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Philippe Gilbert krönt sich in der Lombardei endgültig zum König der Herbstklassiker
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17.10.2009

Philippe Gilbert krönt sich in der Lombardei endgültig zum König der Herbstklassiker

Info: GIRO DI LOMBARDIA
Autor: H.O.



Como, 17.10.09 - Mit einer erneut sensationell starken Leistung von Philippe Gilbert (Silence-Lotto), des Seriensiegers der letzten Tage, ist das Straßenradsportjahr 2009 zu Ende gegangen. Beim traditionellen Abschlussrennen Giro di Lombardia gewann der Belgier sein viertes Eintagesrennen in Folge. Er setzte sich gemeinsam mit Olympiasieger Samuel Sanchez (Euskaltel) am letzten Anstieg aus der Favoritengruppe ab und verwies den Spanier im finalen Sprint knapp auf den zweiten Platz. Sieben Sekunden dahinter führte der WM-Zweite Alexander Kolobnev (Saxobank) die geschlagenen Fahrer über die Ziellinie. Dem deutschen Team Milram gelang es derweil nicht, die für die Startberechtigungen der nächsten Saison so wichtigen Punkte gutzumachen.

Monument zum Abschluss der Saison
Mit der 103. Austragung des Giro di Lombardia ist heute die europäische Straßen-Radsportsaison zu Ende gegangen. Der seit 1905 existierende Klassiker, der zu den fünf „Monumenten“ des Radsports gezählt wird, bildet traditionell den Abschluss der in die höchste Kategorie eingeordneten Rennen. Gestartet wurde in Varese, der WM-Stadt von 2008; das Ziel befand sich zum wiederholten Mal in Como, nachdem früher jahrelang Bergamo als Ankunftsort gedient hatte. Auf den ersten 160 der insgesamt 242 Kilometern standen „nur“ zwei Anstiege auf dem Programm, der Intelvi und der Bellabio. Nach der Abfahrt ging es über eine enge Straße entlang des Comer Sees direkt auf die Madonna del Ghisallo zu, jenen bis zu 14 % steilen, berühmten Berg, der schon des Öfteren beim „Rennen der fallenden Blätter“ eine entscheidende Rolle gespielt hatte. Endgültig über den Ausgang würden, so stand zu vermuten, die beiden noch folgenden Erhebungen, der Civiglio und der San Fermo, entscheiden. Vom Gipfel des Letzteren aus ging es über nur noch 6 km bergab ins Ziel.
24 Mannschaften, inklusive sechs Professional-Teams, nahmen das zu den „historischen“ Events gezählte Abschlussrennen in Angriff, allen voran mit der Startnummer 1 der Italiener Damiano Cunego (Lampre), der in der Lombardei in den letzten beiden Jahren sowie 2004 siegreich war, und daher heute die Möglichkeit hatte, die Marke seines Landsmanns Alfredo Binda, Sieger von 1925-27 und 1931, einzustellen. Einer der im Vorfeld häufig genannten Favoriten, der italienische Meister Filippo Pozzato (Katjusha), Vierter bei Paris-Tours am letzten Sonntag, musste schon vor dem Startschuss die Segel streichen. Seit Mitte der Woche leidet er an einer fiebrigen Erkrankung.


Bildergalerie: Bilder vom Rennen der fallenden Blätter

Erste Spitzengruppe bis zum Ghisallo, dann sechsköpfige Gruppe um Hoogerland
Die erste Spitzengruppe des Tages bildete sich nach 26 Kilometern. Dem irischen Meister Nicolas Roche (Ag2r), dem bereits 35-jährigen Italiener Marco Velo (Quick Step) und Serguei Klimov, russischer Fahrer in Diensten von Katjusha, gelang es, sich aussichtsreich vom Feld zu lösen. Als auch der Niederländer Reinier Honig (Vacansoleil), der vor zwei Tagen starker Fünfter beim Giro del Piemonte geworden war, zu den Flüchtigen aufschloss, stieg der Vorsprung relativ schnell auf acht Minuten bei km 75 an. Mehr gestanden ihnen die Verfolger jedoch nicht mehr zu. Unter dem Tempodiktat von Cunegos Mannschaft Lampre und Silence-Lotto, das den Weltmeister Cadel Evans und den Seriensieger der letzten Tage, Philippe Gilbert, in seinen Reihen hatte, schmolz der Vorsprung zusehends. Die Beteiligung von Saxobank an der Nachführarbeit tat ein Übriges dafür, dass die Vier nur mit etwa einer Minute Guthaben in den Anstieg zur Madonna del Ghisallo ca. 55 km vor dem Ziel gingen.

Noch ehe die Ausreißer, von denen Roche zuletzt noch eine Flucht nach vorn probierte, alle eingefangen waren, attackierte Johnny Hoogerland (Vacansoleil) aus dem Feld heraus. Der Niederländer, der sich schon bei der WM und der Vuelta in ähnlicher Weise angriffslustig gezeigt hatte, erreichte den Gipfel des Ghisallo als Solist, doch dicht hinter ihm kämpften vier Fahrer um den Anschluss: Der Belgier Dries Devenyns (Quick Step), Neunter beim Piemonte, der Italiener Matteo Carrara, ein Teamkollege Hoogerlands, sein Landsmann Mauro Santambrogio (Lampre), Sieger des Tre Valli Varesine im August, und Dan Martin (Garmin), also nach Roche erneut ein Ire. Es gelang ihnen, zum Niederländer aufzuschließen, während hinter ihnen der Schwede Erik Larsson (Saxobank) seine kürzlich WM-Medaillen-prämierten Zeitfahrqualitäten unter Beweis stellte und ebenfalls einen Vorstoß zur Spitzengruppe wagte, der kurz darauf tatsächlich von Erfolg gekrönt wurde.

Keine Vorentscheidung bei den Favoriten
Die nun insgesamt sechs Männer hielten sich eine Zeitlang wacker vor dem Feld, das den Abstand auf nicht unter 40 Sekunden drücken konnte – obwohl das Team Rabobank für Giro dell Emilia-Sieger Robert Gesink sich eifrig in der Tempoarbeit engagierte. Beim Anstieg auf den Civiglio riss sowohl das Spitzensextett wie auch die große Verfolgergruppe auseinander, Erstere aufgrund von zu großen Leistungsunterschieden, Letztere durch eine plötzliche Attacke des Weltmeisters. Die anderen Favoriten waren jedoch wachsam und stellten Evans wieder, während vorne nur noch Santambrogio und Larsson das Fluchtvorhaben aufrechterhielten. In donnerndem Tempo ging es in die Abfahrt, auf der sich 2008 Cunego rennentscheidend abgesetzt hatte.

Schließlich war es Alexander Vinokourov, der sich nach seinen starken Auftritten bei den vorhergegangen Klassikern hier erneut gut in Szene setzte, indem er die Lücke zum Italiener und zum Schweden am letzten Anstieg zufuhr. Einzig Jakob Fuglsang, Zweiter beim Giro dell Emilia, heftete sich an die Fersen des Kasachen, derweil Larsson das Tempo vorne nicht mehr mitgehen konnte. Wie schon bei der Coppa Sabatini stellte sich Cadel Evans ganz in den Dienst seines Silence-Lotto Teamkollegen Gilbert und spannte sich vor die Favoritengruppe. Eine Attacke von Cunego führte dann endgültig dazu, dass Vinokourov, Fuglsang und Santambrogio ihre Hoffnungen begraben mussten.

Gilbert attackiert und sprintet mit Samuel Sanchez um den Sieg
Doch als es schon so aussah, als würde die Gruppe geschlossen über den San Fermo gehen, lancierte Philippe Gilbert einen Angriff, der sich gewaschen hatte, und dem nur Samuel Sanchez (Euskaltel-Euskadi) zu folgen vermochte. Die beiden gaben auf der Abfahrt ins Ziel alles, um ihren Vorsprung zu vergrößern und arbeiteten gut zusammen, bis auf die Schlussgerade, wo der Belgier den Sprint von vorne fuhr und sich hauchdünn gegen den immer stärker aufkommenden Spanier durchsetzen konnte. Sanchez blieb also wie bereits 2006 und 2007 der oberste Podestplatz knapp verwehrt, während Gilbert die Sensation eines vierten Siegs innerhalb von zehn Tagen perfekt machen konnte. Der 27-jährige Wallone ist seit 1980 der erste belgische Sieger in der Lombardei und erst der dritte Fahrer, der in demselben Jahr auch Paris-Tour gewinnen konnte. Zusammen mit seinen Erfolgen bei der Coppa Sabatini und beim Giro del Piemonte ergibt sich daraus eine beispiellose Siegesserie, die ihn und sein Team allemal für den etwas unglücklichen Saisonstart entschädigen wird.

Die Top 10. Milram kann die letzte Chance nicht nutzen
Dritter wurde mit sieben Sekunden Rückstand der russische WM-Silbermedaillengewinner Alexandr Kolobnev (Saxobank). Eine Sekunde dahinter gelang dem Italiener Luca Paolini (Acqua & Sapone) das Kunststück, zum dritten Mal in Folge Vierter zu werden, hier nämlich ebenso wie beim Giro del Piemonte und beim GP Beghelli. Der wiederholt so auffällig fahrende Johnny Hoogerland belegte einen großartigen fünften Rang, noch vor Landsmann Robert Gesink und Vinokourov. Auch auf Platz 8 landete mit Daniel Martin einer der Ausreißer des Tages, vor Juan Jose Cobo Acebo (Fuji). Der erneut als Teamplayer in Erscheinung getretene Weltmeister Evans wurde am Ende gar noch mit Platz 10 belohnt.
Ganz und gar nicht belohnt wurde das Team Milram für seine den ganzen Tag über unauffällige Leistung. Das einzige deutsche Protour-Team hätte sieben Punkte auf Acqua & Sapone gutmachen müssen, um bei allen Rennen des World Calender im Jahr 2010 startberechtigt zu sein, kam aber über einen 32. Platz von Fabian Wegmann (+ 2:01) nicht hinaus. Auch ohne den erwähnten vierten Platz von Paolini wäre das zu wenig gewesen.

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Foto: Sabine Jacob, www.eventfoto-jacob.de



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