeen zurückgeworfen. Er wurde am Ende Vierter in der Gesamtwertung, sein bis dahin schlechtestes Tour-Ergebniss.

2005 sollte die letzte Chance für Ullrich sein, bei der Tour de France gegen Lance Armstrong zu gewinnen - der hatte bereits seinen Rücktritt angekündigt. Jan Ullrich war wenige Tage vor dem Start der Tour, ohne Helm durch die Heckscheibe seines Teamwagens geknallt. Schwere Verletzungen trug Ullrich zum Glück nicht davon, er war jedoch gehandicapt an den Start gegangen. Trotz dieses Missgeschickes war die Devise - Toursieg. Doch der zweite Sieg wollte wieder nicht klappen. Ullrich wurde hinter Armstrong und Ivan Basso Dritter, eine weitere Podiumsplatzierung, doch sein großes Ziel erneut die Tour zu gewinnen, verfehlte Ullrich.

Das schwärzeste Jahr in seiner Karriere erlebte Ullrich im Jahre 2006. Er ging in einer Top-Verfassung nach Frankreich und war heiß auf die Tour. Nachdem er kurz zuvor die Tour de Suisse zum zweiten Male nach 2004 gewonnen, der Dominator der letzten Jahre seine Karriere beendet hatte, glaubten viele an Ullrichs nächsten Tour-Sieg.

Die Mitteilung über den Ausschluss von der Tour 2006 überraschte Ullrich - Radsport-Deutschland war geschockt. Die möglichen Verwicklungen in den Dopingskandal, besser bekannt unter der Bezeichnung Operation Puerto, erwägten die Tour-Organisatoren zum Auschluss von der Tour de France. Ein verzweifelter Jan Ullrich musste die Heimreise antreten.

Monate der Ungewissheit über den Fortgang seiner so erfolgreichen Karriere folgten. Während die meisten Fahrer, die im Zusammenhang mit dem Dopingskandal verdächtigt wurden, heute wieder aktiv Rennen betreiben, blieb Ullrich weiter im Speerfeuer der Kritik. Zu wenig hatte er selbst zur Aufklärung der ihm vorgeworfenen Verdächtigungen beigetragen.

Auf der Pressekonferenz vom heutigen Montag, gab Ullrich seinen Rückzug vom aktiven Radsport bekannt.


Jan Ullrich - Stationen eines Idols




Leser-Kommentare
Danke für alles!
Zum Seitenanfang von für Jan Ullrich - Stationen eines Idols



Radsportnews auf Twitter - Radsport, Cycling, Radrennen live