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Doping-Info Bert Dietz und das Dopinggeständnis: "Alle wussten Bescheid!" |
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22.05.2007 | |||||||
Bert Dietz und das Dopinggeständnis: "Alle wussten Bescheid!"Info: Doping-Info | Doping-Protest.comAutor: Markus Zimmerli Was sich Montag Abend in der ARD Talkshow Beckmann abspielte, erschütterte viele Radsport Fans, schürt aber auch Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Bert Dietz, ehemaliger Radprofi in den jahren 1994 bis 2000, beim Team Telekom gesteht: "Ich habe gedopt!" Man merkte dem Deutschen Ex-Profi deutlich an, wieviel Mut dieser Schritt an die Öffentlichkeit brauchte, denn es ging ihm nicht nur um das eigene Geständnis, sondern vor allem auch um den, in der wohl grössten Kriese steckenden, Radsport. Dietz erzählte wie er mit den ersten Mittelchen in Berührung kam und wie ihm, die mittlerweile in den Schlagzeilen stehenden Freiburger Ärzte Andreas Schmid und Lothar Heinrich EPO und Wachstumshormone nicht nur empfahlen, sondern auch spritzten und gar per Post zuschickten. "Damals hatte nicht nur ich keine andere Wahl, entweder du nimmst die Mittel, oder du riskierst ende Jahr, wegen zu schlechter Resultate, aus dem Team zu fliegen und damit arbeitslos zu sein", erzählt der 38-Jährige und ging gleich noch einen wichtigen Schritt weiter, "Alle im Team wussten Bescheid, von den Fahrern, über die Betreuer bis hin zur Teamleitung." Bert Dietz wandelte während des ganzen Interviews auf einer Gratwanderung, denn einerseits sprache er immer wieder von "allen Profis", andererseits wollte er Fragen, bei denen er konkret die damaligen Teamkollegen wie Riis, Ullrich, Aldag, Heppner & Co belasten hätte müssen, nicht beantworten: "Herr Beckmann, es geht mir darum meine Geschichte zu erzählen", wich er solchen Fragen aus. Ging es aber um Betreuer, Pfleger und vor allem Ärzte, so nahm Dietz kein Blatt vor den Mund: "Die Ärzte haben, wenn sie selbst vor Ort waren, selbst gespritzt, ansonsten übernahmen die Pfleger diese Aufgaben.“ Über die Nebenwirkungen und dazugehörigen Risiken wurden die Fahrer von den Ärzten informiert, jedoch so, dass man keine Angst haben brauchte. Auch vor Dopingkontrollen brauchten sich die Fahrer kaum fürchten, zumal EPO und Wachstumshormone in der Zeit nicht nachgewiesen werden konnten. Zur Sicherheit wurde jeweils eine Art "Gegenmittel", mit dem man nachweisbare Substanzen neutralisierte, eingenommen. Bert Dietz wollte aber mehr als nur der Welt seine eigene und teaminterne Dopinggeschichte erzählen. Ihn störte das um Jan Ullrich entstandene Theater, sowie die Hetzjagd gegen alle, in die Fuentes-Affäre verwickelten, Fahrer. Dietz: "Nun haben andere Fahrer, Betreuer, Medienleute und Fans einige Sportler auf die sei zeigen können, doch es geht längst nicht nur um diese Fahrer, die jetzt zufällig durch die Fuentes-Affäre ins Doping Zwielicht geraten sind, viel mehr geht es um das ganze System." Dietz ist überzeugt dass keiner seiner ehemaligen oder heutigen Radprofis wirklich gerne diese Mittel nimmt. "Bestimmt würde jeder Betroffene sofort damit aufhören wollen, doch sie haben kaum eine andere Wahl." Warum kaum aktive Athleten geständig sind ist dem Ex-Radprofi klar, denn jeder Athlet weiss, dass fast alle anderen das Selbe tun und trotzdem steht man alleine da. Man sieht am Beispiel Jan Ullrich, wie man heute mit vermeintlichen Dopingsündern umgeht: "Ein Jan Ullrich ist heute kaum mehr was Wert, ein Eddy Merckx, der nachweislich 3x des Dopings überführt wurde, ist hingegen bei allen Radveranstaltungen ein gerne gesehener Ehrengast." Dietz ist überzeugt; das Problem kann nur in den Griff bekommen werden, wenn Politiker, Funktionäre und Verbände zusammen spannen und den Fahrern die Chance geben selber aufzuräumen und neu anzufangen. Solange der einzelne aktive Athlet mit solchen Repressalien rechnen muss, dabei geht es nicht um die Doping-Sperre, sondern vor allem um die Öffentlichkeit, sowie die Radsportszene, die auf den "Erwischten" rumhackt und ihn als Bösewicht abstempelt. Dietz spricht gar von einer "Generalamnestie", damit der Radsport die weltweit erste Sportart sein könne, die radikal aufräumt und neustartet. Doch ist so etwas wirklich möglich? Kaum vorstellbar dass Politik und Verbände, national, wie international zusammen spannen und dem Sport eine solche Chance bieten. Trotzdem sind genau diese Institutionen jetzt gefragt, denn es gilt längst nicht mehr einzelne fehlbare Fahrer, Ärzte oder Betreuer zu finden, sondern ein riesiges, brodelndes und korruptes System zu knacken. Bert Dietz hat uns gestern Abend die bisherige Selbstverständlichkeit zum Doping nahe gebracht, bleibt zu hoffen dass einzelne andere Betroffene den selben Schritt wagen und damit dem Sport einen guten Dienst erweisen. |
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22.05.2007 | |||||||
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